Terra Xplore Staffel 31, Folge 2: Wie lange kannst du den Schein noch wahren? (2): Schämst du dich für deine Depression?
Staffel 31, Folge 2
97. Wie lange kannst du den Schein noch wahren? (2): Schämst du dich für deine Depression?
Staffel 31, Folge 2 (30 Min.)
Prof. Nicolas Rüsch forscht an der Universität Ulm darüber, wie sich Stigmata auf psychische Erkrankungen auswirken und diese auch zum Teil verstärken können.
Bild: ZDF und Max Leitmeier
Christian Durstewitz lebte von seiner Musik. Dann bekam er eine Depression. Er schämte sich, sagte Konzerte ab, erfand Ausreden für Absagen. Mit Jasmina Neudecker spricht er über diese Zeit. Ein schrilles Pfeifen im Ohr und das Gefühl, innerlich tot zu sein. Doch dass er an einer psychischen Erkrankung litt, wollte er nicht glauben. Selbststigma – fast wie eine zweite Krankheit. Wie bauen wir Vorurteile ab und begegnen Betroffenen mit Akzeptanz. Christian Durstewitz konnte nach seinem dritten Platz beim deutschen Vorentscheid zum Eurovision Song Contest 2010 endlich von seiner Musik leben. Doch dann kam der Bruch: Eine schwere Depression riss ihn aus dem Alltag. An Auftritte oder kreative Arbeit war kaum noch zu denken. Aus Angst vor Ablehnung und aus Scham begann Christian, Ausreden zu erfinden, um Konzerte absagen zu können- Kopfschmerzen, Magenprobleme – alles war leichter zu
erklären als die wahre Ursache. Biologin Jasmina Neudecker will verstehen, was hinter diesem Gefühl steckt – einem Gefühl, das viele Menschen mit psychischen Erkrankungen nur zu gut kennen: Scham. Im Jahr 2022 wurde bei 12,5 Prozent der deutschen Bevölkerung eine Depression diagnostiziert und vielen davon ging es ähnlich wie Christian. Dieses sogenannte Selbststigma macht es Betroffenen noch schwerer, Hilfe anzunehmen und offen über ihre Situation zu sprechen. Prof. Nicolas Rüsch von der Universitätsklinik Ulm nennt das Stigma sogar eine „zweite Krankheit“. Denn während körperliche Beschwerden oft Mitgefühl oder sogar Humor hervorrufen – ein Gipsbein wird schnell zur Partygeschichte – bleibt ein Aufenthalt in der Psychiatrie meist ein Tabu. Wie also können wir Vorurteile abbauen und psychische Erkrankungen mit der gleichen Offenheit begegnen wie körperlichen Leiden? (Text: ZDF)