„The Walking Dead“ trifft „Twin Peaks“ in Comicadaption „Revival“ – Review

Mutiger Genremix mit Melanie Scrofano („Star Trek: Strange New Worlds“) hat Luft nach oben

Christopher Diekhaus
Rezension von Christopher Diekhaus – 25.06.2025, 19:00 Uhr

Dana Cypress (Melanie Scrofano) bekommt es in ihrer Heimatstadt mit unheimlichen Vorgängen zu tun – Bild: SYFY
Dana Cypress (Melanie Scrofano) bekommt es in ihrer Heimatstadt mit unheimlichen Vorgängen zu tun

Lange ist sie noch gar nicht her. Und doch kommt einem die Lockdownzeit während der Corona-Pandemie wie eine Episode aus einer verblassenden Vergangenheit vor. Der zurückgekehrte Alltag hat viele Erlebnisse überlagert. Erinnerungen weckt nun allerdings die zehnteilige kanadisch-amerikanische Serie „Revival“, in der das öffentliche Leben in der Kleinstadt Wausau im Bundestaat Wisconsin zu Beginn aus höchst ungewöhnlichem Anlass zum Erliegen kommt. Kürzlich verstorbene Menschen erheben sich plötzlich aus ihren Gräbern oder aber entsteigen, wie in der Auftaktszene zu sehen ist, dem örtlichen Krematorium (Beiname laut Eingangsschild: „The Eternal Flame of Wausau“). Basierend auf der gleichnamigen Comicreihe von Tim Seeley und Mike Norton, entwerfen die Serienschöpfer Aaron B. Koontz und Luke Boyce einen Genrecocktail, der sich zwischen Horror, Kleinstadtkrimi, Familiendrama und absurder Komödie bewegt. Restlos begeistern kann dieser ambitionierte Mix nach den ersten beiden Folgen noch nicht.

Dreh- und Angelpunkt der Geschichte ist die alleinerziehende Polizistin Dana Cypress (Melanie Scrofano), die ihrer Heimat Wausau eigentlich schon vor zehn Jahren den Rücken kehren wollte, den Absprung aber stets verpasste. Ein Motiv, das gefühlt jede dritte Serie bemüht, die im ländlichen Raum angesiedelt ist. Irgendjemand will immer weg, dem Mief entkommen, alles hinter sich lassen, um andernorts neu durchzustarten. Gleich in den ersten Minuten ist Dana mal wieder wild entschlossen, mit ihrem Sohn Cooper (Hudson Wurster) endlich das Weite zu suchen. Doch der Streit mit ihrem Vater Wayne (David James Elliott), der als Sheriff auch ihr Vorgesetzter ist, findet ein abruptes Ende, als die Toten unverhofft wieder ins Leben treten.

Um willenlose Fressmaschinen handelt es sich bei den in der Originalfassung Reviver genannten Menschen nicht, auch wenn in den Dialogen mehrfach bekannte Zombiefilme referenziert werden. Vielmehr können die Wiedergänger denken, fühlen und fügen sich zumeist in ihre alten Leben ein. Ein bisschen so wie in der französischen Mystery-Serie „The Returned“. Die Aufregung ist dennoch groß (wobei der erwartbare Presserummel lustigerweise ausbleibt). Denn niemand kennt den Grund für das merkwürdige Phänomen, und keiner weiß genau, ob die Rückkehrer gefährlich sind. Nach einem 35 Tage andauernden Lockdown wird die Ausgangssperre aufgehoben. Weiterhin bleibt die Stadt jedoch unter Quarantäne, sprich: ist von der Außenwelt abgeriegelt. Noch dazu schauen sich Mitarbeiter der nationalen Gesundheitsbehörde CDC die Lage genauer an.

