2020, Folge 292–316

  • Folge 292 (60 Min.)
    Nicht nur die WHO schlägt Alarm: In den Industrienationen werden die Menschen immer dicker. Fettleibigkeit hat gravierende Folgen für die Gesundheit. Und zunehmend auch für die Krankenkassen. Dabei sind es die Begleiterkrankungen wie Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Krebs, die Übergewicht oft so fatal verlaufen lassen. Falsche Ernährung und zu wenig Bewegung – damit beginnt bei den meisten der Weg ins Übergewicht. Oft schon in der Kindheit. Ende 2018 warnten Kinderärzte in einem offenen Brief vor den steigenden Zahlen von Kindern mit Übergewicht. Und die WHO erklärte Adipositas 2019 zur zweitgrößten Gesundheitsbedrohung weltweit: Jährlich sollen bis zu vier Millionen Menschen an den Folgen von Übergewicht sterben.
    Wie kann eine erfolgreiche Prävention aussehen? Ist der Body-Mass-Index wirklich das Maß aller Dinge, oder gibt es andere, genauere Messmethoden für Übergewicht? Und ist wirklich jeder Mensch mit Übergewicht krank? Oder kann man auch mit ein paar Kilos zu viel ein gesundes Leben führen? Welche Rolle spielen die Gene und – die Psyche?“scobel“ räumt auf mit Vorurteilen über „dicke Menschen“ und hinterfragt die Normierung von Körpern in einer Gesellschaft, in der Perfektion alles ist. Haben Vorurteile und Stigmatisierung am Ende sogar eine verstärkende Wirkung? Und was macht wirklich leichter und gesünder? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 09.01.20203sat
  • Folge 293 (60 Min.)
    Das 21. Jahrhundert wird als große Umbruchphase in die Geschichte eingehen. Wie wird es gelingen, diese Herausforderung anzunehmen? Darüber spricht Gert Scobel mit seinen Gästen. Mit Gert Scobel diskutieren der Psychiater und Ökonom Stefan Brunnhuber, der Ökonom Otto Scharmer sowie ein weiterer Studiogast. Unsere Gesellschaft befindet sich auf vielen unterschiedlichen Ebenen mitten in einem hoch dynamischen Wandel. Das Ausmaß ist gigantisch und betrifft uns ganz direkt. Es geht um unaufhaltsame Prozesse in allen Bereichen unserer Existenz.
    Der Vergleich mit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert drängt sich auf. Neben der Problematik des Klimawechsels, der zunehmend sichtbaren Knappheit der Ressourcen, der Zerstörung von Lebensräumen und anderen Auswirkungen des Anthropozäns ereignen sich auch soziale und ökonomische Umwälzungen, in deren Brennpunkt immer wieder digitale Technologien stehen, die ihrerseits Veränderungsprozesse einleiten und massive Auswirkungen auf die Gesellschaft haben. Wir können diese Prozesse noch beeinflussen. Die zentrale Frage wird sein, wie wir die große Transformation, mit der wir es in den nächsten Jahrzehnten zu tun haben werden, möglichst gut, effizient, nachhaltig und weise gestalten.
    Evolutionsbiologisch neigt der Mensch dazu, Zustände zu erhalten, auch gegen alle Vernunft. Aber es gibt dennoch Hoffnung. Wissenschaftler arbeiten an effizienten Strategien. Zusammen mit seinen Gästen diskutiert Gert Scobel Handlungs- und Motivationsstrategien, mit denen wir die Zukunft positiv und verantwortungsvoll über die nationalen Grenzen hinaus gestalten können.
    Prof. Dr. Dr. Stefan Brunnhuber ist Mitglied des Club of Rome und Senator der Europäischen Akademie der Wissenschaften. Außerdem ist er ärztlicher Direktor der Diakonie-Klinik für Integrative Psychiatrie sowie Professor für Psychologie und Nachhaltigkeit an der Hochschule Mittweida in Sachsen. Prof. Dr. Otto Scharmer ist Dozent am Massachusetts Institut of Technology, Professor für Tausend Talente an der Tsinghua University in Peking und Mitbegründer des Presencing Institute. Er entwickelte das viel beachtete innovative Management-Konzept „Theorie U“. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 16.01.20203sat
  • Folge 294 (60 Min.)
    Mathematik ist die Wissenschaft der Formeln und Gleichungen und wie sie unsere Welt beschreiben. Obwohl sie Jahrtausende alt ist, bietet die Mathematik immer noch Überraschungen. Mathematik ist eine sehr komplexe Wissenschaft, deren Formeln man lernen muss. Andererseits ist sie voller Rätsel, universeller Zusammenhänge und wunderbarer Strukturen. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen die faszinierenden Aspekte der Mathematik. Die Mathematik hatte schon immer mit vielen Vorurteilen zu kämpfen. Sie sei eine schwer verständliche und sehr abstrakte Wissenschaft. Leidgeprüfte Schüler und überforderte Eltern können ein Lied davon singen, wenn sie sich mit binomischen Formeln und linearer Algebra beschäftigen müssen.
    Doch tatsächlich ist Mathematik etwas viel Größeres und Bedeutenderes, als man gemeinhin denkt. Der Begriff „Mathematik“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „Lernen“ oder „Wissen“. Lange bevor die Schrift erfunden wurde, gab es schon geometrische Muster und Zahlen. Die Logik der Mathematik schafft universell geltende Wahrheiten. So ist zum Beispiel der berühmte Satz des Pythagoras vor über 2500 Jahren gefunden und bewiesen worden. Seitdem hat sich nichts an seinem Wahrheitsgehalt geändert.
    Physik, Chemie, Biologie sind beispielsweise undenkbar ohne die Mathematik. Gerade in unserer modernen Alltagswelt spielt Mathematik eine viel größere Rolle, als man es vermuten würde. Ohne Mathematik gäbe es zum Beispiel keinen aktuellen Wetterbericht, keine Bahn würde fahren, Computer, Smartphones und das Internet würden nicht existieren. Überall stecken die logischen Formeln der mathematischen Hochtechnologie dahinter. Neben den vielen Facetten der Mathematik und der ihr innewohnenden Logik gibt es auch heute noch viele ungelöste mathematische Geheimnisse, mit denen sich Wissenschaftler mit großer Hingabe beschäftigen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 23.01.20203sat
  • Folge 295 (60 Min.)
    Von fast zehn Millionen Menschen mit Behinderung in Deutschland sind fünf Prozent von Geburt an behindert. Meist entstehen Behinderungen durch Krankheiten. Behindert kann also jeder werden. Viele sind auf Behinderungen kaum vorbereitet. Menschen mit Behinderung sind zwar in der Öffentlichkeit präsent, haben aber vorwiegend Kontakt zu Angehörigen und Freunden. Was wissen nichtbehinderte über behinderte Menschen? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen. Die Begegnung und der Austausch zwischen Menschen mit und ohne Behinderung müsste eigentlich schon längst Realität sein.
