Das Fernsehjahr 2019 im Rückblick: Maskierte Sänger, Streaming Wars und Bananen-Luke

Die deutschen TV-Ereignisse des Jahres

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.12.2019, 09:00 Uhr

ZDF-Fernsehgarten: Von Cap-Gate bis Bananen-Luke

Andrea Kiewel ZDF

Lombardis Mützen-Scharmützel

Der „ZDF-Fernsehgarten“ sorgte in der zurückliegenden Saison für allerlei Schlagzeilen. In der Ausgabe vom 2. Juni sollte eigentlich Pietro Lombardi auftreten. Doch eine ZDF-Verantwortliche wies ihn darauf hin, dass er sein gewähltes Marken-Cap wegen nicht gestatteter Produktplatzierung nicht tragen dürfe. Der Sänger zeigte sich uneinsichtig und meinte, dass er das gleiche Cap bereits im vergangenen Jahr bei einer anderen Ausgabe des „Fernsehgarten“ getragen habe und es damals keine Probleme gegeben hätte. Es konnte dennoch keine Einigung erzielt werden und so entschied sich Lombardi kurzerhand, das Weite zu suchen und auf den Auftritt zu verzichten. Er verließ das Gelände, setzte sich in sein Auto und machte seiner Wut per Instagram Luft.

Pietro Lombardi hat schlechte Laune. Instagram/​Pietro Lombardi

„Was für eine Unverschämtheit! Die sagt zu mir, ich soll ohne Cappy auftreten! Ich glaub, bei dir hapert’s im Kopf!“, so der „Bella Donna“-Sänger. „Wo lebst du?! Ich bin seit neun Jahren nicht ohne Mütze aufgetreten!“ Lombardi erläutert: „Die wollten, dass ich bleibe, aber ich bin einfach gegangen. Die Cappys sind mein Markenzeichen und ich werde auf keinen Fall ohne Cappy auftreten. Gott sei Dank habe ich dank eurem krassen Support das ZDF gar nicht nötig. Brauche ich nicht, diesen Fernsehgarten.“ Und weiter: „Es tut mir auf jeden Fall Leid für alle Fans, die vor Ort waren. Ich weiß, dass es sehr viele waren. Ich fahr jetzt wieder nach Hause. Musik läuft Gott sei Dank – klopf, klopf – auch ohne den Fernsehgarten ganz gut.“ Darüber hinaus forderte Pietro Lombardi das ZDF bei Instagram auf, dass der Sender ihm das Tankgeld erstatten solle. Solange werde er keine Gebühren mehr zahlen („Ich zahl nichts mehr!“) und nie wieder im „Fernsehgarten“ auftreten.

Gewitter-Mallorcaparty

Zu den erfolgreichsten Ausgaben des „ZDF-Fernsehgarten“ zählen die Mallorca-Partys. Am 28. Juli 2019 wurde das Stelldichein mit den größten Stars aus der Partyschlager-Szene zu einer der spektakulärsten Ausgaben überhaupt. Zunächst sah es danach aus, als würde die Sendung trotz dunkler Wolken trocken über die Bühne gehen. Doch um kurz nach 13 Uhr musste das Gelände wegen Gewitterwarnung evakuiert werden. Etwa nach der ersten Stunde fing es an zu regnen – die Sendung wurde dennoch planmäßig fortgesetzt. Die Besucher spannten ihre Regenschirme auf und feierten trotz Regen ausgelassen weiter zu Tim ToupetPeter Wackel und Co. Während des Auftritts von Mickie Krause gab es sogar einen Heiratsantrag! Doch als Moderatorin Andrea Kiewel gegen 13 Uhr den Auftritt von Marcus Becker ankündigte, meldete sich die Regie zu Wort und teilte mit, dass die Zuschauer wegen eines drohenden Gewitters aus Sicherheitsgründen das Gelände verlassen müssen.

