Prosit, Käpt’n Blaubär! 30 Jahre Lügen, dass sich die Balken biegen

Chronik einer Kultfigur des Kinderfernsehens

Dennis Braun
Dennis Braun – 06.10.2021, 10:00 Uhr

Cast und Crew: Das Team hinter Käpt’n Blaubär

Wolfgang Völz (l., † 2018) mit Käpt’n Blaubär als gute blaue Fee WDR/​Michael Fehlauer

Einen erheblichen Anteil an der Erfolgsgeschichte von Käpt’n Blaubär hat natürlich Wolfgang Völz, der ihm mehr als 20 Jahre lang seine Stimme lieh. Geboren wurde der Schauspieler 1930 in Danzig und erlangte vor allem durch seine Rollen in den Kultserien „Raumpatrouille“ und „Graf Yoster gibt sich die Ehre“ Bekanntheit. Darüber hinaus wirkte er in etlichen Filmen und Theaterstücken mit, meist in Nebenrollen, was seiner Beliebtheit allerdings keinen Abbruch tat. In Interviews bezeichnete er sich gerne mal als „großen Verwendbaren“ oder „allerersten Mann der zweiten Klasse“. Mindestens ebenso gefragt war seine Stimme, so synchronisierte er etwa Peter Ustinov, Mel Brooks und Walter Matthau. Auch im hohen Alter blieb er als Darsteller aktiv, wobei der Blaubär stets eine Herzensangelegenheit für ihn war. Am 2. Mai 2018 starb Völz im Alter von 87 Jahren in Berlin.

Edgar Hoppe mit Hein Blöd WDR/​Herby Sachs

Der döspaddeligen Schiffsratte Hein Blöd hauchte jahrelang der Schauspieler Edgar Hoppe Leben ein. Der 1937 geborene Hannoveraner wirkte zunächst auf Theaterbühnen in Bochum, Wiesbaden und Hamburg, ehe er in den 1970er Jahren durch mehrere Fernsehrollen bekannt wurde. Im „Tatort“ porträtierte er in vier Folgen den Kriminalmeister Höffgen, danach war er in einigen Loriot-Sketchen zu sehen (unter anderem als Anzugverkäufer in „Herrenmoden“ und als Bettenverkäufer Hallmackenreuter in „Bettenkauf“). Seine bekannteste Rolle war jedoch die des Polizeiobermeisters Dietmar Steiner im „Großstadtrevier“, den er von 1986 bis 2003 verkörperte. 2008 zog sich Hoppe von den Blaubär-Produktionen zurück, seinen Part als Hein Blöd übernahm ein Jahr später der Hamburger Schauspieler Axel Olsson, der von 1997 bis zur diesjährigen Einstellung zur Stammbesetzung der NDR-Serie „Neues aus Büttenwarder“ gehörte. Seine Stimme hörte man in „Abenteuer im Pizzawald“, den „Mini-Musicals“ sowie den letzten „Seemannsgarn“-Geschichten.

Edith Hancke († 2015)IMAGO/​Strussfoto

Schauspielerin Edith Hancke, ein echtes Berliner Original, prägte den Charakter der zänkischen Topfpflanze Karin ab 1995. Obwohl sie in vielerlei Filmen zu sehen war und Gastrollen in mehreren Fernsehserien übernahm, blieb ihr eigentliches Metier stets das Theater. Vor allem auf Berliner Bühnen war sie zu Hause, so hatte sie Engagements am Deutschen Theater, am Schlosspark Theater, am Schillertheater, am Theater am Kurfürstendamm oder an der Berliner Komödie. Ihr Markenzeichen war ihre – mit Berliner Dialekt gepaarte – Krächzstimme, die nach einer verpfuschten Mandeloperation im Kindesalter aufgetreten war. Diese ermöglichte ihr ein weiteres Karrierestandbein in der Synchronisation. Unvergessen bleibt natürlich Baby Sinclair aus der Puppentrickserie „Die Dinos“, das durch ihre Sprecherleistung hierzulande zum absoluten Kult wurde. Als Karin war sie in den Blaubär-Formaten bis zu deren Ausscheiden im Jahr 2008 zu hören. Am 4. Juni 2015 erlag Hancke im Alter von 86 Jahren einem Krebsleiden.

Die Bärchen wurden von jeweils wechselnden Kindern gesprochen – die männlichen Sprecher mussten ohnehin regelmäßig ausgetauscht werden, als sie in den Stimmbruch kamen. In der allerersten „Seemannsgarn“-Staffel 1991 waren dies Thea Frank (rosa), Fridolin Baldenius (grün) und Alexander von Süßkind (gelb). Frank und Baldenius waren später auch in der NDR-Kinderserie „Neues vom Süderhof“ als Schauspieler zu sehen. Als die Bärchen 1995 ihr Comeback im „Käpt’n Blaubär Club“ feierten, liehen ihnen Miriam Adebahr (rosa), Jens Versemann (grün) und Jannik Endemann (gelb; Sohn des verstorbenen Schauspielers Gernot Endemann) ihre Stimmen. Mit dem Relaunch des „Clubs“ 1999 übernahmen Millie Forsberg (rosa), Max Fritzsch (grün) und Max Baumeister (gelb), die beiden Letztgenannten wurden ein Jahr später von Filipe Pirl (grün) und Fabian Zibell (gelb) abgelöst. Danach waren auch noch diverse andere Kinder in den Rollen zu hören.

