75 Jahre ARD: „Tagesschau“ und politische Sendungen halten Stellung

Langer Weg liegt zwischen „Fernseh-Filmbericht“, „Tagesthemen“ und App

Stefan Genrich
Stefan Genrich – 12.07.2025, 09:00 Uhr

Informationsangebote der ARD im Wandel der Zeit – mit „Tagesthemen“, Dreharbeiten 1955, Podcast „11KM“, Nachrichtensprecherin Dagmar Berghoff, „Rudis Tagesshow“ und Gebärdendolmetscherin der „Tagesschau“ – Bild: NDR, Fornax, NDR / BR / Christian Spielmann, NDR / Gita Mundry, RB, PHOENIX
Informationsangebote der ARD im Wandel der Zeit – mit „Tagesthemen“, Dreharbeiten 1955, Podcast „11KM“, Nachrichtensprecherin Dagmar Berghoff, „Rudis Tagesshow“ und Gebärdendolmetscherin der „Tagesschau“

In diesem Jahr feiert die ARD ein großes TV-Jubiläum, nämlich ihr 75-jähriges Bestehen. Den Geburtstag nimmt auch die Redaktion von fernsehserien.de zum Anlass, um der ARD zu gratulieren: Redakteure und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Generationen teilen ihre persönlichen Erinnerungen und Gedanken rund um die ARD. Heute erzählt unser Serienkritiker Stefan Genrich davon, wie ihn die Nachrichtenangebote wie „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ bis heute gut informieren und welche Erinnerungen er mit Politmagazinen wie „Panorama“ und „Monitor“ verbindet.

Für meinen Opa begann der Fernsehabend in den 70er-Jahren, indem er eine Schreibtischlampe mit grünem Metallschirm hinter dem Schwarz-Weiß-Gerät zurechtrückte: Irgendwie sollte der Lichtschein die Strahlung des Apparates ausgleichen. Wenn mein Großvater den Fernseher einschaltete, flimmerten die letzten Werbespots des Tages über den Bildschirm. Rechtzeitig vor den Nachrichten herrschte Ordnung auf dem Sofa und im Sessel. Dann führte ein Gongschlag zur Ankündigung: Hier ist das Deutsche Fernsehen mit der ‚Tagesschau‘! Eine Fanfare unterstrich die Bedeutung der folgenden Botschaften.

„Lou Grant“ scheitert an Realität

Als nicht mehr so kleines Kind beeindruckte auch mich diese Viertelstunde zum Weltgeschehen, obwohl ich die wenigsten Einzelheiten begriff. Einige Bilder blieben hängen – besonders vom Terrorismus der Baader-Meinhof-Gruppe, wie die Führungsspitze der Rote Armee Fraktion RAF in der „Tagesschau“ genannt wurde. Mit den Jahren faszinierte mich Politik, zumal Originale wie Franz Josef Strauß und Helmut Schmidt die Leute aufregten. Pech, dass meine Lieblingsserie über die grandiosen Journalisten von „Lou Grant“ kaum zur Realität der Nachrichten passte!

Politmagazine zeigen eklige Würmer und attackieren Gamer

Politmagazine wie „Report“ sorgten für Gesprächsstoff in der Schule und in der Berufsausbildung. So stürzte „Panorama“ 1978 Baden-Württembergs Ministerpräsidenten Hans Filbinger, denn er hatte Todesurteile im Dritten Reich verhängt. 1987 ekelten mich die Würmer, die laut „Monitor“ in eigentlich leckeren Fischen wimmelten. Leider prangerte „Panorama“ 2007 zahlreiche Gamer als künftige Gewaltverbrecher an. Wegen solcher Pannen ist der Ruhm verblasst. Zudem nervt mich seit den 80er-Jahren der Aktivismus von Moderatoren wie Franz Alt. Gleichwohl liebe ich die Freiheit, solche Positionen im Fernsehen zu vertreten. Übrigens feiert „Monitor“ gleichfalls Geburtstag: 2025 wird das umstrittene Magazin 60 Jahre alt.

Engagierte Journalisten wie Hanns Joachim Friedrichs begeistern

Seit meinem Abitur 1985 genoss ich die modernen und anspruchsvollen „Tagesthemen“. Unter den damaligen Moderatoren dieses Nachrichtenjournals stach Hanns Joachim Friedrichs hervor. Daneben prägten bewährte Redakteure wie Friedrich Nowottny und Ernst Dieter Lueg den wöchentlichen „Bericht aus Bonn“. Vermutlich wegen meines jugendlichen Unverständnisses langweilten mich die weinseligen Streitgespräche unter dem Titel „Internationaler Frühschoppen“. Als Erwachsener schätzte ich den Nachfolger „Presseclub“.

Otto, Rudi Carrell, Loriot und Dieter Hildebrandt würdigen politische Sendungen

Zum Beispiel Otto Waalkes zog die „Tagesschau“ durch den Kakao. Schief ging ein Sketch in „Rudis Tagesshow“, als Revolutionsführer Ayatollah Khomeini scheinbar in Damenunterwäsche wühlte: Das iranische Regime bedrohte den Spaßmacher Rudi Carrell wegen seines harmlosen Scherzes. Loriot veralberte nicht nur die „Tagesschau“. Der Meister des Humors spottete zusätzlich über „Panorama“, den „Bericht aus Bonn“ und weitere politische Sendungen. Derweil lästerte der „Scheibenwischer“ über Aufreger wie Nachrüstung und Kernkraftwerke. Dabei verärgerte Dieter Hildebrandt kritisch und lustig die Würdenträger der Bonner Republik. Gegenwärtig verschwindet diese Art des politischen Kabaretts. Auftritte landen bei „Nuhr im Ersten“, wobei sich die Geister am Gastgeber Dieter Nuhr scheiden. In „extra 3“ verwischen die Grenzen zwischen Fakten und Satire.

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