Das Erste – Staffel 2, Folge 1–4

Staffel 2 von „Geheimnisvolle Orte“ startete am 03.02.2014 in Das Erste.
  • Staffel 2, Folge 1 (45 Min.)
    Ein „Unikum“ sei er gewesen. „Einzigartig“ sagt Egon Bahr über den schlichten Bungalow, der verborgen zwischen Bäumen im Bonner Regierungsviertel steht. Ein Ort, wo sich die Kanzler von Ludwig Erhardt bis Helmut Kohl zu vertraulichen Gesprächen trafen, abseits von den Augen der Öffentlichkeit. Wo Krisenstäbe tagten und sich Staatsgäste von Breschnew bis Gorbatschow auf dem Sofa niederließen. Das Wohnzimmer der Mächtigen. Hier wurde Politik gemacht, hier hingen Stasi-Spitzel in den Telefonleitungen, hier wurde die Deutsche Einheit vorbereitet: der Kanzlerbungalow in Bonn.
    Ein Bau, der aufgrund seiner Bescheidenheit von Anfang an die Gemüter spaltet. Was die einen als „Hundehütte“ bespötteln, ist für die anderen Ausdruck einer neuen demokratischen Offenheit – ganz anders als die Berliner Prachtbauten der Nationalsozialisten. Als Erhard 1963 zum Kanzler gewählt wird, stellt sich die Frage nach einer angemessenen Dienstwohnung. Den Architekten wählt Erhardt selber aus: Sep Ruf, der schon sein Privathaus am Tegernsee gebaut hatte.
    Doch die moderne Schlichtheit und Offenheit, die Erhardt schätzt, kommt bei den meisten seiner Nachfolger nicht an: Kiesinger beauftragt eine Innenarchitektin, die das Haus gemütlicher machen soll – mit schweren Stilmöbeln, Häkeldeckchen und Antiquitäten; Willy Brandt lässt sich ein Attest ausstellen um nicht einziehen zu müssen. Die Schmidts mögen das schlichte Design aber Helmut Kohl findet den Bungalow schlicht „absurd“ – und bleibt dennoch am längsten dort wohnen. Auch, wenn der Bau nach allen Seiten verglast ist und Offenheit suggeriert – das Gelände rund um den Bungalow und das Palais Schaumburg sind abgesichert wie ein Hochsicherheitstrakt.
    Niemand kommt ungesehen hinein. In den Zeiten des RAF-Terrors wird eine Panzerglasscheibe vor die Terrasse gesetzt. um den Kanzler vor Angriffen von der anderen Rheinseite zu schützen. Allen Sicherheitsmaßnahmen zum Trotz: Die Stasi hört mit. Allein zwischen 1982 und 1989 werden mehr als 9000 Seiten Telefonprotokolle zu Papier gebracht. Doch unbemerkt von den eifrigen Spitzeln werden im Kanzlerbungalow die Weichen für die Deutsche Einheit gestellt.
    Beim Spaziergang durch den Garten mit Blick auf den Rhein sollen sich Michail Gorbatschow und Helmut Kohl in der „deutschen Frage“ näher gekommen sein. Die Dokumentation erzählt die Geschichte des auf den ersten Blick unscheinbaren Hauses – das aber wie kaum ein anderes Schauplatz der deutschen Geschichte war: eine Geschichte von geheimer Diplomatie, festlichen Empfängen und den seltenen privaten Stunden der deutschen Kanzler von Ludwig Erhardt bis Helmut Kohl. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 03.02.2014Das Erste
    lief auch im Rahmen der WDR-Reihe "Geheimnis"
  • Staffel 2, Folge 2 (45 Min.)
    Es gibt Bauwerke, die verweigern den Umgang. Der Bunker Valentin in Bremen gehört dazu. Monströs die Ausmaße, finster die Geschichte. Er ist der größte Bunker seiner Art in Europa. Rüstungsvorhaben Nummer Eins im Dritten Reich, mit unmenschlicher Härte wurde der Bau umgesetzt. Die Rüstungsmanager wollten etwas ganz Neues ausprobieren: U-Boote vom Fließband, alle zwei Tage eines. Insofern unterscheidet sich der Bunker Valentin auch von allen anderen Bunkern der Nazis: Er war keine Ausrüstungs- oder Reparaturwerft. Er war geplant als U-Boot-Fabrik.
    Man geht heute davon aus, dass über 1.000 Menschen, vor allem KZ-Häftlinge und Zwangsarbeiter, auf der Baustelle den Tod fanden. Nach dem Krieg versuchten Amerikaner und Engländer erfolglos, den Betonkoloss zu sprengen. Jahrzehnte kämpften später Angehörige der Bundeswehr am Bunker gegen Gespenster: Wer hier zu Verwaltung und Überwachung des Bundeswehrdepots eingeteilt war, führte ein freudloses Dasein. Die Bundeswehr nutzte den vorderen, unzerstörten Teil als Material-Depot – und damit verschwand der Bunker für lange Zeit aus dem Gedächtnis der Öffentlichkeit.
