Sportliche Quotenhits im Sommer: Fußball-EM und Olympia 2024
Das Moderationsteam der ARD zur UEFA EURO 2024 WDR/Annika Fußwinkel/Sebastian Arlt/Adobe
Zwei große Sport-Events dominierten in diesem Jahr den TV-Sommer: Die UEFA EURO 2024 vom 14. Juni bis zum 14. Juli in Deutschland sowie die Olympischen Spiele vom 26. Juli bis zum 11. August in Paris. Die übertragenden Sender, allen voran ARD und ZDF, konnten sich über Traumquoten in Höhen freuen, die heutzutage mit keinen anderen Sendungen mehr erreicht werden.
Die Deutsche Telekom hatte sich die Live-Übertragungsrechte an allen 51 Spielen der Fußball-Europameisterschaft für ihre Streamingplattform MagentaTV gesichert. Mittels Sublizenzierung war die EM auch im Free-TV zu sehen, wo die öffentlich-rechtlichen Sender ARD und ZDF sowie der Privatsender RTL im Wechsel die einzelnen Spiele übertrugen. Direkt das Eröffnungsspiel zwischen Deutschland gegen Schottland war ein voller Erfolg: 22,49 Millionen Zuschauer bescherten dem ZDF satte 69,0 Prozent Marktanteil. Aus der jungen Zielgruppe waren 8,38 Millionen 14- bis 49-Jährige dabei, die sogar für 82,3 Prozent sorgten. Das letzte Gruppenspiel der deutschen Mannschaft gegen die Schweiz brachte es sogar auf 25,57 Millionen Zuschauer bei 73,4 Prozent. Darunter waren 9,88 Millionen zwischen 14 und 49 Jahren, hier standen sogar 84,4 Prozent zu Buche.
Die EM 2024 im ZDF: (v. l.) Per Mertesacker, Christoph Kramer, Friederike Kromp und Katrin Müller-Hohenstein ZDF/Svea Pietschmann
Getoppt wurde das nur vom Aus der deutschen Fußballnationalmannschaft im Viertelfinalspiel gegen Spanien. Die durchschnittliche Reichweite betrug 26,13 Millionen Zuschauer bei satten 80,9 Prozent – und das am Vorabend um 18 Uhr! Davon waren 8,87 Millionen 14- bis 49-Jährige, die den Marktanteil in der jungen Zielgruppe auf sagenhafte 89,7 Prozent trieben – der höchste gemessene Wert seit fast zehn Jahren. Lediglich das WM-Endspiel vom 13. Juli 2014, als Deutschland gegen Argentinien gewann, holte noch bessere 90,1 Prozent. Eine höhere Gesamtreichweite wurde zuletzt während der EM 2021 gemessen, als das Aus der deutschen Mannschaft im Achtelfinale gegen England von 27,3 Millionen Zuschauern verfolgt wurde. Auch die anderen EM-Spiele ohne deutsche Beteiligung konnten Reichweiten in exorbitanter, zweistelliger Millionenhöhe erzielen. Das Finalspiel, das Spanien knapp mit 2:1 gegen England gewann, sahen 21,64 Millionen Menschen – mehr als jedes Spiel ohne deutsche Beteiligung eines Großturniers seit 2010. Insgesamt kamen 67,4 Prozent zustande, bei den 14- bis 49-Jährigen wurden mit 7,73 Millionen sogar 77,3 Prozent erreicht.
Elton (l.) und Jan Köppen moderierten „Das RTL EM-Studio“ RTL/Anne Werner
Einen Wermutstropfen gab es allerdings – und zwar im Hause RTL: Das tägliche, von Stefan Raab produzierte „RTL EM-Studio“ hat sich als ziemlicher Ladenhüter entpuppt und zur besten Sendezeit nur ein überschaubares Publikum angelockt. Die von Elton, Jan Köppen und vertretungsweise von Jana Wosnitza moderierte Sendung blieb mit zumeist tief einstelligen Marktanteilen weit hinter den Erwartungen zurück. Im Schnitt kamen die Ausgaben nur auf durchschnittlich 5 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen. Ausreißer nach oben gab es, wenn unmittelbar davor die Live-Übertragung eines Fußball-EM-Spiels bei RTL lief. Aus eigener Kraft konnte das Format nicht überzeugen – weil die meisten Fußballfans eben stattdessen die Vorberichte direkt beim ausstrahlenden Sender vorzogen. Somit musste die erste Produktion der Firma Raab Entertainment als bitterer Flop verbucht werden – und wurde sogar einen Tag früher als geplant beendet.
Olympische Spiele so erfolgreich wie lange nicht mehr
Für das ZDF im Einsatz während der Olympischen Spiele: Katrin Müller-Hohenstein und Jochen Breyer ZDF/Sebastian Wells
In Fußball-EM-Dimensionen schwebten die Quoten der Olympischen Spiele wenige Wochen später zwar nicht, doch das zweieinhalbwöchige Sportevent aus Paris ließen sich ebenfalls viele Zuschauer nicht entgehen. Die prachtvolle Eröffnungsfeier sahen überragende 10,44 Millionen Zuschauer, die für einen Marktanteil von 45,5 Prozent beim Gesamtpublikum sorgten – damit war sie die meistgesehene Übertragung bei Olympischen Spielen seit 20 Jahren. Bei den 14- bis 49-Jährigen lag das Interesse der rund vierstündigen Live-Übertragung angesichts 2,54 Millionen und herausragenden 53,3 Prozent sogar noch höher.
