Das Fernsehjahr 2019 im Rückblick: Maskierte Sänger, Streaming Wars und Bananen-Luke

Die deutschen TV-Ereignisse des Jahres

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.12.2019, 09:00 Uhr

Live is Live! – Sender entdecken das Live-Fernsehen wieder

Die „Let’s Dance“-Tänzer der diesjährigen Staffel RTL/​Gregorowius
Immer wieder werden Phrasen bemüht wie „Ich gucke schon lange kein Fernsehen mehr“ oder „Lineares Fernsehen ist tot“. Gerade die Jugend habe dem „altmodischen“ TV mittlerweile den Rücken gekehrt und würde sich stattdessen bei YouTube, Netflix, Instagram und Co. aufhalten. Doch nicht nur „The Masked Singer“ bewies, dass das Schicksal des klassischen Fernsehens längst nicht so besiegelt ist, wie gerne behauptet wird. Auch die diesjährige „Let’s Dance“-Staffel war mit durchschnittlich 4,21 Millionen Zuschauern die erfolgreichste seit Jahren – unter anderem dank der humorvollen Tanzeinlagen von Oliver Pocher.

„The Masked Singer“ und „Let’s Dance“ haben eines gemeinsam: Es sind Live-Eventshows, die auch live geguckt werden wollen. Diesen Formaten gelingt es noch, ein Lagerfeuer-Gemeinschaftsgefühl „wie früher“ zu erzeugen. Man guckt zusammen und will gleichzeitig mit anderen den Live-Moment erleben, wenn die Maske fällt bzw. der Dancing Star gekürt wird. Diesen Zauber hat das Fernsehen heute immer noch – sofern es leidenschaftlich umgesetzt wird. Genau daran haperte es in den vergangenen Jahren zu oft. Mit mittelmäßigen Formaten war im besten Fall eben nur ein mittelmäßiger Erfolg drin. Doch es scheint ein Umdenken zu geben: Sowohl RTL als auch ProSieben haben offensichtlich erkannt, dass im Live-Faktor der große Vorteil gegenüber On-Demand-Diensten liegt.

Joko und Klaas verschenkten Geld in vier Städten. ProSieben/​Screenshot

Das Entertainerduo Joko und Klaas bewies mit zwei unterschiedlichen Aktionen ebenfalls, welche Kraft Live-Fernsehen haben kann – sofern man kreative Ideen hat und diese auch umsetzen darf (!). Einmal nutzten sie ihre gewonnenen 15 Minuten aus ihrer neuen Show „Joko & Klaas gegen ProSieben“ dazu, um sozial engagierten Menschen Sendezeit zu schenken, die auf ihre Projekte aufmerksam machen konnten. Das zweite Mal gab es eine Live-Gewinnaktion in den Großstädten Köln, München, Berlin und Hamburg, bei der innerhalb von einer Viertelstunde 40.000 Euro unter glückliche Gewinner gebracht wurden. Die Ungewissheit im Vorfeld darüber, was Joko & Klaas mit ihrer Sendezeit anstellen werden, hat zahlreiche Zuschauer dazu bewogen, pünktlich um 20:15 Uhr einzuschalten, um live dabei zu sein, wenn die Überraschung aufgelöst wird.

Sehr richtig war auch die Entscheidung, „Denn sie wissen nicht, was passiert – Die Jauch-Gottschalk-Schöneberger-Show“ in der zweiten Staffel nicht mehr voraufgezeichnet, sondern live auszustrahlen. An der Grundprämisse der Show änderte sich nichts: Barbara Schöneberger, Günther Jauch und Thomas Gottschalk wissen zu Beginn der Show weder, wer von ihnen moderieren wird, noch, wer als Team spielen wird. Auch, gegen welche prominenten Kandidaten sie antreten werden, ist immer eine Überraschung. Es warten zahlreiche amüsante Aktionsspiele und Quizrunden auf sie. Die zwei Teams spielen jeweils für einen Publikumskandidaten, der die Chance auf einen Gewinn von 50.000 Euro hat. Mit interaktiven Spielrunden, in denen etwa Telefon und Internet zum Einsatz kamen, wurde der Live-Faktor auch ausgenutzt.

Günther Jauch, Barbara Schöneberger und Thomas Gottschalk MG RTL D/​Frank Hempel

Ebenfalls live auf Sendung ging am späten Freitagabend „Darf er das? – Die Chris Tall Show“. In der zweiten Staffel seiner Late-Night-Personalityshow präsentierte Chris Tall wieder Stand-up-Comedy und begrüßte prominente Gäste. Darüber hinaus gab es verrückte Studioaktionen und Einspielfilme zu sehen. Auch dieser Show kam der Live-Bonus zugute: So gab es Direkt-Schalten an andere Orte und die Zuschauer wurden über verschiedene Social-Media-Portale in die Show miteinbezogen. Im Herbst konnten dann die Zuschauer in der neuen Live-Show „Bin ich schlauer als Günther Jauch?“ von zu Hause aus mitspielen und diverse Tests absolvieren, um sich direkt mit Jauch zu messen.

Weiterhin großer Beliebtheit erfreuen sich die Call-In-Talkshows „Lenßen live“ (Sat.1 Gold) und „Paula kommt … am Telefon“ (sixx) – und im WDR kehrte Jürgen Domian erfolgreich mit „Domian live“ ins Fernsehen zurück. Eine Live-Sendung der ganz anderen Art lief bei Kabel Eins: Zum ersten Mal wurde im deutschen Fernsehen ein Einsatz der Bundespolizei bei der Großkontrolle an der deutschen Grenze live übertragen. Das Geschehen in „Bundespolizei Live“ wurde begleitet von Moderator Tommy Scheel und Bundespolizist Frank Wittig. Sie erklärten und ordneten die Sachverhalte bei den einzelnen Kontrollen für die Zuschauer ein.

Jürgen Domian kehrte 2019 ins Fernsehen zurück. WDR/​Ben Knabe

Für das kommende Jahr plant RTL noch mehr Live-TV „jenseits klassischer Show-Formate“. So soll im Rahmen eines Gesundheits-Thementags live eine Herz-OP übertragen werden. Die Live-Dokumentation „Operation Live“ zeigt einen Eingriff am offenen Herzen. Ziel sei es, zu informieren und aufzuklären, die Menschen zu bewegen, ihre Gesundheit nicht für selbstverständlich zu erachten. An Ostern 2020 steht mit dem Musikerereignis „Die Passion“ ein weiteres Live-Event auf dem Programm. Mitten im Zentrum einer deutschen Stadt werden bekannte Schauspieler und Sänger mithilfe deutscher Popsongs die Geschichte der letzten Stunden von Jesus Christus erzählen.

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