2011/2012, Folge 78–92

  • Folge 78 (30 Min.)
    Das Erstaunen steht am Anfang einer Philosophie, die auf der Fähigkeit beruht, das Selbstverständliche für geheimnisvoll und unergründlich zu halten. Doch worüber gerät man in Erstaunen? Und wie? Wundert man sich nur über etwas, worauf man nicht gefasst ist? Oder im Gegenteil vielmehr darüber, dass die Dinge so sind, wie sie sind? Kann man noch über Sachverhalte staunen, für die es eine Erklärung gibt? Und könnte man das Erstaunen als eine Schule der Uneigennützigkeit bezeichnen, welche uns lehrt, die Welt losgelöst von Nützlichkeitsbestrebungen zu betrachten? Über diese Fragen spricht Raphaël Enthoven mit seinem Gast, dem Philosophen Bertrand Vergely, der ein Buch, „Retour à l’émerveillement“ (2010), über die Kunst, sich zu wundern, geschrieben hat. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 19.02.2012arte
  • Folge 79 (30 Min.)
    Kann man etwas aus dem Nichts erschaffen? Ist nicht jeder Schaffensprozess zunächst die Neuordnung von Vorhandenem? Doch was bleibt von der Schöpfung übrig, wenn man sie nachträglich in bereits bekannte Einzelteile zerlegen kann? Wie lässt sich das Unfassbare des Schaffensprozesses erfassen? Gibt es einen Widerspruch zwischen der Tatsache, dass jede Schöpfung aus bereits Existierendem entsteht, und der Einzigartigkeit des unvorhersehbaren Schöpfungsaktes? Diese Fragen diskutiert Raphaël Enthoven heute mit seinem Gast, der Doktorandin Yala Kisukidi, anhand des Schöpfungsbegriffs von Henri Bergsons „Schöpferische Entwicklung“. In diesem Werk stellt der Philosoph seinen Schöpfungsbegriff vor, mit der er vor allem das Leben als Phänomen ergründen will. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 26.02.2012arte
  • Folge 80 (30 Min.)
    Ist es möglich, einen Gegenstand darzustellen, ohne auf Distanz zu ihm zu gehen. Wie lässt sich die Kluft zwischen Wirklichkeitserfahrung und gegenständlicher Darstellung überbrücken? Gibt es eine Alternative zum Subjet-Objekt-Gegensatz? Kann die Verwendung von Symbolen Nähe zur Wirklichkeit schaffen? Wie unterscheidet sich ein Selbstporträt von der Selbstdarstellung? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 04.03.2012arte
  • Folge 81 (30 Min.)
    Laizismus, die französische Ausprägung des Säkularismus, sieht eine radikale Trennung von Kirche und Staat vor. Woher kommt diese Weltanschauung und was sind ihre Absichten? Ist Säkularismus mit Antireligiosität gleichzusetzen? Und was meint Sarkozy mit seiner Rede von der „positiven Laizität“? Gemeinsam mit dem promovierten Philosophen, Jean-Claude Monod, geht Raphaël Enthoven diesen Fragen auf den Grund und macht Kompliziertes verständlich. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 11.03.2012arte
  • Folge 82 (30 Min.)
    Lässt sich der Tod gedanklich erfassen? Inwiefern bedingt die Auseinandersetzung mit dem Tod die menschliche Freiheit?
    Was meint Montaigne, wenn er sagt: „Wer sterben gelernt hat, versteht das Dienen nicht mehr“, was Spinoza mit der Sentenz: „Über nichts denkt der freie Mensch weniger nach als über den Tod“? Was lehrt uns der Tod anderer über unser eigenes Ableben?
    Wie oder gar warum sollte man leben, wenn man weiß, dass man sterben muss?
    Gast der Sendung: Pierre Dulau (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 18.03.2012arte
  • Folge 83 (30 Min.)
    Warum hegen Zensoren oft große Bewunderung für die von ihnen zensierten Texte oder Kunstwerke? Warum wollte der Philosoph Platon, der auch selbst dichtete, die Dichter aus der Gesellschaft ausschließen? Was verbirgt sich hinter dem Ansinnen, die Kunst der Politik oder auch der Moral zu unterstellen? Diese Woche begrüßt Raphaël Enthoven den promovierten Kunsthistoriker Thomas Schlesser und diskutiert mit ihm philosophische und ethische Fragestellungen zur Zensur künstlerischer Werke. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 25.03.2012arte
  • Folge 84 (30 Min.)