Dana Cypress (Melanie Scrofano) will ihren Vater Wayne (David James Elliott) verlassen.SYFY

Mit Dr. Ibrahim Ramin (Andy McQueen) lernt Dana einen der zugereisten Spezialisten kennen, noch bevor sie beruflich mit ihm zu tun hat. Gerade als sie ihn abschleppen und in ihrem Wagen richtig zur Sache kommen will, ruft allerdings die Pflicht. Gut möglich, dass die Serie die beiden später noch etwas näher zusammenbringen wird.

Das provinzielle Setting steckt „Revival“ zum Einstieg nicht bis in den letzten Winkel ab. Klar ist aber schon sehr früh, dass sich in Wausau einige kauzige Figuren tummeln. Randy (Graeme Barrett), der Besitzer des Krematoriums, ist ein schräger Vogel, wirkt, bei Licht betrachtet, ganz schön überzeichnet. Eine humorige Note bringt auch die Protagonistin in das Geschehen ein. Denn ihrer verfahrenen Situation begegnet Dana mit viel Ironie und Sarkasmus. Hauptdarstellerin Melanie Scrofano spielt das überzeugend. Hier und da kann das Auftreten der Polizistin allerdings ein wenig anstrengend sein.

Der Hang zu skurrilen Einlagen ist nicht die einzige Parallele zu David Lynchs gruseliger Kleinstadtsoap „Twin Peaks“. Ebenso wie dort dreht sich auch in „Revival“ einiges um einen mysteriösen Todesfall in der Nähe eines Gewässers. Außerdem dürfte es kein Zufall sein, dass immer wieder Donuts auftauchen. Jene Backwaren, die in der Lynch-Serie ständig konsumiert werden. Generell hat unsere Hauptfigur eine Schwäche für Süßigkeiten. Vor allem dann, wenn sie die Nerven beruhigen muss.

Kann der Untergangsprophet (Steven Ogg, l.) Sheriff Wayne Cypress (David James Elliott) weiterhelfen? SYFY

Was in „Twin Peaks“ überzeugend gelingt, nämlich die Verschmelzung unterschiedlicher Genreelemente und Stimmungen, geht in „Revival“ zum Einstieg nur bedingt zusammen. Ab und an gibt es etwas zu lachen, obwohl die Macher ein ums andere Mal mit dem Holzhammer arbeiten. Eine in die Knochen kriechende Schauerstimmung, wie sie beispielsweise die oben erwähnte Produktion „The Returned“ erzeugt, etabliert sich indes noch nicht – selbst wenn das Ende der ersten Folge horrormäßig zulegt. Ob mehr zu erwarten ist? Vielleicht. Zumindest kündigt ein Bewohner (Steven Ogg) Wausaus mit faustischem Grinsen an: „Die Tore der Hölle haben sich geöffnet!“

Das emotionale Durcheinander zwischen Freude und Schrecken, das die Rückkehr der Verstorbenen begleitet, könnte die Serie stärker in den Blick nehmen. Immerhin ließen sich daraus handfeste Konflikte stricken. Das Finale der Auftaktepisode deutet spannende Entwicklungen an, die das zweite Kapitel dann aber nicht voll auszuschöpfen weiß. Schade auch, dass in diesem Zusammenhang eine wichtige Information über Dana, ihre labile Schwester Martha alias Em (Romy Weltman) und ihre vom Schicksal gebeutelte Familie eher lieblos nachgeschoben wird. Reizvoll, aber noch etwas halbherzig ist ferner der Versuch, politische und gesellschaftliche Kommentare in die Handlung einzustreuen. Gerade vor dem Hintergrund der Quarantäne und der Frage, wie man mit den Wiedergängern umgehen sollte, gibt es eigentlich viel Raum für kritisch-bissige Einschübe. Hoffentlich legt „Revival“ auch da noch eine Schippe drauf!

Meine Wertung: 3/​5

Die erste Folge von „Revival“ wurde am 12. Juni auf dem US-Sender SYFY und in Kanada auf dem CTV Sci-Fi Channel veröffentlicht. Seitdem ist jede Woche eine neue Episode zu sehen. Ob und wann die Serie nach Deutschland kommt, steht aktuell noch nicht fest.

Über den Autor

Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.

Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

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