bisher 17 Folgen, Folge 1–17
1. Penthesilea
Folge 1 (27 Min.)In einer Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg adaptiert Regisseur Max Villwock „Penthesilea“ für den Kurzfilm „Frauenbilder in der dramatischen Weltliteratur“. Im Drama „Penthesilea“ greift Heinrich von Kleist den antiken Amazonen-Mythos auf und erzählt die fatale Liebesgeschichte zwischen Penthesilea und Achilles. Eine Geschichte um ein Paar, das sich mit seiner Liebe den gesellschaftlichen Normen widersetzt. Der Kurzfilm „Penthesilea“ transportiert diese Geschichte in die heutige Lebenswelt. Modern und aktuell präsentieren sich nicht nur die Figuren und ihre Beziehungen, sondern auch der visuelle Look des Kurzfilms.
Die transsexuelle Puertoricanerin Penthesilea hat in Berlin nicht nur Arbeit als Hebamme gefunden, sondern auch ein Zuhause. Nachts rast sie auf ihrem Motorrad über die Autobahn oder hängt mit ihrem Kumpel Nadim in seiner Bar ab. Als sie ein Fremder im Nachtbus belästigt und diskriminiert, eskaliert die Situation. Einer der Fahrgäste, der junge Franzose Latif, ist von ihr fasziniert. Die Einzelkämpferin Penthesilea ist von dem zurückhaltenden Latif amüsiert und verführt ihn im Handumdrehen. Zwischen den beiden entwickelt sich eine fragile Liebesgeschichte. Latif träumt von Penthesilea, wacht aber neben seiner Freundin Maria auf, doch er hat sich schon lange von ihr distanziert.
Bei seiner Arbeit am Flughafen als Gepäckabfertiger hat er viel Zeit zum Nachdenken. Seitdem er Penthesilea kennt, weiß er, dass er ein falsches Leben führt. Die Begegnung gibt ihm endlich die Kraft, sich von Maria zu trennen. Auch Penthesilea wird von Latif in ihren Träumen nicht losgelassen. Sie hat Schwierigkeiten, Latif zu vertrauen, und glaubt sich verraten, als Maria behauptet, schwanger zu sein. Maria will Latif mit allen Mitteln zurückerobern, auch wenn das bedeutet, Penthesilea zu demütigen. Penthesilea sieht sich konfrontiert mit den Geistern der Vergangenheit – doch bevor sie an der Ohnmacht zerbricht, macht sie sich auf, um zu zerstören. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 03.11.2018 3sat 2. Kaiser
Folge 2 (28 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf schuf Jannis Alexander Kiefer einen Film zum Thema „Macht und Hierarchien in der dramatischen Weltliteratur“. „Des Kaisers neue Kleider“ in einem neuen Gewand: „Kaiser“ versetzt Hans Christian Andersens Märchen in eine Firma des 21. Jahrhunderts und erzählt eine dystopische, aber dennoch bunte Geschichte über Macht, Hierarchien und unsichtbare Seidenspinner-Raupen. In „Kaiser“ geht es um das Thema Macht im Hamsterrad einer Firma. Die fleißigen Arbeiter scheinen allein nur für die Arbeit zu existieren, die Firma Kaiser ist ihr Lebensinhalt. An die Stelle von Selbstverwirklichung tritt die Selbstaufgabe, aus individuellen Menschen werden namenlose Werkzeuge.
Im Mittelpunkt des Films steht ein Sicherheitsmann: Gerade neu eingestellt und für den Kaiser, Chef der Firma, verantwortlich, bringt er unbeabsichtigt die herrschenden Regeln des Betriebs ins Wanken – bis die Geschichte in einem absurden Szenario ihren Abschluss findet. Regisseur Jannis Alexander Kiefer überträgt das bekannte Märchen von Hans Christian Andersen mit einem skurrilen Setdesign und einer durchkomponierten Filmsprache in einen modernen Kontext. Trotz humorvoller Tonalität zeigt der Film die Trostlosigkeit der Entindividualisierung des Einzelnen durch arbeitsökonomische Strukturen. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.11.2019 3sat 3. Dreck
Folge 3 (28 Min.)In einer Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf schuf Regisseur Ali Tamim einen Film zum Thema „Macht und Hierarchien in der dramatischen Weltliteratur“. Das Theaterstück „Dreck“ von Robert Schneider dient als Grundlage für den gleichnamigen Kurzfilm. Die Geschichte handelt von dem jungen Iraker Sad, einem Einwanderer. Er spricht in einem Monolog von sich und seiner Heimat, Erinnerungen, Träumen und Hoffnungen. Der 20-jährige Iraker Sad sitzt in Deutschland in Abschiebehaft. Um sich zu behaupten, verfällt er in einen Monolog.
