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Aufbruch hinter Gittern: Theater im Knast
Folge 1145 (30 Min.)Max steht zu Probenbeginn kurz vor der Entlassung aus der JVA.Bild: ZDF und Jan Krämer.Etwa 40.000 Menschen sind in deutschen Gefängnissen inhaftiert. Inwiefern ist das Theaterspielen ein wirksames Mittel zur Resozialisierung von Strafgefangenen? Bei „aufBruch“ stehen Strafgefangene und Ex-Häftlinge gemeinsam auf der Bühne. „37°“ begleitet vier Darsteller bei den Proben zu Schillers „Die Räuber“. Was gibt ihnen die Theaterarbeit und was lernen sie dabei für ihr Leben in Freiheit? Das Berliner Gefängnistheater „aufBruch“ inszeniert einmal im Jahr Theaterstücke außerhalb der Gefängnismauern. In einem Amphitheater auf der Jungfernheide proben sie in diesem Jahr Schillers „Die Räuber“ ein. Für viele der Darsteller ist das Theaterspielen eine besondere Herausforderung, sehen sie sich doch oft zum ersten Mal mit der sogenannten „Hochkultur“ konfrontiert.
Max etwa hat im letzten Jahr das erste Mal bei „aufBruch“ auf der Bühne gestanden. „Bei der ersten Probe habe ich mir noch gedacht: Oh Gott, oh Gott, das wird nie was! Theater, das war so für mich so Schickimicki, High Society und so was!“ Seine Einstellung zum Theater hat er mittlerweile komplett revidiert. Es gibt ihm nämlich etwas, was ihm in seinem Leben in Freiheit oft fehlt: Eine Struktur. Für Max, der seit anderthalb Jahren in der JVA Plötzensee inhaftiert ist und kurz vor seiner Entlassung steht, ist klar, dass er bei Schillers „Die Räuber“ auch auf der Bühne stehen will, wenn er wieder in Freiheit ist. Voller Engagement ist er bei den ersten Proben. Doch es kommt anders als gedacht: Kaum in Freiheit, wird Max wieder inhaftiert.
Auch Sadam sitzt in der JVA Plötzensee in Haft – voraussichtlich noch anderthalb Jahre lang. Er hat von der Gefängnisleitung die Genehmigung bekommen, an den Proben und der Aufführung teilzunehmen. Ein großes Privileg und ein Zeichen dafür, dass er sich während seiner Haft nichts zu Schulden hat kommen lassen. Der 30-Jährige, der schon zum zweiten Mal im Gefängnis gelandet ist, blüht bei den Proben förmlich auf: „Im Gefängnis bin ich eher so der zurückhaltende Typ, der eigentlich mit niemandem zu tun haben will, der eigentlich seine Ruhe haben will.“ Das ist bei „aufBruch“ anders: „Im Theater bin ich eher offen, lasse mich auf alles ein.“ Bei den Proben ist er mit voller Leidenschaft bei der Sache, spielt eine der Hauptrollen und strotzt vor Selbstbewusstsein. Aber vor der Premiere sieht das schon ganz anders aus.
Mohamad ist schon seit 15 Jahren beim Gefängnistheater. Der ehemalige Drogenabhängige, der mit seiner Familie vor dem Bürgerkrieg im Libanon geflohen ist und in Berlin als Jugendlicher schnell auf die schiefe Bahn geriet, ist sich sicher: „Wenn ich dieses Theater nicht kennengelernt hätte, wäre ich tot, hätte ich schon längst aufgegeben. Ich war kurz davor.“ Mohammad hat „aufBruch“ viel zu verdanken. Besonders stolz ist er auf seine Fortschritte in der deutschen Sprache, die der 49-Jährige, der in Deutschland nie eine Schule besucht hat, erst bei „aufBruch“ richtig kennen und lieben gelernt hat. Doch vor zwei Jahren folgt dann ein neuer Schicksalsschlag: Bei Mohamad wird ein Hirntumor diagnostiziert. Seitdem hat er oft Konzentrationsprobleme, vor allem beim Textlernen. „Ich brauche diese Herausforderung im Theater, das hilft mir.
