75 Jahre ARD: Von „Pumuckl“ über „Monaco Franze“ bis „Ringlstetter“- Das reichhaltige TV-Kulturerbe des BR

Wie mich Sir Quickly, Fritz Egner und Rudi Carrell begleitet haben

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 24.05.2025, 09:00 Uhr

75 Jahre ARD: „Pumuckl“, „Monaco Franze“ und „Ringlstetter“ (v. l.) – Bild: BR/Infafilm GmbH/Original-Entwurf "Pumuckl"-Figur: Barbara von Johnson/Euro Video/BR/Superfilm Filmproduktions GmbH/Philipp Thurmaie
75 Jahre ARD: „Pumuckl“, „Monaco Franze“ und „Ringlstetter“ (v. l.)

Bayerischer Serienkult: Monaco Franze und Kir Royal

Mein Text über die Höhepunkte des Bayerischen Fernsehens wäre nicht denkbar ohne die vielen bayerischen Serienklassiker, die südlich des Weißwurstäquators nicht nur bis heute Kultstatus genießen, sondern Kulturgut geworden sind. Umso bedauerlicher, dass ich nach meinem Umzug nach Köln feststellen musste, dass viele Kollegen in Nordrhein-Westfalen diese Serienschätze überhaupt nicht kennen oder im besten Fall nur mal davon gehört haben – auch wenn einige der Serien einst auch im ARD-Hauptprogramm liefen. Dennoch enden bei vielen die Kenntnisse über bayerische Produktionen beim „Pumuckl“. Deshalb hier ein bisschen Nachhilfe.

Helmut Dietls „Monaco Franze“ aus dem Jahr 1983 mit dem unvergleichlichen Helmut Fischer in der Titelrolle ist schlichtweg ein Meisterwerk. Wenn er nicht gerade die feine Gesellschaft düpiert, treibt der liebenswerte Münchner Hallodri und „ewige Stenz“ Monaco Franze seine Ehefrau Annette alias „Spatzl“ (Ruth Maria Kubitschek) durch seine Techtelmechtel mit jungen Damen regelmäßig an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Sie kann dem charmanten Schwerenöter jedoch nie lange böse sein – erst recht nicht, wenn er sie mit seinem treuherzigen Dackelblick anschaut und sagt: Geh’ Spatzl, schau, wia i schau!

Mit Karl Obermayr, Erni Singerl, Christine Kaufmann, Gisela Schneeberger, Michaela May, Wolfgang Fierek und Willy Harlander wirken in den einzelnen Folgen zahlreiche weitere prominente bayerische Schauspieler mit. Sprüche wie A bissel was geht immer oder Immer des Gschiss mit der Elli sind in Fankreisen zu geflügelten Worten geworden. Mit viel Lokalkolorit liebevoll in Szene gesetzt, ist die Serie eine perfekt geschriebene Milieu- und Charakterstudie, die vom freien Fall des Vorstadtcasanovas zum mittellosen Alkoholiker erzählt. Tonal ist die Erzählweise zunächst von Unbeschwertheit und Lebensfreude geprägt und nimmt zum Ende hin eine immer dramatischere und melancholischere Wendung.

Gleichermaßen kultig ist der Sechsteiler „Kir Royal“, ebenfalls von Helmut Dietl aus dem Jahr 1986. Die Miniserie persifliert die Münchner Schickeria der damaligen Zeit und ist mit Franz Xaver Kroetz als Klatschreporter fantastisch besetzt. Als reales Vorbild der Figur Baby Schimmerlos diente der berühmt-berüchtigte Reporter Michael Graeter, der damals für die Münchner Abendzeitung im Einsatz war. Zusammen mit dem Fotografen Herbie Fried (Dieter Hildebrandt) ist Baby Schimmerlos in der Serie stets auf der Suche nach spannenden Storys, Gerüchten und Skandalen in der Münchner Bussi-Bussi-Gesellschaft. Doch eigentlich wartet er nur darauf, dass er endlich den Boulevard hinter sich lassen kann und ganz groß rauskommt. In weiteren Rollen spielen Senta Berger als Babys Freundin Mona, Billie Zöckler als Sekretärin Edda Pfaff, Erni Singerl als Babys Mutter, Ruth Maria Kubitschek als Verlegerin Friederike von Unruh und Mario Adorf als Generaldirektor Haffenloher mit. „Kir Royal“ hat nichts von seiner Wirkung verloren und funktioniert auch heute noch als bissige Satire voller Charme, Witz und unvergesslicher Charaktere.