Er redet und redet und präsentiert dem Zuschauer einen Zerrspiegel der Ausländerfeindlichkeit – mit ungewöhnlichen Ansätzen und einer gänzlich anderen Perspektive. Der illegale Einwanderer vermischt seine Schimpftiraden mit kurzen, sentimentalen Erinnerungen an seine Heimat. Der Film zeigt Macht aus zweierlei Perspektiven: zunächst die Macht der sich überlegen fühlenden Menschen gegenüber den Eingewanderten, die diese Macht benutzen, um zu demütigen. Weniger offensichtlich, doch nicht weniger schmerzhaft, dann auch die kalten Mechanismen einer Bürokratie, in der man nur Sicherheit findet, wenn man beweisen kann, dass man woanders erschossen würde.
Der Schriftsteller Robert Schneider, Autor des berühmten Romans „Schlafes Bruder“, hat mit dem Iraker Sad eine verblüffende Figur geschaffen. Verblüffend, weil der Leser, die heutzutage weithin verbreiteten Vorurteile aus dem Munde des potenziellen Opfers hört. Zweifelsohne hat sich Sad die Anschuldigungen zur Genüge anhören müssen, er spürt die Ablehnung und fürchtet sich vor Gewalt.
Das Stück „Dreck“ aus dem Jahr 1991 ist ein Plädoyer für Menschlichkeit und zeigt auf bedrückende Weise, was Nationalismus und Diskriminierung mit einer Menschenseele machen kann – ein Thema, das heute aktueller ist denn je. Regisseur Ali Tamim hat auf dieser Grundlage einen bedrückend-emotionalen Kurzfilm geschaffen, der die Unsicherheiten und Ängste vor einer drohenden Abschiebung eindrucksvoll vor Augen führt. Der Film lebt durch und von seinem Darsteller Steven Sowah, der die Figur des Sad mit erschütternder Authentizität verkörpert. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.11.2019 3sat 4. Apollo und Artemisia
Folge 4 (24 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf schuf Regisseur Savio Debernardis einen Film zum Thema „Macht und Hierarchien in der dramatischen Weltliteratur“. Grundlage des Films sind zwei Figuren aus der griechischen Mythologie, versetzt in die heutige Zirkuswelt: Um der Leere seines Lebens im Zirkus Stramm zu entfliehen, erschafft sich Apollo mithilfe seiner Freundin Artemisia eine eigene Realität. Apollo, Sohn der neuen Revuetänzerin Francesca, verbringt eine unkonventionelle Kindheit in einer Zirkus-Gemeinschaft, die geprägt ist von skurrilen Figuren, starren Hierarchien und Machtmissbrauch.
Seine Mutter Francesca versucht, unter allen Umständen in der Zirkustruppe Fuß zu fassen und als Tänzerin zu reüssieren. Für Apollo und seine Bedürfnisse bleibt nur wenig Zeit und Raum. So erschafft er sich mithilfe seiner Freundin Artemisia eine ganz eigene Welt, in der die Realität und seine Fantasie eins werden. Regisseur Savio Debernardis hat einen Kurzfilm geschaffen, der ein hierarchisch strukturiertes System repräsentiert, mit eigener Moral und Zwängen, vergiftet durch die Machtspiele der darin agierenden Akteure. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.11.2019 3sat 5. Julka und Julie
Folge 5 (28 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversiät Babelsberg Konrad Wolf schuf Regisseurin Gloria einen Kurzfilm zum Thema „Schuld und Sühne in der dramatischen Weltliteratur“. Grundlage des Films sind die Liebesbriefe der Schriftstellerin Radclyffe Hall, die sie in den Jahren vor ihrem Tod 1943 an ihre Geliebte Evgenia Souline schrieb. Radclyffe Hall war eine der ersten Frauen, die sich in Europa offen zur Homosexualität bekannte. Mit knapp 75 Jahren scheint Julka am Ende ihres Lebens angekommen: Ihr Mann ist seit einigen Jahren tot und ihre Tochter erwachsen. Sie lebt ein einsames und geregeltes Leben auf dem Land – bis ihre Jugendfreundin Julie plötzlich auftaucht und ihre Welt ins Wanken bringt.
