2014, Folge 814–828
Mit Leib und Seele – Landarzt ein Leben lang?
Folge 814Sie sind zwar schon im Rentenalter, aber immer noch Landärzte mit Leib und Seele. Und deshalb wollen sie ihre Patienten nicht einfach im Stich lassen. Denn auf dem Land fehlen Ärzte. Nachfolger sind schwierig zu finden, die meisten jüngeren Mediziner wollen lieber in der Stadt arbeiten. Wenn 40 000 Ärzte in den kommenden Jahren in Rente gehen, dann wird die medizinische Versorgung besonders in ländlichen Regionen immer schwieriger. Deshalb machen sie weiter – mit Engagement, Tatkraft und Herzblut – und vertreiben die sorgenvollen Gedanken an die Zukunft.
Was spornt die Ärzte im Rentenalter an, wie schaffen sie das Arbeitspensum? Was bedeutet der Beruf, wird die Leidenschaft auch manchmal zur Last? Und was sagt die Familie? „37°“ begleitet zwei Landärzte in ihrem turbulenten Alltag – auf der Nordseeinsel Borkum und im Bayerischen Wald. Das malerische St. Englmar ist das höchst gelegene Dorf des Bayerischen Waldes, hier ist der 68-jährige Paul Buczowsky seit 36 Jahren der Dorf-Doktor. Die Verbundenheit zu Land und Leuten ist eng, ein Leben ohne seine Praxis kann sich der Ur-Bayer eigentlich kaum vorstellen.
So sitzt er immer noch im Notarztwagen und fährt nebenbei Einsätze. Außerdem ist er der Bergwacht-Doktor, versorgt im Winter die Verletzten im Skigebiet und im Sommer die verunglückten Wanderer und Drachenflieger. „Wenn man einen Beruf hat, der einen freut, muss man nie mehr arbeiten.“ Buczowsky ist zwar im Rentenalter, aber ans Aufhören mag er gar nicht denken, „weil es dann so aussieht, als wenn ich meine Patienten im Stich lasse“.
Denn ein Nachfolger ist nicht in Sicht, die medizinische Versorgung in St. Englmar würde zusammenbrechen. Wenn Helmer Zühlke morgens am Borkumer Leuchtturm vorbeigeht, warten vor seiner Arztpraxis im ehemaligen Kommandantenhaus bereits die ersten Patienten. Der 66-jährige Inselarzt kennt hier jeden und wäre inzwischen eigentlich alt genug, um in Rente zu gehen. Doch der Schritt fällt schwer. Vor 35 Jahren hat Zühlke die Praxis von seinem Vater übernommen, inklusive täglicher Sprechstunde und anstrengender Nachtdienste.
Vor allem im Sommer, wenn zu den 5000 Insulanern 30 000 Touristen dazukommen, macht dem Friesen-Doktor die Arbeit eigentlich immer noch „richtig Spaß, weil man gebraucht wird“. Doch die 60- bis 80 Stunden-Woche geht eben doch nicht ganz spurlos an ihm vorbei. Wenn Helmer Zühlke aufhören würde, müsste er vorher seine Nachfolge regeln, sonst wäre die medizinische Versorgung auf Borkum gefährdet. Welche Lösung wird der Landarzt finden, damit er langsam in den Ruhestand gehen kann? (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 15.07.2014 ZDF Lieber jetzt als nie! – Trennung nach Jahrzehnten
Folge 815Sabine räumt ihre neue Wohnung in Hamburg ein. Die 56jährige strahlt übers ganze Gesicht: „Meine erste eigene Wohnung und dann eine Penthouse-Wohnung in Hamburg, das war immer mein Traum.“ Ihre Ehe mit Klaus sollte bis zum Lebensende halten, so hatten sie es sich versprochen. „Aber Klaus und ich, wir hatten uns so weit von einander entfernt über die Jahre. Ich konnte das nicht mehr aushalten. Und gerade weil ich jetzt denke, so viel Zeit hab’ ich ja nicht mehr, muss ich den Neuanfang wagen.“ Knapp 200 Kilometer entfernt – im beschaulichen Cloppenburg – stellt Klaus Rosen in die Vase: „Die waren für Sabine.
Blumen müssen sein, immer. Das gehört doch dazu, zu einer Beziehung.“ Der 67-Jährige kann es kaum glauben, dass das gemeinsame Eheleben vorbei sein soll. Paare wie Sabine und Klaus sind keine Seltenheit, immer mehr Ehen gehen nach 20 und mehr Jahren in die Brüche. Oft machen Frauen den ersten Schritt zum späten Neubeginn. Über 20 000 Ehen sind allein vergangenes Jahr nach der Silberhochzeit zerbrochen. In einer Zeit, in der Menschen mit Ende fünfzig längst nicht mit einem Bein im Altersheim, sondern mit beiden Beinen mitten im Leben stehen, Selbstverwirklichung immer wichtiger wird und jeder alle Möglichkeiten zu haben scheint, fragt der Film: Was wird durch die Trennung aufgegeben, und was kommt neu hinzu? Ist es ein mutiger Weg in eine erfülltere Zukunft, wenn sich „Best Ager“ trennen und den Neuanfang versuchen? Steht in einer Gesellschaft, die nach Schönheit und Jugend strebt, auch eine Flucht vor dem Altwerden hinter dem Neuanfang? Und wie fängt man nach Jahrzehnten der Ehe überhaupt wieder ein Leben alleine an? Eine „37°“-Dokumentation über die Trennung nach Jahrzehnten. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 22.07.2014 ZDF Wie wir uns trauen! – Heiraten in drei Kulturen
Folge 816Ob auf Türkisch, auf Hebräisch oder Hindi – sich das Ja-Wort zu geben ist für Paare ein großes Ereignis. Die Hochzeit – eine Entscheidung, die das Leben zweier Menschen verändert. Hier werden Opfergaben verbrannt, da wird unter lautem Knirschen ein Glas zertreten oder Hände in einer langen Zeremonie mit Henna bemalt. Die Rituale unterscheiden sich, Gefühle und Emotionen aber sind die gleichen. In den Vorbereitungen zur Hochzeit wird viel geflucht, die Nervosität bleibt bei keinem Paar aus, sogar der Zweifel an der Entscheidung zur Heirat lässt sich nicht ganz verstecken. Doch während der Zeremonie und bei den Feierlichkeiten ist das alles vergessen, es wird laut gelacht und ausgelassen getanzt.