Andrea Kiewel verlässt mit ihren Mallorca-Gästen das „Fernsehgarten“-Gelände. ZDF/​Screenshot

„Zum ersten Mal seit 19 Jahren müssen wir tatsächlich leider abbrechen“, so Andrea Kiewel. Die Sendung ging jedoch trotzdem weiter – und die Zuschauer konnten mitverfolgen, wie Andrea Kiewel zusammen mit ihren Gästen Mia Julia, Mickie Krause, Jürgen Milski, Tim Toupet, Lorenz Büffel und Carolina Schutz im Inneren suchten. „Hier hat’s ja 100 Grad!“, brach es aus Kiewel heraus. Die Moderatorin riss die Türen entgegen der Sicherheitsvorkehrungen auf – bis ein Ventilator ausfindig gemacht werden konnte. Die restliche Zeit wurde in gemütlicher Wohnzimmer-Atmosphäre verbracht und nach diesen etwas chaotischen Orientierungsminuten gelang es Kiewel, die Sendung vorübergehend von einer Mallorca-Party zu einer Mallorca-Talkshow umzufunktionieren. Mickie Krause inspizierte das Zimmer und versorgte seine Kollegen mit Getränken und Ravioli. Mit etwas Verzögerung stießen die zeitweise verloren gegangenen restlichen Künstler ebenfalls in das „Havarie-Studio“. Marcus Becker, Jürgen Milski, Lorenz Büffel und Jürgen Drews durften dann schließlich noch ihre Titel im Fernsehgarten-Wohnzimmer präsentieren. Und wieder einmal hat sich gezeigt, wie spektakulär improvisiertes Live-Fernsehen sein kann.

Kinderquatsch mit Luke

Die mit Abstand meisten Schlagzeilen zog allerdings der „ZDF-Fernsehgarten“ vom 18. August nach sich. Zunächst schien alles nach Plan zu verlaufen. „Auf unseren nächsten Künstler freue ich mich ganz besonders. Die Fernsehgarten-Redaktion verehrt ihn wie verrückt“, kündigte Kiewel den Auftritt von Luke Mockridge an, der in einem pinken Shirt unter johlendem Applaus auf die Bühne kam. Doch es dauerte nicht lange, bis die Stimmung kippte: „Na, ihr Opis?“, rief der Comedian. Anschließend erzählte Mockridge eine Reihe von richtig schlechten Witzen. Kostproben gefällig?: „Heißt es eigentlich die runde Ecke, das runde Ecke oder der runde Ecke? – Es gibt keine runde Ecke!“ oder auch „Woran erkennt man eigentlich alte Menschen? – Sie haben graue Haare, sind schrumpelig und riechen immer nach Kartoffeln!“ Erste Buh-Rufe waren zu hören. Dann holte Mockridge eine Banane aus der Tasche und hielt sie wie ein Telefon an sein Ohr. „Moment, ich höre dich nicht“, sagte er und schälte daraufhin die Banane. „Jetzt höre ich dich!“

Luke Mockridge legte einen seltsamen Auftritt im „ZDF-Fernsehgarten“ hin. ZDF/​Screenshot

Schließlich fing Mockridge an, Furzgeräusche mit seiner Hand unter der Achselhöhle zu machen. „Ich muss das leider so lange machen, bis ihr lacht!“ Zu diesem Zeitpunkt herrschte im Publikum nahezu Totenstille. Höhepunkt der Peinlichkeiten war schließlich, als Mockridge Affengeräusche machte und wie ein Affe auf der Bühne herumhüpfte. Kurz darauf wurde Andrea Kiewel eingeblendet, die dem Auftritt ein jähes Ende bereitete. „Verzeihung, lieber Luke! Wir sind der Fernsehgarten und gerne die Bühne für Künstler aller Art. Mehr sage ich dazu nicht.“ Danach nahm der „Fernsehgarten“ vorerst wieder seinen gewohnten Verlauf.

