„The Twilight Zone“: Das Reich zwischen Licht und Schatten – Review

Vierte Inkarnation der US-Kultserie stellt die Zuschauer bei TVNOW PREMIUM vor neue Rätsel

Gregor Löcher
Rezension von Gregor Löcher – 31.01.2020, 17:30 Uhr

„The Twilight Zone“: Gastgeber und Erzähler Jordan Peele – Bild: TVNOW/2019 CBS Interactive
„The Twilight Zone“: Gastgeber und Erzähler Jordan Peele

Ab dem 2. Februar nimmt TVNOW PREMIUM eine US-Serie in sein Angebot auf, deren Titel vielen deutschen Zuschauern irgendwie vertraut vorkommen dürfte: „The Twilight Zone“. Aber von wann ist das denn? Ist das nicht sowas Uraltes? Tatsächlich handelt es sich hierbei um ein Remake einer noch in Schwarz-Weiß produzierten Serie, die von 1959 bis 1965 auf dem amerikanischen Sender CBS lief, und in der es um übernatürliche, unheimliche und skurrile Begebenheiten ging. Besagtes Format findet sich nach wie vor auf Serien-All-Time-Bestenlisten wieder – die Messlatte, eine derart angesehene Serie wiederzubeleben, ist entsprechend hoch. Fragt sich, ob es der neuen „Twilight Zone“ geglückt ist, einerseits den Kern der Originalserie zu bewahren, und andererseits eine zeitgemäße Interpretation des alten Stoffes zu liefern.

Die Original–„Twilight Zone“ fand auszugsweise über mehrere Jahrzehnte verstreut in mannigfaltigen Synchronfassungen auch ihren Weg ins deutsche Fernsehen – zunächst unter dem unglücklichen Titel „Unwahrscheinliche Geschichten“. Nicht wenige Zuschauer dürften von dem Originaltitel hierzulande zum ersten Mal im 1997er Kinofilm „In & Out“ gehört haben: Nach dem Coming Out ihres Verlobten versucht die unglückliche Emily, in einer Bar den nächstbesten Typen aufzureißen. Dieser jedoch entgegnet ihr, dass er ebenfalls homosexuell ist. Sie läuft verzweifelt auf die Straße und ruft Sind denn hier alle schwul? Ist das hier die Twilight Zone?! Gerade in Amerika ist der Begriff in die Alltagssprache übergegangen, um eine surreale oder scheinbar unerklärliche Erfahrung zu beschreiben.

Das neueste Remake von 2019 ist bereits die vierte Inkarnation der „Twilight Zone“. Schon 1985 und 2002 wurden Neuinterpretationen der Ur-Serie versucht – beide aber eher kurzlebig. Zu schwierig schien die Aufgabe zu sein, originalgetreu und dabei trotzdem aktuell zu sein. Im Jahr 1959 von Rod Serling konzipiert, beschäftigte sich das Original im Anthologieformat – also in in sich abgeschlossenen Episoden, mit wechselnden Charakteren – mit Geschichten aus den Bereichen Fantasy, Science-Fiction und Horror – Themenbereiche, deren Abhandlung mit Sicherheit Wegbereiter für spätere Produktionen wie „Akte X“ im Rahmen des 90er-Mysterybooms war. Die Ausgangssituation konnte eine ganz alltägliche sein, die dann zunehmend unwirkliche Züge annimmt; oder die Handlung war direkt in einer anderen Zeit oder auf einem anderen Planeten angesiedelt. Dabei wurden durchaus oftmals aktuelle politische oder gesellschaftliche Themen angesprochen; jedoch funktionierten sie durch das alternative Setting oder mit Protagonisten in Gestalt von Aliens oder Robotern wie eine Parabel auf die Lebenswirklichkeit der Zuschauer, wodurch auch heiße Eisen wie damals Kommunismus und Kalter Krieg angefasst werden konnten. Serling fungierte nicht nur als Erzähler, er trat auch persönlich auf dem Bildschirm als Gastgeber in Erscheinung und versah die Geschichten mit einer Lehre oder einer Moral. Während dieses Konzept in der ersten Neuauflage aufgegeben wurde, erscheint in der aktuellen „Twilight Zone“ nun Schauspieler, Regisseur und Autor Jordan Peele als Host. Auch er führt zu Beginn jeder Episode in die aktuelle Geschichte ein, und zieht am Ende ein Resümee.