Natalie (24) und Yoav (34) heiraten in jüdischer Tradition. Natalie hat sich vor nicht all zu langer Zeit zum Judentum bekannt. Yoav kommt aus Israel, durch ihn hat sie ihren neuen Glauben kennen gelernt. Viel mehr als vor der jüdischen Zeremonie bangte er vor der standesamtlichen Hochzeit, dem offiziellen Bekenntnis zu Natalie. „Die Nacht davor habe ich nicht gut schlafen. Immer wieder bin ich aufgewacht mit dem Gedanken: Mann, morgen heiratest du – oh, Gott!“ Für Natalie hingegen ist die jüdische Zeremonie viel entscheidender und emotionaler.
„Für mich ist die standesamtliche Hochzeit etwas Bürokratisches, viel wichtiger ist es für mich, unter der Chupa zu stehen und die Ringe zu tauschen.“ Es war für Ahu (27) und Ufuk (28) nicht leicht, eine passende Wohnung in Berlin zu finden. Nach muslimischer Tradition dürfen sie dort erst ab dem Tag ihrer Heirat übernachten. Ihre Hochzeit wird ein Fest mit über 800 Gästen, viel muslimischer Musik und orientalischen Tänzen. Eine lange geplante Traumhochzeit, aber Ahu denkt auch manchmal weiter: „Klar kommen manchmal noch Zweifel auf, ob das auf die Dauer gut geht mit uns beiden.
Es ist halt superschwer zu entscheiden: ein einziger Mann fürs Leben.“ Ufuk hingegen ist sich sicher: „Sie ist es einfach – sie ist perfekt!“ Eigentlich hatten Vatahni (37) und Jörn (47) nicht geplant, hinduistisch zu heiraten, aber Vatahnis hinduistische Eltern haben sie dazu gebracht. Nun begeben sich die beiden auf unbekanntes Terrain. Alles läuft streng nach alten hinduistischen Bräuchen, das Fest ist bestimmt von vorgegebenen Ritualen. Vatahni fühlt sich dadurch an ihre Kindheit in Sri Lanka erinnert, aber die genauen Abläufe sind auch für sie neu.
„Es wird für uns sehr spannend, weil wir beide nicht wissen, worauf wir uns einlassen. Aber schön ist es bestimmt.“ Jörn ist leicht verunsichert, weil er nicht weiß, was auf ihn zukommt, sieht darin aber auch Vorteile: „Durch die Rituale und Traditionen lerne ich Vatahni, ihre Heimat, ihre Kultur besser kennen und dadurch auch sie.“ Drei Kulturen, drei Versprechen – „37°“nimmt die Zuschauer mit auf eine Reise in fremde Kulturen im eigenen Land. Immer nah an den Protagonisten erzählt der Film von Zweifeln, Sorgen, Liebe und Hoffnung – bei ihrer grandiosen, turbulenten Hochzeit. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 29.07.2014 ZDF Du musst kämpfen, Johnny! – Ein Jahr auf Leben und Tod
Folge 817Johnny ist Sportler durch und durch. Er will die Tenniswelt aus den Angeln heben, gilt als Ausnahmetalent. Mit zwölf Jahren wird er Jugend-Hessenmeister im Tennis, mit 14 soll er zu den Weltschülerspielen. Aber plötzlich klagt Johnny immer häufiger über heftige Nackenschmerzen, dann Sehstörungen, plötzlich muss er sich übergeben. Sein Vater fährt mit ihm nachts in die Notaufnahme ins Krankenhaus. Die Diagnose der Ärzte der Frankfurter Uniklinik: ein bösartiger Gehirntumor. Die Dokumentation „Du musst kämpfen, Johnny“ aus der Reihe „37 Grad“ ist eine Langzeitbeobachtung und zeigt die eindrucksvolle Geschichte über den enormen Lebenswillen eines jungen Mannes, der seine ganz persönliche Lebensphilosophie entwickelt hat: „Die Krankheit ist wie ein Kinofilm, und ich habe die Hauptrolle“ sagt Johnny. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Di. 05.08.2014 ZDF Schlaue Jungs in Not – Zwischen Schulstress und Pubertät
Folge 818Als Phillip noch in die Grundschule ging, sagten Lehrerinnen ihm eine große Zukunft voraus: Der Junge war ein Überflieger und wechselte mit einem glatten Einser-Zeugnis auf das Gymnasium. Plötzlich aber lassen Wissbegier und Motivation nach, seine Leistungen nehmen rapide ab, und er schwänzt nur noch den Unterricht. Phillips Fehlzeiten werden immer länger, sein Vater immer verzweifelter. Er ist alleinerziehend, fühlt sich überfordert und machtlos. Das Jugendamt schaltet sich ein. Phillip muss das Gymnasium verlassen und landet auf der Hauptschule. Kleine Klassen und starke Pädagogen bringen Phillip dazu, wieder zur Schule zu gehen.
Trotzdem fällt der 17-Jährige immer wieder in alte Strukturen zurück. Wird er sich fangen und seinen erweiterten Hauptschulabschluss schaffen? Denn eigentlich möchte Phillip danach zurück auf das Gymnasium, um mit dem Abitur abzuschließen. Auch der 15-jährige Jannes flog vom Gymnasium, weil er immer öfter den Unterricht störte, die Mitarbeit verweigerte und seine Leistungen schlecht wurden. Seine Mutter ist alleinerziehend, doch auch vor der Trennung arbeitete der Vater viel und war selten Zuhause.
Das Verhältnis zwischen ihm und seinem Sohn ist schlecht. Ständig kommt es zu Streit. Jannes fehlen präsente, männliche Vorbilder. Orientierungslos zieht er sich immer mehr zurück, bis keiner mehr zu ihm vordringt. Seit einem halben Jahr lebt der Junge nun im Internat, weit weg von Zuhause. Die Regeln, Strukturen und klaren Ansagen helfen ihm, wieder Fuß zu fassen. Die Wochenenden Zuhause werden harmonischer, weil die Hauptverantwortung für Schule und Erziehung bei den Lehrern und Erziehern des Internats liegen, Mutter und Sohn sich neu begegnen können. Obwohl Jannes das Potenzial fürs Abitur mitbringt, setzen ihn die Leistungsanforderungen noch immer unter Druck.
Seine Versetzung ist gefährdet und damit auch die Finanzierung seines Aufenthalts im Internat. Denn das Jugendamt zahlt und wird neu entscheiden, ob es Jannes weiter unterstützt. Die Probleme des zwölfjährigen Jakobs begannen ganz plötzlich in der Grundschule: Ständig saß er unter dem Tisch und zerriss die Arbeitsblätter, statt sie auszufüllen. Er wurde vom Unterricht ausgeschlossen, galt als unbeschulbar, obwohl er jedes Buch von Stephen Hawking verschlingt und sich für physikalische Phänomene wie Schwarze Löcher interessiert.
