In der Nacht zum Dienstag wurden in den USA die 74. Primetime Emmy Awards vergeben. Die Galaveranstaltung wurde in diesem Jahr durch den US-Sender NBC produziert, der sich auf die Fahnen geschrieben hatte, eine leichte Feierstunde zu liefern – in der aktuellen Zeit von Pandemie, Inflation und Krieg wollte man lieber keine bissig-satirische Show abliefern. Entsprechend war der Publikumsliebling Kenan Thompson als Hauptmoderator gewählt worden.
In Deutschland hat Warner TV Serie die Zeremonie in der Nacht live übertragen. Für Zuschauer, die sich diese nicht um die Ohren schlagen wollten, wird die Zeremonie zweifach wiederholt: am heutigen Dienstag ab 22:30 Uhr und am 17. September ab 18:10 Uhr.
Rückblick: Die Nominierungen
HBO und Schwesterdienst HBO Max waren mit insgesamt 140 Nominierungen ins diesjährige Emmy-Rennen gegangen, Netflix folgte mit einigem Abstand (105 Nominierungen) vor Hulu (58) und Apple (52).
In der Nacht wurden nun die Preisträger in den verbleibenden 25 Kategorien enthüllt (Übersicht der Creative-Arts-Emmy-Gewinner). Die Serien mit den meisten Nominierungen in diesen sogenannten „Hauptkategorien“ waren das HBO-Drama „Succession“ (12 Nominierungen), die Comedy „Ted Lasso“ (10 Nominierungen) sowie die Miniserien „The White Lotus“ (11) und „Dopesick“ (9). Dabei waren diverse dieser Serien in am Dienstag enthüllten Kategorien direkt mehrfach nominiert und konnten daher natürlich nicht alle ihre Nominierungen in Auszeichnungen umsetzen.
Die Gewinner des Abends
Zum Gewinner des Abends wurde letztendlich Serienschöpfer Mike White von „The White Lotus“: Er räumte gleich drei Preise (für die beste Mini-/Anthologieserie, bestes Drehbuch und beste Regie) ab. Auch insgesamt führt die Auftaktstaffel der HBO-Serie die Gewinnerliste an und konnte bei den diesjährigen Emmys insgesamt 10 Trophäen einsammeln (in der Nacht gab es auch noch Emmys für die Nebendarsteller Murray Bartlett und Jennifer Coolidge).
Die Prestige-Kategorie Bestes Drama sicherte sich erneut „Succession“, „Ted Lasso“ wurde als beste Comedyserie ausgezeichnet. Die südkoranische Netflix-Serie „Squid Game“ schrieb Geschichte mit Auszeichnungen für Hauptdarsteller Lee Jung-jae und die Regie. Einen Achtungserfolg für das US-amerikanische Network-TV erreichte die ABC-Comedyserie „Abbott Elementary“ mit Emmys im Bereich Drehbuch und Nebendarstellerin Sheryl Lee Ralph (in Deutschland ist die Serie im Angebot von Disney+). Jean Smart konnte auch für die zweite Staffel von „Hacks“ einen Emmy abräumen (die Serie kommt am 15. September durch RTL+ zu ihrer Deutschlandpremiere).
Nur im Bereich „Miniserie/Anthologieserie“ gab es in der Nacht mit „The White Lotus“ ein dominierendes Format. Trotzdem gab es in den Drama- und Comedy-Kategorien bekannte Serien, die trotz mehrerer Nominierungen komplett leer ausgegangen sind. Darunter finden sich die letzte Staffel von „Better Call Saul“, „Only Murders in the Building“, „Severance“ und „Yellowjackets“.
Waren die Anbieter HBO/HBO Max und Netflix nach den Creative Arts Emmys vergangene Woche noch etwa gleich auf, was die Anzahl der Siege anbelangte, konnte sich HBO/HBO Max mit 12 weiteren Auszeichnungen (gegenüber 3 für Netflix) in der vergangenen Nacht nun deutlich absetzen: Mit insgesamt 37 Auszeichnungen entschied man die 74. Emmy Awards für sich. Netflix kommt auf 26 Emmys, Platz drei belegt Hulu mit 6 Auszeichnungen.
„The Daily Show with Trevor Noah Presents: Jordan Klepper Fingers the Globe – Hungary for Democracy“ – Ian Berger, Devin Delliquanti, Jennifer Flanz, Jordan Klepper, Zhubin Parang und Scott Sherman (Comedy Central)
Ich finde mich schon seit Jahren nicht mehr bei diesen Preisverleihungen wieder. Ob Oscar oder Emmy. Beim Emmy nervt mich aber besonders, dass der Comedy-Bereich mittlerweile fast komplett von der Dramedy-Schiene besetzt ist. Der Unsinn, Drama sei schwieriger als Komödie geht einfach nicht raus aus den Köpfen. Nun gibt es schon extra zwei Kategorien, weil Komödie sonst eh nie eine Chance hätte, obwohl sie qualitativ im Schnitt höher zu bewerten wäre (würde man dasselbe Geld rein buttern zumindest) - doch wieder überall vor allem Drama. Oder Mockumentary, das scheinen die Amis ja aus irgend einem Grund sehr zu mögen. Vielleicht weil es eine Art "dramatischen Twist" hat. Auf der anderen Seite sind sie ja auch nicht mehr in der Lage, eine vernünftige Sitcom zu produzieren.
Spooky78 (geb. 1978) am
Ich vermisse die Gewinner der bedeutenden Kategorien "Bestes Catering bei einer Multi-Camera-Daytime Sitcom" und "Bester 2. Beleuchter bei einer True-Crime-Late-Night-Talkshow". Wie konnte man die bloß vergessen... ;-)
Das ist mal wieder typisch USA: Jeder Teilnehmer bekommt einen schicken Pokal, damit sich am Ende jeder als Sieger fühlen kann und keiner enttäuscht ist. So nach dem Motto: Was beim Kinder-Baseball gut ist, kann bei den TV-Awards nicht schlecht sein. Dass die Wertigkeit der Auszeichnung angesichts ihrer inflationären Verteilung gegen Null sinkt, scheint dabei niemanden zu stören. Stattdessen schaut man nicht mehr darauf, wer warum welchen Preis gewonnen hat, sondern wie viele Preise es insgesamt sind. Ähnlich wie beim Medaillenspiegel bei den Olympischen Spielen rückt dadurch die individuelle Leistung in den Hintergrund und wird am Ende gar nicht mehr gewürdigt.