Taylor Swift – Weltstar, Marketinggenie und Mastermind. Die sechsteilige Doku „The End of an Era“ zeigt Einblicke hinter die Kulissen der Eras Tour.
Bild: Walt Disney Studios
Im Rekorde brechen ist Superstar Taylor Swift Expertin: Die 14-fache Grammy-Gewinnerin veröffentlichte am 3. Oktober dieses Jahres „The Life of a Showgirl“, was zum erfolgreichsten Album der Musikgeschichte mit über vier Millionen Verkäufen in den USA avancierte – und das knapp ein Jahr nach Ende ihrer Eras Tour, die ebenfalls für etliche Rekorde sorgte. Am 12. Dezember feierte die sechsteilige Dokuserie zu ihrer Welttournee auf Disney+ mit den ersten beiden Folgen Premiere. Marketinggag oder Must-See: Lohnt sich der Blick hinter die Kulissen auch für Nicht-Swifties?
Ob Taylor-Swift-Fan oder nicht, eines muss man dem internationalen Popstar lassen: Sie weiß definitiv, wie man einen legendären Auftritt hinlegt. 149 Konzerte, fünf Kontinente, rund dreieinhalb Stunden Dauer mit einem Repertoire von über 40 Songs – allein mit diesen beeindruckenden Fakten war Taylor Swifts Welttournee The Eras Tour quasi vorbestimmt, Rekorde zu brechen. Ein paar Beispiele: Mit über zwei Milliarden Dollar an Einnahmen ist es die erfolgreichste Tournee in der Musikgeschichte. Swift füllte ausverkaufte Stadien mit zehntausenden Fans, die vor lauter Mittanzen wahrhaftig kleine Erdbeben verursachten. Auch in Deutschland stellte die Eras Tour alles auf den Kopf: Gelsenkirchen wurde kurzzeitig zu „Swiftkirchen“ und in München verwandelt sich der Olympiaberg in „Mount Swiftie“ mit fast genauso vielen Besuchenden im Stadion wie außerhalb.
Poster für „The End of an Era“, die sechsteilige Dokuserie um Taylor Swifts WelttourneeDisney+
Es wirkt wie ein Schneeballeffekt, den die Eras Tour auslöste: Mit jedem fulminanten Konzert stieg die Vorfreude auf das nächste – und zwar weltweit, dank Live-Übertragungen durch Social Media. Zufall? Glück? Zur richtigen Zeit am richtigen Ort? Wohl kaum. Wie die erste Folge von „The End of an Era“ klarstellt: Die Tournee war kein Zuckerschlecken, sondern harte Arbeit. Der Erfolg mag in diesen Dimensionen nicht vorhersehbar gewesen sein, aber er war durchaus das Ergebnis jahrelanger, wenn nicht sogar in Swifts Fall, jahrzehntelanger Vorbereitung.
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Schon die erste Episode der sechsteiligen Dokuserie „The End of an Era“ gewährt seltene Einblicke in Taylor Swift als „Mastermind“. Die Sängerin hat viele Rufe, darunter auch Marketinggenie. Seit Jahren sorgt sie mit kreativen Easter Eggs immer wieder für Aufruhr unter ihren Fans, die in jedem Musikvideo, Satz oder sogar in Gesten geheime Botschaften vermuten – und das zurecht, wie sich oft herausstellt. Damit erzielt Swift einen klugen Doppeleffekt: Durch die vielen Rätsel sind Swifties abgelenkt, was ihr den Raum und die Zeit gibt, neue Alben oder Projekte wie die Eras Tour zu planen.
So geht es in Folge eins, „Welcome to the Eras Tour“, unter anderem um den Ursprung der Tournee. Swift erklärt, dass die Eras Tour – wie vieles in ihrer Karriere – aus einem Rückschlag heraus entstanden sei. Da die Sängerin die Rechte an ihrer eigenen Musik verlor, zeichnete sie ab 2021 ihre früheren Alben neu auf. Dabei blickte die US-Amerikanerin zurück auf ihre Karriere und ihre vergangenen „Eras“. Gleichzeitig stand laut Swift nach jahrelanger Pause eine neue Tournee an – wieso also nicht eine Mega-Show bieten, die ihre eigene Erfahrung widerspiegelt, sämtliche „Eras“ wie Kapitel zu durchstreifen? Wie das Konzept im Detail erarbeitet wurde, zeigen lediglich kurze Einblenden, Kameraschwenker und Ausschnitte aus Proben und Aufbau. Es bleibt abzuwarten, ob spätere Episoden wirklich weitere Einblicke ins „Vorher“ geben.
Die restliche erste Folge befasst sich mit dem „Während“ – insbesondere als die wenigen, jedoch schockierenden Schlagzeilen die Eras Tour belasteten. Dazu zählt zum einen der brutale Angriff auf einer Tanzparty mit Taylor-Swift-Motto in Southport, England, bei dem drei Mädchen ums Leben kamen. Zum anderen wurden die Konzerte in Wien, Österreich, abgesagt, nachdem terroristische Anschlagspläne bekannt und vereitelt wurden.