    Denn 2009 ratifizierte Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention, in der die Inklusion als Menschenrecht deklariert wurde. Inklusion bedeutet Zugehörigkeit, Selbstbestimmung und Teilhabe am öffentlichen Leben. Behinderte Menschen sollen Chancen für persönliche Entwicklungen und barrierefreie Zugänge im Alltag erhalten. Inklusion ist aber mehr als nur ein Recht: Sie erfordert die Bereitschaft zur Kommunikation und die Schaffung von Strukturen und sozialen Beziehungen.
    Es ist ein Prozess, an dem alle beteiligt sind. Es geht vor allem um die Anerkennung und Achtung von Differenzen. Denn nicht Gesetze und Institutionen regeln die Inklusion, sondern die Meinungen, Einstellungen und Verhaltensweisen der Mitglieder in einer Gesellschaft. Wenn jeder behindert werden kann, warum gibt es dann noch so viele Diskrepanzen zwischen Recht und Praxis? Über sieben Millionen der fast zehn Millionen behinderten Menschen in Deutschland sind Bürger mit schweren Behinderungen.
    Dies entspricht einem Bevölkerungsanteil von neun Prozent. Wer von ihnen ist erwerbstätig? In welchen Unternehmen und Institutionen werden sie beschäftigt? Was leisten Behindertenwerkstätten als soziale und wirtschaftliche Unternehmen? Stehen sie für Inklusion oder Exklusion? In welchen persönlichen und gesellschaftlichen Bereichen entstehen zentrale Probleme der Inklusion und wie können mögliche Lösungswege aussehen? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 06.02.20203sat
  • Folge 296 (60 Min.)
    Depressionen sind laut WHO weltweit die zweithäufigste Krankheit. Und sie sind eine ernste, manchmal sogar lebensbedrohliche Erkrankung. Aber bislang weiß man wenig über Entstehung und Ursachen. Lange Zeit unumstößliches Wissen über die Krankheit und ihre Behandlung gerät bei Forschern zunehmend in die Kritik oder weicht neuen Erkenntnissen. Neueste Studien zeigen, dass auch Entzündungen und Störungen der Darmflora Depressionen verursachen können. Oft werden Depressionen nicht rechtzeitig erkannt und behandelt. Und in Deutschland, wo schätzungsweise vier Millionen Menschen darunter leiden, sind Therapieplätze Mangelware.
    Patienten warten bis zu einem halben Jahr oder länger auf einen Platz. Jetzt will Gesundheitsminister Jens Spahn 776 neue Psychotherapiesitze schaffen. Das therapeutische Gespräch stellt immer noch eine Königsdisziplin der Behandlungsmethoden dar, wenn auch Langzeitverfahren wie die Psychoanalyse durch den Kostendruck im Gesundheitswesen immer mehr an den Rand gedrängt werden. Online-Therapien drängen auf den Markt, und gerade wurde die systemische Psychotherapie als viertes Behandlungsverfahren zugelassen.
    Die Wirksamkeit der klassischen Antidepressiva, Medikamente, die seit den 1950er- und 1960er-Jahren nicht weiterentwickelt wurden, wird immer wieder von Experten angezweifelt – zumal sie nur bei etwa einem Drittel der Patienten überhaupt die gewünschte Wirkung haben. Dennoch stiegen die Verschreibungen von 2007 bis 2017 um rund 50 Prozent an – obwohl bekannt ist, dass einige Antidepressiva Suizide auslösen, zur Chronifizierung der Erkrankung beitragen oder abhängig machen können. Bald wird in einer groß angelegten Studie in Deutschland eine neue Arznei erprobt: der halluzinogene Wirkstoff Psilocybin, der aus Pilzen gewonnen wird, in Verbindung mit Psychotherapie.
    Experten hoffen, dass damit bald eine hochwirksame neue Therapie gegen schwere Depressionen zur Verfügung stehen wird. Wie behandelt man Depressionen auf der Basis dieser Fakten und Erkenntnisse am besten und nachhaltigsten, und welche Strategien brauchen Betroffene und die Gesellschaft, um in Zukunft wirkungsvoll mit der „Global Mental Health Crisis“ umgehen zu können? Darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 13.02.20203sat
  • Folge 297 (60 Min.)
    Das Ende der Welt scheint nah. Überall sehen wir Gewalt, Krankheit und Not. Doch Zahlen sagen das Gegenteil. Die Welt ist besser, als sie sich anfühlt. Warum dominieren schlechte Nachrichten? Weil das Negative fasziniert, langweilt die gute Nachricht. Das nutzen Populisten und Extremisten gnadenlos aus. Auch durch die enorme Wirkmacht der sozialen Medien. Denn mit gefühlten Wahrheiten wird systematisch Angst und Stimmung gemacht. Die Welt ist sehr viel besser, als wir glauben. Zu dieser Erkenntnis kam vor Jahren der schwedische Gesundheitsforscher Hans Rosling. Mit Zahlen und Fakten kämpfte er bis zu seinem Tod 2017 gegen die „gefühlte Wahrheit“.
    Die hat es inzwischen bis ins Weiße Haus geschafft und befeuert von dort aus die weltweite Verzerrung der Wahrnehmung. Dabei braucht die globalisierte Welt dringender denn je ein auf Fakten gestütztes gemeinsames Weltverständnis.Dass dieses verloren gegangen ist, dazu haben auch Medien, ohne es unbedingt zu wollen, mit beigetragen. Skandale, Katastrophen und andere negativen Schlagzeilen verbreiten sich heute in Windeseile. Vornehmlich über sie zu berichten, gehört zu jedem journalistischen Handwerkzeug.
    Die positive Meldung verkümmert dagegen zur Randnotiz. Wen interessiert es schon, dass die Zahl der Kriegstoten seit dem Zweiten Weltkrieg von über 200 pro 100 000 Einwohner auf nur noch einen gefallen ist, dass sich Hunger und Kinderarbeit seit den 50er-Jahren des 20 Jahrhunderts mehr als halbiert haben und die globale Alphabetisierung seit 1800 von 10 auf 86 Prozent kontinuierlich gestiegen ist? Ein abgestürztes Flugzeug dominiert dagegen über Tage die öffentliche Meinung, auch wenn Fliegen noch nie so sicher war wie heute. Die Macht des Negativen haben inzwischen Populisten und Extremisten für ihre Zwecke entdeckt.
