Prosit, Käpt’n Blaubär! 30 Jahre Lügen, dass sich die Balken biegen

Chronik einer Kultfigur des Kinderfernsehens

Dennis Braun
Dennis Braun – 06.10.2021, 10:00 Uhr

1993–1995: Ankerplatz am Samstagmorgen – der „Käpt’n Blaubär Club“

Im März 1993 wurde „Käpt’n Blaubärs Seemannsgarn“ beim Deutschen Kinder-, Film- & Fernseh-Festival in Gera mit dem „Goldenen Spatz“ ausgezeichnet – ein Zeichen der stetig wachsenden Popularität. Gleichzeitig liefen beim WDR bereits die Vorbereitungen für eine neue, deutlich längere Sendung, die ganz auf den Käpt’n und seine Crew zugeschnitten sein und die Zuschauer mit einbeziehen sollte.

Als Gemeinschaftsproduktion der Ravensburger Film + TV, der Frankfurter Filmproduktion und des Westdeutschen Rundfunks entstand der „Käpt’n Blaubär Club“, der erstmals am Samstag, den 2. Oktober 1993 um 9:03 Uhr im Ersten seine Pforten öffnete und diesen Sendeplatz dreieinhalb Jahre behalten sollte. Walter Moers war zunächst auch hier in keinerlei Hinsicht an dessen Ausgestaltung beteiligt, sodass er erneut den „Ausverkauf“ seiner Figur kritisierte. Zumindest mit Blick auf die allerersten Puppenversionen von Käpt’n Blaubär und Hein Blöd, die vor allem durch übergroße Augen auffielen, kann man seine Kritik durchaus nachvollziehen:

Ausschnitt aus der ersten Folge vom „Käpt’n Blaubär Club“: Videopiratin Bille (Sybille Waury, M.) mit Käpt’n Blaubär (l.) und Hein BlödWDR/​Screenshot

Die drei Bärchen suchte man übrigens vergebens – sie wurden seitens der Produktion auf „Weltreise“ geschickt, die letztendlich über zwei Jahre dauern sollte. Stattdessen erhielt die Kuttermannschaft – quasi als Ersatz – erstmals menschliche Verstärkung: Die aus der „Lindenstraße“ bekannte Schauspielerin Sybille Waury verkörperte Videopiratin Bille, die auf dem Deck in kurzen Spielszenen mit Käpt’n Blaubär und Hein Blöd interagierte. Diese bildeten den Mantel für Serien, die innerhalb der 45 Minuten Sendezeit (ab 1994: 60 Minuten) gezeigt wurden – das gleiche Konzept verfolgte auch schon der 1991 gestartete „Disney Club“.

Der damaligen verantwortlichen Redakteurin Lucia Keuter und Kreativdirektor Wolf-Armin Lange ist es maßgeblich zu verdanken, dass man schon zum Sendestart mit „Die Dinos“ eine einzig- und seinerzeit absolut neuartige Puppentrickserie präsentieren konnte, die zugleich ihre Deutschlandpremiere im „Käpt’n Blaubär Club“ feierte. Nur mithilfe sämtlicher ARD-Anstalten konnten sowohl die Rechte als auch die Finanzierung des Formats gesichert werden, das sich auch hierzulande zum absoluten Kult entwickeln sollte. Fester Bestandteil waren außerdem „Ernest, der Vampir“ – ein von furchtbaren Albträumen geplagter Trickvampir -, alte Stummfilme aus der „Klamottenkiste“, ein Zuschauerrätsel sowie die aus der „Sendung mit der Maus“ bekannten „Seemannsgarn“-Geschichten. Am Ende jeder Folge wurde stets das Lied „Alles im Lot auf’m Boot, alles in Butter auf’m Kutter“ gesungen, das bis heute mit dem Format assoziiert wird.

1994 erreichte die Beliebtheit von Käpt’n Blaubär einen weiteren Höhepunkt, als sein Erfinder Walter Moers mit dem Grimme-Preis ausgezeichnet wurde – obwohl dieser sich wie erwähnt längst von sämtlichen Produktionen zurückgezogen hatte. Ein Jahr später allerdings kehrte er an seine alte Wirkungsstätte zurück.

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