Nun besucht der Junge eine Projektklasse mit dem Namen „Schlau, aber“ an der Christophorusschule in Braunschweig. Hier landen immer mehr Kinder, hauptsächlich Jungen, mit einer ähnlichen Vorgeschichte: sehr intelligente Schüler, die frühzeitig schulmüde werden und sich allem verweigern. Oft kommen sie aus intakten Akademikerfamilien, leben mit Mutter und Vater zusammen, die sehr viel arbeiten und wenig Zeit für ihre Kinder haben. Psychologen und Pädagogen sprechen schon seit Jahren von einem ernsthaften Problem.
Leistungsverweigerung kommt bei Jungen zehnmal häufiger vor als bei Mädchen. Die Abiturientenquote von Mädchen liegt bei 55, die von Jungen bei 45 Prozent, Tendenz fallend. Nahezu zwei Drittel der Hauptschüler sind männlich, mehr noch gehen auf die Förderschule. Die „37°“-Dokumentation begleitet drei intelligente Jungen, auf der verzweifelten Suche nach ihrer Identität, die mit aggressivem Verhalten und Schuleschwänzen ihren Abschluss gefährden. Der Film geht der Frage nach, warum immer mehr Jungen an unserem Schulsystem scheitern und auf Stress mit totaler Leistungsverweigerung reagieren. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 26.08.2014 ZDF Ein radikaler Schnitt – Überleben mit dem Brustkrebs-Gen
Folge 819Über Superstar Angelina Jolie spricht Nicole heute wie über eine gute Freundin: „Sie hat mich aufgerüttelt, mir vielleicht das Leben gerettet.“ Die Schönheitsikone aus Hollywood und die bodenständige 35-jährige Lageristin aus einer Kleinstadt bei Frankfurt sind sich noch nie begegnet. Aber sie sind Schicksalsgefährtinnen. Als Angelina Jolie im Mai 2013 öffentlich erklärt, sie habe sich vorsorglich beide Brüste entfernen lassen, weil es in ihrer Familie eine hochriskante, erbliche Form von Brustkrebs gibt, entdeckt Nicole verblüffende Parallelen: „Auch meine Mutter ist früh an Brustkrebs erkrankt und mit 56 Jahren gestorben – im gleichen Alter wie Angelinas Mutter.“ Alarmiert durch all die Berichte über den Fall Angelina Jolie, fangen Nicole und ihre ältere Schwester Tanja an, Informationen über die so genannten Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2 zu sammeln.
Nicole entscheidet sich schließlich für einen Gentest. Tanja zögert: „ Will ich das überhaupt wissen? Alle sagen: Du wirst Dir doch nicht als gesunder Mensch die Brüste abnehmen lassen!“ Jahr für Jahr erkranken in Deutschland zirka 50 000 Frauen an Brustkrebs, in fünf bis zehn Prozent der Fälle gibt es familiäre Vorbelastungen.
Wer erblich vorbelastet ist, hat eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, an Brust- oder Eierstockkrebs zu erkranken. „85 Prozent – das ist schon eine hammerharte Zahl“, sagt Miriam. Mit 37 Jahren wurde bei ihr Brustkrebs festgestellt, die erbliche Variante. Das ist fünf Jahre her, sie gilt als geheilt, „aber mit dem Gendefekt hat man halt lebenslang ein hohes Risiko.
Da wird man leicht hysterisch.“ Mit ihrer jüngeren Schwester Vanessa betreibt Miriam im Herzen von München eine große Änderungsschneiderei. Perfekte Arbeit in kürzester Zeit – das erwartet die Kundschaft. Krankheitsbedingte längere Ausfälle sind in diesem Job nicht vorgesehen. Doch vor wenigen Monaten ist auch Vanessa (35) an Brustkrebs erkrankt. „ Ich wollte mich ja nicht testen lassen, hab immer gesagt: nein, das hab ich nicht. Umso härter hat es mich dann erwischt.“ Inzwischen ist Vanessa in die Firma zurückgekehrt.
Dafür wird Miriam nun noch mal ins Klinikum rechts der Isar einrücken: „Ich will den radikalen Schnitt, genau wie Angelina. Eine Vernunftentscheidung“. Die Ärzte haben ihr zu diesem Schritt geraten. Durch die Entfernung beider Brüste und der Eierstöcke wird Miriams Wiedererkrankungsrisiko drastisch sinken. „Sie wird das schon packen mit der OP, den Implantaten, auch psychisch“, sagt Vanessa. Ihre eigene Entscheidung? Erst mal Abstand gewinnen, „einfach leben, ohne ständig nachzudenken.“ Nicole steht oft ratlos vor dem Spiegel.
Ihr Gentest war leider positiv. Was folgt jetzt daraus? „Egal wie sie sich entscheidet, ob für oder gegen eine Operation – ich werde hinter ihr stehen“, sagt Ehemann Gary, ein ehemaliger GI. Ihre ältere Schwester Tanja sieht Nicole jetzt eher selten. Tanjas engste Vertraute in diesen Wochen der Entscheidung ist Judy, ihre 16-jährige Tochter. Sie ist die einzige in der Familie, die klar Position bezieht: „Sie will, dass auch ich mich testen lasse. Wäre das Ergebnis negativ, wäre das natürlich auch für sie eine riesige Erleichterung“. Die Chancen stehen fünfzig zu fünfzig. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 02.09.2014 ZDF Ein Engel aus Polen – Wenn alte Menschen Hilfe brauchen
Folge 820Ein Sturz, eine schwere Krankheit oder zunehmende Demenz: Wenn alte Menschen hilfsbedürftig oder gar zum Pflegefall werden und nicht mehr allein leben können, ist schnelle Hilfe gefragt. In Zeiten, in denen Großfamilien immer seltener werden, die Zustände in Pflegeheimen mehr in die Kritik geraten, die Rundum-Betreuung durch deutsche Sozialdienste aber zu teuer ist, werden Pflegekräfte aus Ost-Europa für viele Betroffene zur Lösung. Rund 200 000 osteuropäische Frauen arbeiten über Agenturen, selbstständig oder auch schwarz als Haushalts- oder Pflegekräfte in Deutschland.
Die meisten wohnen als 24-Stunden-Betreuung mit ihrem Arbeitgeber unter einem Dach. Dieses Modell hat allerdings seinen Preis: zwischen 1500 und 2500 Euro monatlich. Die Höhe ist abhängig von den Anforderungen, der Qualifikation und den deutschen Sprachkenntnissen. So viel zu den Kosten. Doch was passiert tatsächlich, wenn Grazyna, Katarzyna und Anna in Deutschland anreisen? Wie laufen die ersten Begegnungen zwischen Menschen, die sich bis dahin selbstständig versorgt haben, und Frauen, die ihre Familien in Polen für den Job zurücklassen müssen? Die „37°“-Sendung begleitet hilfebedürftige Senioren und polnische Pflegekräfte in einer für alle Beteiligten neuen, sehr emotionalen Situation.
