„Countdown“: Krimiallerlei mit Jensen Ackles („Supernatural“) als Sprücheklopfer – Review

Prime-Video-Serie um drohenden Anschlag in L.A. von „FBI: International“-Miterfinder Derek Haas

Christopher Diekhaus
Rezension von Christopher Diekhaus – 24.06.2025, 18:06 Uhr

Mark Meachum (Jensen Ackles, l.) und Nathan Blythe (Eric Dane) müssen Licht ins Dunkel bringen – Bild: Prime Video
Mark Meachum (Jensen Ackles, l.) und Nathan Blythe (Eric Dane) müssen Licht ins Dunkel bringen

Im April 2025 verkündete Eric Dane, weltweit bekannt geworden als Dr. Mark Sloan in der Hitserie „Grey’s Anatomy“, dass er an ALS leide, einer nicht heilbaren degenerativen Erkrankung des motorischen Nervensystems. Erste Symptome machten sich offenbar schon Anfang 2024 bemerkbar. Mittlerweile – Stand Juni 2025 – hat der US-Schauspieler die Kontrolle über seinen rechten Arm und seine rechte Hand verloren. Nichtsdestotrotz denke er noch nicht an das Ende seiner Karriere. Schließlich lenke ihn die Arbeit ab und helfe ihm, die Sinne zu schärfen, bekräftigte Dane jüngst in einigen Interviews. Ende 2024 stand er für den Prime-Video-Crimethriller „Countdown“, die neueste Schöpfung von „Chicago Fire“- und „FBI: International“-Miterfinder Derek Haas, vor der Kamera, die nun auf der Streamingplattform ihre Premiere feiert. Das Ergebnis? Nach Sichtung der ersten vier von insgesamt 13 Folgen: eher durchwachsen. Keine große Enttäuschung, aber gewiss auch keine Frischzellenkur für das unverändert boomende Genre.

Spannungsexperte Haas steigt gleich mit einer wilden Verfolgungsjagd durch Los Angeles ein. Ein Agent des Heimatschutzministeriums (die Darstellerangabe entfällt an dieser Stelle, da der Streamer den Cameo-Auftritt nicht gespoilert sehen möchte) scheint seinen Häschern zunächst entkommen zu können, wird dann jedoch auf offener Straße erschossen. Merkwürdige Zahlungen, die der Tote erhalten hat, deuten auf eine größere Sache hin. Und so fliegt der FBI-Beamte Nathan Blythe (Dane) mit einem Hubschrauber ein, um eine strenggeheime Taskforce zu leiten, die den Mord genauer unter die Lupe nehmen soll.

Die Mitglieder der Sondereinheit kommen aus unterschiedlichen Strafverfolgungsbehörden und haben längst nicht alle den besten Ruf. Mark Meachum („Supernatural“-Star Jensen Ackles) etwa, ein Detective des Los Angeles Police Department, eckt regelmäßig an, überschreitet Vorschriften, schert sich wenig darum, was andere von ihm denken. Seine betont offen zur Schau gestellte Ich-bin-der-coolste-Cop-unter-der-Sonne-Attitüde stößt vor allem der Drogenermittlerin Amber Oliveras (Jessica Camacho) übel auf. Zwischen den beiden fliegen gleich einige Giftpfeile hin und her. Aber wie heißt es so schön: Was sich liebt, das neckt sich. Gut möglich, dass sich das Blatt im Verlauf der Serie noch einmal komplett wendet. Kleine Annäherungen sind jedenfalls bereits ab der zweiten Folge auszumachen.

Amber Oliveras (Jessica Camacho) und Mark Meachum (Jensen Ackles) können sich anfangs nicht ausstehen.Prime Video

