75 Jahre ARD: Wie das Öffentlich-Rechtliche die Liebe zur US-Serie pflanzte

Vor der Jahrtausendwende zeigte Das Erste Serien gleich auf diversen Plätzen

Bernd Krannich
Bernd Krannich – 03.05.2025, 09:00 Uhr

Liefen in prägenden Jahren: „Magnum“, „Simon & Simon“ und „thirtysomething“ aka „Die besten Jahre“ – Bild: NBC/CBS/ABC
Liefen in prägenden Jahren: „Magnum“, „Simon & Simon“ und „thirtysomething“ aka „Die besten Jahre“

In diesem Jahr feiert die ARD ein großes TV-Jubiläum, nämlich ihr 75-jähriges Bestehen. Den Geburtstag nimmt auch die Redaktion von fernsehserien.de zum Anlass, um der ARD zu gratulieren: In den kommenden Wochen teilen Redakteure und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Generationen ihre persönlichen Erinnerungen und Gedanken rund um die ARD. Heute erzählt unser Newsredakteur und Serienexperte Bernd Krannich davon, wie das Erste einst seine Liebe zu US-Serien mitentfachte.

75 Jahre ist die ARD nun bereits Teil der Welt. Vor knapp 50 Jahren gesellte auch ich selbst mich dazu, und für ein paar Jahre waren wir Wegbegleiter. Aber bald trennten sich auch die Wege wieder: Wir hatten uns auseinandergelebt.

In den späten 1980er und frühen 1990er Jahren, vor und während meiner Teenagerzeit, teilte die ARD noch mein großes Interesse an US-Serien. Ein Interesse, das das Programm der Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschland einst sogar mit erweckt und später geformt hatte. Damals liefen vor allem am Vorabend in der ARD, wie auch im ZDF, einschlägige amerikanische Primetimeserien. Während das ZDF „Ein Colt für alle Fälle“, „Trio mit vier Fäusten“ und auch „Ein Engel auf Erden“ (meine ältere Schwester hatte da die Kontrolle über den einzigen Familienfernseher) lieferte, bracht das Erste an mehreren Abenden seine eigenen US-Formate, so dass man trotz des massiv eingeschränkten Senderangebots fast an jeden Tag eine US-Serie zum Abendessen schauen konnte.

Darunter waren im Ersten heutzutage eher vergessene Formate wie „Simon & Simon“ mit zwei Brüdern aus San Diego, die als Privatdetektive arbeiten; „Remington Steele“ um den späteren James Bond Pierce Brosnan als einem charmanten Trickbetrüger, der sich einer Privatdetektivin aufgedrängt und schließlich ihr Herz erobert hat; „Fame – Der Weg zum Ruhm“ um die Schüler einer New Yorker Schule für darstellende Künste; meine erste Drama-Soap „Falcon Crest“, in der Channings und Giobertis um ein Weingut im Tuscany Valley rangen (die Anspielungen auf die italienische Toskana waren dabei damals noch zu hoch für mich); Jennifer und Jonathan Hart (und Max und Friedward) erlebten in „Hart aber herzlich“ wöchentlich mörderische Abenteuer; das „Das A-Team“ machte gutherzig-chaotisch die USA besser – wer liebt es nicht, wenn ein Plan funktioniert!?

Auch manche Nicht-US-Serie aus dem Vorabend flimmerte auf dem Familienfernseher: Vom Briten-Krimi „Auf die sanfte Tour“ über das australische „Buschkrankenhaus“ bis zum „Herzblatt“ mit Rudi Carell (Erwähnte ich schon, dass meine Schwester die Familienfernbedienung kontrollierte?! Und nein, „Lesen“ oder „Rausgehen“ waren zumindest damals nicht nach dem Geschmack von meines Vaters Sohn. Oder seiner Tochter.)

Während sich in den letzten zwei Jahrzehnten des letzten Jahrhunderts das Vorabendprogramm von ARD und ZDF über die Wochentage abwechselten, hatte das Erste sogar noch weitere feste Sendeplätze für US-Formate. Man stelle sich das heute mal vor!

Da gab es zum einen den Platz für – aus Sicht meiner noch jungen Augen – erwachsenere Serien am Dienstagabend um 21:45 Uhr. Einerseits erinnere ich mich dort an „Magnum“ – noch echt mit Tom Selleck, John Hillerman sowie „Zeus und Apollo“ (Higgins’ Dobermänner). Andererseits war der Dienstag auch der Sendeplatz, auf dem „Dallas“ lief.

Für meinen später eingeschlagenen Berufsweg aber war ein ganz anderer, noch versteckterer Sendeplatz wegweisend: Mittwoch, 23:00 Uhr. Hier liefen teilweise US-Comedys – im Zweikanalton („Nicht über Satellit!“). Der Konsum vor allem von „Ellen“ spornte an, mehr als „Realschul-Englisch“ verstehen zu wollen: Die neuen Folgen wurden wöchentlich auf VHS aufgenommen und mehr als einmal im Originalton gesehen. Andere Serien auf dem Sendeplatz, wie etwa der von der ARD eigenwillig benannte „Dünnbrettbohrer“ (heutzutage bekannt als „Hör mal, wer da hämmert“) oder „Harrys Nest“ sind nicht ganz so präsent in Erinnerung geblieben. Auch die „Golden Girls“ liefen damals auf dem späten Sendeplatz – in meinem Fall waren das aber wohl „Perlen vor die Säue“.