Die Anrufe seiner Mutter und Besuche in seinem Elternhaus machen Andreas M. klar: Nun ist es Zeit, zu handeln. Seit zwölf Jahren kümmert sich Gisela M. (79) um ihren Ehemann Hartmut (81), der durch eine Herzklappen-Operation zum Pflegefall wurde. Unterstützt wurde sie bisher von Mitarbeitern der Tagespflege, doch nun stürzt sein Vater immer häufiger nachts, und Gisela M. schafft es kräftemäßig nicht mehr.
Unternehmensberater Andreas M. lebt mit seiner Familie bei Mainz, knapp 600 Kilometer vom Familienwohnsitz bei Hamburg entfernt. „Ich habe mir natürlich auch überlegt, meine Eltern zu mir in den Ort zu holen“, sagt der 51-Jährige, „doch alte Bäume verpflanzt man nicht.“ Der Sohn sucht nach Auswegen und entscheidet sich für eine Betreuerin aus Polen. Erst einmal zur Probe. Schon wenige Tage später kommt Grazyna in Hamburg an. Zwei Monate will sie bleiben. Aber wird die Chemie zwischen der 46-jährigen Polin und dem älteren Ehepaar stimmen? „Da steht mir schon etwas bevor“, gesteht Harald N. Der 85-Jährige erlebt nach zwei Monaten nun die Ablösung seiner ersten polnischen Betreuerin.
Ein Lieferant seines Supermarktes traf den an Parkinson erkrankten Lehrer blutüberströmt mit einer Platzwunde am Kopf an. Aus Schock über den Sturz kümmerte sich der Senior umgehend um eine Betreuerin aus Polen. Knapp drei Monate ist Katarzyna nun bei ihm, das Verhältnis ist viel harmonischer, als der Witwer sich ausgemalt hatte. Doch heute reist Katarzyna ab und Anna an – eine große Umstellung. Wird Anna dem Vergleich mit ihrer Vorgängerin standhalten? (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 09.09.2014 ZDF Mannsbilder – Was Väter und Söhne verbindet
Folge 821Vater, Sohn und Enkel, drei Männer einer Familie. Was hat sie geprägt, welches Bild haben sie von sich, welche Vorstellung voneinander? Als Heiko 1941 geboren wurde, war sein Vater an der Front. Nach dem Krieg bekam er einen Montagejob und war nur alle paar Wochenenden zu Hause. „In der Zeit hat er dann versucht, alles an Erziehung in mich hineinzubekommen, was ihm wichtig war, das ging natürlich schief.“ Bei seinem Sohn Thomas wollte Heiko es anders machen, ein richtig guter Vater sein. Ist ihm das gelungen? „Ich habe mein Bestes gegeben“, sagt der 73-Jährige heute, „ aber ob ich ein guter Vater war? Zu Thomas habe ich immer gesagt, mit spätestens 40 musst du deinen Weg gefunden haben.
Dann musst du der Mann sein, der du sein willst. Beruflich und privat.“ Ob Thomas diese Worte seines Vaters geholfen haben? Trotz bester Absichten kam es zwischen Thomas und seinem Vater Heiko auch immer wieder zu heftigen Konflikten. Es gab sogar Zeiten, in denen sie wegen all der Auseinandersetzungen keinen Kontakt mehr hatten. Heute gerät Thomas selbst öfter mit seinem Sohn aneinander.
„Jetzt, wo mein Sohn erwachsen ist, verstehe ich meinen Vater in vielen Dingen besser. Ich merke, ich habe manchmal genau die gleichen Probleme mit Emil, wie er damals mit mir. Es ist schwierig, eine gute Balance zu finden als Vater.“ Als Thomas’ Freundin damals schwanger wurde, entschlossen sie sich, das „Abenteuer Kind“ zu wagen. Aber die Beziehung hielt nur ein paar Jahre, das Paar trennte sich, die Kinder blieben bei der Mutter. Vor zwei Jahren musste Thomas noch mal ganz anders in die Vaterrolle schlüpfen, als seine beiden Söhne Emil (18) und Anton (15) von der Mutter zu ihm zogen.
„Ich habe nicht wirklich absehen können, was es bedeutet, plötzlich wieder mit den Jungs zu leben, aber ich bin froh um diese Erfahrung.“ Emil findet sein Verhältnis zu seinem Vater gut, aber nicht unproblematisch. „Thomas ist mehr Kumpel als Autoritätsperson. Das ist einerseits schön, andererseits komisch, wenn er mich in bestimmten Dingen plötzlich autoritär erziehen will.“ Zurzeit fühlt sich Emil von seinem Vater unter Druck gesetzt und manchmal regelrecht überfordert.
Thomas sorgt sich um Emils Zukunft und möchte, dass sein Sohn den richtigen Start ins Leben hat. Emil soll endlich eine Entscheidung treffen und mit seinem Studium loslegen. Diese ungewohnte väterliche Ansprache sorgt für Reibereien und Konflikte in der bis dahin ruhigen Vater-Sohn-Beziehung. „37°: Mannsbilder“ zeigt in den drei Generationen – Väter und Söhne einer Familie – das veränderte Rollenverständnis und erzählt, welche Gefühle, Problemen und Freuden sie verbinden. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 16.09.2014 ZDF Ich lass Dich nicht allein – Wenn Männer pflegen
Folge 822Sie waren so etwas wie eine perfekte Familie – Ingo und Christine, Eltern von vier Kindern – bis Christine mit Ende 30 einen Schlaganfall erlitt. Statt das zu tun, was vernünftig erschien und sie ins Pflegeheim zu geben, behielt Ingo Christine zuhause, erkämpfte sich Unterstützung von Versicherungsträgern und versucht nun, den Alltag als alleinerziehender Vater und pflegender Ehemann zu bewältigen. Matthias strebt eine Laufbahn an der Uni an. Er ist Ende 30 und leitet ein Forschungsprojekt. Die Pflege seiner 81-jährigen Mutter bringt ihn manchmal an die Grenzen der Belastbarkeit.