Irgendwie und Sowieso – und noch mehr Kultserien

Als dritte Serie möchte ich „Irgendwie und Sowieso“ hervorheben, da auch sie etwas ganz Besonderes ist. Gedreht Mitte der 1980er Jahre, spielt sie mitten in der Hippiezeit zwischen 1968 und 1969 in der fiktiven Gemeinde Zell „irgendwo in Bayern“. Sie ist eine liebevoll-nostalgische Reise in eine andere Zeit, die ich selbst nicht miterlebt habe – aber dank der Serie von Franz Xaver Bogner kann ich das Lebensgefühl und die damalige Aufbruchstimmung regelrecht spüren.

Hinten: Regisseur und Autor Franz-Xaver Bogner, Hannelore Elsner, Robert Giggenbach, Elmar Wepper, Michaela May; vorne: Ottfried Fischer und Olivia PascalBR/​Günther Reisp

Dem damals noch recht unbekannten Ottfried Fischer gelang mit der Darstellung des Jungbauern Sir Quickly der Durchbruch. Nach einem Streit verlässt er den Hof der Familie und beginnt eine einjährige „Wanderschaft“. Auf seinem Weg wird er von seinen guten Freunden begleitet: dem ewigen Gymnasiasten Effendi (Robert Giggenbach), dem Kfz-Mechaniker Sepp (Elmar Wepper) und seinem Schwarm Christl (Olivia Pascal). Die jungen Menschen eint, dass sie alle von einem unbeschwerten Leben träumen, aber vor großen Veränderungen stehen – und nicht so recht wissen, wohin sie ihr Weg führen wird. In keiner anderen Serie wird die Hippiezeit in der bayerischen Provinz so absurd komisch und gleichzeitig liebenswert erzählt wie hier. Es geht um Freundschaft, Liebe, Rebellion, Melancholie, die Sehnsucht nach Freiheit und um Abschied nehmen. Doch irgendwann wird ihnen klar: Dahoam is do, wo’s Gfui is!

Musikalisch passend untermalt wird „Irgendwie und Sowieso“ vom Soundtrack der 1960er Jahre mit den Beatles und vielen anderen Flower-Power-Hits. Toni Berger, Karl Merkatz, Michaela May, Barbara Rudnik, Hannelore Elsner, Ruth Drexel, Wolfgang Fierek, Ilse Neubauer, Udo Thomer und Bruno Jonas spielen ebenfalls in der Serie mit.

Die Liste weiterer sehenswerter Serienklassiker des Bayerischen Rundfunks ist lang. Um nur einige zu nennen: Die „Münchner Geschichten“ mit Günther Maria Halmer, „Der ganz normale Wahnsinn“ mit Towje Kleiner, „Der Millionenbauer“ mit Walter Sedlmayr, „Zur Freiheit“ mit Ruth Drexel und Toni Berger, „Café Meineid“ mit Erich Hallhuber und „Die Hausmeisterin“ mit Veronika Fitz. Auch nach der Jahrtausendwende gelangen dem BR immer wieder mal Treffer. „München 7“ mit Andreas Giebel und Florian Karlheim, „Der Kaiser von Schexing“ mit Dieter Fischer, „Im Schleudergang“ mit Gisela Schneeberger, das bitterböse „Hindafing“ mit Maximilian Brückner oder aktuell „Himmel, Herrgott, Sakrament“ mit Stephan Zinner. Mit „Dahoam is Dahoam“ hat das BR Fernsehen sogar als einziges ARD-Drittes eine eigene Daily Soap, die bereits seit 2007 mit inzwischen über 3500 Folgen läuft.

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