    Die Geschichtswissenschaft hat ihre eigene Geschichte, denn sie war nicht immer als wissenschaftliche Disziplin anerkannt. Und bis heute geht man davon aus, dass die Geschichtswissenschaft keine exakte Wissenschaft ist. Liegt das etwa daran, dass sich das Verhalten des sonderbaren Wesens Mensch nicht vorhersehen lässt? Oder daran, dass der Historiker die Geschichte analysiert und gleichzeitig Teil derselben ist? Raphaël Enthoven diskutiert diese Fragen mit seinem Gast, dem promovierten Historiker Nicolas Offenstadt.
    Um die Geschichtsschreibung genauer zu untersuchen, ziehen sie Schriften des Philosophen Raymond Aron heran. Dieser fragte: „Wie kann ich als Franzose, als Jude, der in einen bestimmten Moment des historischen Werdens hineingestellt ist, das Ganze erkennen, von dem ich selbst nur ein winziger Teil bin?“ Und genau darin liegt das Problem: Lässt sich die Geschichte überhaupt objektiv betrachten, wenn das betrachtende Subjekt Teil derselben und notwendig von ihr beeinflusst ist? Der historische Streifzug führt vom 19. Jahrhundert, über die Zeit des Ersten Weltkriegs bis in die 30er Jahre und in die Gegenwart – von Rousseau, Nietzsche, Hegel, Ernst Bloch bis hin zu George Orwell.
    Dabei erörtert die Sendung den Begriff des Historizismus, die Anbiederung bedeutender deutscher Historiker an die Nationalsozialisten, denBegriff des Historizismus so wie die aktuelle Frage, wie unsere heutigen Gesellschaften mit ihrer Vergangenheit verwaltet und wie sie letztlich mit ihr umgehen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 08.04.2012arte
  • Folge 85 (30 Min.)
    Unser Leben besteht aus vielen kleinen Elementen, die ineinandergreifen. Was passiert aber, wenn diese Ordnung zerbricht? Unser tief verwurzeltes Sicherheitsbedürfnis lässt diese Frage oft nicht zu. Doch warum sollte man sich mit Verletzlichkeit befassen? Warum über die Angst vor Ausgrenzung, Tod oder Arbeitslosigkeit nachdenken? Gemeinsam mit dem Philosophen Guillaume le Blanc erörtert Raphaël Enthoven, warum es wichtig ist, sich der eigenen Verletzlichkeit zu stellen. Anhand von Textpassagen, Filmszenen, wie aus dem Bond-Film „Casino Royale“ und realen Ereignissen wie der Tsunami-Katastrophe in Japan analysieren Enthoven und le Blanc Momente, in denen sich Verletzlichkeit offenbart.
    Dabei streifen sie bekannte Philosophen wie Jean-Paul Sartre oder Judith Butler und erörtern die Rolle der Philosophie in diesem Kontext: Für Guillaume le Blanc besteht ihre Aufgabe in der heutigen Zeit auch darin, den Menschen zu vermitteln, dass sie verletzlich sind und sich nicht vor allen Einflüssen schützen können. Die Reflexion über die eigene Verletzlichkeit ermöglicht es, Ängste nachzuempfinden und sie in sein Denken einzubeziehen. So kann man Leid nachempfinden, das einem selbst erspart bleibt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 15.04.2012arte
  • Folge 86 (30 Min.)
    Als „cool“ gilt man eigentlich, wenn man sich zu nichts verpflichtet fühlen will. Doch paradoxerweise verleihen solch gängige Aufforderungen wie „Be cool!“ oder „Keep cool!“ dem Lässigsein Pflichtcharakter. Und das ist der Grund dafür, dass sich so schwer beschreiben lässt, was „Coolness“ eigentlich ausmacht. Wer „cool“ ist, will Gesellschaftsregeln sprengen und versucht, antiquierte Umgangsformen zu durchbrechen – die Begleiterscheinung eines Trends zu mehr Lockerheit in der Moderne. Zuvor gab es in Europa die großen gesellschaftlichen Traditionen, die höfische Epoche mit ihrer galanten Etikette, das ganze aristokratische Erbe des klassischen Zeitalters. Und dann kam die „Coolness“-Bewegung aus Amerika und krempelte alles um. Raphaël Enthoven erörtert im Gespräch mit Claude Habib, was hinter dieser Attitüde steckt und ob das „Coolness“-Diktat vielleicht nur eine der widersinnigsten Formen der Abhängigkeit ist. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.04.2012arte
  • Folge 87 (30 Min.)