Pflege ist in Deutschland hauptsächlich Frauensache – die überwiegende Mehrheit der rund 2,5 Millionen Pflegebedürftigen wird von Töchtern, Ehefrauen oder Schwiegertöchtern versorgt. Von Männern wird die Hinwendung zu einer emotional so stark belastenden Aufgabe in der Regel gar nicht erwartet. Und anders als Frauen haben sie meistens auch keine Vorbilder aus dem eigenen Umfeld. Die Dokumentation aus der Reihe „37 Grad“ zeigt, wie Männer sich in der traditionellen Frauendomäne „Pflege“ auf ihre eigene Weise bewähren. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Di. 30.09.2014 ZDF Unser ziemlich bestes Leben
Folge 823Victoria ist 15 Jahre alt, ein aufgeweckter Teenager, auf dem Weg ins Leben. Zuhause, wo sie jeden Winkel kennt, bewegt sie sich so perfekt und schnell durch die Räume, dass man im ersten Moment nicht vermutet, dass sie blind ist. Ihren weißen Stock benutzt sie nur ungern, nicht nur, weil sie ihre Behinderung nicht zeigen möchte, sondern vielmehr, weil Victoria allen Hindernissen zum Trotz beweisen will, dass sie selbstständig sein kann. Bis zu den Ferien war sie in einer Regelschule. Ausgestattet mit technischen Hilfen und der täglichen Unterstützung ihrer Schwester Franziska, die in die gleiche Klasse ging, funktionierte die so genannte „Inklusion“ bei ihr recht gut.
Dennoch ist Victoria froh, jetzt in ein Bildungszentrum für Blinde und Sehbehinderte wechseln zu können. Das liegt rund 200 Kilometer von ihrer Heimat und ihren Freunden entfernt, nach Hause geht es nur am Wochenende. Aber hier, so sagt sie, hat sie keine Sonderrolle, wird von Mitschülern nicht schief angesehen, weil sie bei Klausuren mehr Zeit hat als die anderen und spezielle Hilfsmittel benutzen darf.
Und Mobbing, blöde Sprüche gibt es hier auch nicht. All die Unterstützung für Victoria zu erreichen, bedurfte und bedarf gewaltiger Kämpfe mit Behörden, mit Genehmigungen und Gutachten. Ihre alleinerziehende Mutter Astrid hat damit Erfahrung, immerhin lebt in der fünfköpfigen Familie noch die 20-jährige Adoptivtochter Angelina mit Down-Syndrom. Diese Geschichte bestätigt indirekt das Motto der „Aktion Mensch“: „Schon viel erreicht. Noch viel mehr vor“. Vor 50 Jahren wurde die größte Förderorganisation im privaten Bereich gegründet, auf Initiative des ZDF.
„37°“ greift dieses Jubiläum auf und nimmt in dem Film den Blickwinkel von Menschen mit Behinderungen ein. Sie geben Einblicke in ihr Leben, das eigentlich ganz normal sein sollte, es zu oft aber dennoch nicht ist – oder nicht war. So werden auch Zeitzeugen porträtiert, die zeigen, wie es ihnen früher ergangen ist, wie es ihnen gelang, ihren Weg in der Gesellschaft zu finden, mit Rückschlägen, mit Widerständen fertig zu werden. Der Contergan-Skandal war es, der zur Gründung der „Aktion Sorgenkind“, der späteren „Aktion Mensch“ führte.
Bei Matthias Berg löste dieses Medikament, das seine Mutter in der Schwangerschaft einnahm, massive Schädigungen aus. Nach vielen Tiefs und Demütigungen in der Kindheit und seiner Jugend begann er einen bilderbuchhaften Aufstieg: als mehrfacher Weltmeister im Behindertensport, als gefragter Hornist – und heute in führender Position als stellvertretender Landrat in Esslingen. In diesem Film berichtet er darüber, wie er aus tiefster Verzweiflung seinen Weg gefunden hat – und wie er behindertenfeindlichen Äußerungen, die er heute noch gelegentlich erlebt, begegnet.
Matthias Berg gibt einen Einblick in sein Leben mit Familie, mit vier Kindern. Sein Motto, das er auch in einem Buch beschreibt, lautet: „Mach was draus!“. So sieht er nicht nur die Gesellschaft, sondern auch Menschen mit Behinderungen selbst in der Pflicht, ihr Lebensglück zu finden. In dem Film des ZDF: „Wen’s gerade trifft“, aus dem Jahr 1970, wurde der Alltag behinderter junger Menschen porträtiert. Mit Rechercheglück gelang es, zwei der Protagonisten noch einmal wiederzufinden.
Für diesen Film werden sie quasi als Zeitzeugen berichten, wie es ihnen in der Zwischenzeit ergangen ist – nicht immer so erfolgreich wie Matthias Berg. Menschen in entscheidenden Phasen ihres Lebens zu begleiten, ist eines der Markenzeichen von „37°“. Neben der Geschichte von Victoria und ihrem Weg in die Selbstständigkeit soll auch die Geschichte des 20-jährigen Yves erzählt werden: Sein Down-Syndrom und eine Sprachbehinderung machen es ihm nicht gerade leicht, unabhängig und selbstständig zu leben.
Und doch verlässt er jetzt seine Eltern, zieht in eine WG in Bad Kreuznach ein, wo er gemeinsam mit fünf anderen geistig behinderten jungen Menschen den Alltag erprobt. Einkaufen, putzen, waschen, Freizeitplanung – all dies sollen sie hier erlernen, unterstützt von Betreuern, die allerdings nur tagsüber da sein werden. Ob und wie es funktioniert, werden die Beobachtungen mit der Kamera zeigen. Und noch etwas ist entscheidend: ein erfolgreiches Abnabeln von zuhause: Wenn die Eltern die Pflege des Kindes mit einer Behinderung zu ihrer Lebensaufgabe machen, stehen die Chancen auf Eigenständigkeit oft schlecht.
Yves Mutter Heike ist dies bewusst. Aber ihr ist auch klar, dass es nicht anders gehen wird, nicht gehen kann. Menschen mit Behinderungen sollen selbstbestimmt leben, arbeiten und am Gemeinschaftsleben der Gesellschaft teilhaben dürfen, gleichberechtigt mit ihren nichtbehinderten Mitmenschen. Dies fordern die Vereinten Nationen in einer Charta, die 2009 auch die Bundesrepublik Deutschland unterzeichnet hat. Die 15-jährige Victoria und der 20-jährige Yves sind Teil der Generation, für die dieses Ziel zum Lebensmotto werden kann – freilich im Idealfall. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 07.10.2014 ZDF Unser täglich Tier – Mehr. Schneller. Billiger.
