Die kleine Schwester des ZDF feiert Geburtstag: Genau heute vor 10 Jahren, am 1. November 2009, ging der Spartensender an den Start. Trotz seines vergleichsweise jungen Alters hat der Kanal eine ziemlich deutliche Entwicklung vollzogen. fernsehserien.de blickt zurück auf die ambitionierten Anfänge, die Veränderungen und den gegenwärtigen Zustand von ZDFneo.
Umstrittener Start
Im Juli 2008 kündigte der damalige ZDF-Intendant Markus Schächter erstmals die Pläne eines digitalen Familienkanals an, der jüngere Zielgruppen ansprechen soll. ZDFneo sollte sich an der „Lebenswelt junger Familien und den Nutzungsgewohnheiten der Zuschauer zwischen 25 und 49 Jahren“ orientieren. Zudem wurde herausgestellt, dass ZDFneo als Experimentierbühne fungieren soll, um neue Formate auf ihre Tauglichkeit für das ZDF zu testen: „Mit seiner Ausrichtung auf jüngere Zuschauer wird ZDFneo zum Innovationsmotor, von dem auch das ZDF-Hauptprogramm profitieren wird“, beschrieb Programmdirektor Thomas Bellut das Konzept.
Die Pläne stießen jedoch nicht allenorts auf Begeisterung, insbesondere die Privatsender sahen rot. So betrachtete der Verband Privater Rundfunk- und Telemedien e.V. (VPRT) den Start von ZDFneo als Frontalangriff auf die Kernkompetenzen privater Free- und Pay-TV-Sender. „Die Polemik des VPRT fußt teils auf Rechenfehlern, zum anderen auf Halbwahrheiten und deren Interpretationen. Diese Reaktionen bestärken uns in der Überzeugung, mit dem neo-Konzept eine Punktlandung geschafft zu haben“, wies Bellut die Kritik zurück und spottete: „Es waren gerade die Privatsender, die von der Politik gefordert hatten, ZDFneo dürfe kein Vollprogramm werden und deshalb unter anderem keine Nachrichten senden.“ Gleiches gelte für Sportsendungen. Zudem hätten die Privaten jahrelang Zeit gehabt, sich intelligente BBC-Serien wie „Spooks“ und preisgekrönte Comedy wie „30 Rock“ zu sichern.
Trotz der hervorgebrachten Kritik ging ZDFneo am 1. November 2009 planmäßig auf Sendung und ersetzte den bisherigen Digitalsender ZDFdoku. ZDFneo wollte laut Pressemittelung eine „attraktive öffentlich-rechtliche Alternative für die jüngeren Zuschauer“ sein. Laut Norbert Himmler, ZDFneo-Leiter von 2009 bis 2012, ziele der neue Sender „auf ein Publikum von Zuschauern, die mehr vom Fernsehen erwarten, als sie gerade bekommen.“ ZDFneo sei nachweislich in allen Genres anders als Privatfernsehen.
Das Programm zum Start
„30 Rock“ NBC Zum Sendestart wurde eine „abwechslungsreiche Mischung aus lebensnahen ‚Factual Entertainment‘-Formaten, Servicesendungen, faszinierenden Dokumentationen, unterhaltsamen Musiksendungen, Spielfilmen, internationalen Kaufserien und originellen Comedys“ angekündigt. Um den Sehgewohnheiten der jüngeren Zuschauer entgegenzukommen, wurde der Beginn der ZDFneo-Primetime anfangs auf 21 Uhr angesetzt – „wenn für beruflich stark Eingebundene, junge Eltern oder sehr aktive Menschen der Feierabend erst beginnt.“ Allzu lange wurde an diesem Konzept jedoch nicht festgehalten.
Neben Serien zeigte ZDFneo in der Anfangszeit auch jede Menge Doku-Soaps, darunter „S.O.S. Tierbabys“, das US-Format „Mamas Traumjob“ und „Der Extremtester“ aus Belgien. In der Eigenproduktion „Hochzeitsfieber!“ traten außerdem fünf Bräute in den Kampf um das schönste Hochzeitsfest. In „Der Straßenchor“ wurden Obdachlose, Drogensüchtige und sozial schwach gestellte Menschen in ein Chorprojekt eingebunden. Ex-Harald-Schmidt-Sidekick Manuel Andrack, VIVA-Moderatorin Gülcan Kamps und Politikerin Heide Simonis versuchten sich Anfang 2010 in „Die Promi-Pauker“ als Aushilfslehrer.
Mit der „Süper Tiger Show“ fand außerdem direkt ein Format, das bereits im Internet erfolgreich war, den Weg ins Fernsehen. In der Late Night-Show der anderen Art begrüßte Gastgeber Tiger, die „Kralle aus Kreuzberg“, seine Gäste in einem Hinterhof-Keller. Eingeführt wurde außerdem die Marke „neoMusic“. In dem gleichnamigen Musikmagazin stellte Die Happy-Frontfrau Marta Jandová einmal pro Monat am Sonntag die Top-20-Videos der deutschen Charts vor. Gesendet wurde aus einem Plattenladen in Berlin-Kreuzberg, inklusive Talks, Spielen und Auftritten von musikalischen Gästen. Ladenbesitzer Detlef „Detta“ Müller legte ab und zu eine Platte auf und steuerte sein Fachwissen zu den Gesprächen bei. Publikum und Stars wurden von der Berliner Oma Evelyn mit Currywurst, Getränken und Lebensweisheiten versorgt. An den übrigen Sonntagen präsentierte Jandová „neoMusic“-Konzertmitschnitte.
Das Programm der ersten Sendewoche vom 1. bis 6. November 2009
Das erste ZDFneo-Logo ZDFneo/Corporate Design Werktags: 13:05 Uhr: „Bianca – Wege zum Glück“ – Telenovela (ab Folge 1) 13:50 Uhr: „Alisa – Folge deinem Herzen“ – Telenovela (Wdh. vom Vortag, ZDF) 14:30 Uhr: „Seinfeld“ – Mehrere Folgen der US-Sitcom am Stück 16:45 Uhr: „S.O.S. Tierbabys“ – Doku-Soap
Sonntag: 19:30 Uhr: „30 Rock“ – US-Sitcom in Doppelfolgen 21:55 Uhr: „Taking the Flak“ – UK-Comedy-Drama 22:55 Uhr: „neoMusic – Die Chartshow / Das Konzert“ – Musiksendung