WDR – Staffel 2: 2015, Folge 1–7

auch als "Geheimnis"
Staffel 2 (2015) von „Geheimnisvolle Orte“ startete am 23.01.2015 im WDR.
  • Staffel 2, Folge 1 (45 Min.)
    In einer neuen Staffel der erfolgreichen Reihe über Orte mit Geheimnis haben sich WDR-Autoren wieder auf Spurensuche in NRW begeben – sie haben geheimnisvolle Orte besucht, an denen Geschichte geschrieben wurde. Sie haben Archive durchforstet und Zeitzeugen befragt und sind dabei auf spektakuläre historische Aufnahmen gestoßen und auf Geschichten, die so noch nie erzählt wurden. Ein technisches und architektonisches Wunderwerk, eine Kathedrale der Industriekultur, die „schönste Zeche der Welt“ – und darunter ein unterirdisches Netzwerk von nicht weniger als 120 Kilometern Länge, ein Labyrinth, gewaltig groß bis in eine Tiefe von 1200 Metern.
    All das ist die Zeche Zollverein. Die UNESCO entschied im Jahr 2001, das gesamte 14 Quadratkilometer große Areal im Norden von Essen, die Zeche zusammen mit der riesigen Kokerei, zum „Welterbe der Menschheit“ zu erklären. Seither ist Zollverein zum Wahrzeichen des neuen Ruhrgebiets geworden, im Kulturhauptstadtjahr Ruhr.2010 war die Zeche Ankerpunkt und beliebter Publikumsmagnet. Jedes Jahr kommen 1,5 Millionen Menschen aus aller Welt zu Besuch, nutzen Zollverein als spektakulären Freizeitort, gehen auf Entdeckungsreise zu den Orten, die von früher erzählen.
    Bis zur Schließung der Zeche im Dezember 1986 war Zollverein eine „verbotene Stadt“. Hinein kamen nur die Bergleute, für Normalsterbliche war der Zutritt strengstens verboten. „Zollverein ist ein Ort, der von außen gesehen immer nur brodelte, krachte und dampfte. Und dieser Ort ist geöffnet worden und wird deshalb so begierig von den Menschen aufgesogen“, erklärt Heinrich Theodor Grütter, der Direktor des Ruhrmuseums, die Anziehungskraft von Zollverein.
    „Diese verbotene Welt ist faszinierend.“ Zollverein steht mit seinen atemberaubenden Dimensionen und seiner beeindruckenden Architektur auf besondere Weise für die Geschichte des Bergbaus und des Ruhrgebiets. Auf dem fast unüberschaubar großen Gelände gibt es viel Unbekanntes zu entdecken, hinter den Backsteinmauern verbergen sich immer noch Geheimnisse. Der Filmemacher Achim Scheunert hat sich in seiner Dokumentation auf die Spur dieser verborgenen Geschichten begeben. Er erzählt von den Anfängen auf Zollverein in der Pionierzeit des 19. Jahrhunderts, vom Bau der heutigen Gebäude in den bewegten Zwanziger Jahren und von der Rolle der Zeche im Krieg, von Zwangsarbeitern und Grubenunglücken.
    Warum wurde Zollverein nie von alliierten Bomben getroffen? „Da kursieren mehrere Gerüchte“, sagt Ulrich Borsdorf, der Gründungsdirektor des Ruhrmuseums auf Zollverein, und verrät im Film auch, welches dieser Gerüchte er für glaubhaft hält. Der Film zeigt, welche Frau als Einzige über Jahrzehnte auf Zollverein zu Hause war, stellt eine Künstlerin vor, die zu den ersten Kreativen gehörte, die das Areal nach der Schließung für sich entdeckt haben, und schildert, welch entscheidende Ewigkeitsaufgaben für das Ruhrgebiet bis heute in der Tiefe unter der Zeche bewältigt werden.
    All diesen Geheimnissen und weiteren Spuren, die in die spannende Geschichte und in die Gegenwart der Zeche Zollverein führen, geht die aufwändige Dokumentation Geheimnis Zeche Zollverein nach. In atemberaubenden Helikopteraufnahmen und unter Einsatz modernster Kinokameratechnik haben die Macher ganz besondere Bilder eingefangen, die den großen Zauber dieses Industriedenkmals voll zur Geltung bringen. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 23.01.2015WDR
  • Staffel 2, Folge 2 (45 Min.)