Vertritt seine eigene Auffassung von Recht und Ordnung: Officer Lasky (Glenn Fleshler) TVNOW/​2018 CBS Interactive

Die Folge Wer zuletzt lacht … handelt vom erfolglosen Komiker Samir (toll: Kumail Nanjiani, „Silicon Valley“, „Franklin & Bash“), der eines Tages unverhofft auf sein Comedy-Idol trifft und es bittet, im einen Tipp zu geben, wie er endlich seinen Durchbruch schaffen kann. Ebenjenes Idol rät ihm, keine Witze mehr über Politik und aktuelles Geschehen zu machen, sondern stattdessen die Leute mit persönlichen Gegebenheiten aus seinem eigenen Leben zum Lachen zu bringen. Dieser Ratschlag entpuppt sich zunächst als Gold wert – Samir erzählt amüsante Anekdoten über seinen Hund und erntet tosenden Applaus. Die Ernüchterung kommt zu Hause – sein Hund ist verschwunden. Aber nicht im Sinne von nicht mehr da – sondern im Sinne von nie dagewesen. Nach der ersten Irritation darüber beginnt Samir, seine neue Macht gezielt einzusetzen – etwa, um einen Nebenbuhler bei seiner Freundin auszulöschen, auf den er eifersüchtig ist. Leider geht deswegen auch seine Beziehung in die Brüche, und er muss einsehen, dass sein neuer Erfolg Schattenseiten hat – und er nur mit einem drastischen Schritt dem Treiben ein Ende setzen kann.

In den weiteren Folgen geht es unter anderem um einen Mann (Adam Scott, „Parks and Recreation“), der verzweifelt versucht, einen aus seiner Sicht unausweichlichen Flugzeugabsturz zu verhindern, jedoch diesen durch sein Verhalten immer wahrscheinlicher werden lässt; sowie eine Frau (Sanaa Lathan), die mit der Rückspultaste ihres Camcorders die Zeit zurückdrehen kann und damit zunächst erfolglos versucht, ihren Sohn vor einem immer wieder eintretenden Gewaltverbrechen zu bewahren. In dieser Hinsicht ist die Neufassung der Vorlage treu geblieben: oftmals geht es darum, dass sich eine Person oder eine Personengruppe in einer Zwickmühle befindet und nun versuchen muss, einen Ausweg zu finden. Die Absurdität der Situation, die vom normalerweise Erlebten stark abweicht, muss von dem betreffenden Charakter zunächst erkannt und akzeptiert werden, damit er dann versuchen kann, das Problem zu lösen. Freilich geht das oftmals schief oder endet anders als erwartet, mit einem unerwarteten Twist am Ende; der Gastgeber – damals Serling, heute Peele – zieht dann eine ironische oder makabre Schlussfolgerung daraus. Das kann einem liegen oder nicht. Wenn man heute die alten Folgen betrachtet, fällt diese Art der Moderation, des Erzählers im Geschehen, weniger auf, da zu jener Zeit auch Ansager im Fernsehen noch üblich waren. In der aktuellen Produktion ist Peeles Mitwirken weitaus gewöhnungsbedürftiger; sein Gestus ist betont auf Mystery getrimmt, vergleichbar mit Jonathan Frakes in „X-Factor“. Serling hingegen trat damals mit der Seriosität eines Nachrichtensprechers auf, was aber das Surreale des Geschehens durch den Kontrast eher noch betont hat.

Tut alles für seinen großen Durchbruch: Komiker Samir Wassan (Kumail Nanjiani) TVNOW/​2018 CBS Interactive

Auch der aktuelle Vorspann wirkt eher aus der Zeit gefallen – man hat sich hier am Original orientiert, mit einem Schriftzug, der tatsächlich eher an 50er/​60er Jahre Horror erinnert, denn eine aktuelle Produktion. Und so lässt sich die aktuelle „Twilight Zone“ durchaus als Hommage an den Klassiker verstehen, die sich weitaus mehr am Original orientiert als die beiden vorigen Rebootversuche. Die Inszenierung erinnert ebenfalls an ältere Produktionen: die Kamera ist oft ganz nah dran am Protagonisten, entweder direkt vor oder leicht unter ihm. Dadurch erlebt der Zuschauer das unbegreifliche Geschehen wie aus der Perspektive des Hauptcharakters; andererseits mutiert auch der Protagonist zusehends zu einer skurrilen Gestalt, die droht, sich selbst in der unwirklichen Situation zu verlieren. Dadurch, dass jede Folge von komplett neuen Charakteren handelt, können sich diese in jede nur erdenkliche Richtung entwickeln, weil die Drehbuchautoren nicht darauf achten müssen, dass sie für den weiteren Verlauf der Serie „tragbar“ bleiben; zunächst harmlose Rollen können aus der Situation heraus bis zum Mord oder Suizid getrieben werden – am Ende der Folge löst sich alles wieder auf. Verkörpert werden ebenjene Charaktere von bekannten Seriendarstellern wie Ginnifer Goodwin („Why Women Kill“), Chris Diamantopoulos („Silicon Valley“), Steven Yeun („The Walking Dead“) und Mystery-Veteran Nicholas Lea („Akte X“, „V – Die Besucher“).