Julka und Julie waren vor knapp 60 Jahren mehr als nur Freundinnen, sie waren ein Liebespaar. Doch die damaligen und gesellschaftlichen Normen und Zwänge verhinderten, dass sie ihre Liebe auslebten. Julie wurde in ein Erziehungsheim gesteckt, Julka blieb im Dorf zurück. Sie haben sich nie mehr wiedergesehen, bis heute. Nun wird schnell klar, dass die Liebe von damals nicht erloschen ist. Wie hat die Trennung sie verändert? Welche Schuld geben sie sich und der Gesellschaft, die ihre Liebe verhinderte? Haben Julka und Julie jetzt eine Chance? Die Welt von heute ist zwar offener als die vor einigen Jahrzehnten, aber die Liebe zwischen zwei älteren Frauen ist noch immer ein Tabu.
„Julka und Julie“ ist die Liebesgeschichte zweier Frauen, die ihre Liebe nicht leben konnten und einander nach knapp 60 Jahren Trennung wiedersehen. Gloria Stern hat einen emotionalen Kurzfilm geschaffen, der elegant zwischen der heutigen und der damaligen Zeit wechselt und die Liebe der jungen und der älteren „Julka und Julie“ in poetischen Bildern so glaubwürdig inszeniert, dass sie unter die Haut geht. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 07.11.2020 3sat 6. Liebe, Pflicht und Hoffnung
Folge 6 (27 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf schuf Regisseur Maximilian Conway einen Kurzfilm zum Thema „Schuld und Sühne in der dramatischen Weltliteratur“. Grundlage des Films ist Ödön von Horvárths Drama „Glaube Liebe Hoffnung“, in dem die junge Elisabeth in Zeiten von Arbeitslosigkeit und Rezession voller Hoffnung versucht, ihr Glück zu machen. Die Supermarktkassiererin Elisabeth Gramm steckt in finanziellen Nöten: Ihre Karriere als Jazzsängerin ist gescheitert, nun wird ihr auch noch gekündigt, weil sie einen gefundenen Pfandbon einlösen wollte.
Und wäre das nicht schon genug, droht ihr zu Hause auch noch die Zwangsräumung. Doch eine neue Anstellung in einem Spätkauf und die Affäre mit dem Gerichtsvollzieher geben ihr neue Hoffnung. Der Film „Liebe, Pflicht und Hoffnung“ erzählt davon, wie Elisabeth mit ihrem Scheitern umgeht und sie ihren Misserfolg verarbeitet. Einerseits lässt sie den Kopf nicht hängen und ist sich nach ihrem Rauswurf im Supermarkt auch für die Anstellung bei einem Spätkauf nicht zu schade.
Andererseits flüchtet sie vor ihren Problemen und wirft die Mahnbriefe ungeöffnet in den Müll. Es scheint, als würde sie sich für ihr Versagen als Sängerin selbst bestrafen und ein normales Leben abseits des Rampenlichts erzwingen wollen. Elisabeths Schulden wachsen zu einer Lawine an, die sie zu begraben droht. Maximilian Conway hat mit „Liebe, Pflicht und Hoffnung“ einen eindrucksvollen Kurzfilm geschaffen, der in einer modernen Bildsprache und mit einer außergewöhnlichen Besetzung das Scheitern einer Existenz erzählt. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 07.11.2020 3sat 7. Auf Platte
Folge 7 (30 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf realisiert Regisseur Pascal Schuh einen Kurzfilm zum Thema „Wahrheit und Lüge in der dramatischen Weltliteratur“. Grundlage des Kurzfilms „Auf Platte“ ist Victor Hugos Roman „Der Glöckner von Notre Dame“, in dem der monströse Quasimodo aufgrund seines Aussehens aus der Gesellschaft verstoßen wird. Nur Esmeralda sieht in ihm einen Menschen und behandelt ihn mit Respekt. In der modernen Adaption sind es Hugo und Johanna, zwei sehr unterschiedliche Charaktere. Der schüchterne Hugo ist Hausmeister in einem Plattenbau. Hier fühlt er sich wohl, wird von den Bewohner*innen geschätzt und singt auf den Fluren seine Lieder. Doch auch vor der Platte macht die Gentrifizierung nicht Halt, und die dramatischen Veränderungen im Haus machen Hugo zu schaffen.
