25 Jahre VOX: Vom „Ereignisfernsehen“ zum „Wohlfühlsender“

Rückblick auf die ungewöhnliche Geschichte des Senders

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.01.2018, 11:11 Uhr

25 Jahre VOX: Vom "Ereignisfernsehen" zum "Wohlfühlsender" – Rückblick auf die ungewöhnliche Geschichte des Senders

Scheitern und Neustart

Der Anspruch war löblich und ehrgeizig, doch der Sender konnte seine selbstgesteckten Ziele nicht erreichen. Mit nur 0,3 Prozent des Gesamtpublikums sendete man nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das aufwendige Korrespondentennetz ging mit Kosten einher, die aus dem Ruder liefen. Zudem machten sich die wenigen Zuschauer des Senders über einige Reporter lustig, die nicht über die ausreichende journalistische Erfahrung verfügten. Es musste also gehandelt werden – und zwar möglichst schnell. Bereits im September 1993 wurde die Programmstruktur radikal geändert. Eine Vielzahl der eigenproduzierten Sendungen sowie die stündlichen Nachrichten flogen raus, stattdessen dominierten nun US-Serien und Filme das Programm. Gezeigt wurden Klassiker wie „Cannon“, „Airwolf“, „Sledge Hammer“, „Lou Grant“, „Doctor Who“, „Simon & Simon“, „Ihr Auftritt, Al Mundy“ und „Ausgerechnet Alaska“, aber auch Sitcoms wie „Ein Vater zuviel“ und „Touchdown“, Krimis wie „Maigret“, „Agatha Christies Poirot“, „Sherlock Holmes“ und „Undercover!“ sowie banale Actionserien wie „Die Ninja Cops“. Darüber hinaus legte man den Fokus auf Übertragungen von Live-Sport und zeigte im August 1993 exklusiv die US Open. Birgit Lechtermann moderierte eine Show-Adaption des beliebten Brettspiels „Trivial Pursuit“.

Zeitgleich wurden erste Gerüchte über eine drohende Einstellung des Sendebetriebs laut. Die Süddeutsche Zeitung stieg als Partner aus und Bertelsmann erklärte, dass VOX eingestellt würde, wenn sich bis zum 31. März 1994 kein neuer Investor findet. Ab April befand sich der Sender in Liquidation, sendete jedoch mit einem Notprogramm weiter, welches nun fast ausschließlich aus Filmen, Serien und Produktionen von dctp bestand. Auch „Canale Grande“ wurde eingestellt, lediglich „Liebe Sünde“ wurde fortgeführt und nach dem Wechsel zu ProSieben durch „Wa(h)re Liebe“ ersetzt. Während der Liquidationsphase bestanden viele Werbeblöcke nur noch aus Eigenwerbung, da keine Spots mehr gebucht wurden. Am 1. November 1994 wurde endlich ein neuer Investor gefunden: Rupert Murdochs Newscorp übernahm die Mehrheitsanteile an VOX, womit ein kompletter Neustart des Senders einherging. Das alte Sendekonzept wurde endgültig verworfen, stattdessen wurde nun klar auf Unterhaltung gesetzt.

Bemerkenswerte Formate der VOX-Geschichte

20th Century Fox Home Entertainment


Durch die Kooperation mit Murdoch hatte VOX nun Zugriff auf neue amerikanische Produktionen von 20th Century Fox und konnte US-Serien in deutscher Erstausstrahlung zeigen, darunter „Space 2063“ und „Ally McBeal“. Letztgenannte wurde zum ersten richtigen Hit des Senders – allerdings erst im zweiten Anlauf. VOX startet die Serie 1998 und setzte sie nach acht Folgen wegen magerer Quoten wieder ab. Erst der zweite Versuch ab April 1999 traf ins Schwarze und deutete an, dass insbesondere weibliche Zuschauer eine potenzielle VOX-Zielgruppe darstellen. Als goldrichtig entpuppte sich in diesem Zusammenhang auch die Entscheidung, die RTL-Soaps „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“ und „Unter uns“ im VOX-Nachmittagsprogramm zu wiederholen und Klassiker wie „Cagney & Lacey“ zu zeigen. 2003 gesellten sich weibliche Crime-Serien wie „Crossing Jordan“ und „Für alle Fälle Amy“ hinzu.