    Er wurde zum Rüstungsgeheimnis, von allen Landkarten und Luftfotos wegretuschiert. Erst Mitte der 1980er Jahre erschien der Bunker wieder im Bewusstsein der Öffentlichkeit. Erstmals kamen ehemalige französische Kriegsgefangene an den Bunker, um ihrer ermordeten Kameraden zu gedenken. Journalisten und Historiker gruben die Geschichte aus, Zeitzeugen wurden interviewt. Dennoch war lange Zeit unklar, was mit dem Beton-Giganten geschehen soll. Jetzt wurde ein neues Kapitel aufgeschlagen: Die Bundeswehr hat den Bunker geräumt, die Bundesregierung und das Bundesland Bremen stellten Geld zur Verfügung, um aus dem Bunker eine Gedenkstätte zu machen.
    Doch: Interessieren sich überhaupt noch Menschen für diesen Teil der Geschichte? Und: Wie kann ein Konzept aussehen, das Besucher an den Bunker lockt? Der Film begleitet Jugendliche und Historiker beim Umbau des Bunkers zur Gedenkstätte und taucht ein in die Geschichte des Bauwerks, trifft die letzten noch lebenden Zeitzeugen und zeigt einzigartiges Archivmaterial aus der Bauzeit der 1940er sowie 3-D-Animationen der geplanten U-Boot-Fabrik. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.02.2014Das Erste
  • Staffel 2, Folge 3 (45 Min.)
    Es ist ein Denkmal des Größenwahns: Das „KDF-Bad“ in Prora auf Rügen. Hier sollte die „Deutsche Volksgemeinschaft“ entstehen: bedingungslose Gefolgschaft aus Dankbarkeit zu einem Führer, der seinem Volk einen herrlichen Urlaub ermöglichte. Hitler glaubte, nur mit erholten Arbeitern „kann man wahrhaft große Politik machen“. Prora galt als kriegswichtiges Objekt – fertiggestellt wurde es nie. Mit Gründung der DDR begann die zweite, die unbekanntere, geheimnisvollere Geschichte Proras: Der Ort verschwand von der Landkarte und wurde militärisches Sperrgebiet. Die Nationale Volksarmee zog ein.
    „Drei Worte genügen: nie wieder Rügen“, so sagten die Soldaten. In dem Film erzählen Zeitzeugen, was sie mit diesem Ort verbinden. Lutz Stiller wurde in Prora zum Fallschirmjäger und Einzelkämpfer ausgebildet. Auf einer geheimen Baustelle, 20 Meter unter dem Meeresspiegel, legte der Bausoldat Andreas Ilse die Fundamente für den Hafen Mukran. Und sein Kollege, der Bürgerrechtler Ralf Hirsch, gab Informationen über die Lebens- und Arbeitsbedingungen in Prora an die Illustrierte „Stern“ weiter. Neben den Zeitzeugen greift die Dokumentation auf seltenes Archivmaterial zurück. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 17.02.2014Das Erste
    evtl. identisch mit der am 27.12.2012 im Nachtprogramm des rbb ausgestrahlten Folge "Prora"
  • Staffel 2, Folge 4 (45 Min.)
    Geplant wurde die Justizvollzugsanstalt in Stuttgart-Stammheim als modernes, wirtschaftliches und vor allem sicheres Untersuchungsgefängnis. In den 70er Jahren aber wird es zum Symbol für staatliche Gewalt und sogar Justizmord. Anfang der 60er Jahre wird der Stammheimer Gefängniskomplex auf der grünen Wiese gebaut. Er gilt als modernstes Gefängnis Deutschlands und als das sicherste – eine Musteranstalt im Musterländle. Die Presse feiert damals die „hellen und zweckmäßig eingerichteten“ Zellen, die Wirtschaftlichkeit und vor allem die Sicherheit des mit meterhohen Mauern, Stacheldraht, Kameras, Bewegungsmeldern und einem hochmodernen Schließsystem ausgerüsteten Gefängnisses.
    Geplant war Stammheim als Untersuchungsgefängnis, als es sich jedoch herumspricht, dass es die sicherste Anstalt im Südwesten ist, werden immer mehr Problem-Strafgefangene nach Stammheim verlegt. 1974 wird die Führungsriege der „Rote Armee Fraktion“ in Stammheim untergebracht. Der siebte Stock des Haftgebäudes wird zum „Hochsicherheitstrakt“ umgebaut.