    Der Dom und die Hohenzollernbrücke – seit über 100 Jahren prägen sie das berühmte Panorama der Kölner Altstadt auf Ansichtskarten und Millionen von Touristenfotos. Nebenan duckt sich der gewaltige Baukörper des Hauptbahnhofs. Das Ensemble ist weltweit einmalig – wo sonst hält der Zug schon mehr oder weniger direkt vor den Pforten einer gotischen Kathedrale! Doch das hat keineswegs allen gefallen. Schon vor 150 Jahren wurde der damals noch recht bescheidene erste Kölner „Centralpersonenbahnhof“ als „Pfahl im Fleisch der Kölner Altstadt“ empfunden.
    Er degradiere den Hohen Dom zu Köln zum Wartesaal dritter Klasse und zerschneide brutal die Stadt – städtebaulicher Unfug. Mehrmals sollte der Bahnhof verlegt werden, doch er hielt beharrlich aus auf der tatsächlich dafür unmöglichsten Stelle in der Stadt: ein 255 Meter langer Koloss, ein sperriger Riegel mitten in der Altstadt. Der Blick von oben macht deutlich: Nicht der Dom, der Hauptbahnhof ist das längste Gebäude der Stadt – über 100 Meter länger als die Kathedrale.
    Tatsächlich ist der Hauptbahnhof der „hidden champion“ der Rheinmetropole. Ihn durchfluten täglich 1.200 Züge und 250.000 Reisende – im Jahr über 80 Millionen Menschen, fast doppelt so viele wie im Frankfurter Flughafen – und das auf einem Bruchteil der Fläche, ja auf einem vergleichsweise geradezu winzigem Terrain. In der Reihe WDR-„Geheimnisvolle Orte“ erzählt die Dokumentation von einer wahrhaft „schrägen“ Nachbarschaft, die allen Widrigkeiten zum Trotz seit 150 Jahren funktioniert.
    Warum aber scheiterten alle Versuche, das logistische „Drehkreuz des Westens“ zu verlegen? Offenbar hat der Hauptbahnhof ein Geheimnis – ein Erfolgsgeheimnis. Der 45-Minutenfilm „Der Kölner Hauptbahnhof“ erzählt kölnische, rheinische und deutsche Geschichte und zugleich Geschichten von Menschen und Schicksalen. Mit historischen Filmdokumenten, Zeitzeugen und einzigartigen Aufnahmen auch von öffentlich nicht zugänglichen Gebäudeteilen porträtiert der Film ein heute weithin unterschätztes Gebäude im Schatten des Domes – voller Geschichte und Geschichten. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 06.02.2015WDR
  • Staffel 2, Folge 3 (45 Min.)
    Der Teutoburger Wald. Seit fast 140 Jahren wacht hier Hermann der Cherusker über den Wipfeln. Hat er hier wirklich vor mehr als 2.000 Jahren die Germanen zum Sieg gegen die Römer geführt? Nicht weit entfernt ragen unvermittelt gewaltige Felsformationen empor: Die Externsteine. Waren sie das Zentrum einer germanischen Hochkultur? Was ist wahr an den Mythen und Legenden? Ein Stück weiter südlich steht die Wewelsburg. Hier versammelte die SS ihre Elite. Heinrich Himmler plante in der finsteren Ordensburg eine geheime Welt des Bösen.
    Auf mehr als 100 Kilometer Länge erstreckt sich der Teutoburger Wald – von Bielefeld fast bis nach Paderborn. Seit Jahrtausenden haben ihn die Menschen genutzt. In ihm gelebt, gejagt und ihre Schlachten geschlagen. Hier haben sie ihre Kultstätten gebaut und ihren Göttern gehuldigt. Und immer noch findet man die Zeugnisse einer längst versunkenen Zeit. In sieben neuen Folgen der beliebten Reihe „Geheimnisvolle Orte“ haben sich WDR Autoren wieder auf Spurensuche in NRW begeben – sie haben Ort besucht, an denen Geschichte geschrieben wurde.
    Sie haben Archive durchforstet und Zeitzeugen befragt. Sie sind dabei auf spektakuläre historische Aufnahmen gestoßen – und auf Geschichten, die so noch nie erzählt wurden Es ist ein gewaltiges Denkmal, das ein besessener Baumeister dem Cheruskerfürsten Arminius gesetzt hat: 54 Meter hoch, das größte Standbild Mitteleuropas. Und ein technisches Wunderwerk. Wer aber war dieser Arminius oder „Hermann“, wie ihn die deutschen Patrioten später nannten? Und welche dramatische Geschichte rankt sich um die Staute hoch über dem Wald? Nur wenige Kilometer vom Hermanns Denkmal entfernt liegen die Externsteine.
    Sie sind mehr als 70 Millionen Jahre alt. Zerklüftete Sandsteinfelsen, bis zu 40 Meter hoch. Rätselhaft erscheinen die Spuren menschlichen Lebens – für viele ein magischer Ort, an dem sie die Spuren einer frühen Hochkultur vermuten. Auch die Nationalsozialisten folgten den Mythen in den Teutoburger Wald. Hier suchten sie nach dem Ursprung der germanischen Kultur.
    Hier bezogen sie eine finstere Ordensburg. In der Wewelsburg wollte Heinrich Himmler das Zentrum seiner SS errichten – mehr als 1.000 KZ Häftlinge schufteten sich auf der Baustelle zu Tode. Doch verbergen sich in der Gruft noch die Schätze der Nationalsozialisten? Die Wewelsburg ist heute ein Ort der Erinnerung. Der Teutoburger Wald ist ein verwunschen schöner Ort. Im Schatten der Bäume sprießen die Legenden und Mythen. Die Dokumentation begibt auf die Suche nach den Geheimnissen dieses Waldes. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 27.02.2015WDR
  • Staffel 2, Folge 4 (45 Min.)
    Er ist der größte Binnenhafen Europas, das geheime Herz des Ruhrgebiets: der Duisburger Hafen. Wie ein riesiges Labyrinth erstreckt er sich zwischen der Duisburger Innenstadt und Duisburg Ruhrort – kaum zu durchschauen. 22 Hafenbecken mit insgesamt 40 Kilometern Ufer. 2.000 Schiffe aus aller Welt laufen den Hafen im Jahr an. Aber hinter der modernen Kulisse der Containerterminals verbergen sich menschliche Schicksale und dramatische Geschichten. Sinkende Schiffe und umstürzende Hafenkräne forderten immer wieder Todesopfer. Aus einem Container konnte die Polizei im letzten Moment afrikanische Flüchtlinge befreien, die dort seit Tagen ausgeharrt hatten.
    Ein anderes Mal entdeckte man eine russische Schiffsbesatzung, die ohne Wasser und Lebensmittel im Hafen festsaß, weil ihr Reeder Pleite gegangen war. Immer schon galt der Duisburger Hafen als unkontrollierbarer Ort – ein Nährboden für geheime, revolutionäre Bewegungen. Während des Nationalsozialismus wurden viele Verfolgte in letzter Sekunde über den Hafen ins Ausland gerettet und im Gegenzug verbotene Schriften nach Duisburg geschleust.
    Die Gestapo war hoffnungslos überfordert: Mit seinen bewachsenen Ufern, alten Lagerhallen und ausrangierten Schiffen war der Hafen kaum zu überblicken. Inzwischen hat sich der Hafen auch auf andere Stadtteile Duisburgs ausgedehnt. Heute schlagen große Seeschiffe aus Belgien, den Niederlanden und aus Übersee an den Terminals ihre Waren um. Mehr als 230 Firmen haben hier ihren Sitz. Der Duisburger Hafen ist längst zur logistischen Drehscheibe Europas geworden. Doch auch heute noch gibt es kaum jemanden, der alle Winkel des Hafens kennt.
    Für eine neue Folge der beliebten WDR-Reihe „Geheimnisvolle Orte“ hat sich Filmemacher Carsten Günther auf eine Entdeckungsreise durch den Duisburger Hafen gemacht – zu Orten zwischen Kneipenromantik und gigantischer Hafenlogistik, Superlativen und persönlichen Geschichten. Aufwändige Flugaufnahmen ermöglichen dem Zuschauer dabei einen spektakulären Blick von oben auf die gigantischen Anlagen. Uralte Karten und Archivaufnahmen zeigen, wie sich der Hafen im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verändert hat. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 20.03.2015WDR
  • Staffel 2, Folge 5 (45 Min.)
    Hoch über dem Rheinufer thront ein von dichtem Wald bewachsener Berg. Auf dem Gipfel steht ein glanzvolles Hotel, das ehemalige Gästehaus der Bundesregierung, uneinnehmbar wie eine Festung. Der Petersberg – Treffpunkt der Mächtigen, Rückzugsort der Prominenten und ein Ort, an dem immer wieder Geschichte geschrieben wurde. 22. November 1938: Der Petersberg beherbergt zum ersten Mal einen Gast von Staats wegen. Der britische Premierminister Neville Chamberlain trifft sich mit Adolf Hitler zum Krisengespräch. Mitten in der Sudetenkrise sollen die Verhandlungen einen neuen, großen Krieg verhindern.
    Doch die Gespräche scheitern. Hitler lässt sich auf dem Weg in den Weltkrieg nicht aufhalten. 18. Mai 1965: Tausende Schaulustige säumen die Straßen, als Queen Elizabeth in ihrer schwarzen Limousine vorbei rollte, vom Kölner Flughafen zum Petersberg, wo das Hotel für ihren Aufenthalt zur Residenz umbenannt wird. Dass die Königin ihr eigenes Tafelsilber und englisches Wasser für den Tee mitbringt, ist nur eines von vielen gut gehüteten Geheimnissen.
    18. Mai 1973: Nach monatelangen, geheimen Vorbereitungen trifft auf dem Petersberg ein Gast ein, dessen Besuch noch kurz zuvor als undenkbar galt. Leonid Breschnew, Staatschef der Sowjetunion, besucht mitten im Kalten Krieg den deutschen Bundeskanzler Willy Brandt. Das Zeichen der Entspannung zwischen Ost und West geht um die Welt. Das Hotel Petersberg schrieb wie nur wenige Orte in Deutschland Geschichte – manchmal sogar Weltgeschichte. „Der Petersberg ist ein Symbol, ein Denkmal für die Entstehung unserer Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1949“, so beschreibt der ehemalige Regierungssprecher Friedhelm Ost den Ort, der über Jahrzehnte das Gästehaus der Bundesregierung beherbergte.
    Schon aufgrund seiner geografischen Lage galt der Petersberg als einer der am besten gesicherten Orte der Republik. Wer sich ihm nähern wollte, musste ihn erst einmal bezwingen. Der Weg nach oben war beschwerlich – das wussten schon die Kelten. Wer knapp zwei Jahrtausende später in einer der schwer gepanzerten Limousinen die Serpentinen hinauf fuhr, konnte sich vor Bedrohungen sicher fühlen.
    Das Gelände wurde am Boden und aus der Luft gesichert. Der Bau hat bis heute schusssichere Scheiben, ist abhörsicher und mit Stacheldraht und Kameras ausgestattet. Der bedeutenden Rolle zum Trotz wurde das Haus immer wieder geschlossen, neu gebaut und wiedereröffnet. Bis zuletzt war seine Zukunft ungewiss. Nach dem Regierungsumzug nach Berlin sollte es verkauft werden. Zwei Jahre lang suchte die Bundesregierung vergebens nach einem Käufer, jetzt ist entschieden: Das Hotel Petersberg bleibt in Staatsbesitz. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 27.03.2015WDR
  • Staffel 2, Folge 6 (45 Min.)
    Viele Menschen kennen sie als Ausflugsziel inmitten des Nationalparks Eifel – die Burg Vogelsang. In der Naturkulisse hoch über der Urfttalsperre als „NS-Ordensburg“ zwischen 1934 und 1936 errichtet, beeindruckt ihre architektonische Inszenierung noch heute die Besucher. Dabei ist die Anlage vor allem eines nicht: eine Burg. Vogelsang ist ein moderner Zweckbau aus Stahlbeton mit Bruchsteinverblendung. Hier wollten die Nationalsozialisten junge „Führungsanwärter“ der NSDAP schulen und formen. Dabei bemächtigte sich die Partei- und Staatsführung des Begriffs „Ordensburg“ und deutete ihn ideologisch um.
    Bauherrin war die „Deutsche Arbeitsfront“ (DAF) unter Robert Ley, finanziert wurden die Baumaßnahmen mit dem Vermögen der 1933 enteigneten deutschen Gewerkschaften. Architekt war Clemens Klotz aus Köln, auch Chefplaner der „Ordensburg“ Crössinsee in Pommern (heute Polen) und der nie fertig gestellten Ferienanlage der DAF in Prora auf Rügen. Den romantisch klingenden Namen „Vogelsang“ entlieh man sich von einem der Anlage gegenüber liegenden Hügel der Nordeifel.
    Die „Ordensburg“ Vogelsang war einjährige Station einer insgesamt auf rund drei Jahre angelegten Kaderschulung. Mit dem Angriff der deutschen Wehrmacht auf Polen am 1. September 1939 wurde der Betrieb eingestellt; die Auszubildenden meldeten sich zum Kriegseinsatz an der Ostfront. Danach diente das Gebäude u. a. als „Adolf-Hitler-Schule“, eine Art von Partei-Gymnasium. Nach Kriegsende nutzten die Briten das umliegende Gelände als Truppenübungsplatz. Dabei musste auch das nahe gelegene Eifeldorf Wollseifen weichen.
    1950 übernahmen die belgischen Streitkräfte den Standort und gaben ihm den Namen „Camp Vogelsang“. Es wurde später NATO-Übungsgelände: Für den Krieg im Kosovo trainierte man hier den Häuserkampf. Der Film verfolgt die Entstehungsgeschichte der „Ordensburg“ sowie den Weg der Ordensjunker und fragt, welche Bedeutung Vogelsang für die abgeschiedene Region der Nordeifel hatte bzw. heute noch hat. Seltene historische Aufnahmen und eindringliche Zeitzeugenerzählungen machen den Alltag auf der Burg und ihren Wandel bis heute zu einem Stück erlebnisreichen Geschichtsfernsehens. (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 17.04.2015WDR
  • Staffel 2, Folge 7 (45 Min.)
    Tief unter den Weinbergen des beschaulichen Ahrtals, dreißig Kilometer südlich von Bonn, liegt ein Ort, den es offiziell gar nicht geben durfte: der geheime Atombunker der Bundesregierung. Jenes gewaltige Labyrinth aus 17 Kilometer Betonröhren war das streng gehütete Staatsgeheimnis Nummer Eins, um das sich gleichwohl seit dem ersten Spatenstich wilde Gerüchte rankten. 20.000 Arbeiter errichteten ab Baubeginn 1959 in zwölf Jahren die „deutsche Arche Noah“, die mit vier Milliarden D-Mark bis heute die teuerste und größte Einzelinvestition der Bundesrepublik bedeutet.
    Dieser ungeheure Aufwand konnte gar nicht verborgen bleiben. Nicht wenige Menschen im Ahrtal waren selbst im Bunker beschäftigt, als Maurer, Elektriker oder Sekretärin. Und so munkelten man in den Dörfern Marienthal, Ahrweiler und Dernau von einem Verbindungstunnel direkt ins Bonner Kanzleramt, von luxuriösen Einkaufsmeilen, von Liegewiesen mit Höhensonne unter Tage und von mysteriösen Bunkerkindern. Dagegen war die Wirklichkeit in dem gigantischen Lindwurm aus Stahlbeton reichlich trostlos.
    In 936 karg eingerichteten Schlafkojen war Platz für 3.000 ausgewählte Personen aus Regierung, Ministerien und Behörden – zumeist Herren vorgerückten Alters, kaum Frauen, keine Kinder, nicht einmal die des Bundeskanzlers, dem das einzige Einzelzimmer zustand. Genau dreißig Tage lang sollten im Ernstfall eines Atomangriffs diese mutmaßlich letzten Deutschen bei Fertig-Nudeln und Margarine in der Tube das atomar verseuchte Land dort draußen weiter regieren. Was danach käme, blieb ein nie ausgesprochenes Tabu. Fast 200 Beschäftigten aus der Region bewachten und warteten den Bunker, Deckname „Dienststelle Marienthal“.
    Sie alle waren zur Geheimhaltung und damit permanenten Doppelleben verpflichtet. Sie ahnten zwar nicht, dass der Bunker längst von der DDR-Staatssicherheit ausspioniert war, dass er als Hauptziel der sowjetischen Atomwaffen feststand und schon bei seiner Fertigstellung 1971 nicht mehr atombombensicher war. Doch wussten sie, dass ihre Familien im Kriegsfall draußen bleiben mussten. Mit dem Mauerfall 1989 waren auch die Tage des Bunkers gezählt.
    Ein Abrisskommando entkernte bald mit deutscher Gründlichkeit jede Röhre. Erst die Menschen im Ahrtal retteten die letzten 203 Meter Stollen, die seit 2008 im Originalzustand besichtigt werden können. Ein Geheimnis ist dem Bunker aber geblieben. Laut Beschluss des Bundes muss bis auf weiteres „ein erneuter Ausbau des Ost-Teils grundsätzlich möglich sein“. Wozu, weiß niemand. Die Dokumentation wird zum Abschluss der Reihe „Geheimnisvolle Orte“ im WDR Fernsehen gesendet. Mehr Informationen und umfangreiches Zusatzmaterial unter: www.geheimnisvolleorte.wdr.de (Text: WDR)
    Deutsche TV-PremiereFr 24.04.2015WDR

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