    Welchen Nutzen hat das Alter und was bringt es uns? Diese Frage ist keineswegs neu und wurde schon in der antiken Philosophie gestellt. Später fragte sich der Aufklärer und Bildungstheoretiker Jean-Jacques Rousseau: „Ist wohl in dem Augenblick, da man sterben soll, noch Zeit zu lernen, wie man hätte leben sollen?“ Und François de la Rochefoucauld: „Die alten Leute geben gerne Verhaltensregeln, um sich darüber zu trösten, dass sie nicht mehr imstande sind, schlechte Beispiele zu geben.“ Die einen rühmen das Alter wegen des Erfahrungsreichtums, der erworbenen Weisheit und Freiheit, die anderen sehen in ihm eine Art Schiffbruch, Verfall und Niedergang – kurz: eine einzige Katastrophe.
    Aber ab welchem Moment fühlt sich der Mensch überhaupt alt? Die zwei Gesichter des Alters beleuchten Raphaël Enthoven und sein Gast Pierre-Henri Tavoillot anhand von Auszügen aus Werken von Rousseau, Platon, Sartre, Descartes und Montaigne. Pierre-Henri Tavoillot hat selbst ein Buch herausgegeben, das sich mit der Philosophie der Lebensalter befasst. In der Sendung kommt er mit Enthoven zu dem Fazit: Das Alter bringt vielerlei, nimmt man es nur gelassen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 29.04.2012arte
  • Folge 88 (30 Min.)
    Ist Folter ein notwendiges Übel? Ist sie gerechtfertigt, wenn die so gewonnenen Informationen Dutzende Menschenleben retten können? Oder sollte die eigene Moral über allen Dingen stehen? Und wie realistisch ist ein solches Szenario überhaupt? Dieser Fragestellung gehen Moderator Raphaël Enthoven und sein Gast Michel Terestchenko, Professor für Philosophie, in der heutigen Sendung nach. Mit der Betrachtung geschichtlicher und politischer Ereignisse analysiert Michel Terestchenko Formen der Rechtfertigung von Foltermethoden in der heutigen Gesellschaft. „Ich habe gefoltert, weil es nötig war. Wenn jemand 20 Bomben legt, und er will nicht reden, müssen ungewöhnliche Mittel angewendet werden, ihn dazu zu bringen“, so zitiert Terestchenko den Kriegsveteranen Jean-Marie Le Pen. Welche Argumente kann man einer solchen Aussage entgegen stellen, und wie kann man den Wahrheitsgehalt derartiger Behauptungen einschätzen? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.05.2012arte
  • Folge 89 (30 Min.)
    Traue niemandem, selbst dem Zufall nicht – das ist das Motto vieler, die an Verschwörungstheorien glauben. Raphaël Enthoven und sein Gast, die Rhetorik-Professorin Emmanuelle Danblon, nehmen Jean-Jacques Rousseaus Schrift „Die Bekenntnisse. Die Träumereien des einsamen Spaziergängers“ zum Ausgangspunkt, um Verschwörungstheorien auf den Grund zu gehen. Dazu ziehen sie zwei Ereignisse heran, die Verschwörungstheoretiker auf den Plan riefen: den 11. September 2001 und den Tod von Lady Di. . Misstrauen, das Gefühl der Bedrohung und Paranoia diagnostizieren sie als Grundstimmung dessen, der sich selbst als Objekt der Verschwörung sieht.
    ürVerschwörungstheoretiker sammeln Indizien und interpretieren sie, sie möchten mit kritischer Haltung hinter die Dinge schauen und gehen dabei manchmal zu weit. Aber warum glauben wir so gerne, dass nichts durch Zufall geschieht und dass der Schein immer trügt? Und woher kommt der Wahn, überall Verschwörungen zu sehen? Inwieweit erliegen Menschen dem Betrug, nicht betrogen werden zu wollen? Raphaël Enthoven und Emmanuelle Danblon suchen darauf Antworten. Am Ende bleibt ein Teil an Ungewissheit, denn nur der Verschwörungstheoretiker selbst glaubt an die scheinbar absolute Wahrheit. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 20.05.2012arte
  • Folge 90 (30 Min.)
    Mit dem französischen Philosophen Paul Clavier, dem Verfasser des Buches „Das Rätsel des Bösen“, diskutiert Raphaël Enthoven heute über das Schlechte in der Welt. Paul Clavier schreibt: „Früher galten Katastrophen als Ausdruck des Zorns der Götter … Neptun ließ die Erde erzittern, Mars entfachte Kriege, Jupiter schickte Blitz und Donner. Der zürnende ewige Gott strafte mit Sintflut, Heuschreckenschwärmen, Blutregen und dem Tod der Neugeborenen. Mit der Zeit scheint Gott diese grausamen Behandlungen aufgegeben zu haben.
