Das Fernsehjahr 2016 im Rückblick – Teil 1

Die deutschen TV-Ereignisse des Jahres – von Glenn Riedmeier

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.12.2016, 09:00 Uhr

Ereignisse in der Fernsehwelt Das Ende der WDR-Traditionsformate „Zimmer frei!“ und „Domian“

Christine Westermann und Götz AlsmannWDR/​Herby Sachs
Bereits in den vergangenen Jahren verabschiedeten sich auffallend viele liebgewonnene Gesichter aus dem deutschen Fernsehen. Zu dem noch gar nicht so lange zurückliegenden Ende von „Wetten, dass..?“, der „Harald Schmidt Show“ und „TV total“ gesellten sich 2016 auch die kultige WG-Show „Zimmer frei!“ mit Götz Alsmann und Christine Westermann sowie der Nighttalk „Domian“. Die beiden langjährigen Formate prägten den WDR seit den 1990er Jahren und waren die letzten Überbleibsel eines anderen TV-Zeitalters. Innerhalb eines relativ kurzen Zeitraums mussten sich die Zuschauer also von zahlreichen Traditionsformaten verabschieden, mit denen viele Erinnerungen verbunden sind. Zufall oder Ausdruck eines Zeitgeists?

funk – Das neue Jugendangebot von ARD und ZDF geht auf Sendung
funk
Das schon im Jahr 2012 angekündigte Jugendangebot ist im Oktober 2016 tatsächlich gestartet worden. Aus dem ursprünglich als linearer Fernsehkanal geplanten Projekt wurde letztendlich ein reines Online-Angebot, wo die junge Zielgruppe ohnehin am häufigsten anzutreffen ist. Es hört auf den schlichten Namen funk und richtet sich an Zuschauer unter 30 Jahre. Zum Start wurden 40 Formate über die Streamingplattform angeboten. Finanziert wird funk durch den Rundfunkbeitrag. Das Gesamtbudget liegt bis zum Ende 2020 bei jährlich maximal 45 Millionen Euro, wobei die ARD zwei Drittel und das ZDF ein Drittel der Kosten übernimmt. Für Kritik sorgt in diesem Zusammenhang, dass es sich bei zahlreichen Sendungen um bereits zuvor bestehende YouTube-Formate handelt, die nun ein öffentlich-rechtliches Dach erhalten haben und von den Rundfunkgebühren finanziert werden. Im Gegenzug wurden Ende September die beiden Digitalkanäle EinsPlus und ZDFkultur endgültig eingestellt.

Neue deutsche Stimme für Homer Simpson
FOX
Monatelang machte ProSieben ein großes Geheimnis daraus, wer bei den „Simpsons“ in die großen akustischen Fußstapfen des im November 2015 verstorbenen Synchronsprechers Norbert Gastell treten werde. Im Rahmen eines Pressescreenings in der Astor Film Lounge Berlin wurde schließlich enthüllt, wer die neue deutsche Stimme von Homer Simpson ist: Es handelt sich um Christoph Jablonka. Der 1956 geborene Münchner ist seit vielen Jahren als Schauspieler und Synchronsprecher tätig. In den Serien „Star Trek – Enterprise“ und „Die wilden Siebziger“ war er die deutsche Stimme von James Avery. Auch in diversen Animeserien ist er zu hören, darunter in „One Piece“. Außerdem ist er als „Station Voice“ beim Pay-TV-Anbieter Sky tätig. Die überwiegende Mehrheit wurde von der neuen Stimme positiv überrascht und konnte sich schnell damit anfreunden.

1000 Folgen „Tatort“
WDR
Der deutsche Krimi-Dauerbrenner feierte im November 2016 seine 1000. Folge. Zum traditionellen Termin um 20:15 Uhr wurde der Jubiläums–„Tatort“ im Ersten ausgestrahlt, der wie der legendäre erste „Tatort“ aus dem Jahr 1970 den Titel „Taxi nach Leipzig“ trägt. Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) und Klaus Borowski (Axel Milberg) ermitteln darin gemeinsam. Der „Tatort“ ist ein Phänomen im deutschen Fernsehen. In einer Zeit, in der viele Menschen mittlerweile kaum noch bereit sind, zu einem vorgegebenen Termin den Fernseher einzuschalten, stellt der Sonntag um 20:15 Uhr eine Ausnahme dar. Jung und Alt versammeln sich jede Woche vor dem Bildschirm, um gemeinsam mitzufiebern – der „Tatort“ ist eines der wenigen verbliebenen TV-Lagerfeuer, über das am nächsten Tag mit Kollegen und Freunden gesprochen wird. Schon während der Ausstrahlung wird in sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter rege über den aktuellen Fall diskutiert. Seit Jahren wird der „Tatort“ in einigen Bars und Restaurants jeden Sonntag sogar als Public-Viewing-Veranstaltung öffentlich aufgeführt. Und Das Erste freut sich regelmäßig über Zuschauerzahlen in zweistelliger Millionenhöhe.