Noch prekärer ist Johannas Situation, die in einem Bus vor der Platte wohnt und sich täglich mit Rassismus und Sexismus konfrontiert sieht. Die beiden nähern sich an – sie teilen das Gefühl, nicht dazuzugehören, und vor allem die Liebe zur Musik. Doch die Welt gerät für Hugo zusehends aus den Fugen: Es bahnt sich eine Katastrophe an, die für Hugo und Johanna gleichermaßen lebensbedrohlich und existenziell ist. Pascal Schuh hat mit „Auf Platte“ eine eindrucksvolle Adaption geschaffen, die in Form eines Musikfilms mit einer modernen Bildsprache und einer außergewöhnlichen Besetzung die Themen Rassismus und Gentrifizierung in unserer Gesellschaft in Szene setzt. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 27.11.2021 3sat 8. Kalb
Folge 8 (30 Min.)Um endlich auf eigenen Beinen zu stehen, bricht Franziska den Kontakt zu ihren wohlmeinenden, aber übergriffigen Eltern ab. Doch mit der Zeit wächst ihre Sehnsucht nach Geborgenheit. Eine Geschichte über das Durchtrennen der Nabelschnur. – Frei nach dem Gleichnis vom Verlorenen Sohn aus dem Lukasevangelium realisiert Regisseur Friedrich Tiedtke den Kurzfilm „Kalb“, in dem es um Einsamkeit, Sehnsucht, Familie und Eigenständigkeit geht. Franziska, Anfang 30, lebt auf ihrem eigenen Selbstversorgerhof, direkt gegenüber vom Bauernhof ihrer Eltern.
Durch diese Nähe fühlt Franziska sich beobachtet und in ihrem Abnabelungsprozess sehr eingeschränkt. Sie bricht schließlich den Kontakt zu ihren Eltern ab, was die ganze Familie belastet. Über den kargen Winter ist Franziskas trächtige Kuh Mia ihr einziger „Sozialkontakt“. Einsam und frustriert von ihren mageren Erträgen folgt Franziska der Bitte ihres Bruders, mit der ganzen Familie einen vorweihnachtlichen Abend zu verbringen, um einem gemeinsamen Weihnachtsfest noch eine Chance zu geben.
Doch der Spieleabend bringt alte Rivalitäten an die Oberfläche, und die Situation eskaliert. Als es in der Weihnachtsnacht zur Kalbung kommt, bei der Franziska um das Überleben von Kuh und Kalb kämpfen muss, erkennt sie die tiefe und archaische Bindung zwischen Eltern und Kind. Friedrich Tiedtke adaptiert die biblische Geschichte in einer modernen, eigenwilligen Fassung mit starker Besetzung und viel emotionalem Tiefgang. Redaktionshinweis: In seiner Reihe „KlassiXS – die großen Dramen in jungen Kurzfilmen“ zeigt 3sat am Samstag, 12., und Samstag, 26. November, ab 22:30 Uhr vier Kurzfilme.
Drei davon sind im Rahmen einer Kooperation von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf entstanden. Seit 2018 setzen junge Regisseurinnen und Regisseure im Rahmen dieser Kooperation dramatische Klassiker der Weltliteratur zeitgemäß um. 2022 im Programm: „Das Gewicht unserer Worte“ (nach „La Voix Humaine“ von Jean Cocteau) am Samstag, 12. November, um 23:00 Uhr, „Schwarmtiere“ (nach „Die Turnstunde“ von Rainer Maria Rilke) am Samstag, 26. November, um 22:30 Uhr und „Der Traum eines lächerlichen Menschen“ (nach der gleichnamigen Novelle von Fjodor Michailowitsch Dostojewski) am Samstag, 26. November, um 23:00 Uhr.
