The Protector – Review
von Ralf Döbele
Rezension von Ralf Döbele – 21.06.2011, 13:14 Uhr
„Lifetime – Fernsehen für Frauen“ … und schwule Männer! Die amerikanische Antwort auf sixx ist seit Jahren beim US-Publikum eher bekannt für massenhafte „Golden Girls“- und „Will and Grace“-Wiederholungen als für hochkarätige Eigenproduktionen. Die bestehen meist aus Fernsehfilmen der Woche, welche einerseits oft vor Kitsch überschwappen, andererseits aber aktuell arbeitslosen Serienstars eine Verdienstplattform bieten. Auch die eigenen Serien wie „Army Wives“ oder „Drop Dead Diva“ haben stets eine betont weibliche Perspektive, wobei das Weibliche doch meist recht fantasielos und politisch korrekt daherkommt.
Da verblüffte es zunächst, dass Lifetime für sein neues Serienprojekt „The Protector“ die ehemalige „Profiler“-Hauptdarstellerin Ally Walker gewinnen konnte. Mitte der 90er Jahre setzte „Profiler“ neue und düstere Akzente, war neben „Millennium“ eine der ersten Serien, in der es vollkommen um die Verfolgung von Serienkillern ging. Fast zehn Jahre vor „Criminal Minds“ war das Format seiner Zeit voraus. Später war Walker in der HBO-Serie „Tell Me You Love Me“ zu sehen und wurde zur Erzfeindin des Motorradclubs „Sons of Anarchy“ in der von Kritikern gelobten FX-Serie. Nun kehrt Walker also ins Rampenlicht der Hauptrolle eines Krimidramas zurück. Sie alleine könnte Serienfans zu Lifetime ziehen, die ansonsten nie auf die Idee kämen, die kitschromantischen Kreationen des Senders zu testen. Doch können die Macher diesen Vorteil auch für sich nutzen?
Ein ganz normaler Morgen für Gloria Sheppard (Ally Walker): Ihre beiden Söhne sollten schon fast in der Schule sein, da wird das Bad noch immer von ihrem Bruder Davey (Chris Payne Gilbert) blockiert. Schließlich lässt er sich doch noch aus der Dusche verscheuchen, was dessen kleine Neffen Nick (Sage Ryan) und Leo (Thomas Robinson) trotzdem nicht zur Eile veranlasst. Nach der erfolgreichen Abwehr einer um Hilfe bittenden Nachbarin kann Gloria ihre Jungs doch noch bei der Schule abladen. Wie könnte sie der Frau von Gegenüber auch bei der Wiederbeschaffung gestohlener Flamingos und Gartenzwerge helfen, nur weil sie Polizistin ist? „Wenn es um abgetrennte Köpfe ginge, dann könnte ich Ihnen helfen! Mit abgetrennten Köpfen bin ich richtig gut!“
Ein derart grausiges Bild bleibt Gloria an ihrem ersten Tatort des Tages allerdings erspart. Stattdessen werden sie und ihre Partnerin Michelle Bulcett (Tisha Campbell-Martin) mit einem umwerfenden Ausblick auf die Skyline von Los Angeles beglückt. Nur der tote Morgan Campbell stört da etwas, was wohl auch zu Lebzeiten eines seiner Talente war. Schließlich managte er einen Hedge Fond, konnte dann aber doch nicht verhindern, dass ihm sein Mörder etwas aus der Hand riss, was er nicht wirklich hergeben wollte.
Gloria glaubt im Gegensatz zu all ihren Kollegen und Chefs nicht an einen verunglückten Raubüberfall, schließlich ist das Opfer weit weg von seinem Wohnort, den luxuriösen Pacific Palisades, gefunden worden. Auch ansonsten spielen Motive und Hintergründe bei den Methoden leitender Mordermittler in der Stadt der Engel scheinbar nicht wirklich eine Rolle: „Mir ist egal, warum! Ich will nur, dass man den Dreckskerl findet, der diesen Typ umgebracht hat!“, so Lieutenant Felix Valdez (Miguel Ferrer – „Crossing Jordan“), bei dem man nicht weiß, warum man ihn mehr ins Herz schließen soll – wegen seiner Arbeitseinstellung oder der Tatsache, dass er sich bei seinen weiblichen Kollegen über seine thailändische Braut lustig macht. Als Gegengift zu dieser Herzlosigkeit gibt es immerhin den schweigsam-gutaussehenden Streifenpolizisten, komplett mit Pornostar-Name: Romeo Rush (Terrell Tilford) passt am Tatort auf, bis Gloria und Michelle eintreffen. Dabei ist er extrem schweigsam und gutaussehend. Noch Fragen?
Ach ja, der Fall: In der Villa des Toten treffen Gloria und Michelle auf dessen in Geld, Zynismus (und eventuellem Alkoholismus) schwimmenden Frau und ihren allzu vorhersehbar in den Fall verwickelten Sohn Sammy (Devon Graye). Ein Priester, eine Hellseherin, eine Affäre und eine Geliebte später ist der Fall praktisch geklärt. Zeit für Gloria, um wieder heim zu gehen, um Leo mit einem viel zu perfekten Theater-Kostüm in Verlegenheit zu bringen, um sich mit Davey über eine Espresso-Maschine und dessen trunkene Vergangenheit zu streiten und den Gartenzwerg-Dieb doch tatsächlich in den eigenen Reihen aufzuspüren.