Lineares TV-Lagerfeuer: 24 Stunden mit Joko und Klaas
Joko & Klaas erspielten sich einen 24 Stunden-ProSieben-Programmtag. ProSieben/Nadine Rupp
Bei „Joko & Klaas gegen ProSieben“ spielen Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf regelmäßig um 15 Sendeminuten zur freien Verfügung. Diese haben sie schon mehrfach gewonnen und entweder für Klamauk genutzt oder um auf ernste Themen hinzuweisen. Zur 50. Ausgabe des Formats gab es eine große Besonderheit: Anstatt 15 Minuten konnte das Entertainer-Duo satte 24 Stunden gewinnen und einen ganzen Programmtag von ProSieben frei gestalten. Dies ist ihnen tatsächlich gelungen und am Sonntag, den 21. April war es dann so weit. Was genau die Zuschauer erwarten würde, war nicht ganz klar, denn vorab wurde lediglich ein handschriftlich geschriebener Zettel zum geplanten Programm veröffentlicht.
ProSieben
Los ging es um Mitternacht, als sich Joko und Klaas vom Dach ihrer Berliner Produktionsfirma Florida TV meldeten, um nur wenig später ein Indoor-Feuerwerk zu zünden, in einem Späti Alkohol zu kaufen und sich ihre eigene Live-Übertragung via Apple TV anzusehen. Um 1:13 Uhr kündigte ein sprechendes Alpaka dann „Feinste Perlen der Nachtunterhaltung“ an, bei denen es sich um die 55 besten Countdown-Momente aus „Circus HalliGalli“ handelte. Weitere Programmpunkte in der Nacht waren ein Zusammenschnitt des „gescheitertsten TV-Experiments aller Zeiten (for real)“- nämlich der fragwürdigen Show „Wer schläft, verliert!“ aus dem Jahr 2020 – sowie „Das große Rückwärts-Event“ – eine rückwärts ausgestrahlte Folge der früheren Joko-und-Klaas-Show „Mein bester Feind“.
Ab 7:55 Uhr wurden die beiden bei IMDb am besten („Homer hatte einen Feind“) und am schlechtesten („Lisa wird gaga“) bewerteten Episoden der „Simpsons“ gezeigt, ehe gegen 9 Uhr für eine Dreiviertelstunde „Ouvertüre bis Konfitüre – Starten in den Tag mit Joko & Klaas“ folgte, inklusive einer morgendlichen Jogging-Runde. Nach einem etwas mehr als einstündigen Blick in den Giftschrank der 90er-Talkshows gab es um kurz vor 11 „Frühstücken LIVE mit coolen Ideen“: Joko und Klaas kapterten das „Sat.1-Frühstücksfernsehen“ und waren somit plötzlich auf beiden Sendern zu sehen. Bis zur Primetime gab es dann noch mehrere Best-ofs der beliebten „Circus HalliGalli“-Rubrik „Aushalten: Nicht lachen“, ein „Worst of ProSieben“, ein gemeinsames „BrUno“-Kartenspiel mit Joko, Klaas, Jakob Lundt und Sido im Berliner Olympiastadion und einen Rückblick auf Steven Gätjens Zeit bei „taff“ zu sehen.
„Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)“ ProSieben/Florida TV/Weiya Yeung
Um 20:00 Uhr stimmte das Duo dann auf das „neue Showformat“ ein, das eine Viertelstunde später auf Sendung ging und für das man tagsüber bereits interessierte Zuschauer aufgerufen hatte, zum Studio in Berlin-Adlershof zu kommen. Die Idee mit dem Titel „Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)“ erwies sich schließlich auch als recht kreativ: Jeweils drei Menschen spielten zusammen auf der Bühne. Zwar sollte es am Ende nur einen Gewinner geben, die Kandidaten traten also gegeneinander an, aber sie quizzten immer zu dritt in einem Gruppenverbund. Antwortete eine Person aus dem Verbund korrekt, waren alle drei Spieler weiterhin im Rennen. Antwortete niemand, schieden alle drei Personen raus und wurden durch die nächsten drei in der Schlange ersetzt. Buzzerte und antwortete eine Person falsch, war sie ebenfalls raus und der Nächste aus der Wartereihe rückte an ihre Stelle nach. Die anderen beiden Mitspieler blieben im Rennen und es ging mit der nächsten Frage weiter. Es handelte sich gewissermaßen um einen live gesendeten Show-Piloten mit ungewissem Ausgang. Während der Live-Sendung rief ProSieben-Chef Hannes Hiller an und bot Joko & Klaas eine Fortsetzung an. Die Show soll 2025 in Serie gehen. Gegen 22:35 Uhr folgte dann der letzte „Supercut“ von „Aushalten: Nicht lachen“, ehe sich Joko und Klaas um kurz vor Mitternacht bei allen Zuschauern und Mitwirkenden bedankten und sich verabschiedeten.