Folge 824Heute laufen in einer einzigen Brüterei 300 000 Küken vom Band. Am Tag. Alles vollautomatisch. Maschinen brüten die Eier aus, Fließbänder transportieren die Küken, sortieren sie in Versandkisten. Es sind Hähnchen des Typs „Fleischansatz“. In nur gut vier Wochen liegen sie bereits auf einem Teller. Die meisten jedenfalls. Denn bis zu 20 Millionen Tiere pro Jahr überleben die kurze Mastzeit nicht. Mehr als 600 Millionen Hähnchen wurden im vergangenen Jahr in Deutschland verarbeitet. Geflügel liegt noch immer voll im Trend. Allein der Hähnchenkonsum hat sich von 2001 bis 2010 verdoppelt. Längst sind diese Tiere schon genetisch auf schnelles Wachstum „programmiert“.
Vor allem die Brust wächst überdimensional, denn sie ist besonders gefragt. Tiere werden heute den Essgewohnheiten angepasst. Immer mehr werden immer schneller produziert, nur deshalb ist ihr Fleisch so billig. Immer mehr, immer schneller, immer billiger. Megabetriebe für die Produktion von Hähnchen- und Putenbrust oder auch Schnitzel sind entstanden. Eine moderne Fleischfabrik schlachtet heute 22 000 Schweine oder 240 000 Hähnchen am Tag. Der Mensch kommt kaum mehr mit diesen Tieren in Berührung. Schon gar nicht der, der sie letztendlich isst. Oft wissen wir gar nicht, wo unser Essen überhaupt herkommt.
Ob Hähnchen, Puten oder Schweine – Tiere scheinen eine anonyme Masse zu sein, die irgendwo lebt und irgendwie auf unseren Teller kommt. „37°“ durfte hinter die Kulissen schauen und zeigt ungewöhnliche Einblicke in die oft verschlossene Welt der Tierproduktion. Autor Manfred Karremann begegnet dabei Dimensionen der Massenproduktion, die noch vor einigen Jahren Utopie waren. Dabei überrascht, dass sich im Tierschutz trotzdem manches verbessert hat. Nur eine Frage bleibt angesichts der Massenproduktion: Wie viel ist ein Tierleben wert? Thema des Films sind deshalb auch Alternativen. Denn die gibt es. Sie sind besser für die Tiere, aber auch gesünder für uns Menschen. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 21.10.2014 ZDF Am falschen Ort zur falschen Zeit – Straßenkreuze und die Schicksale dahinter
Folge 825Wir fahren jeden Tag an ihnen vorbei. An Kreuzen am Straßenrand, die oft mit Blumen geschmückt an ein Unfallopfer erinnern. Was ist hier geschehen? Wer legt die Blumen dorthin oder stellt immer wieder neue Kerzen auf? Es passiert vor fünf Jahren auf der Autobahn Hamburg-Lübeck. Ein betrunkener Autofahrer rast über die Mittelleitplanke auf die Gegenfahrbahn in das Auto der 22-jährigen Kira aus Norderstedt. Kira hatte eine Freundin besucht und war auf dem Weg nach Hause. Der alkoholisierte Fahrer überlebt, die junge Frau stirbt Stunden später im Krankenhaus.
An der Unfallstelle erinnert ein Kreuz an das tragische Unglück, aufgestellt vom fassungslosen Ehemann, ihren Eltern und den drei Geschwistern. Die Familie steht unter Schock. Kiras jüngere Brüder sind traumatisiert, ihre Mutter Claudia ist über Jahre nicht mehr in der Lage, ihren Beruf als Schauspielerin auszuüben. Wie lebt man mit dieser Trauer? Kiras Vater Swen versucht weiter als Rechtsanwalt zu funktionieren, er trauert allein. Die Geschwister können ihre Fassungslosigkeit nicht artikulieren und werden immer stiller.
Sie erleben, dass viele Freunde und Bekannte irgendwann kaum noch Anteilnahme zeigen, manche sich fast belästigt fühlen. Schmerz und Trauer machen einsam, eine bittere Erkenntnis. Es folgen Familientherapien, Beratungen in Trauergruppen. Kiras Mutter hängt in Polizeistationen und Fahrschulen Plakate mit der Überschrift „Getötet“ und dem Foto der Verunglückten auf. Auf diese Weise versucht sie ihre Wut auf den alkoholisierten Unfallfahrer zu kanalisieren.
Sie lässt sich als Trauerrednerin bei Beerdigungen ausbilden und will jetzt langsam wieder in ihren Beruf einsteigen. Sie tut das auch für ihre Tochter, die ebenfalls von einer Karriere auf der Bühne träumte. Kiras Ehemann Chico konnte all die Erinnerungen nicht ertragen, schon gar nicht den gemeinsamen Wohn- und Arbeitsort in einem Ostseehotel. Er findet Arbeit in Frankfurt. Jedes Jahr an ihrem Geburtstag versammelt sich die ganze Familie an der Unfallstelle am Kreuz. Es ist für sie ein Trauerort, an dem sie sich mit Kira in Verbindung fühlen.
Den gut gemeinten Satz „Das Leben muss weiter gehen“ kann das Ehepaar Renate und Jürgen K. aus dem Münsterland nur schwer ertragen. Ihr glückliches Familienleben war beendet, als ihr Sohn Alexander (22) bei der Heimfahrt von einem Blitzeiseinfall überrascht wird und mit seinem Auto gegen einen Baum prallt. „Einen Tag vor Weihnachten hatten wir den Beerdigungsunternehmer im Wohnzimmer stehen“, erinnert sich Renate. Noch heute fährt Alex’ Mutter oft zur Unfallstelle, um mit bloßen Händen die Rinde vom Unglücks-Baum abzureißen.
Sie versteht nicht, warum der ausgerechnet an dieser Stelle stehen muss. Da sie in ihrer ländlichen Umgebung keine professionelle Unterstützung fanden, reisen die Eltern Hunderte Kilometer bis nach Hamburg, wo sie beim Verein „Verwaiste Eltern und Geschwister“ auf andere Betroffene treffen. „Mit wem sollen wir denn trauern“, sagt Vater Jürgen, „viele Kontakte zu Bekannten brechen ab nach so einem Schicksalsschlag“.