Vom Konzept her ähnelt die „Twilight Zone“ somit einem Format, das in Deutschland einen wesentlich höheren Bekanntheitsgrad aufweist, schon weil es zu „Akte X“-Glanzzeiten in dessen Anschluss auf ProSieben lief: „Outer Limits“. Dieses war ursprünglich 1963 von ABC als Antwort auf die „Twilight Zone“ ins Leben gerufen worden, hatte aber nur eine vergleichsweise kurze Verweildauer im US-Fernsehen – erst das Remake von 1995 erlangte einen höheren Bekanntheitsgrad und war volle sieben Staffeln lang zu sehen, auch in Deutschland. Während vor allem im Original-„Outer Limits“ aber meistens „Monsters of the Week“ zu sehen waren, die der oder die jeweiligen Hauptcharaktere bekämpfen mussten, waren in der „Twilight Zone“ oft die gesellschaftlichen Strukturen oder der Mensch selbst sein größter Feind. Und somit ist das, was einem nach dem Betrachten vor allem in Erinnerung bleibt, die jeweilige Geschichte: wie wäre man selbst mit der Situation umgegangen; hätte das alles ganz anders ausgehen können, wenn der Protagonist andere Entscheidungen getroffen hätte? Oder war doch von Anfang an klar, dass man seinem Schicksal nicht entgehen kann, und dass es so etwas wie Ironie des Schicksals und ausgleichende Gerechtigkeit gibt?

Versucht verzweifelt, eine Katastrophe verhindern: Justin Sanderson (Adam Scott) TVNOW/​2018 CBS Interactive

Die Science-Fiction-Komponente ist in den neuen Folgen weit weniger präsent als im Original. Während diese früher oftmals zur Verschleierung einer Message an die Zuschauer verwendet wurde, werden in den aktuellen Folgen gesellschaftliche Probleme offen dargestellt und auch angeprangert, beispielsweise Rassismus und Polizeigewalt in der sehr guten Folge „Alles auf Anfang“. Dies zog im Heimatland auch Kritik auf sich – Zuschauer wähnten sich als Zielscheibe einer politischen Agenda. Jedoch geht es in der „Twilight Zone“ eben auch um philosophische Fragestellungen – die zwar durch den Ausgang der Geschichte und das Schlusswort des Gastgebers teilweise beantwortet werden, die aber genug Raum für eigene Interpretationen lassen. Und so ist die Neuauflage – wie auch ihre Vorgänger – bestimmt nicht das, was man „Bügelfernsehen“ nennt. Das soll kein Kritikpunkt an der Serie sein, im Gegenteil. Viele der behandelten Geschichten haben das Potential, einen noch länger zu beschäftigen – was zweifelsohne für die Serie spricht. Eine zweite Staffel ist bereits bestellt.

Dieser Text basiert auf Sichtung von drei Folgen der zehnteiligen ersten Staffel „The Twilight Zone“.

Meine Wertung: 4/​5

Die erste Staffel der „Twilight Zone“ ist ab dem 2. Februar 2020 bei TVNOW PREMIUM verfügbar.

Über den Autor

Gregor Löcher wurde in den späten 70er-Jahren in Nürnberg geboren und entdeckte seine Leidenschaft für Fernsehserien aller Art in den 80er-Jahren, dem Jahrzehnt der Primetime-Soaps wie dem Denver Clan und Falcon Crest, was ihn prägte. Seitdem sind Faibles für viele weitere Serien und Seriengenres hinzugekommen, namentlich das der Comedyserie. Seit 2008 ist er als Webentwickler für fernsehserien.de tätig und hat zum Glück nach wie vor die Zeit, sich die eine oder andere Serie anzusehen.

Lieblingsserien: UFOs, Die Brücke, Will & Grace

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1955) am

    Ach ja... komme mir vor wie in der "guten alten Zeit". Ich mag die Serie! Hoffe sie bekommt noch ganz viele Staffeln!
    • am via tvforen.de

      ZITAT "Nicht wenige Zuschauer dürften von dem Originaltitel hierzulande zum ersten Mal im 1997er Kinofilm "In & Out" gehört haben:"
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      Hm... ja, aber nicht, wenn sie älter als 40 sind ...;-)


      1) 1983 - TWILIGHT ZONE THE MOVIE (dt. "UNHEIMLICHE SCHATTENLICHTER") - der Kinofilm mit Segmenten von 4 Starregisseuren, u.a. Steven Spielberg! (und einer überragenden Musik von Jerry Goldsmith)


      2) 1984 Rockwell - "Somebody's watching me" :

      I'm just an average man with an average life
      I work from nine to five, hey, hell, I pay the price
      All I want is to be left alone in my average home
      But why do I always feel like I'm in the Twilight Zone...?
      • am via tvforen.de

        Kann man die Serie nur in TV Now Premium sehen?

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