75 Jahre ARD: Der Sender für alles – vor allem für tolles Kinderprogramm und Filmschätze
Von „DuckTales“, „Disney Club“ und Entdeckungen im Nachtprogramm
Jan Noyer – 07.06.2025, 09:00 Uhr

In diesem Jahr feiert die ARD ein großes TV-Jubiläum, nämlich ihr 75-jähriges Bestehen. Den Geburtstag nimmt auch die Redaktion von fernsehserien.de zum Anlass, um der ARD zu gratulieren: Redakteure und Mitarbeiter der unterschiedlichsten Generationen teilen ihre persönlichen Erinnerungen und Gedanken rund um die ARD. Heute erzählt unser Serienredakteur Jan Noyer davon, wie ihn insbesondere das Kinderprogramm und Filmentdeckungen im ARD-Nachtprogramm begeistert haben.
Bei der ARD gab es keinerlei Diskussionen. Egal, ob man die TV Hören und Sehen oder die HÖRZU zuhause auf dem Couchtisch liegen hatte: Die ARD war immer der erste Sender, über dessen Programm man sich informieren konnte, in beiden Publikationen auch in einem dezenten Hellblau gehalten, das als Kind auf mich eine unaufdringliche Seriosität ausstrahlte. Es kommt immer und überall als Erstes, das muss ja wichtig sein. Und nicht nur mir ging es so. Denn als ich eines Abends mal im Familienkreis „Abenteuer Zoo“ auf 3sat schauen wollte, wurde auch die „Tagesschau“ dort angesehen, was meine Großmutter wie folgt kommentierte: Die ‚Tagesschau‘ auf 3sat, da habe ich die ja noch nie gesehen!
Es schwang etwas geradezu Unerhörtes in dieser Aussage mit: Die „Tagesschau“, die schaut man gefälligst in der ARD, wo denn auch sonst? Sodom und Gomorrha, also echt!
Während ich persönlich vielen Sendern ein in Kindertagen entstandenes Profil zuordnen kann (egal, ob es einer detaillierten, „objektiven“ Betrachtung standhalten würde, Erinnerungen sind halt Erinnerungen), so war mir im Vorfeld zu diesem Text nicht ganz klar, wie ich die ARD eigentlich einsortiert habe. Das ZDF war der Doku-Sender, RTL der Sender für Wochenend-Cartoons, Dinosaurier und die „Disney Filmparade“, Sat.1 hatte „Star Trek“ gebucht, ProSieben war für Banger wie „Tiny Toons“ und „Animaniacs“ zuständig, N3 bot Ernie, Bert, der Maus und Spencer und seinem Runddorf ein Zuhause. Aber die ARD? Nach längerem Überlegen kam ich zu dem Schluss: Die ARD, das war der Sender für alles und kam wahrscheinlich dem, was man als Anspruch an ein öffentlich-rechtliches TV-Programm formulieren könnte und sollte, tatsächlich sehr nahe.
Zunächst brachte mir die ARD natürlich „DuckTales – Neues aus Entenhausen“, ein bis heute nachhallendes mediales Erweckungserlebnis, über das ich an anderer Stelle bereits berichtet habe (nämlich hier). Interessanterweise war „Die Sendung mit der Maus“ für mich nie eine ARD-Sendung. Es war das Magazin, das jeden Donnerstag um 18 Uhr auf N3 lief. Noch Jahre später war ich geradezu irritiert, wenn mir Freunde von ihrem sonntäglichen Maus-Ritual um 11:30 Uhr in der ARD berichteten. Eine ähnliche Empfindung, wie es sich für meine Oma falsch anfühlte, die „Tagesschau“ auf 3sat zu schauen, denke ich mir.
Folgerichtig zu „DuckTales“ war die ARD für mich in erster Linie ein Sender mit tollem Kinderprogramm: der „Disney Club“, „Graf Duckula“, „Die Gummibärenbande“, „Als die Tiere den Wald verließen“, Wiederholungen von „Nils Holgersson“ und „Barbapapa“ – es gab schon einiges zu sehen. Wehe aber, wenn mal wieder Tennis übertragen werden musste und dafür das Kinderprogramm der Programmänderung zum Opfer fiel. Noch heute knirsche ich mit den Zähnen, wenn ich im Fernsehen die Tennis-typische Geräuschkulisse vernehme – irgendwo fällt deshalb bestimmt etwas bedeutend Cooleres aus.
Der Show-Charakter des „Disney Clubs“ rettete sich auch ins Abendprogramm, wo es „Flitterabend“, „Geld oder Liebe“ oder – ja, auch das gehört zur Wahrheit, zumindest wenn man mal bei seinen Großeltern übernachtete – eine Volksmusik-Sendung gab. Letzteres war zwar nie etwas, das ich als Kind wirklich gerne ansah, aber ich würde auch lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte nicht meinen Anteil an diesen in den 1990er Jahren omipräsenten Formaten gesehen. „Kalkofes Mattscheibe“ musste ja auch befüllt werden. Apropos Kalkofe – auch der war mal mit der „Wunderbaren Welt des Sports“ schon vor „Faking Bad“ in der ARD vertreten.