Zeitgleich zur Dokuserie erschien am 12. Dezember der Mitschnitt von Taylor Swifts letztem Konzert der Eras Tour: „The Final Show“Disney+
Die Premiere der Dokuserie begleitet Taylor Swift hinter die Kulissen ihres Auftaktkonzerts in London, kurz nach den abgesagten Terminen in Österreich. Die Sängerin bricht mehrfach in Tränen aus, unter anderem nach privaten Treffen (ohne Kamera) mit den Familien der Opfer aus Southport. Doch getreu dem Motto „The Show Must Go On“, wischt sich „Showgirl“ Taylor Swift die Tränen aus dem Gesicht, um in ihrem Glitzer-Bodysuit auf der Bühne zu glänzen. Manche mögen diesen Moment als Selbstinszenierung deuten, manche als seltenen, wahren Einblick in Swifts Gefühlswelt. So oder so geht es nicht darum, über ihre Reaktion oder die Darstellung dessen zu urteilen. Sondern zu verstehen, dass die Dokuserie hier eine klare Botschaft sendet: Taylor Swift ist ein Vollprofi. Wie ein Flugzeugpilot auch seine Passagiere trotz möglicher Risiken in Sicherheit wiegt, muss die Künstlerin, Entertainerin und Businessfrau ihren „Job“ erfüllen und für eine einwandfreie, dreieinhalbstündige Reise durch die Eras sorgen. Dazu gehört auch, wenige Stunden vorher mit Ed Sheeran die gemeinsamen „Überraschungssongs“ einzustudieren. Die Szene, in der zwei Weltstars entspannt im T-Shirt auf der Couch gemeinsam „jammen“, erinnert daran, dass Swift und Sheeran zwar Profis, aber auch leidenschaftliche Musiker sind und bleiben.
Storytellingtechnisch ist die erste Folge zweigeteilt: Sie bietet wenig Kontext zur Eras Tour und steigt mitten in einem ihrer dunkelsten Momente ein. Swift wird dabei als bodenständiger Star porträtiert, die nach über drei Stunden Tanzen und Singen erstmal ihren Freund anruft und sich ein Bad einlässt. Doch wie schon Episode eins mehrfach deutlich macht: Zu so einem Welterfolg gehört mehr als nur der Star selbst. In Folge zwei, „Magic in the Eras“, rückt somit Swifts Tanzcrew in den Fokus, insbesondere Tänzer Kam Saunders sowie Choreografin Mandy Moore.
Damit kommt die zweite Episode deutlich strukturierter herüber. Im Mittelpunkt steht Swifts zweifache(!) Entscheidung, das jahrelang einstudierte Set binnen kürzester Zeit zu ändern: vor dem Europa-Abschnitt ihrer Tour, kurz nach Albumrelease von „The Tortured Poets Department“, womit eine neue Era hinzukam; und zum Abschluss ihrer London-Konzertreihe, bei der Swift mit Florence + the Machine den gemeinsamen Song „Florida!!!“ performte. Wie aus dem Nichts müssen neue Choreos her, die heimlich an streng geheimen Orten oder flüsternd im Open-Air-Stadion geprobt werden. Das Ergebnis kann sich nicht nur sehen lassen – die Crew bekommt für den immensen Erfolg satte Boni.
Insgesamt bestechen die ersten beiden Folgen von „The End of an Era“ mit abwechslungsreichen und unerwarteten Einblicken in ein Kapitel der Musikgeschichte, welches noch lange nachklingen wird. Zwar ist das übergreifende Storytelling der Dokuserie bislang nicht ganz greifbar, manche von Taylor Swifts O-Tönen im Voiceover wirken dafür auch zu poetisch und vage, sodass die Aussagen durchaus eher verwirrend als einleuchtend herüberkommen. Dennoch sind die Episoden kurzweilig und können, gerade weil es nicht nur um Megastar Taylor Swift geht, auch für Nicht-Swifties durchaus sehenswert sein.
Meine Wertung: 4,5/5
„Taylor Swift | The Eras Tour | The End of an Era“ startete mit zwei Episoden am 12. Dezember auf Disney+. Zeitgleich wurde auch der Konzertfilm der letzten Show in Vancouver veröffentlicht, „Taylor Swift | The Eras Tour | The Final Show“, welcher auch das Set zu „The Tortured Poets Department“ enthält. Die sechsteilige Dokuserie wurde von Don Argott und Sheena M. Joyce als Co-Regisseurin inszeniert und von Object & Animal produziert. Für „The Final Show“ führte Glenn Weiss Regie, produziert von Taylor Swift Productions in Zusammenarbeit mit Silent House Productions.
Über die Autorin
Originalität – das macht für R.L. Bonin eine Serie zu einem unvergesslichen Erlebnis. Schon als Kind entdeckte die Autorin ihre Leidenschaft für das Fernsehen. Über die Jahre eroberten unzählige Serien unterschiedlichster Genres Folge für Folge, Staffel für Staffel ihr Herz. Sie würde keine Sekunde zögern, mit Dr. Dr. Sheldon Cooper über den besten Superhelden im MCU zu diskutieren, an der Seite von Barry Allen um die Welt zu rennen oder in Hawkins Monster zu bekämpfen. Das inspirierte sie wohl auch, beruflich den Weg in Richtung Drehbuch und Text einzuschlagen. Seit 2023 unterstützt sie die Redaktion mit der Erstellung von Serienkritiken. Besonders Wert legt sie auf ausgeklügelte Dialoge, zeitgemäße Diversity und unvorhersehbare Charaktere.