Ein weiterer Film konnte von einem Regie-Absolventen der Filmuniversität im Rahmen einer Koproduktion mit der Produktionsfirma „TamTam Film“ realisiert werden: „Kalb“ (frei nach dem Gleichnis vom verlorenen Sohn aus dem Lukas-Evangelium) am Samstag, 12. November, um 22:30 Uhr. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 12.11.2022 3sat 9. Das Gewicht unserer Worte
Folge 9 (28 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg KONRAD WOLF realisiert Regisseurin Inez Körnich einen Kurzfilm zum Thema „Einsamkeit in der dramatischen Weltliteratur“. Die Vorlage für den Kurzfilm liefert Jean Cocteaus „La Voix Humaine“ („Die Menschliche Stimme“) von 1929. Das Stück zeichnet das letzte Telefonat einer Frau mit ihrem Geliebten nach, der sie für eine andere verlassen hat. Auch in Inez Körnichs Adaption verhandelt eine Frau in einem Telefonat mit ihrem Ex-Freund über das Ende ihrer Beziehung. Der einseitig dargestellte Verlauf des letzten Gesprächs zweier Menschen, die einander einst liebten, der die Frage aufwirft: Warum gibt man seine Autonomie für die Liebe auf, und wie erlangt man sie zurück? Mit einer entschieden subjektiven Erzählweise, die nur die Perspektive der verlassenen Romy zeigt und die Zuschauenden im Unklaren über die andere Person lässt, versucht der Film, sich vorsichtig der Wahrheit anzunähern.
Dabei klingen fundamental menschliche Themen wie Liebe und Einsamkeit, Autonomie und Abhängigkeit an. Inez Körnich gelingt mit „Das Gewicht unserer Worte“ eine eindrucksvolle „One-Woman-Show“, die auf subtile Art die Ausformungen der Kommunikation und der Lebens- und Liebesentwürfe im 21. Jahrhundert reflektiert. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 12.11.2022 3sat 10. Schwarmtiere
Folge 10 (28 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf realisiert Alison Kuhn mit „Schwarmtiere“ einen Film zum Thema „Einsamkeit in der dramatischen Weltliteratur“. Grundlage des Kurzfilms ist die Novelle „Die Turnstunde“ von Rainer Maria Rilke aus dem Jahr 1902, die den Tod eines Schülers der Militärschule Sankt Severin während einer Turnstunde erzählt. Die 16-jährige Karla muss die zehnte Klasse wiederholen, da sie aufgrund eines Hirntumors beinahe ein ganzes Schuljahr aussetzen musste. Diesen Neuanfang startet sie in einem traditionsreichen Elite-Internat. In Sankt Severin angekommen, machen ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ihr jedoch das Leben durch gezielte Ausgrenzung und Mobbing schwer.
Nur wer sich den vorherrschenden Machtverhältnissen fügt, wird von der Gemeinschaft akzeptiert. Die unangepasste Karla verweigert sich und wird schnell zur Außenseiterin. Erst als sie in dem schüchternen Mitschüler Jerome einen Freund findet, wird das Internatsleben für kurze Zeit erträglicher für sie. Auch in der Arbeit mit dem schuleigenen Bienenstock findet Karla Ruhe und Ausgleich. Die täglichen Kämpfe mit der „Ersten Riege“ des Internats bleiben jedoch. Ein Wettstreit im Sportunterricht endet in einer Katastrophe. In der modernen Adaption von Rainer Maria Rilkes Novelle „Die Turnstunde“ gelingt Alison Kuhn eine fesselnde Geschichte über jugendliche Machtgefüge, die sie gekonnt im Zeitalter von Social Media und Mobbing ansiedelt. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 26.11.2022 3sat 11. Der Traum eines lächerlichen Menschen
Folge 11 (22 Min.)In Zusammenarbeit von 3sat und der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf realisiert Regisseurin Svenja Heinrichs einen Kurzfilm zum Thema „Einsamkeit in der dramatischen Weltliteratur“. Grundlage des Kurzfilms ist Fjodor Dostojewskis gleichnamige fantastische Erzählung „Der Traum eines lächerlichen Menschen“ aus dem Jahr 1877. In dieser will der von allen verachtete Protagonist aus Gleichgültigkeit der Welt und sich selbst gegenüber Suizid begehen. Dazu hat er aber letztlich nicht die Kraft. Daraufhin schläft er ein und träumt, zu einem unbekannten Planeten zu fliegen. In Svenja Heinrichs Adaption ist es die von Angstzuständen geplagte Nelly, die sich aus der Außenwelt zurückgezogen und in ihrem Zimmer ein eigenes System aus Routinen erschaffen hat.