Schließlich ebnete das Erste für mich auch den Weg zum Premium-Drama. Ab 1991 wurde die „neuartige“ Dramaserie „Die besten Jahre“ ausgestrahlt: Eine Drama-Soap, die sich der Lebensangst einer Gruppe von Freunden widmete, die mit Anfang 30 mitten im Ernst des Lebens steckten: Für Hope, Michael und die anderen (deutscher Titel der Pilotfolge) ging es um Angst vor dem beruflichen Scheitern (die beiden männlichen Hauptfiguren hatten sich mit einer kleinen Werbeagentur selbständig gemacht), Herausforderungen im Beziehungsleben (zwei Ehen mussten in der Serie mit der Zeit umgehen, in der die rosarote Brille abgesetzt wurde; die anderen Hauptfiguren hingegen hatten das Problem, den rechten Partner auch nach dem Dreißigsten nicht gefunden zu haben), es ging um das ständige Erwachsener werden hier und und um die Fürsorge für die eigenen, kleinen Kinder dort. In Deutschland gab es für die in den USA in vier Staffeln mit 13 Emmys prämierte Serie nur einen Sendeplatz ab 23:00 Uhr, auf dem vornehmlich Videorekorder zugeguckt haben dürften. Zumindest in unserem Haushalt lief er immer mit.

Mit zunehmendem Alter meinerseits – und seinerzeit auch der zunehmenden Verfügbarkeit von Kabelfernsehen und den dortigen US-Serien wie auch dem Abnehmen von US-Serien im Ersten – fiel mein Augenmerk dann verstärkt auf andere Sender und Serien. Auf „Friends“ und „Frasier“, „Die Simpsons“, „Dawson’s Creek“, „Buffy – Im Bann der Dämonen“, „Akte X“ und „Emergency Room“ und und und.

Im Nachhinein bleibt ein wehmütiger Blick auf das Damals …. – und Nostalgie ist bekanntlich die Sehnsucht nach einer Zeit, die es in der Form in Wahrheit nie gegeben hat.

Da ist etwa einerseits die Erkenntnis, dass die ARD-Redakteure den Zuschauern früher nicht zutrauten, mit den Kriegserlebnissen von Thomas Magnum umzugehen – und daher kurzerhand die Folgen um diese Elemente beschnitten. Dann gibt es natürlich auch die eine oder andere später bekannt gewordene unschöne Geschichte um einzelne Serien. Dass etwa die Hauptdarsteller von „Remington Steele“ sich so sehr zerstritten hatten, dass sie ohne laufende Kamera kein Wort austauschten. Oder dass der sympathische Witwer und Artichekt Martin Kelly aus der australischen Nachmittags-Comedy „Hey, Dad!“ als Grapscher über lange Jahre ungehindert hinter den Kulissen der Serienproduktion sein Unwesen getrieben hatte.

In der guten alten Zeit war eben auch nicht alles Gold, was glänzte. Wir wussten es damals halt (noch) nicht besser.

Über den Autor

Bernd Krannich ist Jahrgang 1974 und erhielt die Liebe zu Fernsehserien quasi in die Wiege gelegt. Sein Vater war Fan früher Actionserien und technikbegeistert, Bernd verfiel den Serien spätestens mit Akte X, Das nächste Jahrhundert und Buffy. Mittlerweile verfolgt er das ganzes Serienspektrum von „The Americans“ über „Arrow“ bis „The Big Bang Theory“. Seit 2007 schreibt Bernd beruflich über vornehmlich amerikanische Fernsehserien, seit 2014 in der Newsredaktion von fernsehserien.de.

Lieblingsserien: Buffy – Im Bann der Dämonen, Frasier, Star Trek – Deep Space Nine

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    ach herrje...."Der Dünnbrettbohrer". Irgendwie ist das damals an mir vorübergegangen. Das einzige was ich davon noch weiß ist, daß man damals im Vorabendprogramm nicht besonders viele Folgen der Serie zeigte und sie auch noch eine andere Synchro hatte. Die große Angela Lansbury feierte als Krimiautorin Jessica Fletcher ja einst auch ihren Einstand im Vorabendprogramm der ARD, damals noch unter dem Titel "Immer wenn sie Krimis schrieb" und auch noch mit anderer Synchro.
    • (geb. 1978) am

      War noch ein eindeutig besseres Programm als heute auf jeden Fall
      • (geb. 1970) am

        Auf dem 23 Uhr Sendeplatz am Mittwoch liefen auch, wenn ich mich richtig erinnere, Serien wie "Hawkins" mit James Stewart als Anwalt, "Shaft" wie in den Filmen von Richard Roundtree gespielt oder "Chicago Story" mit unter anderem Maud Adams und Craig T. Nelson.
        • (geb. 1967) am

          Danke für diesen Artikel wieder!

          Ja, der Dienstag Abend war in den 80ern fest in US - Serien "Hand" !! Magnum und DALLAS war Pflicht Programm, genauso wie im ZDF am MIttwoch "Die Profis" und "3 Engel für Charlie" und "Denver" - das Gegen Programm von DALLAS wie wir es IMMER bezeichnet haben :-) - "3 Engel für Charlie" und "Die Profis" liefen so spät, das ich die Serien eigentlich nicht gucken durfte, hasbe mich dann immer ins Wohnzimmer leise rein geschlichen und hinter dem Sessel meines Vaters dann heimlich doch gesehen....ach man ey, WAS waren DAS noch für Zeiten....:-)

          Schade, dass dann beide Sender - ARD und ZDF mit Beginn der privaten Sender die US - Serien dann haben "einschlafen" lassen...
          • am

            "Die Profis" war allerdings eine britische Serie.
          • (geb. 1967) am

            Die Profis liefen Mittwochs um 21.20 Uhr, nach dem Heute Journal, das war doch nicht spät, die haben die US Serien doch nicht einschlafen lassen, die Privaten haben sich so gut wie alles gekrallt was da ka, besonders die coolen Serien wie Airwolf, MacGyver, Knight Roider, Streethawk etc ...

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