Die Posse um Servus TV
Servus TV
Für viel Lärm um Nichts sorgte der österreichische Privatsender Servus TV. Anfang Mai hieß, dass der Kanal, der sich im Besitz der Red Bull Media House GmbH befindet, den Sendebetrieb komplett einstellen wird. Nur einen Tag später folgte das Dementi. Nachdem zunächst als offizieller Grund der mangelnde wirtschaftliche Erfolg des Senders angegeben wurde, kam später heraus, dass eine von ein paar Mitarbeitern ins Leben gerufene Initiative zur Gründung eines Betriebsrats den Servus-TV-Gründer Dietrich Mateschitz derart erzürnt hatte, dass er kurzerhand den Laden dicht machen wollte und im Schnellschuss allen 264 Mitarbeitern kündigte. Nachdem Mateschitz seine Macht demonstriert hatte, wurde auf die Gründung des Betriebsrats verzichtet, die Gemüter beruhigten sich und Servus TV blieb weiter auf Sendung.

Das große Sendergründen: RTLplus, N24 Doku, kabel eins Doku, Toggo Plus, RTL II YOU, Sky 1, Zee.One
RTLplus
2016 schossen neue TV-Sender wie die Pilze aus dem Boden. Aufgrund des sich immer stärker fragmentierenden Fernsehmarktes stampften Sendergruppen neue Kanäle aus dem Boden, die sich an spezielle Altersklassen und Zielgruppen wenden – mit dem Ziel, noch ein paar Prozentpunkte mehr vom Marktanteilskuchen abzubekommen. Und so gingen RTLplus (für weibliche „Best Ager“ ab 45 Jahren), kabel eins Doku (für Männer zwischen 40 und 64), Zee.One (für Bollywood-Fans), RTL II YOU (Streamingkanal für 14- bis 25-Jährige) sowie N24 Doku als Timeshift-Variante zu N24 und Toggo Plus als Timeshift-Variante zu Super RTL an den Start. Der Pay-TV-Riese Sky hob schließlich noch den neuen Entertainmentkanal Sky 1 aus der Taufe, um nicht mehr als reiner Sportanbieter wahrgenommen zu werden und ein Mainstream-Publikum anzusprechen. Doch ob immer mehr Sender das Allheilmittel gegen den stetigen Zuschauerrückgang des Fernsehens sind?

Cindy aus Marzahn hört auf
Sat.1
Ilka Bessin hing ihre engen pinken Leggins an den Nagel. Die Komikerin, die mit ihrer Rolle als Cindy aus Marzahn deutschlandweit bekannt wurde, wird diese fortan nicht mehr verkörpern. „Wenn man sich elf Jahre lang Abend für Abend eine Perücke aufsetzt und einen pinkfarbenen Jogginganzug anzieht, muss man aufpassen, dass die Leute nicht irgendwann sagen: Boah, ich kann den Scheiß nicht mehr sehen. So weit soll es nicht kommen“, so Bessin. Demnach wollte sie vor allem vermeiden, dass sich die Figur totspiele. Noch vor ein paar Jahren feierte sie große Erfolge, doch zuletzt ließen die Ticketverkäufe nach. Auch die Schattenseiten der Bühnenlebens hat Bessin in ihrer Zeit als Cindy erlebt, wurde auf Facebook übel beschimpft oder stieß bei ihrem Publikum auf wenig Verständnis, als sie sich in ihren Shows zunehmend politischer äußerte.

Elton und Buschi starten durch
EltonProSieben/​Paul Ripke
Für zwei andere TV-Köpfe war 2016 ein Karriereschub. Elton und Frank Buschmann, die beide eng mit ProSieben und dem Raab-Universum verknüpft sind, starteten im Jahr nach dem Rückzug von Stefan Raab aus dem TV-Geschäft so richtig durch. Elton ist nicht nur neuer Moderator von „Schlag den Star“, sondern auch bei den Öffentlich-Rechtlichen sehr gefragt. Er ist festes Mitglied in dem erfolgreichen ARD-Vorabendquiz „Wer weiß denn sowas?“, moderiert „Die Superpauker“ im NDR und hat zusätzlich zu „1, 2 oder 3“ im KiKA die nach ihm benannte Personality-Show „Elton!“ erhalten. Frank „Buschi“ Buschmann ist hingegen zum wohl gefragtesten Kommentator geworden. Dies tat er zuletzt nicht nur bei Sportveranstaltungen, sondern auch bei „Schlag den Raab“ und im vergangenen Sommer bei „Ninja Warrior Germany“. 2017 wechselt Buschmann nun von ProSieben zu RTL, wo er verstärkt in Unterhaltungsshows im Einsatz sein wird. Darüber hinaus wird er ab der Saison 2017/​2018 exklusiv für Sky die Spiele der Fußball-Bundesliga kommentieren und erhält mit der deutschen Adaption von „A League of Their Own“ auch noch eine eigene Sport-Comedyshow.

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