Der 24-Stunden-Programmtag von Joko & Klaas war für ProSieben ein voller Erfolg. Dank des besonderen Events konnte der Sender mit 17,6 Prozent in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen seinen besten Tagesmarktanteil seit November 2020 erzielen. Insbesondere „Ein sehr gutes Quiz (mit hoher Gewinnsumme)“ holte in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen mit 20,8 Prozent Marktanteil den Tagessieg. Das war ein toller Beweis der Stärke linearer Fernsehkultur, zog ProSiebenSat.1-Manager Henrik Pabst gegenüber der dpa als Fazit. Unsere Strategie, lokal und gerne auch live zu sein, wurde damit sehr deutlich bestätigt. Man habe viele Zuschauer aktivieren können, die das lineare Fernsehen nur noch selten nutzen. Menschen kommen ins lineare Fernsehen, wenn wir ein großes Ereignis zeigen. Fernsehen in der Zukunft hat sehr viel damit zu tun, ob man Inhalte findet, die Menschen so triggern, dass sie kommen und dafür alles andere unterbrechen.
#KINDERstören: Carolin Kebekus kapert den „Tatort“
#KINDERstören – Carolin Kebekus unterbricht das ARD-Programm für Kinderrechte WDR/Ben Knabe
Auch eine Aktion im Ersten erinnerte in diesem Jahr stark an die 15 Minuten von Joko & Klaas: Wer am Sonntag, den 18. August um 20:15 Uhr den „Tatort“ sehen wollte, wurde überrascht: Denn kurz nach dem altbekannten Vorspann (der jedoch auffallend jüngere Augen im Fadenkreuz zeigte) bekamen die Zuschauer im Ersten zunächst nicht die beliebten Ermitter Thiel (Axel Prahl) und Boerne (Jan Josef Liefers) zu sehen. Stattdessen erschien Komikerin Carolin Kebekus auf der Bildfläche. Ich muss hier jetzt mal ganz kurz das Fernsehprogramm stören, denn es gibt ein Thema, das Ihre Aufmerksamkeit braucht. Ein Thema, für das ich meine Babypause unterbreche. Ein Thema, das uns alle betrifft, erläuterte sie. Das nachfolgende Programm verschiebe sich um ein paar Minuten, denn wir müssen jetzt einfach mal über Kinder sprechen.
Daraufhin wurde der Hashtag #KINDERstören eingeblendet und Carolin Kebekus erklärte, worum es in der überraschenden Programmstörung gehen soll: um Kinderrechte. Ohne Stärkung der Kinderrechte ist unser gesamtes System in Gefahr, warnt Kebekus. Kinder brauchen unsere besondere Fürsorge, denn sie sind unsere Zukunft. Wir müssen sie schützen und dafür sorgen, dass sie sich gesehen, gehört und geliebt fühlen. Und stören dürfen sie verdammt noch mal auch. Selbst um 20:15 Uhr im Ersten!
Fast ein Viertel der Kinder und Jugendlichen in Deutschland sind von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht, fuhr Kebekus fort. Die Politik kann sich nicht mal auf die Kindergrundsicherung einigen. Wo ist bitte die landesweite Empörung? Wo die Großdemos für Kinderrechte? Die nachfolgenden Minuten gehörten dann den Kindern selbst: In der Kulisse bekannter ARD-Formate wie dem „ARD-Morgenmagazin“, dem „Tatort“, der „Sportschau“, der „Tagesschau“ und „Gefragt – Gejagt“ übernahmen Kinder die Hauptrollen, um die Themen anzusprechen, die die Kinder zwar betreffen, bei denen es aus Kindersicht aber noch hakt.
Die beiden Kinder-Kommissare ermittelten im „Tatort“ in einem Fall von Mobbing und mahnen Eltern, ihre Kinder nicht allein im Internet zu lassen. In der Kinder-„Sportschau“ wurde der mangelhafte Zustand von Sporthallen und Schwimmbädern angeprangert – und Kebekus selbst kritisierte die Tatsache, dass Kinderrechte noch immer nicht im Grundgesetz verankert sind. Neben der Sondersendung im Ersten wurden an jenem Sonntag auch verschiedene Social-Media-Kanäle der ARD wie „Sportschau“ oder „Tatort“ von Kindern „gestört“. Der eigentlich geplante „Tatort“ begann 15 Minuten später als angekündigt.