40 Jahre Sat.1: Ich drück’ Dich, Bällchensender!

Erinnerungen zum runden Geburtstag des Senders

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 01.01.2024, 08:00 Uhr

„Der Bulle von Tölz“, Harald Schmidt und „Geh aufs Ganze!“ – Bild: Sat.1/ORF/IMAGO/Sven Simon/IMAGO/teutopress/Collage by TV Wunschliste
„Der Bulle von Tölz“, Harald Schmidt und „Geh aufs Ganze!“

Genau heute vor 40 Jahren, am 1. Januar 1984, ging der erste deutsche Privatsender an den Start: Sat.1, der im ersten Sendejahr noch unter dem Namen PKS firmierte. Das runde Jubiläum nimmt die Redaktion von fernsehserien.de zum Anlass, um dem Sender mit dem bunten Ball zu gratulieren: In den kommenden Wochen teilen Redakteure und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Generationen ihre Erinnerungen und persönlichen Gedanken rund um Sat.1. Den Anfang macht Newsredakteur Glenn Riedmeier.

Ach Sat.1. Was warst du mal für ein Top-Sender! Wohlige Erinnerungen verbinde ich bis heute an Abende mit den Gameshows „Geh aufs Ganze!“ und „Glücksrad“, die ich als kleiner Junge in den 90er Jahren zusammen mit meiner Oma gemütlich auf dem Sofa verbrachte. In den Schulferien freute ich mich darüber, auch die Vormittags-Spielshows „Hast du Worte!?“ und „Bube, Dame, Hörig“ sehen zu können. Es waren die Zeiten, als der Sat.1-Ball noch bunt war und der Bällchensender ein ebenso buntes Programm für die ganze Familie bot.

Unter der Woche verfolgte ich mit meinen Eltern die Krimi-Dauerbrenner „Kommissar Rex“ und „Der Bulle von Tölz“ – wenn Ottfried Fischer in seiner Paraderolle als Benno Berghammer ermittelte, war das jedes Mal ein großes Vergnügen.

Am Wochenende hatte Sat.1 mit der „GlücksSpirale“, „Das Goldene Ei“ und der heute zu Unrecht fast vergessenen „Gottschalks Haus-Party“ attraktive Primetime-Shows zu bieten. Zu einer echten Institution und zum Kult am späten Samstagabend wurde „Die Wochenshow“, deren Gags ich noch am darauffolgenden Montag in der Schule mit Freunden zitierte. Ähnlich verhielt es sich mit „Darüber lacht die Welt“, rückblickend wohl eine der besten Unterhaltungsshows, die Hape Kerkeling je gemacht hat. Es gab nur 15 Folgen in zwei Staffeln, doch jahrelang zeigte Sat.1 das immergleiche Best Of am Silvesterabend.

Deutlich länger, von 1995 bis 2003, lief „Die Harald Schmidt Show“, die schlichtweg zu einem ständigen Begleiter wurde und mir insbesondere in den letzten drei Jahren der Ur-Fassung bis heute legendäre Sendungen schenkte. Dienstags bis freitags 23:15 Uhr, das war meine feste Verabredung mit Harald Schmidt, Manuel Andrack, Nathalie Licard, Helmut Zerlett, Suzana Novinscak und dem Rest des Teams. Egal wie der Tag war – die Gewissheit, dass am späten Abend zu einer gelernten Uhrzeit die liebgewonnene Showfamilie im „Kuschelsender Sat.1“ (Zitat H. Schmidt) auf mich wartet, gab mir ein wohliges Gefühl. Genau solch eine Verlässlichkeit lässt das heutige Fernsehprogramm, nicht nur in Sat.1, schmerzlich vermissen.

Nach der Jahrtausendwende fusionierte Sat.1 mit ProSieben – und das machte sich auch im Programm bemerkbar. Alte Zöpfe wurden abgeschnitten, doch dem Sender gelang es, mit neuen Formaten zu punkten. Mit der kultigen Panelshow „Genial daneben“ und der Impro-Comedy „Schillerstraße“ setzte der Sender Trends, anstatt ihnen wie in späteren Jahren nur hinterherzulaufen. Der sogenannte FunFreitag etablierte langlebige Formate wie „Ladykracher“, „Pastewka“, „Was guckst du?!“, „Die dreisten Drei“, „Sechserpack“ und „Hausmeister Krause“. Am Vorabend punktete der Sender mit „Quizfire“ und „Die Quiz Show“ und feierte unglaubliche Erfolge mit den Telenovelas „Verliebt in Berlin“ und „Anna und die Liebe“.

All das wirkt heute weit weg und lange her. Die letzten großen Serienerfolge waren „Danni Lowinski“ und „Der letzte Bulle“, doch das war mittlerweile auch schon vor mehr als zehn Jahren. Im Gegensatz zu anderen Sendern feierte Sat.1 weder sein 25-Jähriges noch sein 30-Jähriges – und auch zum 40. Geburtstag ist bisher keine Jubiläumsshow geplant. In Feierlaune dürfte der Sender ohnehin nicht sein. Der Sat.1-Ball im Corner-Logo ist längst eingegraut – ebenso verblasst sieht das Programm aus. Seit Jahren versucht der Sender, irgendwie Fuß zu fassen und das verlorengegangene Publikum wieder zurückzugewinnen – bisher ohne Erfolg. Ehemalige Sendergesichter wie Hugo Egon Balder und Zockerkönig Jörg Draeger wurden für Comebacks zurückgeholt, bevor man sie kurz darauf wieder vergraulte – und die Zusammenarbeit mit dem einzigen richtigen Sendergesicht der vergangenen Jahre, Luke Mockridge, wurde ebenfalls beendet.