Schon ab 1996 war bei VOX erstmals „Law & Order“ zu sehen. Einen festen Platz im VOX-Programm hatte über viele Jahre hinweg die Familienserie „Eine himmlische Familie“. Um die Jahrtausendwende hatte VOX auch einige Sitcoms im Programm, darunter „Susan“, „Ein Trio zum Anbeißen“, „Golden Girls“, „Golden Palace“, „Die Nanny“ sowie – in deutscher Erstausstrahlung – „Cosby“. Zu einem Dauerbrenner wurde ab 2002 auch die von James Cameron produzierte Sci-Fi-Serie „Dark Angel“. Die Crime-Serien „CSI“, „CSI: Miami“ und „CSI: New York“ feierten ab 2001 bzw. 2004/​2005 ebenfalls bei VOX Premiere, lange bevor sie bei RTL zu Hits wurden. Die HBO-Serie „Six Feet Under“ brachte VOX ab 2004 ins Free-TV. Im gleichen Jahr startete „Gilmore Girls“ als Deutschlandpremiere – die US-Serie entwickelte sich auch hierzulande zum absoluten Kult und blieb bis 2013 nahezu ohne Pause im VOX-Programm.

Warner Bros. TV


Serien, die ebenfalls unmittelbar mit VOX verbunden werden, sind unter anderem „Boston Legal“, „The Closer“, „Burn Notice“, „Lie to Me“, „McLeods Töchter“ sowie „Rizzoli & Isles“.

Populär wurde Lilo Wanders als Moderatorin von „Wa(h)re Liebe“. Sie präsentierte das Erotikmagazin von 1994 bis 2004. Als langjährige Eigenproduktion muss auch das „Kochduell“ mit Britta von Lojewski genannt werden, das von 1997 bis 2004 und damit lange vor dem richtigen Kochshow-Boom zu sehen war. Ebenfalls 1997 startete „Rave Around the World“, die „Dance-Night für Ausgeschlafene“. Bis 2007 war das Format im Nachtprogramm als Lückenfüller zu sehen, in dem junge Raver beim Abtanzen mitunter an exotischen Orten gezeigt wurden. Eine weitere wichtige Programmsäule stellte der Schwerpunkt Reise-, Natur- und Tierdokumentationen dar. Judith Adlhoch moderierte viele Jahre „Voxtours“ – das Reisemagazin blieb von 1993 bis 2009 im Programm. Immer wieder versuchte sich VOX auch an Gameshows – die bislang erfolgreichste war das Musikquiz „Hast du Töne?“ mit Matthias Opdenhövel, von dem zwischen 1999 und 2001 333 Ausgaben gezeigt wurden.

Am späten Abend blieben lange Zeit Magazinsendungen sowie Formate der dctp im Programm, die noch etwas an die Anfänge des Senders erinnerten. Bemerkenswert: VOX brachte als erster deutscher Sender Animes für Erwachsene ins Fernsehen. Ab 2000 waren Serien wie „Neon Genesis Evangelion“ und „Agent Aika“ um Mitternacht zu sehen.

2007 stieg VOX in die Produktion von täglichen Doku-Soaps ein und fokussierte sich zunächst auf die Themen Tier („Menschen, Tiere & Doktoren“), Immobilien („mieten, kaufen, wohnen“) und Kochen („Das perfekte Dinner“). Der Doku-Soap-Boom von VOX startete 2012 mit Schwerpunkt auf den Themen Shopping/​Styling („Shopping Queen“), Familie („Mein Kind, dein Kind“) und Hochzeit/​Liebe („4 Hochzeiten und eine Traumreise“). Aus der Produktion von Scripted-Reality-Formaten wie „Verklag mich doch!“ und „Hilf mir doch!“ hat sich VOX seit 2015 zurückgezogen.

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