Alex war neben seinem Studium begeisterter Fußballschiedsrichter und hatte dadurch viele Kontakte. Heute feiern die Eltern mit ihrem anderen Sohn alljährlich Alexanders Geburtstag, backen seinen Lieblingskuchen und gehen danach gemeinsam zum Unfallkreuz, das an Alex erinnert. „Es gibt nur wenige Stunden, wo ich mal nicht an den Jungen denke“, sagt die Mutter. „37°“ erzählt die Geschichten hinter den beiden Straßenkreuzen und von dem schwierigen Versuch der Hinterbliebenen, ein von einer Sekunde auf die nächste komplett verändertes Leben zu meistern. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 04.11.2014 ZDF jung.verliebt – Teenager und die großen Gefühle
Folge 826Was heißt es für junge Menschen, verliebt zu sein? Wie gehen sie mit den „Schmetterlingen im Bauch“ um? Wie ernst ist es ihnen, wenn es heißt: „Wir gehen miteinander“? Dieser Film wirft einen Blick auf die Teenager-Generation und ihren Umgang mit der Liebe. Mehrere Paare im Alter zwischen 14 und 19 Jahren erzählen, wie und warum sie sich verliebt haben, wie es zum ersten Kuss kam, zum ersten Sex, in welchen Momenten sie unsicher sind, wann sie eifersüchtig werden und woran ihre Liebe zerbrechen kann. Sie berichten von ihren Gefühlen, ihren Erlebnissen und ihren Ängsten.
Es werden Einblicke in Emotionen gewährt, die meist nur dem Tagebuch anvertraut werden. Junge Menschen aus ganz Deutschland, vom Land und aus der Stadt, berichten über ihre zumeist erste große Liebe, ihren Alltag – und wie sie überhaupt zueinander finden. Das digitale Leben und soziale Netzwerke spielen dabei eine wichtige Rolle. Entscheidend können vermeintliche Kleinigkeiten sein: Eine Nachricht ohne Smiley kann zur Beziehungskrise führen – Liebe entsteht, vergeht und lebt im und durch das Netz.
Viele der Befragten sind überzeugt davon, die ganz große Liebe bereits gefunden zu haben – auch wenn Studium oder Beruf sie einmal trennen sollten. Und manche von ihnen denken bereits über das Heiraten nach: Jana, obwohl erst 16 Jahre alt, hat sich sogar schon ein Datum für ihre Hochzeit ausgesucht und weiß genau, wie ihr Brautkleid und ihr Ehering auszusehen haben. Ihrem Freund Henrik (16) macht das eher Angst. Die Teenager stellen sich in Interviews der Kamera und schildern auch mit eigenen Videoaufnahmen ihr Leben.
Auf die sonst übliche erklärende Erzählerstimme soll verzichtet werden, kein allwissender Erwachsener erklärt oder interpretiert. Ein Einblick in eine Welt, die Eltern oft verschlossen bleibt. Sie bekommen auch häufig nicht mit, wenn ihre Kinder durch Liebeskummer deutlich mehr leiden als sie es sich vorstellen. So war die Kamera bei vielen Interviews fast wie ein Ventil für die jungen Verliebten. Denn ihrer Meinung nach „verstehen unsere Eltern das sowieso nicht“. Mit diesem Film startet der dreiteilige Schwerpunkt zu 20 Jahre „37°“. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 25.11.2014 ZDF jung.erfolgreich – Neue Macher und das wilde Leben
Folge 827 (30 Min.)„Wir haben mit einer Häkelnadel und zwei Knäuel Wolle begonnen“, sagt Thomas Jaenisch, einer der beiden Gründer von MyBoshi. „Damals sind wir zur Bank gegangen, um einen Kredit für unsere Geschäftsidee zu bekommen. Die haben uns nicht mal ein Konto gegeben.“ Fünf Jahre später ist die Erfolgsgeschichte perfekt. Thomas (30) und sein Mitgründer Felix Rohland (29), zwei Jungs aus der bayrischen Kleinstadt Hof, haben mit bunten Mützen die Szene erobert. MyBoshi ist der Trendsetter im Handarbeits-Bereich.
Die Wolle in modernen Farben, Handarbeits-Sets und Bücher haben Häkeln und Stricken für junge Leute wieder attraktiv gemacht. Wer nicht selbst eine Häkelnadel zur Hand nehmen will, kann sich auf der Homepage von MyBoshi seine Mütze selbst konfigurieren. Hergestellt wird sie dann von einer der „Häkel-Omis“ in und um Hof. Je nach Saison beschäftigen die beiden Firmengründer bis zu 40 von ihnen. „Wir haben eher ein Großmutter-Enkel – als ein Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Verhältnis“, so Felix Rohland über die Häkel-Omis.
Wenn sie vorbeikommen, wird immer auch geplaudert, gerne mal Kaffee getrunken und Kuchen gegessen. Bodenständig sind sie geblieben, die beiden Firmenchefs, und ihre Heimatstadt verlassen, um zum Beispiel in die Szene-Stadt Berlin zu ziehen, das kommt für sie nicht in Frage. „Da wären wir wahrscheinlich nur eine von vielen verrückten Ideen. Hier sind wir was Besonderes“, so Thomas. Aber die Mützen verkaufen sich längst weit über Hof hinaus. 15 europäische Länder beliefert MyBoshi, acht Mitarbeiter arbeiten fest bei der Handarbeits-Firma.
Und 2014 wurden Thomas und Felix für den Deutschen Gründerpreis 2014 nominiert. „Konzi“ nennt sich ein 28-Jähriger aus der Nähe von Stuttgart, der zusammen mit zwei Freunden Deutschlands erfolgreichsten Youtube-Fußball-Kanal betreibt. „Freekickerz“ hat über eine Million Abonnenten, mehr als jeder deutsche Bundesliga-Verein. Die Tutorials, also Online-Anleitungen für Fußball-Tricks, Tests und Zusammenschnitte von Fußball-Spielen, werden weit über die Grenzen Deutschlands hinaus angeklickt.
„Ich habe immer davon geträumt, unabhängig zu sein. Jeden Tag von acht bis fünf am Schreibtisch sitzen, das wäre nichts für mich“, so Konzi, der mit bürgerlichem Namen Konstantin Hert heißt. Während des Studiums hat er angefangen, erste Videos zu drehen und bei Youtube hochzuladen. Dass er davon eines Tages leben könnte – damals noch nicht mal ein Traum. Doch dann nahm die Zahl der Abonnenten immer weiter zu, User aus Deutschland, aber auch aus ganz Europa und den USA schauen sich die Filmchen der „Freekickerz“ an.
„Das ist schon verrückt“, sagt Konzi. „Ich sitze da in meinem Zimmer und schneide die Videos und überall auf der Welt schauen sich Leute an, was ich mache.“ Ein Phänomen unserer Zeit. Konzi hat seine Leidenschaft für den Fußball zum Beruf gemacht. Und das, ohne selbst bei einem Verein unter Vertrag zu stehen. Das Internet macht’s möglich. 24 Jahre jung ist Freya Oehle. Direkt nach dem Studium hat die Hamburgerin ihre erste eigene Firma gegründet.