Für die Musik sämtlicher Blaubär-Formate zeichneten beinahe ausschießlich die Komponisten Peter W. Schmitt und Ingfried Hoffmann verantwortlich. Ab Ende der 90er Jahre stellte der Kölner Puppenbauer Carsten Sommer die einzelnen Figuren her, die unter anderem von Kirsten Roß, Bodo Schulte, Peter Geierhaas, Norbert Wöller, Axel Bahro und Bertram Schmitt gespielt wurden. Dabei fertigte Sommer je vier bis fünf Versionen an, da eine Puppe etwa zwei Jahre hielt. Regie führten Christian Kapp, Wolfgang Lünenschloß, Jojo Wolff und Thomas Menke sowie Rudi Bergmann und Wolf-Armin Lange, der beispielsweise im „Käpt’n Blaubär Club“ auch die künstlerische Gesamtleitung übernahm. Die verantwortliche Redakteurin und Produzentin des WDR war bis Ende 1995 Lucia Keuter, auf sie folgten Brigitta Mühlenbeck, die mittlerweile als WDR-Programmgruppenleiterin Kinder und Familie fungiert, und Manuela Kalupke.

Nach dem Tod von Wolfgang Völz ist es kaum denkbar, dass es in Zukunft noch einmal neue Sendungen mit der beliebten Figur geben wird – zu sehr ist sie mit ihrem ehemaligen Sprecher verbunden. Auch Mühlenbeck betont: In diesem Jahr arbeiten wir nicht an konkreten neuen Projekten mit Käpt’n Blaubär, unsere Konzentration gilt im Moment noch dem Maus-Geburtstagsjahr. Dennoch verspricht sie: Käpt’n Blaubär bleibt auf jeden Fall Teil der Maus-Familie. Damit sich auch kommende Generationen an seinen mannigfaltigen Abenteuern erfreuen können – ganz egal, ob wahr oder gelogen.

Zum Jubiläum steht das knapp 105-minütige Special „30 Jahre Käpt’n Blaubär – Eine Reise durch sein Seemannsgarn“ in der ARD Mediathek bereit. Dort finden Fans zudem die Musicals „Die drei Bärchen und der blöde Wolf“ und „Abenteuer im Pizzawald“ sowie mehrere Folgen von „Blaubär Mix & Fertig“.

Viele „Seemannsgarn“-Geschichten, darunter auch die komplette erste Staffel, sind via Amazon Video abrufbar. Auf DVD gibt es diese aktuell nur gebraucht bei Amazon* zu erwerben. Von „Blaubär + Blöd“ sind insgesamt sechs DVDs* erschienen, die dort allesamt noch als Neuware angeboten werden.

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Über den Autor

Dennis Braun, geboren einen Tag nach dem Mauerfall, ist ein richtiges Kind der 90er und Retro-Fan. Neben schaurig-schöner Eurodance-Musik kann er sich auch heute noch an diversen Gameshows wie „Geh aufs Ganze!“, „Glücksrad“, „familien duell“ oder „Der Preis ist heiß“ erfreuen, die er damals sehr häufig bei und mit seinen Großeltern geschaut hat. Daneben hat er ein Herz für gut gemachte deutsche Comedy, die allerdings bekanntermaßen recht spärlich gesät ist. Wenngleich er kein wirklicher Serienjunkie ist, laufen ihm dennoch ab und zu ein paar Produktionen wie der „Club der roten Bänder“ oder „The Strain“ über den Weg, die ihn in ihren Bann ziehen. Bereits seit Januar 2013 für fernsehserien.de tätig, verstärkt er seit März 2016 auch die Newsredaktion und kennt sich besonders im nationalen Bereich gut aus.

Lieblingsserien: Pastewka, Club der roten Bänder, Die Dinos

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ich kenne den Spruch etwas abgeändert:
    Es wird nirgends so viel gelogen, wie auf einer Beerdigung.
    • am via tvforen.de

      Das große Lügenrätsel zum Jubiläum:
      Nie wird soviel gelogen
      wie nach einer Jagd, im Krieg und vor Wahlen
      Wer hat's gesagt?
      A) Käpt'n Blaubär
      B) Baron Münchhausen
      C) Pinocchio
      D) Fürst Otto v. Bismarck
      • am via tvforen.de

        orinoco schrieb:
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        > Das große Lügenrätsel zum Jubiläum:

        Was hat denn Pinocchio so an bedeutenden Sprüchen hinterlassen?
      • am via tvforen.de

        orinoco schrieb:
        -------------------------------------------------------
        > Das große Lügenrätsel zum Jubiläum:
        > Nie wird soviel gelogen
        > wie nach einer Jagd, im Krieg und vor Wahlen
        > Wer hat's gesagt?
        > A) Käpt'n Blaubär
        > B) Baron Münchhausen
        > C) Pinocchio
        > D) Fürst Otto v. Bismarck


        Die einzig sinnvolle Antwort ist zwar Otto von Bismarck, aber ihm wird das Zitat wohl nur fälschlicherweise zugeschrieben.
    • am via tvforen.de

      Alles, alles gute zu deinem 30. Ehrentag. Freiere schön mit deinen 3 Bären und Hein Blöd.
      Ich habe Käpt´n Blaubär sehr gemocht. Das war die beste Sendung bei der "Sendung mit der Maus".

      Ich habe seine Lügengeschichten sehr gemocht. Diese kann man auch gut und gerne als Gute-Nacht-Geschichten anhören oder ansehen.

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