Das Fernsehjahr 2019 im Rückblick: Maskierte Sänger, Streaming Wars und Bananen-Luke

Die deutschen TV-Ereignisse des Jahres

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.12.2019, 09:00 Uhr

Streaming Wars: Joyn vs. TVNOW

Dass Streamingdienste wie Netflix und Prime Video auf dem Vormarsch sind und kontinuierlich den linearen TV-Sendern die Zuschauer wegnehmen, haben natürlich längst auch ProSieben, Sat.1, RTL und Co. erkannt. Nachdem die Mediengruppe RTL Ende 2018 einen Relaunch von TVNOW durchführte, ging im Juni 2019 mit Joyn der Nachfolger von 7TV an den Start – eine Kooperation der ProSiebenSat.1-Gruppe mit Discovery. Beide Plattformen wollen mit lokalen Inhalten und zunehmend exklusiven Eigenproduktionen, einem umfassenden Entertainment-Paket mit Live-Streaming und einer umfangreichen Mediathek den Kampf gegen internationale Streaminggiganten aufnehmen. Neben einem kostenlosen, werbefinanzierten Angebot gibt es auch konstenpflichtige, werbefreie Pakete.

ProSiebenSat.1

Joyn stellt heraus, dass die neue App das größte kostenfreie Angebot an deutschen Free-TV-Sendern im Streamingbereich bietet. Mit dabei sind alle Sender von ProSiebenSat.1 und Discovery sowie die Programme von ARD und ZDF, Viacom (Comedy Central, Nickelodeon, MTV), WELT und Sport1. Nicht unerheblich zu erwähnen ist, dass einen größeren Teil des Senderangebots regionale Varianten der ARD-Sender ausmachen. Mit zehn lokalen WDR-Versionen kommt man leicht auf eine Summe von mehr als 60 Sendern. Die Kanäle von ARD und ZDF können in HD-Qualität gestreamt werden, die übrigen Sender in der kostenlosen Variante lediglich in SD. Das On-Demand-Angebot von Joyn besteht derzeit überwiegend aus Inhalten, die zuvor bei 7TV zu sehen waren – also Sendungen von ProSieben, Sat.1, sixx, Kabel Eins, Sat.1 Gold, ProSieben Maxx, DMAX, TLC und neu: MotorTrend, Food Network und HGTV aus dem Hause Discovery. Zusätzliche Attraktivität soll durch den verstärkten Einsatz von Previews vor der linearen TV-Premiere entstehen. Die aktuellen Folgen von Serien wie „Grey’s Anatomy“ oder „American Housewife“ werden vor der TV-Ausstrahlung auf Abruf zur Verfügung gestellt.

„jerks.“ mit Fahri Yardım und Christian Ulmen Joyn

Das Herzstück eines Streamingdienstes bilden natürlich exklusive Eigenproduktionen, die es nirgendwo anders zu sehen gibt. Als Highlights zum Start bot Joyn die dritte Staffel der Comedyserie „jerks.“ mit Christian Ulmen und Fahri Yardım an sowie die zehnteilige erste Staffel der kommenden Sat.1-Dramedy „Die Läusemutter“ mit Pina KührPetra Nadolny und Michael Kessler an. Mittlerweile gesellten sich die mit ProSieben koproduzierte Serie „Check Check“ mit Klaas Heufer-Umlauf und „Frau Jordan stellt gleich“ mit Katrin Bauerfeind sowie die internationale Ko-Produktion „Dignity“ hinzu. Zudem liegen mit „Slavik – Auf Staats Nacken“  und „The Entertainers“ zwei nonfiktionale Eigenproduktionen von YouTubern bereit. Mit „Aus dem Tagebuch eines Uber-Fahrers“ und „MaPa“ stehen die nächsten Joyn Originals in den Startlöchern. Die angekündigte Verschmelzung von Joyn mit maxdome und dem Eurosport Player fand bisher noch nicht statt.

TVNOW/​MG RTL D

TVNOW fährt mehrgleisig: Einerseits bietet der Streamingdienst der RTL-Gruppe ambitionierte Serien wie „World On Fire“„Die Wahrheit über den Fall Harry Quebert“, „Mary Kills People“, die Agatha-Christie-Verfilmungen „Und dann gabs keines mehr“ und „Die Morde des Herrn ABC“ sowie die Koproduktion „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“ mit dem ORF – darüber hinaus werden Episoden und teilweise ganze Staffeln von Serien-Eigenproduktionen wie „Rampensau“, „Schwester, Schwester – Hier liegen Sie richtig!“, „Magda macht das schon!“ und „Der Lehrer“ mehrere Tage oder gar Wochen vor der TV-Ausstrahlung on Demand bereitgestellt. Mit der deutschen Adaption der Cop-Comedy „No Activity“ soll die erste fiktionale TVNOW-Eigenproduktion bald folgen.

Andererseits setzt TVNOW voll auf das Programm, für das RTL berühmt/​berüchtigt ist. Wem Formate wie „Der Bachelor“ oder „Adam sucht Eva“ nicht reichen, der erhält bei TVNOW unter der Dachmarke „Guilty Pleasure“ mit „Temptation Island“ und „Paradise Hotel“ weitere Kuppelshows ähnlicher Couleur. Für große Aufmerksamkeit sorgte TVNOW auch mit „Prince Charming“, der ersten „Gay-Dating-Show“, die von einer aufwendigen Werbekampagne begleitet wurde. Darüber hinaus sind alle 13 Sender der RTL-Sendergruppe (RTL, VOX, RTL II, n-tv, Nitro, RTLplus, NOW!, Super RTL, Toggo plus, RTL Crime, RTL Passion, RTL Living und GEO Television) als HD-Livestreams verfügbar, erstmals auch die linearen Pay-TV-Sender.

Prince Charming (m.) und seine potenziellen Partner TVNOW

Da mit Apple TV+ und demnächst auch Disney+ weitere Player ein Stück vom Kuchen abhaben wollen, wird die Zukunft zeigen, wer sich auf dem deutschen Streamingmarkt behaupten können wird. User müssen sich in jedem Fall darauf einstellen, künftig zwischen noch mehr Anbietern die Qual der Wahl zu haben.

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