Es war nur ein kurzes Wiedersehen mit „Geh aufs Ganze!“ und Jörg Draeger Sat.1/​Marc Rehbeck

Zum Zuschauerverlust gesellte sich 2020 schließlich mit der Skandalshow „Promis unter Palmen“ auch noch ein Imageschaden. Seitdem hat sich der Sender um 180 Grad gedreht und will nun wieder heimeliges Programm für die definierte Zielgruppe der Frauen ab 40 machen – also genau jenes Publikum, das Sat.1 Ende der 90er plötzlich zu alt war und deshalb „Glücksrad“, „Geh aufs Ganze!“ und Co. absetzte. Geschehen sollte dies unter anderem mit der Hilfe von Jörg Pilawa, Birgit Schrowange und „Volles Haus!“ – ohne nennenswerten Erfolg. Abgesehen vom nach wie vor beliebten „Sat.1-Frühstücksfernsehen“ befindet sich der Bällchensender mehr denn je auf der Suche nach Relevanz. Weil er mir in der Vergangenheit viele schöne Stunden beschert hat, wünsche ich ihm dabei viel Erfolg und hoffe, irgendwann wieder sagen zu können: Sat.1 – Ich drück’ Dich!

Über den Autor

Glenn Riedmeier ist Jahrgang ’85 und gehört zu der Generation, die in ihrer Kindheit am Wochenende früh aufgestanden ist, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. „Bim Bam Bino“, „Vampy“ und der „Li-La-Launebär“ waren ständige Begleiter zwischen den „Schlümpfen“, „Familie Feuerstein“ und „Bugs Bunny“. Die Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben, zusätzlich begeistert er sich für Gameshows wie z.B. „Ruck Zuck“ oder „Kaum zu glauben!“. Auch für Realityshows wie den Klassiker „Big Brother“ hat er eine Ader, doch am meisten schlägt sein Herz für Comedyformate wie „Die Harald Schmidt Show“ und „PussyTerror TV“, hält diesbezüglich aber auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den Vereinigten Staaten offen. Im Serienbereich begeistern ihn Sitcomklassiker wie „Eine schrecklich nette Familie“ und „Roseanne“, aber auch schräge Mysteryserien wie „Twin Peaks“ und „Orphan Black“. Seit Anfang 2013 ist er bei fernsehserien.de vorrangig für den nationalen Bereich zuständig und schreibt News und TV-Kritiken, führt Interviews und veröffentlicht Specials.

Lieblingsserien: Twin Peaks, Roseanne, Gargoyles – Auf den Schwingen der Gerechtigkeit

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Ich erinnere mich nur gerne an das Sat.1 Programm der 80er bis Mitte 90er. Schon danach wurde es, bis auf Die Harald Schmidt Show uninteressant.
    Davor punktete Sat.1 noch mit guten Spielfilm Free-TV Ausstrahlungen wie etwa den originalen drei Star Wars Filmen, Indiana Jones 1+2, Ghostbusters, Aliens etc.
    Oder auch klasse alten Serien, von den ÖR übernommen, aber gerne wiedergesehen (Bonanza, Simon Templar, Raumschiff Enterprise, Bezaubernde Jeannie, Familie Feuerstein oder Mit Schirm, Charme und Melone) und auch mit direkt eingekauften US-Serien, am promintesten wohl Airwolf (welcher nahc paar Jahren aber zu RTL Plus abwanderte) und natürlich MacGyver.
    Und das Kinderprogramm war auch nicht so schlecht damals, wenn auch RTL Plus bei den Kindern die Nase leicht vorne hatte.
    • (geb. 1963) am

      War der erste Privatsender nicht "RTL Plus" gewesen?? Oder täusch ich mich da?
      Oder gingen beide Sender zeitgleich an den Start??
      • am

        Sat.1 hieß halt nur im ersten Jahr 1984 PKS, das vergessen viele.
        Glaube RTL Plus und PKS (Sat.1) starteten gleichzeitig, wenn PKS nicht sogar einen Tag früher.
    • (geb. 1978) am

      Gab es bei Sat1 nicht früher Thementage? Dienstag liefen Krimiserien, donnerstags Westernserien usw. ? Das war toll. Da liefen einige Serien, die ich - vielleicht nostalgisch verklärt - gern wieder sehen würde. Pacific Drive, Ein Mann, ein Colt, 4 Kinder und viele mehr, deren Namen mir entfallen sind.
      • (geb. 1975) am

        @Martina Die Serien liefen in den 80er zuerst Abends 19:30 Uhr jeden Tag Ein Duke kommt selten allein,  MacGyver, TJ. Hooker, Make Up und Pistolen, Westernserien am Nachmittag. Nicht vergessen der Goldene Schuss damals war das Programm Top.



        @Stefan_G SAT.1 und RTL Plus starteten gleichzeitig
    • (geb. 1976) am

      Ich drück bei Sat1 seit Jahren weiter

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