“ Para steht seit seinem 13. Lebensjahr auf der Bühne. Er ist einer der wenigen professionellen Schauspieler bei „aufBruch“ und hat in seinem Heimatland Kongo Schauspiel studiert. Als Asylbewerber kommt er Anfang der 1990-er Jahre nach Berlin – und auf die schiefe Bahn. Wegen Betrugs sitzt er fünf Jahre hinter Gittern. Für „aufBruch“ hat er während seiner Haft in der JVA Tegel das erste Mal auf der Bühne gestanden. „Theater ist eigentlich für mich das Leben, also wie Atmen. Ich opfere mich sogar und stehe um 4:30 Uhr auf.“ Dann geht er als Produktionshelfer im Maschinenbau arbeiten, um seinen Status in Deutschland zu sichern, denn Para hat auch nach mehr als 30 Jahren immer noch keine Niederlassungserlaubnis in Deutschland. Und die möchte er unbedingt, auch wegen seiner 18-jährigen Tochter Ravin.
Sein Aufenthaltsstatus ist ihm so wichtig, dass der 51-jährige Schauspieler deshalb im Moment auf Engagements außerhalb von Berlin verzichtet. Herz und Kopf von „aufBruch“ sind Produktionsleiterin Sibylle Arndt und Regisseur Peter Atanassow. Der Regisseur ist davon überzeugt, dass die Arbeit am Theater etwas Positives bei den Darstellern bewirkt: „Respekt zu bekommen, Anerkennung zu bekommen, Aufmerksamkeit zu bekommen, das ist gar nicht hoch genug einzuschätzen. Das macht Menschen selbstbewusst. Und ich glaube, wenn Menschen selbstbewusster sind, begehen sie auch weniger Dummheiten.“ Wir begleiten Max, Sadam, Mohammad und Para während der Probenzeit und in ihrem Alltag, der sie jeden Tag aufs Neue herausfordert.
Ein Film über Menschen zwischen Lampenfieber und Strafvollzug, großen Träumen und harten Rückschlägen, der Frage nach Schuld und dem steinigen Weg der Wiedereingliederung. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di 05.12.2023 ZDF
Zwischen Hoffnung und Angst – Samir kämpft ums Bleiberecht
Folge 1146 (30 Min.)Seit fünf Jahren lebt, lernt und arbeitet Samir (20) in Deutschland. Hier ist er erwachsen geworden und träumt davon, seinen Meister zu machen. Wird sich der junge Afghane Samir bei uns eine sichere Existenz aufbauen können?Bild: ZDF und Jan Prillwitz.Facharbeiter ohne Bleiberecht: Samir flüchtete 2014 aus Afghanistan. Seine Ausbildung hat er abgeschlossen, und er macht gerade seinen Meister. Doch seine Zukunft in Deutschland ist ungewiss. Seit 2017 wartet Samir auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden in seinem Asylverfahren – Jahre zwischen Hoffnung und Angst. Wird er in Deutschland leben und in seinem Beruf als Mechatroniker für Kältetechnik arbeiten können? Samir, der im Alter von 15 Jahren vor den Taliban nach Deutschland geflüchtet ist, hat in Deutschland schon einiges erreicht: Realschulabschluss und Ausbildung zum Kältemechatroniker geschafft und Freunde gefunden. Sein Ausbildungsbetrieb, ein mittelständisches Unternehmen in Wiesbaden, hat in seinen Azubi investiert und möchte Samir in der Firma weiterbeschäftigen.
Noch ein Jahr, dann hat der heute 24-Jährige seinen Meisterbrief und Chancen auf eine Führungsposition. Eine Erfolgsgeschichte mit Rückschlägen: Mitten in der Prüfungsphase für seinen Realschulabschluss kam die Ablehnung seines Asylantrages, mit der Begründung vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, dass Afghanistan ein sicheres Land sei. Für Samir „bricht eine Welt zusammen“, er schafft trotzdem seinen Abschluss. Gerade so. Sein Anwalt reicht Klage ein, und Samir bekommt eine Aufenthaltsgestattung, die er alle sechs Monate bei der Ausländerbehörde verlängern muss. „Am schlimmsten ist die Ungewissheit“, sagt der 24-Jährige, der inzwischen häufiger auf Deutsch als auf Dari, auf Afghanisch, träumt. Er arbeitet, geht zur Schule, bildet sich weiter.