Dem Kernteam gehören außerdem Nathans Stellvertreter Damon Drew (Jonathan Togo), Evan Shepherd (Violett Beane) als unvermeidliche Computerexpertin, Familienvater Luke Finau (Uli Latukefu) und Keyonte Bell (Elliot Knight) an. Auch wenn die einzelnen Figuren Eigenschaften und Backstorys erhalten, wirken sie in erster Linie wie Typen, weniger wie komplexe Menschen aus Fleisch und Blut. Blythe ist der fordernde, aber auch motivierende Vorgesetzte, der klassische Ich-brauche-so-schnell-wie-möglich-Namen-Sätze von sich gibt. Meachum wiederum führt sich gleich mit seinem ersten Auftritt als Sprücheklopfer und Improvisationsermittler ein. Bestimmte Informationen für Undercover-Einsätze auswendig zu lernen, ist seine Sache nicht. Viel lieber folgt er seinem Bauchgefühl, das ihn immer wieder in brenzlige Situationen bringt. Noch dazu hat sich Serienschöpfer Derek Haas für ihn ein Leiden ausgedacht, das der breitbeinige Prahlhans vor seinen Kollegen zu verbergen versucht. Dass Ambers mögliche Drogenabhängigkeit noch ein Problem werden könnte, deutet sich in einem der nicht gerade wenigen etwas ungelenken Expositionsdialoge an.

Handlungstechnisch bedient sich „Countdown“ bestens erprobter Mittel und Motive. Als da wären: eine größere terroristische Verschwörung, die ganz Los Angeles ins Chaos stürzen könnte, ein Wettlauf gegen die Zeit, Rückschläge, die das Team enger zusammenschweißen, sowie ein Platzhirsch- und Kompetenzgerangel mit dem örtlichen Bezirksstaatsanwalt Grayson Valwell (Merrick McCartha), der sich in seiner Ehre gekränkt fühlt, weil Blythe ihn kein bisschen in die Arbeit der Taskforce einbinden will. Auch er lässt einige markige Sprüche los, die man so oder ähnlich schon in vielen anderen Krimiserien gehört hat.

Während die Sonderermittler ihre Nachforschungen vorantreiben, gewährt uns schon die zweite Episode schemenhaften Einblick in die Hintergründe der Bedrohung. Deren Ursprünge liegen offenbar in Belarus, wo ein Ministeriumsmitarbeiter namens Borys Volchek (Bogdan Yasinski) im Jahr 2008 in die Machenschaften seines Bruders hineingezogen wird.

Müssen L.A. vor einer Katastrophe bewahren: (v. l.) Luke Finau (Uli Latukefu), Mark Meachum (Jensen Ackles), Keyonte Bell (Elliot Knight) und Amber Oliveras (Jessica Camacho)Prime Video

Dass die Gefahr von außen zu kommen scheint, nehmen die Mitglieder der Taskforce immer wieder zum Anlass für starke patriotische Töne. Das Trauma vom 11. September 2001 findet mehrfach Erwähnung. Und regelmäßig werden wir daran erinnert, mit wie viel Herzblut einige Charaktere ihrem eigenen Land dienen. Der Blick auf andere Kulturen ist, wenig verwunderlich, nicht sonderlich differenziert. Bei einer Mission jenseits der mexikanischen Grenze beispielsweise treffen wir auf Gangsterfiguren, bei denen eigentlich nur noch Zettel mit der Aufschrift „Wandelndes Klischees“ fehlen.

Den Wechsel aus Lagebesprechungen in einem der ikonischen Hochhäuser im Zentrum von L.A., Verhören und aktionsbetonten Außeneinsätzen inszenieren die Serienmacher halbwegs lässig und dynamisch. Längen schleichen sich in den ersten vier Folgen nicht ein. Wer besonders ausgeklügelte Verfolgungsjagden oder Ähnliches sehen möchte, sollte seine Erwartungen allerdings ein bisschen zurückschrauben. „Countdown“ bietet solide Genrekost, nichts Gewagtes oder Außergewöhnliches. Fragen nach der Plausibilität mancher Wendungen und Entwicklungen lässt man besser außer Acht – wobei es schon amüsant ist, wie unbedarft sich sowohl die Polizisten als auch ihre Widersacher in einigen Situationen verhalten. Andererseits: Gibt es viele Krimi- und Thriller-Serien, die dagegen immun sind?

Meine Wertung: 3/​5

Die ersten drei Folgen der Serie „Countdown“ sind ab dem 25. Juni auf Prime Video verfügbar. Anschließend werden wöchentlich neue Episoden veröffentlicht.

Über den Autor

Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.

Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

Kommentare zu dieser Newsmeldung

    weitere Meldungen

    Hol dir jetzt die fernsehserien.de App