Das deutsche Fernsehjahr 2020 im Rückblick (Teil 1): Quarantäne-TV, Masken-Shows und Wendler-Wahnsinn

Trash-TV-Tiefpunkte mit „Promis unter Palmen“ und „Sommerhaus der Stars“

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.12.2020, 09:00 Uhr

Die großen Absagen: Fußball-EM, Olympia, ESC, Dschungelcamp

UEFA

Aufgrund der Corona-Pandemie mussten zahlreiche geplante Events und Produktionen abgesagt oder verschoben werden. Allen voran natürlich sportliche Großveranstaltungen wie die „UEFA Fußball-Europameisterschaft“ oder die Olympischen Sommerspiele, die nicht stattfinden konnten und auf 2021 verschoben wurden. Auch zahlreiche Preisverleihungen wie der „Grimme-Preis“ und „Der Deutsche Fernsehpreis“ mussten auf eine festliche Gala verzichten. Die Verleihung der „Goldenen Kamera“ wurde sogar komplett gestrichen, obwohl es sich sogar um die letzte Verleihung des Preises überhaupt gehandelt hätte.

Große Fernsehspektakel wie die Rückkehr des „Domino Day“ oder das RTL-Oster-Event „Die Passion“ konnten ebenfalls nicht stattfinden. Auch der geplante „Eurovision Song Contest“ aus Rotterdam wurde schließlich abgesagt. Darauf folgte eine kuriose Entwicklung: Nachdem es zunächst danach aussah, als müssten ESC-Fans 2020 komplett auf den Wettbewerb verzichten, gab es am Ende sogar zwei Alternativ-Veranstaltungen. Kein Geringerer als Stefan Raab kam auf die Idee, einen neuen, freien europäischen Songwettbewerb zu veranstalten, den „Free European Song Contest“. Noch am gleichen Tag der Ankündigung teilte auch die EBU selbst mit, dass es eine „offizielle“ ESC-Alternative unter dem Titel „Europe Shine a Light“ geben wird. Doch damit nicht genug: Am Ende wurden beide Ersatz-Shows auch noch gegeneinander ins Rennen geschickt und am gleichen Tag ausgestrahlt – am 16. Mai, an dem das eigentliche „ESC“-Finale stattfinden sollte. Wirklich profitiert haben von dieser unglücklichen Planung weder ProSieben noch die ARD, denn keine der beiden Shows konnte quotentechnisch überzeugen.

Conchita Wurst und Steven Gätjen moderierten den #FreeESC ProSieben/​Sven Doornkaat/​Benedikt Mueller

Keine neue Ausgabe gab es auch von der „Helene Fischer Show“, die seit 2011 jedes Jahr am 1. Weihnachtsfeiertag ausgestrahlt wird. Es hätte sich um die zehnte Ausgabe und somit eine Jubiläumsshow gehandelt. Angesichts der Corona-Pandemie wurde jedoch beschlossen, die Feierlichkeiten zu verschieben. Ganz verzichten mussten die Fans jedoch auch 2020 nicht auf die Schlagerqueen: Anstelle einer neuen Ausgabe präsentierte Helene Fischer ihre persönlichen Highlights aus den vergangenen Jahren.

Endgültig abgesagt wurde „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“. Corona-bedingt gibt es Anfang 2021 weder ein Dschungelcamp in Australien noch ein Burgcamp in Wales, das zeitweise als Alternative geplant war. Stattdessen stellt RTL im Januar 2021 „Ich bin ein Star – Die große Dschungelshow“ auf die Beine, in der innerhalb von zwei Wochen gewissermaßen ein Casting für das nächste richtige Dschungelcamp veranstaltet wird, das 2022 wieder in Australien stattfinden soll – so optimistisch ist zumindest RTL.