Aber manchmal fragt er sich: „Hat das überhaupt einen Sinn? Keiner kann dir garantieren, ob du in Deutschland bleiben kannst. Du bist quasi in der Luft.“ Acht Jahre lang hat Autorin Ulrike Schenk Samir begleitet – bis zum Tag der alles entscheidenden Verhandlung. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di 12.12.2023 ZDF Grenzenlose Liebe: Zwei Kulturen – eine Familie
Folge 1147 (30 Min.)Janina Rehm und Merter Gölyeri stammen aus Bayern und der Türkei.Bild: ZDF und Simone Agape./Simone AgapeEinander lieben heißt, sich zu verstehen. Eine Herausforderung! Erst recht, wenn Partnerinnen und Partner aus unterschiedlichen Kulturen stammen. Jeweils eine Person der Paare stammt aus Deutschland, der Partner/die Partnerin aus Tansania, Sri Lanka und der Türkei. Sie gewinnen viel durch andere Traditionen und Lebensformen, machen neue Erfahrungen, lernen Demut. Doch überwindet die Liebe alle Unterschiede? Janina Rehm und Merter Gölyeri lernen sich 2019 auf einer Datingplattform kennen, schon beim ersten Treffen verlieben sie sich. Ihre unterschiedliche Herkunft: kein Problem. Für ihre Familien aber zunächst schon. Janinas Angehörige sorgen sich: Ein Türke – heißt das dann etwa Kopftuch und Hausfrau mit vielen Kindern? „So mancher in unseren Familien denkt noch sehr traditionell“, sagt Merter.
Die beiden feiern eine multikulturelle Hochzeit und halten direkt schon die nächste Überraschung für ihre Angehörigen bereit: Anfang 2024 erwarten sie ihr erstes Kind. Fest steht, es soll Türkisch und Deutsch lernen – auch wenn Mama Janina selbst bislang kein Türkisch spricht. Auch Christian Kreisel, Notarzt in Marburg, muss sich Vorurteilen stellen, als er 2015 im Rahmen einer Forschungsarbeit zur Höhenkrankheit in einem Bergdorf am Kilimandscharo Irene Thadei Leony kennenlernt. Der weiße Mann würde die Afrikanerin sicherlich für viel Geld kaufen und dann in Deutschland als Sklavin halten – davon sind Irenes Familie, Freundinnen und Nachbarinnen überzeugt. Unter Schlägen wird ihr anfangs jeglicher Kontakt zu dem Deutschen verboten. Der Marburger Arzt leistet Überzeugungsarbeit, holt Irene nach Marburg.
Die beiden heiraten in einem deutschen Standesamt. Aber es dauert, bis Christian das Vertrauen von Irenes Familie gewinnt. Schließlich bekommt er in einem traditionellen Ritual am Kilimandscharo Irene als Ehefrau zugesprochen. Jetzt würde Christian gern ein paar Jahre in Tansania als Notarzt arbeiten und dort leben. Für Irene unvorstellbar. Sie hat sich inzwischen an das Leben in Marburg gewöhnt, für sie steht fest: Ihre beiden gemeinsamen Töchter sollen in Deutschland zur Schule gehen. Vollkommen neu müssen sich Andrea Launhardt und Chandralal Premakumara orientieren. Nach 16 gemeinsamen Jahren in Chandralals Heimat Sri Lanka können sie aufgrund der katastrophalen politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht länger dort leben. Im Frühjahr 2022 flüchtet Andrea mit den drei Kindern nach Brandenburg.
Chandralal muss noch bis November 2023 einen Arbeitsvertrag in Sri Lanka erfüllen. Dann darf auch er nach Deutschland ziehen. Obwohl dies für Andrea eine Rückkehr in ihre alte Heimat bedeutet, müssen alle Familienmitglieder ganz von vorn anfangen. Die Kinder genießen schnell die neuen Freiheiten: draußen spielen ohne Angst vor Skorpionen, und Schule macht plötzlich Spaß. Aber der Vater und Ehemann Chandralal muss umdenken. In Sri Lanka sind die Männer die Chefs, Frauen haben kaum etwas zu sagen. Vor allem Andreas Mutter macht sich Sorgen, ob Chandralal sich in Deutschland gut zurechtfinden wird.
Ein Jahr lang begleitet „37°“ die Paare durch Höhen und Tiefen, trifft sie in Deutschland, Tansania und Sri Lanka und erfährt, wie sie es schaffen, durch ihre Liebe Grenzen zu überwinden, aber auch mit welchen Schwierigkeiten Partnerinnen und Partner aus unterschiedlichen Kulturen zu kämpfen haben. (Text: ZDF)Deutsche TV-Premiere Di 09.01.2024 ZDF