Doch wenige Minuten später meldete sich Andrea Kiewel noch einmal zu Wort und machte ihrem Ärger Luft: „Ich muss noch einmal was sagen, weil mich das die ganze Zeit bewegt. Sie wissen, wie sehr mir dieser Fernsehgarten mit all seinen Zuschauern am Herzen liegt. Ich moderiere diese Sendung jetzt seit 19 Jahren und das, was Luke Mockridge hier gerade abgeliefert hat, übertrifft all meine Vorstellungen an Unkollegialität, die ich jemals erlebt habe. Wir haben den Kollegen vor Wochen eingeladen. Er kam heute früh nicht zu den Proben, weil er ‚angeblich‘ verschlafen hat. Ich denke mir, er wollte gar nicht, dass wir wissen, was er hier vorhat. Diese Sendung, lieber Kollege Mockridge, gibt es seit 33 Jahren und zwar sehr erfolgreich. Ich weiß nicht, was Luke Mockridge in 33 Jahren macht. Dass es dann ein junger Künstler wagt, auf meiner Bühne vor meinem Publikum wie ein Affe rumzuspringen – aus welchen Gründen auch immer – halte ich für das mieseste Verhalten, was es unter Künstlern, unter Kollegen geben kann. Und weil wir im Festival-Modus sind: Shame on you, Luke Mockridge! Never ever again!“

Luke Mockridge macht Furzgeräusche. ZDF/​Screenshot

An den darauffolgenden Tagen prasselte ein medialer Shitstorm auf Luke Mockridge ein, der plötzlich zum Bad Guy des Fernsehens wurde, da er es offensichtlich lustig fand, alte Menschen zu beleidigen. Erst mehrere Wochen später folgte die Auflösung in Mockridges eigener, neuen Sendung „Luke! Die Greatnightshow“: Er wollte nicht irgendeinen x-beliebigen Auftritt hinlegen – für den „Fernsehgarten“ sollte es schon etwas Besonderes sein. Deshalb holte er sich Rat bei talentierten Comedy-Autoren – doch bei diesen Autoren handelte es sich um Kinder im Grundschulalter! Ihre Aufgabe bestand darin, Luke mit Witzen und Sprüchen zu versorgen, die sie selbst lustig finden und die er genau so im „Fernsehgarten“ weitererzählen sollte. Dies setzte er dann auch im exakten Wortlaut um: Von der Begrüßung „Guten Täg, das ist Schweizisch“ über den berüchtigten Bananen-Telefon-Gag bis hin zum Affentanz auf der Bühne wurde alles von den Kindern vorgeschlagen. Auch die Antworten auf die Frage „Woran erkennt man eigentlich alte Menschen? – Sie haben graue Haare, sind schrumpelig und riechen immer nach Kartoffeln!“ stammten aus Kindermund.

Luke Mockridge präsentiert den Kinder-Autoren, zu welchen Schlagzeilen der „Fernsehgarten“-Auftritt geführt hat. Sat.1/​Screenshot

Die Auflösung mochte für den einen oder anderen enttäuschend unspektakulär sein, doch sie demonstrierte letztendlich auch, wie übertrieben die Reaktionen auf die Aktion an sich waren. Luke Mockridge kommentierte: „Ich war im Nachhinein echt erstaunt darüber, wie wichtig es war, dass ich live im Fernsehen mit einer Banane telefoniert habe. Und egal wie absurd mein Auftritt in dem Moment rüberkam – das, was dann daraus gemacht wurde, war noch viel absurder und kindischer. Man fragt sich in einem solchen Moment: ‚Haben wir denn keine größeren Probleme?‘ Vielleicht war ein Achsel-furzender, Affen imitierender, Bananen-telefonierender Luke Mockridge im Fernsehen genau die Abwechslung, die wir diesen Sommer noch gebraucht haben.“

zurückweiter

weitere Meldungen