Dreharbeiten müssen pausieren, TV-Shows müssen auf Studiopublikum verzichten

RTL

Zu Beginn der Corona-Pandemie musste die Produktion von zahlreichen Serien unterbrochen werden, unter anderem der RTL-Soaps „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“, „Unter uns“ und „Alles was zählt“ – teilweise auch aufgrund von bestätigten Corona-Infektionen im Team. Die Zwangspause wurde genutzt, um die Drehbücher und Sets den Sicherheitsmaßnahmen zur Risikominimierung anzupassen. So wird fortan beispielsweise der Mindestabstand aller Personen durchgängig gewahrt sowie Haarstyling und Make-up von den Schauspielern selbst übernommen. Mitarbeiter aus Cast und Team, die zu Risikogruppen gehören, wurden von der Arbeit am Set freigestellt.

Am deutlichsten hatte die Unterbrechung Konsequenzen für die täglich ausgestrahlten Telenovelas der ARD. Während des Lockdowns konnte man bei „Sturm der Liebe“ und „Rote Rosen“ noch auf vorproduzierte Episoden zurückgreifen, da die Serien mit einigen Wochen Vorlauf gedreht werden. Doch ab Ende Mai wurde die Luft dünn und Das Erste war gezwungen, einige Wochen mit Wiederholungen älterer Staffeln zu überbrücken, bis frischer Episoden-Nachschub verfügbar war. Auswirkungen hatte die Corona-Pandemie auch auf die Veröffentlichung internationaler Serien in Deutschland. Die Mitglieder im Synchronverband e.V. – Die Gilde hatten sich darauf geeinigt, als Vorsichtsmaßnahme die Synchronarbeiten einen Monat lang auszusetzen. Dadurch kam es zwangsläufig zur Verschiebung eigentlich geplanter Ausstrahlungen und Veröffentlichung von Serienepisoden, weil die deutsche Sprachfassung noch nicht vorlag.

Die Produktion zahlreicher großer TV-Shows musste ebenfalls abgesagt und verschoben werden, wie etwa „Die Feste mit Florian Silbereisen“ und „Willkommen bei Carmen Nebel“. Darüber hinaus mussten sämtliche Shows wie „Deutschland sucht den Superstar“, „Let’s Dance“ und „The Masked Singer“ aufgrund der Corona-Schutzmaßnahmen auf Studiopublikum verzichten. „The Masked Singer“ war im Frühjahr aufgrund von zwei Corona-Infektionen sogar gezwungen, eine zweiwöchige Pause einzulegen, während der sich alle beteiligten Mitarbeiter in Quarantäne begeben mussten.

Stefan Mross und Andrea Kiewel SWR/​Sonja Bell/​ZDF/​Marcus Höhn

Auch die beliebten Sonntagmittagshows „Immer wieder sonntags“ und der „ZDF-Fernsehgarten“ wurden vor große Herausforderungen gestellt – schließlich lebt die Atmosphäre dieser Formate von einem ausgelassenen Feierpublikum vor Ort. Während Live-Zuschauer bei so manch anderer TV-Sendung verzichtbar sind, wirkte insbesondere der „Fernsehgarten“ ohne Publikum ziemlich trostlos, wenn etwa die Musikacts auf dem weitläufigen Gelände des Mainzer Lerchenbergs alleine vor sich hin sangen. Als Notlösung fungierten zunächst die auftretenden Künstler selbst, die sich gegenseitig zujubelten. Erst gegen Ende der Saison wurde beim „Fernsehgarten“ wieder ein stark reduziertes Publikum zugelassen.

Auch der ARD-Vorabenderfolg „Wer weiß denn sowas?“ bekam die Folgen der Pandemie zu spüren. So gingen dem Sender nach Ostern die neuen Folgen aus und die Staffel musste früher als geplant beendet werden. Damals war noch nicht denkbar, ob und wie die Quizshow ohne Studiopublikum produziert werden kann, da es aktiv am Geschehen beteiligt ist. Seit November sind nun neue Folgen im Programm, in der es ein virtuelles Publikum mit Pappaufstellern als Ersatz gibt. Auf diese Lösung greifen inzwischen auch andere Shows wie „The Voice of Germany“ zurück.

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