    Im Zeitalter des Internets wird mit gefühlten Wahrheiten systematisch Angst und Stimmung gemacht mit dem Ziel, den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu zersetzen. Da wird schon mal ein unverbindlicher Migrationspakt zu einem Masseneinwanderungsprogramm uminterpretiert und der wissenschaftlich bewiesene Klimawandel systematisch geleugnet.Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen, wie ein faktenbasierter Meinungsstreit im 21. Jahrhundert aussehen kann und wie jeder lernen kann, Wahrheit von Lüge zu unterscheiden. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 05.03.20203sat
  • Folge 298 (60 Min.)
    Was und wer kann in Zeiten der Corona-Krise, einer Situation mit ungewissem Ausgang und ungewisser Dauer, Sicherheit geben? Und welche Rolle spielt die Aufklärung dabei? Zu Gast bei Gert Scobel sind Marianne Leuzinger-Bohleber, Psychoanalytikerin und bis 2016 geschäftsführende Direktorin des Sigmund-Freud-Instituts sowie Karl-Rudolf Korte, Politikwissenschaftler der Universität Duisburg-Essen. Das Corona-Virus hat Auswirkungen, denen sich derzeit kein Land entziehen kann. Es greift ebenso in das Gefüge der globalen Ökonomie ein wie in Alltagsgewohnheiten und die privatesten Beziehungen. Anders als bei scheinbar lokal umgrenzten Phänomenen wie Kriege oder Hungerkatastrophen sind nun alle betroffen: und alle sitzen im selben Boot.
    Diese Lage ist neu – und sie erzeugt auf kollektiver wie auf individueller Ebene Angst und Aggression. Die Sendung fragt nach den Bewältigungsstrategien dieser Gefühle von Angst, um sich greifender Krisendepression, Aktionismus und Ohnmacht. Vor allem aber geht sie der Frage nach, inwiefern Demokratien sich angesichts der Katastrophe, nicht unähnlich dem Ausmaß des globalen Klimawandels, verändern müssen, um schneller und vielleicht auch besser reagieren zu können. Wie weit kann, wie weit sollte unsere Demokratie gehen? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 19.03.20203sat
  • Folge 299 (60 Min.)
    Deutschland steht, wenn man Medizinern glauben darf, wie vor kurzem China und jetzt Italien und Spanien, der medizinische Ausnahmezustand bevor. Dann gilt es womöglich auch hier, sich schweren ethischen Entscheidungen zu stellen. Gert Scobel sucht zusammen mit dem Philosophen Markus Gabriel und anderen Gästen nach Antworten auf existenzielle Fragen, die die Corona-Krise an die Menschheit stellt. Wer entscheidet, ob ein Todkranker behandelt wird oder nicht, nach welchen Kriterien? Und basiert die medizinische Versorgung in Deutschland überhaupt auf durchweg ethischen Prinzipien, wenn viele Kliniken im Normalbetrieb nach der Logik von Fallpauschalen wirtschaften? Die Pandemie hebt die Welt, wie wir sie kannten, aus den Angeln und wirft den Menschen auf seine nackte Existenz, auf sich selbst zurück: „Wir alle werden gerade aus dem alltäglichen Leben, in dem es ja auch viel Oberflächliches, Gedankenlosigkeit und Zeitverschwendung gibt, mit einer gewissen Brutalität auf das Wesentliche gestoßen“ sagte Christiane Woopen, Medizinethikerin und Vorsitzende des Europäischen Ethikrates in einem Interview mit dem „Spiegel“.
    Reagieren wir darauf mit Panik oder Solidarität, mit Egoismus oder Hilfsbereitschaft, mit Zuversicht oder Hoffnungslosigkeit. Was macht Resilienz in solch einer Situation aus und wie kann man sie stärken? Und wie lange kann der Mensch mit dem Verlust seiner Bewegungsfreiheit leben? Wie lange reichen die Reserven der deutschen Wirtschaft und der Weltwirtschaft, um die Ausgangsbeschränkungen aufrecht zu erhalten? Könnte uns diese Beschränkung im Außen nicht im besten Fall zu einer Öffnung im Inneren befähigen, wie Christiane Woopen behauptet? Das Wort für Krise, sagt sie, stamme aus dem Griechischen und bedeute im Kern „Entscheidung“, die Gesellschaft steht an einem Wendepunkt.
    Wir alle könnten und müssten jetzt entscheiden: In welcher Gesellschaft wollen wir leben und wie wollen wir auf dieser Welt zusammen leben? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 02.04.20203sat
  • Folge 300 (60 Min.)
    Die aktuelle Pandemie-Situation, in Deutschland und der ganzen Welt, sorgt auf allen Ebenen des öffentlichen und privaten Lebens für krisenhafte Situationen. In der Sondersendung „scobel – Corona, Exit und der Mensch“ sucht Gert Scobel zusammen mit dem Soziologen Armin Nassehi und anderen Gästen nach Antworten auf die wirklich drängenden Fragen, die uns die Pandemie-Krise stellt. Nicht nur die vordringlichen Herausforderungen, vor die Kliniken, Ärzte und Krankenhaus-Teams gestellt sind, sorgen für große Belastungen. Das öffentliche Leben ist, bis auf wenige Länder, komplett zum Erliegen gekommen. Ausgehbeschränkungen sorgen dafür, dass die Bürger in ihren Wohnungen bleiben sollen und nur für dringend notwendige Besorgungen das Haus verlassen dürfen.
    Je länger diese Zwangspause dauert, desto schwieriger wird es für viele damit umzugehen. Der langfristige Entzug an persönlichen Kontakten erzeugt auf Dauer psychischen Stress. Nicht nur deswegen wird der Ruf nach einem „Exit“ lauter, der Lockerung der Pandemie-Maßnahmen. Doch auf die Frage, wann es wirklich zu Lockerungen der Ausgehbeschränkungen kommen kann, gibt es derzeit keine konkreten Antworten, zumindest nicht von der Politik. Wenn, dann eher von den zahlreichen Wissenschaftlern, die versuchen, die Pandemie zu analysieren und erfolgreich zu bekämpfen.
    Der Erlanger Theologe Peter Dabrock sagt dazu, dass es noch zu früh für Lockerungen sei, aber nie zu früh für eine öffentliche Diskussion. Neben einer möglichen Diskussion über eine Exit-Strategie stellen sich natürlich auch die existentiellen Fragen nach der wirtschaftlichen Belastungsfähigkeit in Deutschland und der Welt. Selbständige Kleinunternehmer und mittelständige Betriebe stehen vor fast unlösbaren finanziellen Problemen. Können die staatlichen Unterstützungen überhaupt ausreichen, um drohende Insolvenzen zu verhindern? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 16.04.20203sat
  • Folge 301 (60 Min.)
    In Deutschland wird oft zu schnell an Rücken, Knie oder Hüfte operiert. Dabei gibt es Alternativen: Physiotherapie und Osteopathie sind in vielen Fällen erstaunlich erfolgreich. Viele Patienten berichten nach physiotherapeutischer oder osteopathischer Behandlung von Heilerfolgen, nachdem die Schulmedizin nicht helfen konnte. Dennoch ringen diese Heilmethoden in Deutschland um wissenschaftliche Anerkennung. Wie belegbar ist die Wirkung? Noch immer werden manuelle Heilmethoden in Deutschland in die Wellness-Ecke gedrängt. Dabei ist das Heilen mit den Händen eine uralte medizinische Kulturtechnik.
    Sie basiert auf der Betrachtung des Gesamtsystems Mensch und auf der Überzeugung von den Selbstheilungskräften von Körper und Seele. Bei den meisten Naturvölkern hat sich dieses Wissen erhalten, während es in der sogenannten modernen Welt zunächst von der Schulmedizin verdrängt wurde. Es fehle an evidenzbasierten Studien, heißt es da oft. Stimmt das? Heute ist zum Beispiel die heilende Kraft der Berührung wissenschaftlich bewiesen.In vielen europäischen Ländern hat die Osteopathie längst ihren festen Platz als anerkannte Heilmethode.
    In den USA gilt sie als eine eigenständige und gleichberechtigte Form der Medizin. Ganz anders die Situation in Deutschland: Hier ist der Beruf des Osteopathen noch immer nicht staatlich anerkannt. Noch immer gibt es nicht genügend Physiotherapeuten. Die lange Ausbildung und schlechte Bezahlung hält junge Menschen davon ab, diese Berufe zu ergreifen. Woran liegt es, dass die Kraft der heilenden Hände, die Medizin der Berührung, in unserem Kulturkreis noch immer um Anerkennung kämpfen muss? Über diese und viele weitere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 23.04.20203sat
  • Folge 302 (60 Min.)
    Die Corona-Krise ist für viele bedrohlich. Im Alltagshandeln, in der Arbeitswelt, in der Politik aber auch in den Wissenschaften herrschen in vielen Bereichen Unsicherheit und Nichtwissen. Es gibt zahlreiche, wichtige Fragen, aber nur wenige solide und verlässliche Antworten. Woher kommt das Virus? Welchen Schaden richtet es langfristig an? Können wir uns ausreichend schützen? Wie zuverlässig sind die Tests? Ist die Datenerhebung ausreichend und genau? Gibt es einen Konsens in der Forschung? Wie ist der gesundheitliche Zustand der Menschen, die COVID-19 hinter sich haben? Viele dieser Fragen sind derzeit nicht zu beantworten, weil trotz Big Data valide Daten fehlen.
    Die Ausbreitung der Pandemie und die Folgen der Erkrankungen sind aufgrund der komplexen Sachverhalte nur schwer einzuschätzen. Hinzu kommt ein weiteres Problem: Die Politik muss in der Krise schnell und unter Zeitdruck wichtige und einschränkende Entscheidungen treffen. Diese Entscheidungen und Risikoabschätzungen sind, wegen fehlender Studien und Erfahrungen, in vielen Fällen von Unsicherheiten und Nichtwissen geprägt. Da nicht nur die Interessen von Laien und Experten, sondern auch die verschiedener Gruppen und Organisationen der Gesellschaft sehr unterschiedlich sind, kommt es immer wieder zu verschiedenen und widersprüchlichen Empfehlungen.
    Aber gerade in Krisenzeiten besteht ein großes Interesse an fundierten Informationen. Während das Vertrauen in den traditionellen Journalismus und die öffentlich-rechtlichen Medien gewachsen ist, gibt es gleichzeitig auch einen Anstieg von Fake-News und Verschwörungstheorien auf digitalen Plattformen. Unbestritten kommen in der Ausnahmesituation Widersprüche und Gegensätze verstärkt zum Vorschein. Welche Entscheidungen entstehen aus dem Nichtwissen und wie gehen wir mit dem Dilemma um? Oder wollen wir es gar nicht so genau wissen, damit wir vielleicht wieder ein wenig weitermachen können wie bisher? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 07.05.20203sat
  • Folge 303 (60 Min.)
    Während immer noch Frauen gegen ihren Willen beschnitten werden, lassen sich hierzulande mehr und mehr Frauen im Intimbereich optimieren. Woher kommt dieser Trend? Warum gerät jetzt auch die Vulva ins Visier des Optimierungswahns? Allein in Deutschland lassen sich jedes Jahr 7000 Frauen an der Vulva operieren – Tendenz steigend. Gert Scobel diskutiert den aktuellen Trend der kosmetischen „Beschneidung“ mit seinen Gästen. Weil Frauen ihre inneren Schamlippen als zu groß, zu unregelmäßig, zu dunkel empfinden, wird korrigiert. Selbst im Innern des Körpers, an der Vagina, wird nachgebessert: Sie soll enger, glatter, straffer sein.
    Also wird Haut weggeschnitten und mit Eigenfett aufgepolstert oder die Klitoris so ausgerichtet, dass sie funktionaler wird, im Sinne einer verbesserten Orgasmusfähigkeit. Die neuen Maßstäbe hat indes die Pornoindustrie vorgegeben. Klein und kindlich sollen Frauen untenherum aussehen. Eng und straff, wie Mädchen zu Beginn der Pubertät. Was steckt dahinter? Die meisten Frauen haben ihre eigenen Geschlechtsteile selten oder noch nie betrachtet. Die Terra Incognita des eigenen Körpers wird oftmals nicht einmal angefasst.
    Warum wissen Frauen so wenig über Vulva und Vagina? Warum sind diese außerordentlich komplexen Körperteile nicht Thema im Unterricht? Warum finden sich bis heute falsche anatomische Darstellungen in Anatomie- und Schulbüchern? Wie wandelbar die weiblichen Geschlechtsorgane sind und welche Funktionen sie erfüllen – das wissen die wenigsten. Historische Diffamierungen der weiblichen Geschlechtsorgane haben sich bis heute gehalten. Mit gravierenden Auswirkungen auf die weibliche Selbstbestimmung und Sexualität.
    Aktivistinnen in Kunst, Film und Performing Arts wollen Licht ins Dunkel bringen: weniger Scham, mehr Lust. Mit dem alten Tabu soll endlich Schluss sein. Frauen beginnen ihre eigenen Körper und ihre Sexualität zu entdecken und zurückzuerobern. Dazu gehört auch die Sichtbarmachung und Umbenennung der am stärksten tabuisierten Bereiche, nämlich von Vulva und Vagina. Was sagt die steigende Anzahl von Intim-Operationen über das Verhältnis der operierten Frauen zu ihrem eigenen Körper? Worin liegen die Gründe des Trends? Wie genau sind Vulva und Vagina aufgebaut, und welche „Funktionen“ haben sie? Wie müsste ein Aufklärungsunterricht aussehen, der junge Mädchen stark und selbstbewusst macht, statt Begriffe wie „Schamlippen“ zu benutzen und Fruchtbarkeit als Sinn und Zweck der Sexualität zu propagieren? Was ist mit der Fähigkeit zur Lust am Sex, wenn der eigene Körper als fremd empfunden wird? Welche Möglichkeiten gibt es, Frauen mit ihren Körpern vertrauter werden zu lassen? Welche Aktivistinnen setzen sich in Kunst und Kultur für die Sichtbarmachung und Entstigmatisierung von Vulva und Vagina ein? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 14.05.20203sat
  • Folge 304 (60 Min.)
    Gefängnisstrafen sollen die Gesellschaft schützen. Doch viele werden in der Vollzugsanstalt erst zum Täter, weil sie Teil entsprechender Netzwerke werden. Warum strafen wir also? Andere fallen nach der Strafe in ein noch tieferes soziales Loch – und geraten so erneut auf die schiefe Bahn. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über das „Prinzip Strafe“. Es geht in erster Linie um Genugtuung. Es geht um die Befriedigung des Bedürfnisses nach Vergeltung. Es geht um uns, um die Gesellschaft und nicht um den Täter. Grund genug, über Strafen und ihren Sinn nachzudenken. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 28.05.20203sat
  • Folge 305 (60 Min.)
    Nie ist Vertrauen mehr gefragt als angesichts großer Gefahr, Katastrophen und Krisen. Ein Großteil der Deutschen scheint der Regierung derzeit viel mehr zu vertrauen als vor der Corona-Krise. Gert Scobel diskutiert mit den Philosophen Julian Nida-Rümelin und Martin Hartmann sowie anderen Gästen über die Macht des Vertrauens, worin es wurzelt und welche Bedeutung es für die globale Gesellschaft angesichts einer der größten Krisen in der Geschichte hat. Die Politik bewältige die Corona-Krise gut – diesen Eindruck hat ein großer Teil der Bevölkerung, wie Kommunikationswissenschaftler Anfang April in einer Umfrage ermittelten.
    Wie kann das sein? Und kann dieser Corona-Effekt nachhaltig sein? Das Vertrauen in Institutionen, die politischen Vertreter und die Medien war vor der Pandemie an einem Tiefpunkt angelangt. Eine Vertrauenskrise auf breiter Front beherrschte noch vor wenigen Wochen das Klima in Deutschland, umfasste das Schulsystem und die Wissenschaft, aber auch Großunternehmen und generell den Kapitalismus und die Demokratie.
    Ist dieses neue Vertrauen von Dauer, oder droht der gesellschaftliche Zusammenhalt nach dem Höhepunkt der epidemiologischen Krise wieder verloren zu gehen, wenn Deutschland und die Welt unter der größten Wirtschaftskrise aller Zeiten ächzen und die andauernden Einschränkungen der Freiheitsrechte das öffentliche und private Leben tief greifend verändern – oder gar beschädigen? Um das Leben und vor allem um Krisen zu bewältigen, braucht der Mensch Vertrauen. Entwicklung und Fortschritt sind unmöglich ohne Vertrauen.
    Wir verdanken unser Leben dem Grundvertrauen in unsere Eltern, Partner, in unsere Mitmenschen und in das Funktionieren der Welt. Und: Vertrauen macht verletzlich. Um zu überleben, musste und muss der Mensch manchmal auch misstrauen. Dem Unbekannten, dem Fremden, dem Neuen. Wo liegt das Optimum im breiten Spektrum zwischen Vertrauen und Misstrauen? Redaktionshinweis: Vorbehaltlich aktueller Änderungen findet die Sendung im Rahmen des internationalen Festivals der Philosophie phil.cologne in Köln statt. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 04.06.20203sat
  • Folge 306 (60 Min.)
    Was ist Natur? In den wenigsten Fällen das, was die Menschen dafür halten, denn unberührte naturbelassene Flächen sind extrem selten geworden. Diese Tatsache wird zur Überlebensfrage.
    Zu Gast bei Gert Scobel sind: Alexandra Maria Klein, Biologin, Agrarökologin und Zoologin, Thomas Potthast, Professor für Ethik, Theorie und Geschichte der Biowissenschaften an der Eberhard Karls-Universität Tübingen sowie Christof Schenck, Biologe und Feldforscher.
    Natur ist Lebensraum für Pflanzen, Tiere und Menschen. Der Schutz von Habitaten steht in direktem Zusammenhang mit Biodiversität. Wir befinden uns mitten im größten Artensterben aller Zeiten, was für die Spezies Mensch längst zur Existenzbedrohung geworden ist. Die Vorgabe der EU lautet, dass bis 2020 wenigstens zwei Prozent unseres Landes naturbelassene Fläche bleiben soll. Doch selbst davon ist Deutschland aktuell meilenweit entfernt. 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet, weil Deutschland viele seiner Fauna-Flora-Habitate nicht unter Schutz gestellt hatte.
    Gleichzeitig zeigen Deutsche mit dem Finger auf Brasilien und fordern den völligen Erhalt des Regenwaldes – während in Deutschland selbst täglich eine Fläche nach der anderen bebaut und damit versiegelt wird. Das führt zur Frage, was Natur jenseits romantisierender Vorstellungen und des Missverständnisses von Natur als besonders schöner Kulturlandschaft wirklich ist und weshalb sie so dringend gebraucht wird. Was „naturbelassen“ tatsächlich bedeutet, was dafür zu tun ist und in welchen Zeiträumen man dabei denken und handeln muss, darüber diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen:
    - Alexandra Maria Klein: Biologin, Agrarökologin und Zoologin
    Sie leitet das Institut für Naturschutz und Landschaftsökologie an der Uni Freiburg. Forschungsschwerpunkte sind unter anderem: Ökosystemfunktionen, Stabilität von Ökosystemen, Wirkung von Landschaftsveränderungen. Für ihre Forschungsarbeit erhielt sie mehrere Preise. Sie ist Leitautorin des Weltbiodiversitätsrates IPBES, Mitglied der Leopoldina-Expertengruppe für Ökosystemleistungen, Landwirtschaft und Neonikotinoide und gehört zum Beraterstab des Bundesumweltministeriums.
    - Thomas Potthast: Professor für Ethik, Theorie und Geschichte der Biowissenschaften an der Eberhard Karls-Universität Tübingen
    Der Biologe und Philosoph ist zudem Vorstandsmitglied und Sprecher des Internationalen Zentrums für Ethik in den Wissenschaften (IZEW) in Tübingen. Forschungsschwerpunkte sind unter anderem: Moralphilosophie, Bioethik, Umweltethik, Ethik und Nachhaltige Entwicklung in Bezug auf Globalen Wandel, Landwirtschaft/​Ernährung, Bioökonomie und Naturschutz, Naturethik und Naturphilosophie der Biodiversität.
    - Christof Schenck: Biologe und Feldforscher
    Er ist Geschäftsführer der Zoologischen Gesellschaft Frankfurt, deren Ziel es ist, Wildnis und biologische Vielfalt in den letzten großen Wildnisgebieten der Erde zu erhalten. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 13.08.20203sat
  • Folge 307 (60 Min.)
    Strom aus erneuerbarer Energie liefert heute schon mehr Kapazitäten, als verbraucht werden. Effektive Energiespeichersysteme sind Mangelware. Wo bleiben die innovativen Speicherprojekte? Da wird munter und erfolgreich an der Energiewende gearbeitet, weltweit wird gigawattweise Strom aus Sonnen- und Windkraft erzeugt. Doch die drängende Frage, wohin mit der ganzen Energie, bleibt unbeantwortet. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen. Aus den Forschungslaboren dieser Welt hört man zwar regelmäßig von technologischen Durchbrüchen in der Entwicklung von Stromspeichersystemen.
    Schaut man aber genauer hin, sind dies meist nur Prototypen, die im Alltag nicht einsetzbar sind. Auch die Entwicklung von Stromspeichern für die boomende E-Mobilität kommt nicht wirklich voran. Die durchschnittlichen Kapazitäten von Batterien in E-Autos, aus der sich die mögliche Reichweite ergibt, sind immer noch bescheiden. Technologische Hürden können anscheinend nur schwer überwunden werden. Es braucht also dringend neue Ideen, neue Konzepte und technologische Innovationen für das Speichern von Energie. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 20.08.20203sat
  • Folge 308 (60 Min.)
    Die Digitalisierung verändert immer mehr die Wirtschaft und das Privatleben. Sind wir auf diesen rapiden und komplexen gesellschaftlichen Wandel auch ethisch gut vorbereitet? Leistungsfähige Technologien und Algorithmen führen zu rasanten Transformationen in sozialen und ökonomischen Systemen. Damit uns diese Entwicklung nicht überrollt, brauchen wir dringend Werte und Regeln für Entscheidungen. Eine grundlegende Frage, die in ethischen Debatten immer wieder auftaucht, lautet: Unterliegen die Veränderungen den Zwängen der Ökonomie, oder kann der technologische Fortschritt auch für demokratische Prozesse und soziale Erneuerungen genutzt werden? Die Beantwortung dieser Frage hängt nicht nur davon ab, welche Forschungsaufträge gefördert und realisiert werden, sondern vor allem auch, wie die Anwendungen der modernen Technologien aussehen.
    So kann man beispielsweise in der Medizin und Logistik mithilfe der Digitalisierung zunehmend effektiver und präziser arbeiten. Aber viele der im Internet gesammelten Daten sind private Daten, die man zum einen für persönliche Interessen, zum anderen aber auch für manipulative Zwecke benutzen kann.
    Im Idealfall regelt der Datenschutz die Nutzungsmöglichkeiten der Informationen. Doch längst hat sich ein informationstechnologischer Markt etabliert, dessen Macht und Stärken kaum noch zu regulieren sind. Die fehlende Transparenz der großen IT-Firmen tangieren unmittelbar das Recht auf Selbstbestimmung und Autonomie der Nutzer. Denn meistens wissen nur wenige Experten, was mit den persönlichen Daten wirklich passiert. Wie funktioniert überhaupt der Handel mit Daten? Was machen Facebook, Google und andere Technik-Giganten mit der Auswertung ihrer Daten? Sind digitale Informationen der neue Rohstoff für ökonomische und politische Erfolge im 21. Jahrhundert? Wenn vieles in der digitalen Welt immer undurchsichtiger und unüberschaubarer wird, brauchen wir dann nicht zwingend Räume und Zeiten für bessere Gestaltungsprozesse und nachhaltige Innovationen? Und zu guter Letzt: Erfüllt die KI-Forschung ethische Kriterien, und kann sie einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Corona-Pandemie leisten? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen in „scobel – Ethik fürs Digitale“. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 03.09.20203sat
  • Folge 309 (60 Min.)
    Wenn wir ehrlich sind, haben wir den Kampf längst verloren: Wir werden den Klimawandel nicht mehr aufhalten und mit drastischen Umbrüchen leben müssen. Gert Scobel diskutiert mit Gästen. Der Klimawandel findet längst statt. Dadurch wurden Prozesse in Gang gesetzt, die das Ganze in Zukunft noch weiter beschleunigen werden. Und weltweit gibt es seit Jahrzehnten so gut wie keine ernsthaften Bemühungen, irgendetwas grundlegend zu ändern. Das klingt unangenehm und verhängnisvoll. Aber erst diese Haltung macht den Geist frei für eine sehr pragmatische Sicht auf den Klimawandel.
    Wie können wir uns bestmöglich für viele Menschen mit dem Klimawandel arrangieren – etwa, indem wir uns einrichten in den heißen Klimazonen mit vermehrten Dürren, sinkenden Wasserspiegeln, heftigen Waldbränden, Stürmen und Überschwemmungen? Das wird nicht nur teuer, sondern bedeutet für viele Menschen vielleicht auch, ihre Heimat verlassen zu müssen und alles zu verlieren. Wie und wo werden wir in Zeiten des fortgeschrittenen Klimawandels leben? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über die Welt von morgen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 24.09.20203sat
  • Folge 310 (60 Min.)
    In Corona-Zeiten haben nicht nur Verschwörungstheorien Hochkonjunktur: Angst beherrscht zunehmend unser Sein. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft weicht einem pessimistischen Weltbild. Statt Utopien bestimmen immer öfter Dystopien unsere Zukunftsvorstellung. Auch, weil sich die Visionen der Vergangenheit zu den Problemen der Zukunft wandeln: Persönliche Freiheit und Mobilität zerstören auch den Planeten. GertScobel diskutiert furchtlos mit Gästen. Die Zukunft hat ihre Versprechen nicht eingelöst. Auch der Glaube an die Allmacht der Wissenschaft und an den technologischen Fortschritt ist Skepsis gewichen.
    Die hochgepriesene Künstliche Intelligenz und Automatisierung kann den Menschen entweder von stupider Arbeit befreien oder ihn arbeitslos machen. Die Ungewissheit unserer Zeit versetzt viele in Angst und Schrecken, und einige suchen ihr Heil in Verschwörungstheorien oder in der Vergangenheit. Entweder wollen sie Amerika wieder „great“ machen oder Deutschland wieder „deutsch“. Das unfassbare Virus ist in dieser Gemengelage am Ende vielleicht nur ein Brandbeschleuniger in einer schon vorher von Angst zerfressenen Gesellschaft. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 01.10.20203sat
  • Folge 311 (60 Min.)
    Warum wird der Mensch krank? Der Homo sapiens ist aus Sicht der Evolutionsbiologie eine Mängelkonstruktion – seit jeher anfällig für Leiden aller Art. Krankheit ist Erbe unserer Evolution. Die Evolutionsmedizin sucht mithilfe der Molekulargenetik und Untersuchungen an Tieren, fossilen Menschen und Mumien nach neuen Erkenntnissen über die Entstehung von Krankheiten wie Arteriosklerose, Krebs, Adipositas, Allergien, Alzheimer bis hin zu Depressionen. Auch neue Therapien und vor allem die Möglichkeiten der Gesundheitsprävention erforscht die junge Wissenschaft. Eine zentrale Frage der evolutionären Medizin ist dabei: Warum wurden in der menschlichen Entwicklung krankmachende Gene und biologische Mechanismen wie zum Beispiel das ungehinderte Zellwachstum, das Krebs verursachen kann, nicht einfach durch Selektion abgeschafft? Sind sie für die Evolution und das Fortbestehen eines Organismus unter bestimmten Umständen sinnvoll – oder gar von Vorteil? In der aktuellen medizinischen Forschung rücken Entzündungsprozesse und Störungen des Immunsystems als Ursachen zahlreicher Krankheiten mehr und mehr in den Blick.
    Aus Sicht der Evolution stellt sich die Frage, ob es überhaupt ein perfektes Immunsystem gibt.
    Der Evolutionsmediziner Frank Rühli hält insbesondere chronische Entzündungen, die die Menschheit seit jeher begleiten, für sehr wichtig für das Verständnis der Evolution der Krankheiten. Und der Anthropologe Aaron Blackwell, der die Evolution des Immunsystems erforscht, könnte sich vorstellen, dass unter anderem unser mangelnder Kontakt mit Darmparasiten wie Spulwürmern und Hakenwürmern, die den Menschen in seiner Entwicklungsgeschichte bis vor Kurzem stets begleitet haben und in manchen Weltregionen immer noch begleiten, unser Immunsystem überreagieren lassen.
    Das Erbgut des Menschen enthält Informationen aus 3,5 Milliarden Jahren Entwicklung. Die längste Zeit hat die Evolution nicht Lebensqualität und Langlebigkeit des Menschen bei der Vererbung zur Priorität gemacht, sondern seine Fortpflanzungsfähigkeit. Wird das so bleiben? Welchem Selektionsdruck, also welchen evolutionären Einflüssen, unterliegt der moderne Mensch heute, und wie wird er sich womöglich in Zukunft an seine Umwelt anpassen? Dass zum Beispiel der Klimawandel und Pandemien auch einen großen Einfluss auf die Evolution der Krankheiten haben werden, daran dürfte kein Zweifel bestehen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 22.10.20203sat
  • Folge 312 (60 Min.)
    Weiß ein Oktopus, wer er ist? Die Kopffüßer gelten als sehr intelligent, aber haben sie auch ein Bewusstsein? Die Evolution hat bei ihnen einen anderen Weg eingeschlagen als beim Menschen. Oktopoden gelten als Aliens der Meere – ihre Hirnstruktur ist so anders als die der Wirbeltiere. Sie haben neun Gehirne und können ihre Farbe innerhalb von Sekunden ändern. Ob sie neben ihren kognitiven Fähigkeiten auch ein Bewusstsein entwickelt haben, wird erforscht. Wir Menschen neigen dazu, nur Wirbeltiere wie uns selbst als intelligent zu erachten – weil das Hirn von Affen oder Hunden ähnlich aufgebaut ist wie das unsere.
    Oktopoden passen da so gar nicht ins Bild – sie leben im Meer, haben keine Wirbelsäule, und ihr Körper ist eher seltsam aufgebaut. Und doch sind sie zu den erstaunlichsten Leistungen fähig: Sie knacken Kokosnüsse, können kleinste Behältnisse verlassen, erkennen Menschen wieder, können ihre Farbe innerhalb von Sekunden ändern und sich sogar optisch in Felsbrocken verwandeln. Ihre 500 Millionen Neuronen nutzen sie dabei äußerst effektiv und auch noch dezentral: Sie verfügen über neun Gehirne.
    Die Evolution ist also an einer Stelle, die zeitlich schon sehr lange zurückliegt, einfach abgebogen und hat ein System hervorgebracht, das auch bei der Entwicklung künstlicher Intelligenz eine Rolle spielen kann. Wie steht es indes aber um die Entwicklung des Bewusstseins beim Oktopus? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über Oktopoden, die Entwicklung des Bewusstseins und die Frage, ob die Menschen als Produkt der Evolution diese überhaupt ganz verstehen können. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 29.10.20203sat
  • Folge 313 (60 Min.)
    Gesellschaftliche Spaltungen nehmen zu – zwischen Alt und Jung, Stadt und Land, Analog und Digital. Die Gräben werden immer größer. „scobel“ fragt, wie man Spaltung entgegenwirken kann. Ob es sich um wirtschaftliche, politische, ideologische oder digitale Spaltungen handelt: Die Lücken zu schließen, scheint schwer zu sein. Dazu kommt: Ein gewisser Grad an Polarisierung ist für eine lebendige Gesellschaft sogar notwendig. Spaltung ist ein Wort, welches unglaublich häufig in unserer Sprache verwendet wird. Holz kann genauso gespalten werden wie zum Beispiel ein Atomkern. Es gibt die Spaltung als Fachterminus in der Psychologie und als Begriff für gesellschaftliche Trennungen.
    Durch alle Bereiche unserer Gesellschaft ziehen sich viele trennende Gräben, die eher größer als kleiner werden. Egal, ob es sich um wirtschaftliche, politische, ideologische oder digitale Spaltungen handelt – die Lücken zu schließen, scheint schwer bis unmöglich zu sein. Nicht nur in den USA kann man eine zutiefst gespaltene Gesellschaft beobachten. Diesen Befund kann man inzwischen etlichen Staaten dieser Welt ausstellen. Dabei benötigen Gesellschaften für die Werte-Orientierung ihrer Mitglieder einen gewissen Grad an Polarisierung – widersprechende Ideologien, die es uns einfacher machen, uns einzusortieren.
    Politik könnte einer extremen Polarisierung entgegenwirken, mit einer ausgewogenen Sozialgesetzgebung und einer Bildungspolitik, die allen gleiche Chancen bietet, und durch die Förderung einer offenen, diskursfreudigen Öffentlichkeit. Politik kann aber natürlich auch Polarisierung bewusst anfeuern. Wo kommen eigentlich diese vielfältigen Spaltungen unserer globalen Gesellschaft her, und wie kann man ihnen effektiv entgegenwirken? Diese und andere Fragen diskutiert Gert Scobel mit seinen Gästen. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 05.11.20203sat
  • Folge 314 (60 Min.)
    Alle Menschen, so unterschiedlich sie auch sind, erhalten im Krankheitsfall identische Wirkstoffe. Genforschung und Datenanalyse sollen nun eine maßgeschneiderte Therapie möglich machen. Genetische Disposition, Kultur, Ernährung, physische und psychische Komponenten – jeder dieser Faktoren spielt eine Rolle im Zusammenhang mit der individuellen körperlichen und seelischen Verfassung. Jeder einzelne Organismus arbeitet daher unterschiedlich. Medikamente werden heute dennoch überwiegend nur an einem Modell-Organismus getestet. Männer, Frauen, Kinder, Alte, Junge, unabhängig von ihrer kulturellen Herkunft, erhalten lediglich angepasste Dosierungen.
    Diese wenig passgenaue Medikation ist nicht selten der Grund für die Erfolglosigkeit der Therapie. Bessere Heilungschancen auch durch eine ganz neue Art der Prävention verspricht die Vision von der personalisierten Medizin. Bis jetzt sind die erforderlichen Verfahren für die Pharmabranche zu aufwendig und zu wenig lukrativ, weil die Entwicklungskosten eines Medikaments viel zu hoch sind, um sie nur für einen Patienten einzusetzen.
    Jetzt soll Digitalisierung helfen. Gewaltige Sammlungen von Patientendaten sollen über Algorithmen ausgewertet werden und den Ärzten wichtige Hinweise auf die für jeden einzelnen Patienten passgenaue Behandlung geben – um bestehende Krankheiten zu heilen oder, noch viel besser, um eine Krankheit erst gar nicht entstehen zu lassen. Wie realistisch ist er, der Traum vom langen gesunden Leben, und was kostet er uns? Kann bei solchen Mengen personenbezogener Daten noch Anonymität garantiert werden? Welche ethischen Bedenken gibt es? (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 12.11.20203sat
  • Folge 315 (60 Min.)
    Die moderne Medizin erfüllt immer mehr unfruchtbaren Menschen ihren Kinderwunsch. Was wird in Zukunft möglich sein? Und wo liegen die Ursachen dieser großen Sehnsucht nach dem eigenen Kind? Fruchtbarkeit hat Grenzen. Bei nicht optimalem Genmaterial kommt es entweder zu Fehlgeburten, oder die Befruchtung bleibt aus. Trotzdem versuchen viele Paare immer wieder, sich ihren Wunsch nach einem Kind zu erfüllen. Mit wachsenden Chancen – dank moderner Medizin. Lange Zeit schien Kinderkriegen die einfachste Sache der Welt.
    Doch bei immer mehr Menschen in den Industrienationen klappt es immer weniger mit der Fortpflanzung. Eine milliardenschwere, global agierende „Kinderwunsch-Industrie“ bietet Lösungen an – von der ganz normalen In-vitro-Fertilisation über den Kauf von Sperma und Eizellen bis hin zur Leihmutterschaft. Das Wunschbaby scheint nun auch im fortgeschrittenen Alter oder bei ungünstiger körperlicher Disposition realisierbar – für Männer und Frauen. Das kann jedoch nicht nur psychisch und physisch sehr belastend sein, oftmals ist der Weg in ein Kinderwunschzentrum auch mit hohen finanziellen Aufwendungen verbunden.
    Und nicht alles was möglich ist, ist auch ethisch vertretbar. In Deutschland bleiben beispielsweise Eizellspende und Leihmutterschaft verboten. Die Folge: Viele Paare, aber auch Alleinstehende, gehen ins europäische oder außereuropäische Ausland. Denn dort ist viel mehr möglich. Doch allzu oft wird zu schnell das ganze Arsenal der modernen medizinischen Möglichkeiten ausgeschöpft – eventuelle psychische Ursachen werden ignoriert.
    Dabei gibt es alternative, sanftere Möglichkeiten. Was ist überhaupt noch ethisch vertretbar, und wo sollten die Grenzen der globalen Fruchtbarkeitsindustrie liegen? Warum wünschen sich Menschen überhaupt Nachwuchs? Und was ist mit den Müttern, die es bedauern, Kinder bekommen zu haben? Ist Kinderkriegen in Zeiten von Klimawandel und steigender Weltbevölkerung überhaupt noch sinnvoll? Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen über Ursachen und Problematiken des unbedingten Kinderwunsches. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 19.11.20203sat
  • Folge 316 (60 Min.)
    Kipppunkte sind Wendepunkte, die Strukturen oder Systeme grundlegend verändern. Führen radikale Umbrüche zu Katastrophen, oder schaffen sie die Grundlage für einen positiven Neuanfang? Ist erst der Grenzwert einer kritischen Masse einmal überschritten, gibt es nur selten eine schnelle Rückkehr. Heftige Umwälzungen haben oft langfristige Folgen, und ihre Anfänge sind kaum zu durchschauen. Wie kann man disruptive Kipppunkte erkennen und vermeiden? Je weitreichender die Auswirkungen von Kipppunkten sind, desto höhere Kosten sind oftmals mit den Veränderungen verbunden.
    Beispielsweise hat die Corona-Pandemie zu erheblichen Produktions- und Absatzrückgängen, aber auch zu massiven Einsparungen im Dienstleistungssektor geführt. Ein Virus setzt die Wirtschaft zurzeit enorm unter Druck. Aber auch im ökologischen Bereich entstehen – aufgrund von Kipppunkten des Klimas – Dürren und Überschwemmungen mit immensen Folgekosten. Was die Vorhersagen solcher Schwellenereignisse so schwierig macht: Mit steigender Komplexität lässt sich der ausschlaggebende, kritische Punkt nur ganz schwer prognostizieren und berechnen.
    Zwar lassen sich aus Daten richtungsweisende Simulationen und Modelle gewinnen, mit denen Prozesse und Rückkoppelungen umfangreich erfasst werden können, doch die realen Kipppunkte und deren Auswirkungen lassen sich nicht exakt vorhersagen. Dennoch sehen vor allem Klimaforscher aus allen Kontinenten in der Zunahme von CO2-Konzentrationen, schmelzenden Eisbergen und steigenden Temperaturen verschiedene Kipppunkte, die für das Eintreten eines globalen Klimawandels sprechen. Aber auch Ökonomen untersuchen zunehmend Kipppunkte, die Auslöser für internationale Finanzkrisen sind.
    Politologen beobachten inzwischen starke Erosionen in Demokratien als Folge solcher Kipppunkte. Nicht jede Reform und jeder Transformationsprozess verläuft kontinuierlich und gradlinig. Manchmal kommt es zu disruptiven Veränderungen, die zu starken Umstrukturierungen in wirtschaftlichen und politischen Systemen führen. Gert Scobel diskutiert mit seinen Gästen anhand einiger Beispiele die Dynamik von Kipppunkten und die Erschütterungen, die in verschiedenen Bereichen durch sie ausgelöst werden. (Text: 3sat)
    Deutsche TV-PremiereDo 10.12.20203sat

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