    Er wurde zum gütigen Gott. Und auf einmal weiß man nicht mehr, wie man diese Dramen deuten soll: Erdbeben, Überschwemmungen, Massaker, Genozide.“ Die drängendste Frage, die sich einem dabei wohl stellt, ist die nach dem Ursprung des Bösen und danach, wie man im Alltag, mit den großen und kleinen Übeln, den kleinen Missgeschicken und den schrecklichen Katastrophen umgehen soll. Und wie verhält sich Gott dazu? Wenn er allmächtig ist und das Gute will, warum kann oder will er nicht gegen das Böse angehen? Paul Clavier selbst geht davon aus, dass die Existenz des Bösen eher die Nichtexistenz Gottes beweist, als die Existenz eines machtlosen Gottes.
    Gottfried Leibniz sieht das in seiner „Theodizee“ anders: Er geht von der Gerechtigkeit Gottes aus und davon, dass alle Übel auf der Welt hinnehmbar seien. Der Mensch hielte sich nur aus Kurzsichtigkeit zu lange mit diesen „notwendigen Übeln“ auf. Ausgehend von diesen beiden unterschiedlichen Standpunkten versuchen Raphaël Enthoven und sein heutiger Gast, das Mysterium des Bösen zu ergründen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 27.05.2012arte
  • Folge 91 (30 Min.)
    Martine Aubry und die sozialistische Partei verfolgen ein Konzept, dessen Vorläufer aus den USA kommt und sich „Care“ nennt, gegenseitige Fürsorge. Als Gegenentwurf zum Ultraliberalismus verficht es eine den Menschen schützende Gesellschaft, statt Egoismus setzt es auf Altruismus und statt Individualismus auf das Kollektiv. Mit seinem Gast Fabienne Brugère, Professorin für Philosophie, diskutiert Raphaël Enthoven heute über die Care-Ethik. Jede Philosophie der Fürsorge geht davon aus, dass der Mensch als schwaches, wehrloses Wesen auf die Welt kommt; sie nimmt also unsere essenzielle Zerbrechlichkeit zum Ausgangspunkt.
    Dennoch ist der Mensch nicht gerne von anderen abhängig und möchte sich selbst als starkes, selbstständiges Individuum sehen. Wie ist dieser Anspruch mit dem Konzept der Fürsorglichkeit vereinbar? Fabienne Brugère ist davon überzeugt, dass durch gewisse Interdependenzen erst die Voraussetzungen für eine neue Form der Autonomie geschaffen werden. Ein solides Netzwerk aus wechselseitigen Abhängigkeiten macht individuelle Stärke erst möglich. Zur Erhärtung dieser Thesen zieht die Sendung unter anderem Auszüge aus Louis Ferdinand Célines „Reise ans Ende der Nacht“ und Szenen aus David Finchers Film „Fight Club“ heran. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 03.06.2012arte
  • Folge 92 (30 Min.)
    Das Bedürfnis nach Rache ist keinem von uns fremd. Im Unterschied zur Rache, kommt die Revanche, zum Beispiel im Sport, ohne Vergeltung aus. Bei Rache schwingt immer Vergeltung mit, dass heißt man möchte seinen Gegner übertrumpfen. Bei der Rache gibt es keine Regeln, es geht vor allem darum, eine Verletzung zu kompensieren. Über diese Unterscheidungen und die Rache in engerem Sinne unterhält sich Raphaël Enthoven heute mit seinem Gast Michel Erman, dessen aktuelles Buch „Lobrede auf die Rache“ („Éloge de la vengeance“) gerade in Frankreich erschienen ist. Rache hat immer etwas Unverhältnismäßiges und funktioniert wie die Vergeltung nach dem Prinzip „Auge um Auge, Zahn um Zahn“.
    Schließlich führt dieses Prinzip zur Guillotine, zur Lynchjustiz und zur Todesstrafe, die die Vollstreckung des Urteils zum Sühneopfer macht. Anhand historischer Fälle aus dem 18. Jahrhundert, aber auch anhand eines aktuellen Falles einer Steinigung in Somalia untersucht die Sendung, wie weit Rache gehen kann. Zitiert werden unter anderem Camus’ Betrachtungen zur Guillotine, Michel Foucaults „Überwachen und Strafen“, Spinozas „Ethik“ sowie Friedrich Nietzsches „Jenseits von Gut und Böse“. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.06.2012arte

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