Schauspieler und Regisseur Michael Gwisdek ist tot

Charakterdarsteller aus „Good Bye, Lenin!“ im Alter von 78 Jahren verstorben

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 23.09.2020, 13:38 Uhr

Michael Gwisdek (1942–2020) – Bild: ZDF/Carolin Ubl
Michael Gwisdek (1942–2020)

Traurige Nachricht aus der Filmwelt: Michael Gwisdek ist tot. Der beliebte Schauspieler und Regisseur starb im Alter von 78 Jahren nach kurzer schwerer Krankheit. Dies teilte seine Familie mit.

Michael Gwisdek wurde am 14. Januar 1942 als Sohn eines Gastwirtehepaars im Berliner Stadtteil Weißensee geboren. Er wollte schon früh Schauspieler werden, doch auf Wunsch seiner Eltern absolvierte er nach der Schule ab 1957 zunächst eine Ausbildung zum Gebrauchswerber und Dekorateur. Anschließend war er als Plakatmaler, Dekorateur, Vertreter für Kochendwasser-Automaten sowie als Buffetier in der elterlichen Gaststätte tätig. Erst 16 Jahre nach seiner schulischen Ausbildung konnte er seine Begeisterung für die Schauspielerei ausleben. Er wollte auf die Schauspielschule von Hilde Körber in West-Berlin gehen und begann ein Fernstudium der Regie an der Theaterhochschule Leipzig. Zweimal wurde Gwisdek nach einem Vorsprechen abgelehnt, daraufhin studierte er von 1965 bis 1968 an der Staatlichen Schauspielschule Berlin.

Es folgte ein sechsjähriges Engagement am Städtischen Theater Karl-Marx-Stadt. Gwisdek spielte in klassischen wie modernen Bühneninszenierungen mit – von der Kritik und vom Publikum wurde vor allem seine Darstellung des Pantalone in Carlo Goldonis „Der Diener zweier Herren“ positiv aufgenommen. Daraufhin holte ihn 1973 der Regisseur Benno Besson an die Volksbühne Berlin, wo Gwisdek zehn Jahre lang engagiert war und in Inszenierungen wie „Wie es euch gefällt“, „Was ihr wollt“ und „Hamlet“ spielte. Zunächst übernahm er Nebenrollen, doch sein Talent brachte ihm bald größere Rollen als Charakterdarsteller ein – häufig als Melancholiker und Exzentriker. So war er 1982 in Heiner Müllers „Macbeth“-Adaption als einer der drei Macbeths zu sehen. Ein Jahr später wurde er am Deutschen Theater engagiert, wo er unter anderem 1984 die Titelrolle in Oscar Wildes „Bunbury“ übernahm und 1987 in Jean-Paul Sartres „Die Fliegen die Rolle“ als Pädagoge zu sehen war. 1991 endete sein dortiges Engagement und Gwisdek arbeitete seitdem als freier Schauspieler.

Bereits vor der Wende war er neben seinen Theater-Engagements auch in Kinofilmen zu sehen. Die Literaturverfilmung „Dein unbekannter Bruder“ (1982) und das Boxer-Drama „Olle Henry“ (1983) gefielen der DDR-Zensur nicht – doch das Publikum konnte zwischen den Zeilen lesen und feierte die Filme. 1988 gab Gwisdek mit dem DEFA-Historienfilm „Treffen in Travers“ über die französische Revolution sein Regiedebüt. Er und seine damalige Frau Corinna Harfouch waren in den Hauptrollen zu sehen. Der Film wurde beim 6. Spielfilmfestival der DDR als „bester Film“ ausgezeichnet und Gwisdek erhielt 1989 eine Einladung zum Filmfestival Cannes. Im gleichen Jahr spielte er in „Coming out“, dem ersten DDR-Film über Homosexualität, den schwulen Barwirt Achim.

Für zahlreiche weitere Filme wurde Michael Gwisdek gefeiert und mit Preisen ausgezeichnet. 1999 erhielt er einen Silbernen Bären für seine Hauptrolle in der Tragikomödie „Nachtgestalten“ von Andreas Dresen. 2008 bekam Gwisdek den „Deutschen Filmpreis“ für die beste Nebenrolle in „Das Wunder von Berlin“. Nachhaltig in Erinnerung bleiben auch seine Rollen in den Filmen „Good Bye, Lenin!“, „Herr Lehmann“ und „Oh Boy“. Für Letztgenannten bekam er für seine Nebenrolle 2013 erneut den „Deutschen Filmpreis“. 2015 folgte ein „Grimme-Preis“ für seine Rolle in dem Impro-Film „Altersglühen – Speed Dating für Senioren“. Im Fernsehen war unter anderem mehrfach im „Tatort“ sowie in „Bella Block“ und „Donna Leon“ zu sehen. Zu seinen letzten Filmen zählen „Kundschafter des Friedens“, „Das schweigende Klassenzimmer“ und „Traumfabrik“. Zudem war er in einer Hauptrolle als Leichenbeschauer in der kurzlebigen ZDFneo-Serie „Dead End“ zu sehen.

Michael Gwisdek war von 1984 bis 2007 mit der Schauspielerin Corinna Harfouch verheiratet. Später lebte er mit seiner zweiten Frau, der Drehbuchautorin und Schriftstellerin Gabriela Gwisdek, auf dem Land vor den Toren Berlins. Er hinterlässt zwei Söhne, den Musiker Johannes Gwisdek und den Schauspieler Robert Gwisdek.

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1980) am

    Er wird uns fehlen. Wieder ein wunderbarer Schauspieler weniger.

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