Staffel 2, Folge 4

  • 7. Das Stammheimer Gefängnis

    Staffel 2, Folge 4 (45 Min.)
    Geplant wurde die Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim als modernes, wirtschaftliches und vor allem sicheres Untersuchungsgefängnis. In den 70er Jahren aber wird es zum Symbol für staatliche Gewalt und sogar Justizmord. Anfang der 60er Jahre wird der Stammheimer Gefängniskomplex auf der grünen Wiese gebaut. Er gilt als modernstes Gefängnis Deutschlands und als das sicherste – eine Musteranstalt im Musterländle. Die Presse feiert damals die „hellen und zweckmäßig eingerichteten“ Zellen, die Wirtschaftlichkeit und vor allem die Sicherheit des mit meterhohen Mauern, Stacheldraht, Kameras, Bewegungsmeldern und einem hochmodernen Schließsystem ausgerüsteten Gefängnisses.
    Geplant war Stammheim als Untersuchungsgefängnis, als es sich jedoch herumspricht, dass es die sicherste Anstalt im Südwesten ist, werden immer mehr Problem-Strafgefangene nach Stammheim verlegt. 1974 wird die Führungsriege der „Rote Armee Fraktion“ in Stammheim untergebracht. Der siebte Stock des Haftgebäudes wird zum „Hochsicherheitstrakt“ umgebaut.
    Dort sollen Andreas Baader, Jan Karl Raspe, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof bis zu ihrem Prozess sicher verwahrt werden. Trotz erleichterter Haftbedingungen gelingt es ihnen, unter anderem durch einen Hungerstreik, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, sie würden in Stammheim isoliert und gefoltert. Sie stilisieren sich als Opfer der Justiz und erreichen eine breite Solidarisierungswelle. RAF-Sympathisanten demonstrieren gegen Isolationsfolter und Zwangsernährung. Statt eine unabhängige Berichterstattung über die Haftbedingungen zuzulassen, schottet die Justiz die Terroristen weiter ab – und befördert damit den Mythos von der Isolationsfolter.
    1975 wird auf dem Gelände der Haftanstalt ein neues Gebäude errichtet, in dem der Prozess gegen die führenden RAF-Mitglieder stattfinden soll – eine Festung gegen den Terror. Niemand ahnt, dass ausgerechnet hier die Achillesferse des Hochsicherheitskonzepts steckt. Eine große Rolle spielt im Prozess die Frage, ob die Angeklagten nach ihrem Hungerstreik noch verhandlungsfähig sind.
    Um das Verfahren nicht zu gefährden, wird erlaubt, dass sich die Gefangenen im siebten Stock immer freier bewegen können. Einmalig im Strafvollzug: Männer und Frauen erhalten sogar gemeinsam Umschluss! Wieder gerät die Justiz unter Druck – diesmal von rechts. Die Bildzeitung kritisiert die laxen Haftbedingungen und malt das Bild eines Luxusgefängnisses, in dem selbst Sex zwischen den Terroristen möglich sei. Am 9. Mai 1976 wird Ulrike Meinhof erhängt in ihrer Zelle im siebten Stock aufgefunden.
    Es
    ist nicht eindeutig, was geschehen ist. Vollzugsbeamte sagen aus, sie habe sich selbst umgebracht, weil sie in der Gruppe immer mehr isoliert worden sei. RAF-Anwälte und RAF-Anhänger sprechen von Mord. Am 5. September 1977 wird Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer von RAF-Terroristen entführt. Sie wollen ihre Gesinnungsgenossen freipressen. In Stammheim wird daraufhin Kontaktsperre verhängt. Außerdem versucht die Anstaltsleitung, die Kommunikation unter den Gefangenen zu unterbinden – ohne Erfolg, wie sich herausstellen wird.
    Durch Manipulation der anstaltseigenen Stromleitungen können sich die Insassen im 7. Stock weiterhin verständigen. Je rigider das Sicherheitssystem, desto fantasievoller die Versuche, es auszuschalten. Ein palästinensisches Kommando kommt den Entführern zu Hilfe und bringt eine Lufthansamaschine in ihre Gewalt. Ihre Forderung: Freilassung der RAF-Häftlinge. Doch der Staat bleibt hart. Die Entführung scheitert, alle Geiseln werden befreit. Am Tag nach der Geiselbefreiung werden drei der Stammheimer Terroristen tot in ihren Zellen aufgefunden.
    Zwei von ihnen haben sich erschossen! War es Mord oder Selbstmord? Und wie konnten Pistolen in den Hochsicherheitstrakt von Stammheim kommen? Das sind die entscheidenden Fragen damals. Eine unabhängige Kommission untersucht die Vorfälle und gibt Antworten: In Aktenordnern versteckt seien die Waffen über die Anwälte der Gefangenen in den 7. Stock gelangt. Undichte Stelle sei das Prozessgebäude gewesen. Dort seien die Waffen übergeben worden. Doch es bleiben viele Ungereimtheiten.
    Die Frage, ob Mord oder Selbstmord, wird zur Glaubensfrage. Für viele ist Stammheim noch lange das Symbol für staatliche Gewalt und Justizmord. Die Hochsicherheitsideologie hat sich als Legende erwiesen. Dennoch gilt Sicherheit in Stammheim noch immer als oberstes Gebot. An der Torwache sorgt ein Herzschlagdetektor dafür, dass niemand unentdeckt aus dem Gefängnis kommt. Nur drei Häftlingen ist es bis heute gelungen auszubrechen. Sie wurden bald wieder gefasst. Der Preis für die Sicherheit sind harte Haftbedingungen, unter denen vor allem länger einsitzende Gefangene leiden.
    Möglichkeiten zu sinnvoller Arbeit oder Freizeitbeschäftigung gibt es wenige. Aus Sicherheitsgründen müssen manche Häftlinge bis zu 23 Stunden in ihrer Zelle verbringen, bei einer Stunde Hofgang. Und das jeden Tag, manchmal über Monate hinweg. Die Ausbruchsicherheit mag das erhöhen, aber menschlich ist das nicht. Und es macht die Gesellschaft alles andere als sicherer, denn bei dieser Unterbringung ist das Ziel des Strafvollzugs, die Wiedereingliederung des Häftlings in die Gesellschaft, kaum zu erreichen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.03.2014Das Erste

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