The Protector – Review

von Ralf Döbele

Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 21.06.2011, 13:14 Uhr

  • Seite
Der erste Fall: Eine ermordete Heuschrecke

Sie ist ein harter Cop …. UND eine sanfte Mutter! Mit diesem scheinbar so revolutionären Konzept positioniert sich „The Protector“ praktisch sofort! Das ganze wirkt als hätte man sich 25 Jahre in der Vergangenheit wiedergefunden, irgendwo zwischen „Cagney & Lacey“ und „Agentin mit Herz“. Wobei man jenen Klassikern wahrlich Unrecht tun würde, sie mit diesem vollkommen belanglosen Krimi-Klon im gleichen Atemzug zu nennen. Irgendwie fühlt sich „The Protector“ tatsächlich an wie eine krude Mischung aus „The Closer“, „Saving Grace“, „In Plain Sight – In der Schusslinie“ und „Body of Proof“ – gewaschen im Weichspülgang. Sicher kann nicht mit jeder weiteren Krimiserie das Rad neu erfunden werden, nach der Krimikost-Monsterwelle der letzten Jahre sowieso nicht. Doch ein bisschen andere Akzente setzen, einen ungewöhnlichen Handlungsort wählen, an Tatorten ermitteln, die nicht geschätzte zehn Mal pro Folge einen Liegestuhl-Blick über die Skyline von Los Angeles bieten und die männlichen Nebenfiguren aus den zwei Extremen „administratives Arschloch“ und „schweigsam, knuddelig und sieht im weißen Handtuch extrem gut aus“ hervor zu heben … so schwer kann das doch nicht sein, oder? Scheinbar doch, zumindest für Lifetime, das seinem Publikum auch nicht nur einen Millimeter inhaltliche Beweglichkeit zuzutrauen scheint.

Ally Walkers Talente sind in „The Protector“ wahrlich verschwendet worden, vor allem im Vergleich zu ihrer viel kleineren, aber tausendfach aufregenderen Rolle in „Sons of Anarchy“. Natürlich spielt sie Gloria mit vollem Elan, warum auch nicht, schließlich ist sie Ally Walker! Doch ohne überraschende Facetten im Drehbuch von Jeffrey Bell („Angel – Jäger der Finsternis“) und Michael Nankin („Picket Fences“), die Gloria interessanter machen würden, ist auch sie vollkommen aufgeschmissen. Ansonsten ist „The Protector“ durchaus sympathisch besetzt: Chris Payne Gilbert, Michelle Bulcett, Miguel Ferrer und selbst die beiden Jungdarsteller Sage Ryan und Thomas Robinson haben hier alle eine Gemeinsamkeit: sie sind absolut die richtigen Gesichter für ihre Figuren. Sie sind aber auch leider am falschen Platz, der ihnen keinerlei Chance auf halbwegs interessante Entwicklungen einzuräumen scheint. Ausgerechnet der kleine Leo wird zur einzigen Figur, auf die das nicht zutrifft, als er sich gegen Ende des Piloten als der Flamingo-Dieb entpuppt. Eine interessante Szene nach 42 Minuten? Wären wir in „Futurama“, würde Dr. Zoidberg jetzt vor Glück in Tränen ausbrechen.

Ally Walker, Tisha Campbell-Martin and Miguel Ferrer in „The Protector“

Wenig überraschend, dass auch Glorias erster Fall an Einfallslosigkeit und Absurdität praktisch kaum zu überbieten ist: die perlenbehangene Witwe in der charakterlosen Villa, der dadurch verzogene Sohn, der seinem Hedge Fond-Daddy mal eins auswischen wollte, sowie diverse Luxus-Affären im Hintergrund, mit der sich die Ehefrau längst arrangiert hat. In diese Zombie-Idylle bricht ein Plan der Geliebten, wie ihn Eduard Zimmermann in einer alten „„Vorsicht, Falle!“-Ausgabe nicht besser hätte beschreiben können: Hellseher und Priester führen das Opfer mit ihren Aussagen ins Verderben! An den Weihnachtsmann glaubte die Heuschrecke sicher auch noch.

Hin und wieder tauchten in den letzten Jahren neue Krimiformate im Serienuniversum auf, die Kritiker regelrecht in Rage versetzen konnten mit ihrer zusammengeschusterten Kombination von Zerrbild-Detectives und sinnlos-blutig zelebrierten Verbrechen: „Memphis Beat“ war so ein Fall, genau wie das gescheiterte Spin-Off „Criminal Minds: Suspect Behavior“ oder „The Glades“. Immerhin verleitet „The Protector“ den genervten Zuschauer nicht dazu, wie einst im Schimanski–„Tatort“ die Glotze entnervt aus dem Fenster zu katapultieren. Dafür müsste man sich am Geschehen auf dem Bildschirm erst einmal beteiligen. Doch „The Protector“ tröpfelt derart seicht vor sich hin, da besteht wirklich nicht im Geringsten die Gefahr, dass es überhaupt soweit kommt.

Meine Wertung: 1,5/​5

Autor: Ralf Döbele

Alle Bilder: © 2011 Lifetime

Infos, Sendezeiten, Links und Foren zu „The Protector“

zurück

Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von „Der Denver-Clan“, „Star Trek“ und „Aktenzeichen XY …ungelöst“. Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie „Friday Night Lights“ oder „The West Wing“ genauso wie die Prime Time Soaps „Melrose Place“ und „Falcon Crest“, die Comedys „I Love Lucy“ und „M*A*S*H“ oder das „Law & Order“-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie „Derrick“ oder „Bella Block“ finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für fernsehserien.de tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Star Trek – Enterprise, Aktenzeichen XY … Ungelöst

Kommentare zu dieser Newsmeldung

    weitere Meldungen

    Hol dir jetzt die fernsehserien.de App