Talk, Urteile und Krawall – Das deutsche Nachmittagsprogramm im Wandel

War früher wirklich alles besser?

Glenn Riedmeier
Lukas Respondek
Glenn Riedmeier und Lukas Respondek – 05.07.2017, 15:05 Uhr (erstmals veröffentlicht am 19.06.2017)

Scripted Reality

RTL/​Die Holzmanns.TV/​Sat.1/​RTL

Die Gerichtsshows mit frei erfundenen Fällen ebneten den Weg für ein neues Genre, mit dem bis heute große Teile des Nachmittagsprogramms von Privatsendern bestückt werden: Scripted Reality bzw. Pseudo-Doku-Soaps. Eine Vielzahl an unterschiedlichsten Formaten wurde im Verlauf der vergangenen Jahre produziert, die mehrere Dinge gemeinsam haben: Laiendarsteller, die nach einem absurden Drehbuch handeln, das Bedienen von Vorurteilen insbesondere der sozialen Unterschicht und ein grundlegender Hang der Storys zu Vulgarität und Aggressionen.

Zwischen 2007 und 2013 waren vor allem konfliktreiche Familienstorys populär. RTL zeigte „Mitten im Leben!“, während Sat.1 das Pendant „Pures Leben – Mitten in Deutschland“ im Programm hatte. Mit „Familien im Brennpunkt“ (2009–2013), „Verdachtsfälle“ (seit 2009) und „Betrugsfälle“ (2010–2013) schickte RTL drei weitere Formate an den Start, in denen das Element der Rechtsstreitigkeiten in die Geschichten miteingebaut wurde. In eine ähnliche Kerbe schlugen auch die „Familien-Fälle“ (2012–2013) in Sat.1. Mit „Verklag mich doch!“ (2011–2014), „Hilf mir doch!“ (2012–2014), aber auch „mieten, kaufen, wohnen“ (2008–2016) stieg VOX ebenfalls in das Genre Scripted Reality ein.

Parallel dazu werden schon seit 2003 diverse Scripted Realitys produziert, die sich um die fiktive Arbeit von Kommissaren, Anwälten und Detektiven drehen. „Lenßen & Partner“ (2003–2009), „Niedrig und Kuhnt – Kommissare ermitteln“ (2003–2013) und „K 11 – Kommissare im Einsatz“ (2003–2013) gingen in diesem Jahr bei Sat.1 an den Start. RTL startete „Die Schulermittler“ (2009–2014) und „Die Trovatos – Detektive decken auf“ (2011–2014) und RTL II zog mit „Privatdetektive im Einsatz“ (2011–2014) nach. Ab 2013 wurde das Feld der Kriminal-Pseudo-Doku-Soaps noch populärer. Sat.1 begann mit „Auf Streife“: Darin werden Polizisten in fiktiven Einsätzen begleitet – mit Vorliebe inklusive körperlicher Auseinandersetzungen, häuslicher Gewalt, Drogen, gescheiterten Beziehungen und verwirrten Menschen. Nach Senderangaben handelt es sich bei den Darstellern um echte Polizisten mit veränderten Namen. Dank der Popularität ließen Ableger wie „Auf Streife – Spezial“, „Auf Streife – Berlin“, „Auf Streife – Die Spezialisten“ und jüngst „Die Ruhrpottwache“ nicht lange auf sich warten. RTL sprang ab 2015 mit dem „Blaulicht Report“ auf den Zug auf und konnte eine Zeit lang gute Quoten einfahren. Im Frühjahr 2017 wurde das Format allerdings eingestellt und wieder durch „Verdachtsfälle“ ersetzt. Bei RTL II hingegen sind seit 2015 nach wie vor „Die Straßencops – Jugend im Visier“ inklusive diverser Ableger on Air.

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