Ansonsten war die ARD für mich auch stets ein Spielfilm-Sender, der – das wurde schnell wichtig für jemanden, der früh begann, Filme auf VHS zu archivieren – den ganzen Abspann zeigte. Die Unsitte, diesen irgendwann schneller ablaufen zu lassen, um Sendezeit zu sparen, konnte nur unterbunden werden, indem es noch möglichst lange, während die Credits rollten, etwas zu sehen gab und die Worte nicht einfach vor einem schwarzen Hintergrund nach oben liefen – „Die Nacht hat viele Augen“, ich danke dir! Die ARD ließ mich dank ihres vielfältigen Angebots auch immer mit Filmen in Berührung kommen, die mich eigentlich nicht interessieren „sollten“. „Kindheit“ von 1987 im frühen Grundschulalter sehen? Eigentlich nicht, aber auch nicht schädlich.
Etwas wie „So sind die Tage und der Mond“ in der Nacht aufnehmen, weil die Fernsehzeitschrift ihn so interessant beschrieb, nur um dann als vielleicht Elfjähriger kaum etwas zu raffen? Für die filmische Sozialisation bestimmt nicht das Allerschlechteste. Die ARD stand auch für das Entdecken von Zufälligkeiten, die mal mehr, mal weniger verfingen – etwas, das in dieser Form im Zeitalter des Streaming wohl verloren geht.
Danke, ARD, dass du mir immer etwas von allem geboten hast, dass du so viele meiner Lieblingskindermedien nach Deutschland geholt, die ordentlich synchronisiert und dann NICHT irgendwo im Randprogramm versteckt hast. Danke für deinen auch heute noch ziemlich guten Filmkatalog und dein hervorragendes Kinderprogramm (mein Kind möchte gern die Maus und Checker Tobi grüßen). Auf die nächsten 75 Jahre!
Über den Autor
Jan Noyer wuchs als 1984er-Jahrgang mit dem „Disney Club“, Cartoons am Wochenend-Vormittag und der „Sesamstraße“, „Die Sendung mit der Maus“ und „Hallo Spencer“ um 18 Uhr in N3 auf. Später kamen Nachmittags-Endlos-Wiederholungen von „Star Trek“ und „MacGyver“ dazu und noch später wurde in den Ferien mit „Cheers“, „Frasier“ und „Chaos City“ die Nacht zum Tag gemacht. Heute schaut er noch lieber Filme (alles von Trash bis Arthouse) als Serien, auch weil er mit vielen sogenannten „Quality-TV“-Formaten wenig anfangen kann, da sie seiner Meinung nach viel Zeit mit erschreckend wenig Inhalt füllen (fragt ihn nicht nach „The Walking Dead“, „Westworld“ oder den allermeisten Netflix-Serien). Positiven Serienbeispielen wie „The Knick“, „Jordskott“ oder „The Marvelous Mrs. Maisel“ ist er aber dennoch gegenüber aufgeschlossen. Sprich: eigentlich glotzt er genauso viel wie alle anderen in der Redaktion, der er seit Mitte 2014 angehört.
Lieblingsserien: Raumschiff Enterprise – Das nächste Jahrhundert, DuckTales, Real Humans – Echte Menschen
Kommentare zu dieser Newsmeldung
chrissie777 am via tvforen.de
Mir gefielen vor allem die spannenden alten britischen CFF Filme für Kinder und Peter Podehl's "Höhlenkinder" TV Serie von 1962.
"Lassie" mit Jeff und "Fury" mit Bobby Diamond waren ebenfalls fantastisch.
Die 60er Jahre boten das beste Kinderprogramm.
Gruss,
ChrissieMarcus Cyron (geb. 1976) am
Leider bringen die Sender des ÖRR mittlerweile nahezu gar keine Filme mehr, abgesehen von ihren zumeist drögen, öden Eigenproduktionen und skandinavischen bzw. britischen Krimis. Es gibt kaum noch einen Grund, lineares TV zu schauen.Batman (geb. 1967) am
und die Privaten sind besser, werbe zerhackstückelte Filme und Serien, nein danke, und die ÖRs haben doch sehr gute eigenproduktionen, wo sich das Einschalten lohnt, auch britische Serien, lineares TV hat auch die nächsten Jahre bestand, streamen ist nicht die Lösung ...Roman1976 (geb. 1976) am
ÖR muß ich bezahlen, Private nicht. Das ist der Unterschied
Neb (geb. 1985) am
Danke für den großartigen Text!
In der Tat habe ich mich in ganz vielen Situationen wiedergefunden.
Sogar beim "Nachts etwas aufzeichnen, weil es so interessant klingt".
Und ja, die ARD ist wohl ebenfalls für mich (neben arte) auch heute noch einer der besten TV-Sender, die wir haben.
Zwar gucke ich mittlerweile fast alles in der Mediathek, aber produziert wird es ja trotzdem von ihnen.
Daher auch nochmal: Danke an Das Erste!Batman (geb. 1967) am
bei ARTE gebe ich dir recht, auch einer meiner Lieblingssender, ARD nicht so sehr, bis auf den Spartenkanal ONE wegen der britischen Serien und den Wdh. alter Krimiseroien ...