„Spottster“ ist ein IT-Start-Up, eine Preisverfolgungsplattform, mit der man nach Produkten suchen, sie auf einen Merkzettel setzen und zum günstigsten Preis kaufen kann. „Ich selbst kann mit Shopping gar nichts anfangen. Da bin ich für eine Frau eher untypisch“, sagt Freya. „Wahrscheinlich habe ich die Seite auch deshalb gegründet. Da kann man ganz pragmatisch nach dem günstigsten Preis suchen, ohne durch die Läden rennen zu müssen.“ Die junge Unternehmerin wünscht sich, dass noch mehr junge Leute, besonders Frauen, den Mut haben, ihre Ideen umzusetzen, etwas zu wagen und „einfach zu machen.
Die Institutionen“, so bemängelt sie, „bringen einem das nicht bei. An der Uni oder in Unternehmen lernt man doch nur, die Erwartungen anderer zu erfüllen. Und es braucht Mut, dann irgendwann zu sagen: Nein, danke, ich mache es jetzt ganz anders.“ Sie selbst hatte mehrere Angebote für Festanstellungen, war eine der erfolgreichsten in ihrem Studien-Jahrgang.
„Ich lehne das Wort Streber ab“, lacht sie laut. „Aber ich bin auf jeden Fall immer schon ehrgeizig gewesen. Und motiviert. Aber das muss man auch sein, sonst schmeißt man so ein Start-Up spätestens nach einem Jahr wieder hin.“ Denn der Traum, seine Gründung nach kurzer Zeit für viel Geld zu verkaufen, so Freya, sei unrealistisch. „Zu Gründen ist so ähnlich wie Fallschirmspringen. Nur dass man erst im Fallen darüber nachdenkt, ob man einen Fallschirm hat.“ Die Mützen-Jungs, der Kicker und die IT-Start-Up-Gründerin – drei Beispiele für erfolgreiche und ideenreiche junge Menschen in Deutschland.
Erfolgreich zu sein, das bedeutet für sie nicht in erster Linie reich zu sein, sondern etwas aus den eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten zu machen. Und dafür nehmen sie auch einiges in Kauf. Das Wochenende oder Nächte durcharbeiten, ständiges Umziehen, belächelt werden – „Man muss für seine Idee brennen, sonst schafft man das alles nicht“, so sagen sie. Der 37°-Film fragt: Welche Denkweisen und Erfolgsmodelle kennzeichnen die Jungen und Erfolgreichen im Jahr 2014? Eine Generation, die sich auf die rasch verändernde Welt einstellt. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 02.12.2014 ZDF jung.radikal – Mit Leidenschaft für eine bessere Welt
Folge 828 (30 Min.)Das Wort „Nutztier“ ist Aleksandra zuwider, sie verzichtet auf jegliche tierische Produkte. Dabei schränkt sie sich nicht nur selbst ein, sie kämpft auch für ihre Idee: Als Kuh bemalt protestiert die Studentin gegen Milchvieh-Haltung, ihre Botschaften schreibt sie mit bunter Kreide auf die Pflastersteine der Frankfurter Innenstadt. „Den Tieren ist nicht geholfen, wenn ich zu anderen Menschen sage: ‚Ihr Mörder, Ihr tötet Tiere für Euer Essen“. Wenn jemand wütend auf mich zu gerannt kommt, blockiere ich auch.“ Radikal in den Zielen, fröhlich in der Umsetzung – das ist ihr wichtig.
Aleksandra kommt kaum noch zu etwas anderem. Sie hat Freunde verloren und vernachlässigt ihr Studium. Barbusig, mit einer Protestschrift auf dem Körper war sie in der Bildzeitung zu sehen. Die Familie war geschockt – doch heute hat sie auch ihre Mutter dazu gebracht, vegan zu kochen. „Ich hab ja keine Frau, Kind, Haus, und weil ich das nicht habe, agiere ich vielleicht auch anders als andere Leute“, sagt Oliver. Er hat sich mit den Amerikanern angelegt. „NSA in da house“ (Die NSA ist im Haus) hat er nachts auf die Fassade der amerikanischen Botschaft in Berlin projiziert, um gegen die Überwachung durch den amerikanischen Geheimdienst zu protestieren.
Innerhalb von Minuten rückt die Polizei an – und kann ihm nichts anhaben. Eine Lichtprojektion ist noch nicht mal Sachbeschädigung. Trotzdem: Die NSA herauszufordern, ist nicht ohne Risiko. Das nimmt Oliver in Kauf: „Ich würde für so eine Aktion auch für 30, 60 Jahre in den Bau gehen. Wenn ich in einem Land lebe, wo ich die Wahrheit nicht auf ein Gebäude projizieren kann, dann kann ich auch im Bau sitzen.“ Christopher hat es nur mit der bergischen Kleinstadt Overath zu tun.
Statt langweiligem Rasen will er auf einer öffentlichen Grünfläche einen Selbstversorger-Garten, nachhaltig und ökologisch. ‚Essbare Stadt‘ nennt er das. Im Garten seiner Eltern hat er das schon umgesetzt, mit Sanftmut und Beharrlichkeit. Die machen sich Sorgen: Ihr Sohn hat fünf Jahre nach dem Abitur noch keine Ausbildung, gräbt stattdessen den Rasen um, meditiert und läuft viel barfuß – wovon soll er mal leben? „Ich glaube meine Eltern und viele Leute, die konventionell leben, finden das, was ich manche, ziemlich radikal. Weil es eine radikale Lebensveränderung ist.“ Für Christopher ist diese Lebensveränderung keine Privatangelegenheit: „Die Welt hat ein Verfallsdatum, wir können nicht so weiter machen.“ Christopher will umsteuern – und fängt im Kleinen an.
Das weitverbreitete Klischee über Jugendliche, sie hingen nur vor dem Computer ab und seien unpolitisch stimmt natürlich nicht. „37°“ hat sich auf die Suche gemacht nach jungen Menschen, die im besten Sinn radikal sind: einsatzbereit, kompromisslos und mit einer Menge Durchhaltevermögen. Drei Beispiele, die zeigen: Es gibt sie weiterhin, junge Menschen, die für ihre Ideen kämpfen. Mit Phantasie, trickreich und ziemlich vergnügt. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di. 09.12.2014 ZDF
zurückweiter
Füge 37 Grad kostenlos zu deinen Serien hinzu und verpasse keine Neuigkeit mehr.
Alle Neuigkeiten zu 37 Grad und weiteren Serien deiner Liste findest du in deinem persönlichen Feed.
TV Wunschliste informiert dich kostenlos, wenn 37 Grad online als Stream verfügbar ist oder im Fernsehen läuft.Erinnerungs-Service per
E-Mail