Die Preisträgerinnen und Preisträger des diesjährigen „Grimme-Preises“ sind bekannt gegeben worden. Insgesamt 16 nominierte Fernsehproduktionen und Einzelleistungen werden mit dem renommierten Preis ausgezeichnet. Zudem vergibt die Marler Gruppe einen Publikumspreis. Studentinnen und Studenten der Universität zu Köln vergeben einen eigenen „Preis der Studierendenjury“. Maren Kroymann wird für ihre vorbildlichen Leistungen geehrt. Die Verleihung findet am 21. April in Marl statt.
Ausgezeichnet in der Kategorie Fiktion des 59. Grimme-Preises werden gleich mehrere ZDF-Produktionen: Die sechsteilige Serie „Neuland“ wird von der Jury als hochkomplexe deutsche Serienerzählung gelobt. Der Fernsehfilm „Die Wannseekonferenz“ überzeugte mit seiner trockenen Inszenierung und einem herausragenden Schauspielerensemble. Das Fernsehspiel „Im Feuer – Zwei Schwestern“ und die Herausarbeitung des Seelenlebens von Kindern in der ZDF-Serie „Safe“ werden ebenfalls ausgezeichnet. Mit „Kleo“ erhält zwischen all den ZDF-Produktionen auch eine Netflix-Produktion einen Grimme-Preis.
Der Preis der Studierendenjury geht in diesem Jahr an das ZDF-Fernsehspiel „Schlaf“. Das Regiedebut von Michael Venus loben die Studierenden als „Genrekino durch und durch“.
In der Kategorie Unterhaltung erhält das „ZDF Magazin Royale“ im dritten Anlauf erstmals einen Grimme-Preis. Die Jury zeigt sich beeindruckt vom Themenspektrum, das Jan Böhmermann unterhaltend und informativ aufbereitet. Die Doku-Realityshow „Zum Schwarzwälder Hirsch“ mit André Dietz, Tim Mälzer und nicht zuletzt vielen jungen Menschen mit Down-Syndrom überzeugte mit ihrem kritischen Anspruch nicht nur die Unterhaltungs-Jury, sondern auch die Marler Gruppe, die dem Format ihren Publikumspreis gibt. Einen Spezial-Preis vergibt die Jury für die Ensembleleistung bei der Netflix-Produktion „Queer Eye Germany“. Die empathischen und sensiblen „Fab Five“ der deutschen Adaption geben dem Genre Makeover endlich ein Makeover, so die Jury.
Für ihre Besondere Journalistische Leistung wird die Redaktion von „Kontraste“ für die kontinuierlichen investigativen Recherchen zu Randthemen des Rechtsradikalismus ausgezeichnet. Die Jury lobt den langen Atem der Redaktion und ihren Mut bei den Recherchen in den Randgebieten des Rechtsradikalismus.
In der Kategorie Information & Kultur ebenfalls ausgezeichnet werden die Dokumentationen „Atomkraft Forever“ über den Atomausstieg, „Leben nach Butscha – Trauma und Hoffnung“ über den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, „The Other Side of the River“ über eine syrische Feministin und „Unrecht und Widerstand – Romani Rose und die Bürgerrechtsbewegung“ über den Völkermord an den europäischen Sinti und Roma. Doku-Mehrteiler wurden nicht ausgezeichnet.
Nach über 60 Jahren erhält der Sandmann einen Grimme-Preis: Mit der Auszeichnung in der Kategorie Kinder & Jugend wird der Rahmen-Film über ein Recycling-Fahrzeug ausgezeichnet. Der Jury gefiel die liebevoll und detailgetreu umgesetzte Modernisierung der Animation und die Thematisierung von Nachhaltigkeit mit bewährter Leichtigkeit und ohne erhobenen Zeigefinger. Außerdem erhält das funk-Format „smypathisch“ von Marie Lina Smyrek einen Grimme-Preis, während der Film „STRG_F bei den Taliban: Warum finden Menschen sie gut?“ eine Spezial-Auszeichnung für die sehr differenzierte Auseinandersetzung mit Afghanistan erhält.
Die Besondere Ehrung des Deutschen Volkshochschul-Verbands (DVV) geht in diesem Jahr an Satirikerin, Schauspielerin, Sängerin und Entertainerin Maren Kroymann. Sie stehe mit ihrem Schaffen und Wirken für die kraftvolle Vielfalt weiblicher Identitäten im Deutschen Fernsehen. Sie habe einen wesentlichen Beitrag zur Auflösung weiblicher Stereotypen und misogynen Frauenbildern in den Medien geleistet. Der DVV zeichnet Kroymann als hochversierte Fernsehpersönlichkeit aus, „der es mit ihrer Kreativität und ihren vielschichtigen Ausdruckmöglichkeiten immer wieder neu gelingt, Misogynie und Verachtung für eine diverse Gesellschaft deutlich zu benennen und am Ende: zu entlarven.“
Mit Ausnahme zweier Netflix-Serien und der VOX-Produktion „Zum Schwarzwälder Hirsch“ gehen Fernsehsendungen privater Sender und Streamingdienste beim diesjährigen Grimme-Preis gänzlich leer aus. Vorbildliches Fernsehen in den Kategorien Information & Kultur sowie Kinder & Jugend erkannten die Jurys in diesem Jahr ausschließlich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Das ZDF konnte im Krisenjahr 2022 vor allem mit starken fiktionalen Stoffen punkten.
Grimme-Direktorin Dr. Frauke Gerlach meint zusammenfassend:
Die Preisträger*innen der vier Kategorien sowie der Sonderpreise demonstrieren die Widerstandsfähigkeit, Vielfalt und Innovationskraft des deutschen Fernsehens. Insgesamt bilden die Auszeichnungen eine große Themenvielfalt ab, sie informieren uns, regen uns zum Denken und Handeln an.
Die vorbildlichen Produktionen zeigten auch, worum es bei der aktuellen Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunk gehen muss, so Gerlach. Die strukturelle Neuordnung des Systems sei kein Selbstzweck. Vielmehr gehe es um die Zukunftsfähigkeit und Akzeptanz des demokratiesichernden Auftrags des öffentlich rechtlichen Rundfunks. „Jeder Reformschritt sollte deshalb davon geleitet sein, diesem Ziel zu dienen.“
Die Verleihung des 59. Grimme-Preises findet am 21. April im Theater der Stadt Marl statt und wird von 3sat zeitversetzt ab 22:25 Uhr im Fernsehen ausgestrahlt.
Spezial für die herausragende Leistung, das Seelenleben von Kindern in „Safe“ als handlungs- und spannungstragendes Erkenntniselement im Buch herauszuarbeiten und in der Regie mit den Kindern gemeinsam zu inszenieren (Claussen + Putz Filmproduktion für ZDF/ZDFneo)
Außerdem nominiert in der Kategorie Fiktion waren:
„Joko & Klaas 15 Minuten Live“: Aufmerksamkeit für #IranRevolution für die nachhaltige Schaffung von Aufmerksamkeit für die Revolution in Iran – und die Souveränität anzuerkennen, dass das Medium Fernsehen dabei an seine Grenzen stößt. (Florida Entertainment für ProSieben)
Besondere journalistische Leistung: Silvio Duwe, Georg Heil und Lisa Wandt stellvertretend für die Redaktion „Kontraste“ für die kontinuierlichen investigativen Recherchen zu Randthemen des Rechtsradikalismus (rbb)
Außerdem nominiert in der Kategorie Information & Kultur waren: