Serienjahr 2024: Die Serienempfehlungen bei fernsehserien.de
Unsere regelmäßigen Reviewer stellen ihre Favoriten des Jahres vor
Gian-Philip Andreas, R.L. Bonin, Marcus Kirzynowski, Stefan Genrich und Christopher Diekhaus – 28.12.2024, 18:00 Uhr
Die Top-5 von R.-L. Bonin:
Platz 5: „Outer Banks“ (Staffel 4, Netflix) – actionreich, emotional, unvorhersehbar
Wie sehr kann eine Situation eskalieren?
– „Outer Banks“: Ja! Wie schon in den vorherigen Staffeln beweisen auch die neusten Folgen aus 2024, dass die „Pogues“ absolut nichts dazu gelernt haben. Immer wieder verstricken sie sich in Intrigen und immer wieder kommt es (noch!) schlimmer als erwartet. Die Freundesgruppe jagt einem neuen Schatz hinterher – jedoch nicht um des Schatzes willen. Denn JJ, John B, Sarah, Pope, Cleo und Kiara wollen ihr frisch errichtetes „Poguelandia“, wie sie es liebevoll nennen, retten (Fischerei-Shop/Bootstankstelle). Dabei gehen sie – wie immer – höchst chaotisch, naiv und verplant vor. Besonders JJ glänzt in Staffel vier noch mehr als je zuvor, zeigt, wie komplex und gebrochen sein Charakter tatsächlich ist. Das verleiht „Outer Banks“ als Serie eine neue Tiefe, die es nach vier Staffeln auch braucht. Somit ist die Schatzsuche gar nicht das eigentliche Sehenswerte, sondern – wie immer – die Beziehungen und Entwicklungen der Pogues.
Platz 4: „Angemessen Angry“ (RTL+) – aktuell, zynisch, kurzweilig
Erst im November 2024 ist mit „Angemessen Angry“ eine deutsche Serie erschienen, die den internationalen Zeitgeist „female rage“ außergewöhnlich gut einfängt. Es geht um das Zimmermädchen Amelie, das nach einer Vergewaltigung Superkräfte entwickelt und fortan Sexualstraftäter jagt und sich an ihnen rächt. Die Serie klingt vielleicht nach Trauma, Tabu und Schwere – was auch unweigerlich dazugehört -, doch der locker-zynische Ton sorgt dennoch für Unterhaltung. Dabei regen die fünf Folgen à 20 Minuten sicherlich zum Nachdenken an – gerade in Anbetracht der aktuellen Ereignisse wie die Wiederwahl des verurteilten Sexualstraftäters Trump oder der Prozess um Vergewaltigungsopfer Gisèle Pélicot.
Platz 3: „Renegade Nell“ (Disney+) – nostalgisch, abenteuerlich, magisch
Die 2000er waren von großen Fantasy-Filmen und -Reihen geprägt wie „Harry Potter“ oder „Fluch der Karibik“ – „ach, die guten alten Zeiten“! Mit „Renegade Nell“ feiert das magische Fantasy-Abenteuer sein Comeback. Im Mittelpunkt der Serie auf Disney+ steht Nell Jackson, eine schlagfertige junge Gesetzlose aus dem Anfang 18. Jahrhundert. Mit Hilfe eines magischen Wesens bekommt sie in Notsituationen übernatürliche Kräfte. Doch das ist nicht immer von Vorteil: Nell wird ein Mord angehängt, weshalb sie zusammen mit ihren Schwestern und einem „Highwayman“ (Wegelagerer) fliehen muss. Tough, selbstbewusst und immer einen flotten Spruch auf Lager präsentiert sich Nell als Heldin, mit der man gerne mitfiebert und -fühlt. Auch die Nebenfiguren überzeugen mit ihren Ecken und Kanten und sind daher umso liebenswerter. Ein Abenteuer, mit dem man gerne ein paar Stunden aus dem Alltag entflieht.
Platz 2: „Agatha All Along“ (Disney+) – clever, unterhaltsam, böse
Das MCU hat im Jahr 2024 im Bereich Serien vor allem auf Spin-Offs gesetzt. So auch bei „Agatha All Along“: Der Titel spielt auf den viralen Song aus der Marvel-Serie „WandaVision“ an – und wird dem unterschwelligen schwarzen Humor vollkommen gerecht. Die Serie mit Kathryn Hahn in der Hauptrolle beweist wieder einmal, wie versiert das MCU sein kann, um über den „Superhelden-0815“-Standard hinauszugehen. Dabei ist die Handlung eigentlich simpel: Agatha gründet einen Hexenzirkel, um die mythische „Hexenstraße“ zu beschreiten und dadurch ihre Kräfte wieder zu erlangen. Doch ist das tatsächlich ihr Plan? Denn Agatha ist eine Figur, die moralisch eher schwarz als grau ist. Demnach trifft sie oft Entscheidungen, die zunächst verwirren – bis ihre wahren Beweggründe offenbart werden. Das sorgt für prickelnde Spannung und hohe Erwartungen, die die Serie Folge für Folge erfüllt. Das bescheidene Hexensetting, das mehr auf Psycho-Spielchen statt Zauberei setzt, sowie die brillante Besetzung runden das „Wandavision“-Spin-Off ab.
Platz 1: „Echo“ (Disney+) – originell, komplex, moralisch grau
Bösewichte liegen voll im Trend – das hat Marvel schon längst erkannt (und mit der Serie „Loki“ unter Beweis gestellt). So war auch 2024 im MCU von Serien geprägt, die mal nicht die Seite der Guten einnehmen – wie „Echo“. In fünf Folgen wird die Geschichte von Maya Lopez erzählt, der Antagonistin aus „Hawkeye“. Sie flieht zurück in ihre Heimat, Tamaha, und muss sich sowohl mit ihrer Vergangenheit als auch ihrer Zukunft auseinandersetzen. Dass die Protagonistin gehörlos ist und eine Bein-Prothese trägt, macht die MCU-Serie zur wahrscheinlich inklusivsten bis dato. Von Setting über Dialog bis hin zur Musik ist „Echo“ ein Serienerlebnis, das einem definitiv in Erinnerung bleibt.