Insgesamt berichteten ARD und ZDF 243 Stunden aus Paris, davon rund 201 Stunden über die Wettbewerbe. Mit den Sportberichten wurden durchschnittlich 3,62 Millionen Zuschauer erreicht, der Marktanteil lag bei 30,9 Prozent. Über dem Gesamtdurchschnitt lagen die Marktanteile bei den Kindern (40,5 Prozent) und bei den 14- bis 49-Jährigen (37,2 Prozent). Die Übertragungen mit den höchsten Zuschauerzahlen waren die Leichtathletik-Abende am 4. und 8. August, die beide rund acht Millionen Zuschauer erreichten, dicht gefolgt vom Hockey-Viertelfinale Deutschland – Argentinien mit 7,74 Millionen (29,2 Prozent) und vom Tischtennis-Frauen-Halbfinale mit 7,57 Millionen (34,7 Prozent). Die Schlussfeier sahen dann auch noch einmal 7,78 Millionen Menschen bei 40,5 Prozent.
Entertainment statt Sport: Was wird aus Sport1?
Ende einer Ära: Die „Sexy Sport Clips“ wurden aus dem Programm geworfen. Sport1
Apropos Sport: Der Sender Sport1 befindet sich im Wandel – und ganz offensichtlich spielt der Sport dabei eine immer geringere Rolle. Im Frühjahr hat der türkische Medienkonzern Acunmedya 50 Prozent der Anteile an der Sport1 GmbH übernommen. Sport1 kündigte eine „große Programm-Offensive“ an. Als erste Amtshandlung wurde eine Sendung eingestellt, die seit Jahrzehnten eine feste Säule im Nachtprogramm war – und deren Aus dem Ende einer Ära gleichkam: Die „Sexy Sport Clips“. Seit 2002 waren nach Mitternacht stundenlang diverse Softerotik-Clips zu sehen. Frauen entblößten sich zu Popmusik und räkelten sich auf Billardtischen, Golfplatzimitaten oder in einem Fußballtor – damit das Ganze noch irgendwas mit Sport zu tun hatte. Doch Anfang Juli war damit Schluss. Stattdessen bestückt Sport1 sein Nachtprogramm nun mit eingekauften Doku-Formaten wie „Highway Cops“ und „Storage Hunters“.
Im September brachte Sport1 dann mit „EXATLON Germany – Die Mega Challenge“ eine Mischung aus Sport- und Realityshow nach Deutschland. Das Competition-Format läuft international bereits in mehreren Ländern und verbindet Hochleistungssport mit Reality-TV in der Dominikanischen Republik. Mehrere Athleten und Prominente müssen in Teams mehrere aufreibende Hindernisparcours absolvieren. Für die aufwendige Sendung, die man eigentlich bei größeren Sendern verorten würde, räumte Sport1 drei Monate lang seine Primetime frei und zeigte die zweistündigen Folgen montags bis freitags zur besten Sendezeit.
Mit der Fashion-Show „My Style Rocks“ pflastert Sport1 derzeit großflächig sein Programm zu. Sport1
Im Oktober kam ein noch ungewöhnlicheres Format zu Sport1: Das Fashion-Duell „My Style Rocks“, moderiert von Gülcan Kamps und mit Modezar Harald Glööckler in der Jury, basiert auf dem 2014 gestarteten, türkischen Format „İşte Benim Stilim“. In jeder Episode präsentieren die Teilnehmerinnen ihre Outfits, die basierend auf einem Punktesystem bewertet werden. Während Clips mit Harald Glööckler als Memes viral gingen, krebst die Sendung quotentechnisch am Rande der Messbarkeit herum. Doch das war nur der Anfang der Sport1-Offensive: Laut DWDL-Informationen hat Acunmedya einen Content-Deal mit Banijay Germany geschlossen und dabei die Rechte an zwei großen internationalen Marken für den deutschen Markt erworben: „Survivor“ und „MasterChef“.
Neuauflagen der beiden Formate sollen von der Banijay-Tochter Brainpool in Zusammenarbeit mit Acunmedya für Sport1 produziert werden. Das ist durchaus überraschend, denn sowohl „Survivor“ als auch „MasterChef“ wurden in Deutschland bereits in unterschiedlichen Varianten auf verschiedensten Sendern adaptiert – jedoch ohne nennenswerten Erfolg. Dennoch wird der Anschein erweckt, dass der neue Miteigentümer Acunmedya erstaunlich viel Budget in das Programm des kleinen Spartensenders steckt. Es bleibt spannend, was 2025 noch so alles mit dem Sender passieren wird.