    Dort sollen Andreas Baader, Jan Karl Raspe, Gudrun Ensslin und Ulrike Meinhof bis zu ihrem Prozess sicher verwahrt werden. Trotz erleichterter Haftbedingungen gelingt es ihnen, unter anderem durch einen Hungerstreik, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, sie würden in Stammheim isoliert und gefoltert. Sie stilisieren sich als Opfer der Justiz und erreichen eine breite Solidarisierungswelle. RAF-Sympathisanten demonstrieren gegen Isolationsfolter und Zwangsernährung. Statt eine unabhängige Berichterstattung über die Haftbedingungen zuzulassen, schottet die Justiz die Terroristen weiter ab – und befördert damit den Mythos von der Isolationsfolter.
    1975 wird auf dem Gelände der Haftanstalt ein neues Gebäude errichtet, in dem der Prozess gegen die führenden RAF-Mitglieder stattfinden soll – eine Festung gegen den Terror. Niemand ahnt, dass ausgerechnet hier die Achillesferse des Hochsicherheitskonzepts steckt. Eine große Rolle spielt im Prozess die Frage, ob die Angeklagten nach ihrem Hungerstreik noch verhandlungsfähig sind.
    Um das Verfahren nicht zu gefährden, wird erlaubt, dass sich die Gefangenen im siebten Stock immer freier bewegen können. Einmalig im Strafvollzug: Männer und Frauen erhalten sogar gemeinsam Umschluss! Wieder gerät die Justiz unter Druck – diesmal von rechts. Die Bildzeitung kritisiert die laxen Haftbedingungen und malt das Bild eines Luxusgefängnisses, in dem selbst Sex zwischen den Terroristen möglich sei. Am 9. Mai 1976 wird Ulrike Meinhof erhängt in ihrer Zelle im siebten Stock aufgefunden.
    Es ist nicht eindeutig, was geschehen ist. Vollzugsbeamte sagen aus, sie habe sich selbst umgebracht, weil sie in der Gruppe immer mehr isoliert worden sei. RAF-Anwälte und RAF-Anhänger sprechen von Mord. Am 5. September 1977 wird Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer von RAF-Terroristen entführt. Sie wollen ihre Gesinnungsgenossen freipressen. In Stammheim wird daraufhin Kontaktsperre verhängt. Außerdem versucht die Anstaltsleitung, die Kommunikation unter den Gefangenen zu unterbinden – ohne Erfolg, wie sich herausstellen wird.
    Durch Manipulation der anstaltseigenen Stromleitungen können sich die Insassen im 7. Stock weiterhin verständigen. Je rigider das Sicherheitssystem, desto fantasievoller die Versuche, es auszuschalten. Ein palästinensisches Kommando kommt den Entführern zu Hilfe und bringt eine Lufthansamaschine in ihre Gewalt. Ihre Forderung: Freilassung der RAF-Häftlinge. Doch der Staat bleibt hart. Die Entführung scheitert, alle Geiseln werden befreit. Am Tag nach der Geiselbefreiung werden drei der Stammheimer Terroristen tot in ihren Zellen aufgefunden.
    Zwei von ihnen haben sich erschossen! War es Mord oder Selbstmord? Und wie konnten Pistolen in den Hochsicherheitstrakt von Stammheim kommen? Das sind die entscheidenden Fragen damals. Eine unabhängige Kommission untersucht die Vorfälle und gibt Antworten: In Aktenordnern versteckt seien die Waffen über die Anwälte der Gefangenen in den 7. Stock gelangt. Undichte Stelle sei das Prozessgebäude gewesen. Dort seien die Waffen übergeben worden. Doch es bleiben viele Ungereimtheiten.
    Die Frage, ob Mord oder Selbstmord, wird zur Glaubensfrage. Für viele ist Stammheim noch lange das Symbol für staatliche Gewalt und Justizmord. Die Hochsicherheitsideologie hat sich als Legende erwiesen. Dennoch gilt Sicherheit in Stammheim noch immer als oberstes Gebot. An der Torwache sorgt ein Herzschlagdetektor dafür, dass niemand unentdeckt aus dem Gefängnis kommt. Nur drei Häftlingen ist es bis heute gelungen auszubrechen. Sie wurden bald wieder gefasst. Der Preis für die Sicherheit sind harte Haftbedingungen, unter denen vor allem länger einsitzende Gefangene leiden.
    Möglichkeiten zu sinnvoller Arbeit oder Freizeitbeschäftigung gibt es wenige. Aus Sicherheitsgründen müssen manche Häftlinge bis zu 23 Stunden in ihrer Zelle verbringen, bei einer Stunde Hofgang. Und das jeden Tag, manchmal über Monate hinweg. Die Ausbruchsicherheit mag das erhöhen, aber menschlich ist das nicht. Und es macht die Gesellschaft alles andere als sicherer, denn bei dieser Unterbringung ist das Ziel des Strafvollzugs, die Wiedereingliederung des Häftlings in die Gesellschaft, kaum zu erreichen. (Text: ARD)
    Deutsche TV-PremiereMo 10.03.2014Das Erste

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