Doch dann beginnt für sie eine Reise durch ihre Träume, tiefer in ihr eigenes Unbewusstes. Im Kern angekommen, wird sie in Form des Imbissverkäufers Mervan mit ihren dunkelsten Gedanken konfrontiert. Durch diese Selbstbegegnung wird Nelly klar: Sie muss ihre Schwächen akzeptieren und lernen, sich selbst anzunehmen. „Der Traum eines lächerlichen Menschen“ zeigt bildstark einen Ausschnitt aus einem Leben voller Ängste und Zwänge. Svenja Heinrichs hat damit einen Film voller Momente der Irritation und Orientierungslosigkeit geschaffen. Das eindrucksvolle Spiel der Protagonistin, die traumartige Bildsprache und die minimalistische Musik machen ihren Film zu einem surrealen Erlebnis. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 26.11.2022 3sat 12. Kruste
Folge 12 (25 Min.)Auf Opas Hof soll sich der zwölfjährige Fabi endlich als vollwertiges Familienmitglied beweisen. Denn nur mit der ersten Wunde gehört er richtig dazu. Franz Kafkas Erzählung „Die Verwandlung“ von 1915, in der sich ein junger Mann eines morgens in einen Käfer verwandelt und fortan in dieser Gestalt sein Leben fristen muss, dient als Inspiration zu diesem Kurzfilm über Identität, Zugehörigkeit und Anerkennung. In den Sommerferien soll sich Fabi auf Opas Hof endlich die erste richtige Narbe zuziehen. Denn nur mit der ersten Wunde, die dann zu einer Narbe verkrustet, wird man in Fabis Familie akzeptiert.
Fabi ist mit zwölf noch immer narbenlos und damit aus Sicht seines Vaters und Großvaters längst überfällig, da mussten sie schließlich alle mal durch. Fabi will dazugehören. Oder doch nicht? Wie viel bleibt dann noch von ihm – und seiner Haut – übrig? Seine achtjährige Schwester Bea hat deutlich weniger Probleme mit der Familientradition. Als er vor eine waghalsige Herausforderung gestellt wird, muss Fabi sich entscheiden. Mit „Kruste“ gelingt Regisseur und Drehbuchautor Jens Kevin Georg eine bildstarke Neuinterpretation von großer erzählerischer Kraft. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 09.12.2023 3sat 13. Nichts ist schön
Folge 13 (26 Min.)Leonie und Valeria beschließen, Hals über Kopf aus ihrem monotonen Leben auszubrechen und treffen dabei auf Lena, die ebenfalls auf der Flucht ist. Grundlage für den Kurzfilm ist Georg Büchners „Leonce und Lena“ aus dem Jahr 1836. In Büchners Mischung aus Komödie und Satire fliehen zwei Königskinder vor ihrer arrangierten Hochzeit und verlieben sich unterwegs ineinander. Leonie ist gelangweilt. Obwohl es ihr in ihrer kleinen Heimatstadt gut geht, gibt es nichts, was sie faszinieren, überraschen oder begeistern kann. Alles ist derselbe Trott, in dem sie vielleicht für immer feststecken wird. Daher beschließt sie, aus dieser Monotonie auszubrechen.
Hals über Kopf haut sie mit ihrer besten Freundin Valeria ab. Ziel: Italien. Motto: „La Dolce Vita“. Die Reise scheitert an einem verpassten Bus, doch dann platzt Lena in ihr Leben, ebenfalls entschlossen zu fliehen, allerdings nicht vor der Langeweile, sondern vor der eigenen Hochzeit. Die drei schließen sich zusammen. Doch ziemlich schnell merken sie, dass eine ungeplante Flucht schwieriger ist als gedacht. Und sie lernen, dass ihre ungleichen Schicksale doch verbundener sind als vermutet. Maximilian Martin übersetzt Georg Büchners Lustspiel mit viel Humor, Situationskomik und einer guten Portion Melancholie in die heutige Lebensrealität junger Erwachsener. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 09.12.2023 3sat 14. Labsal
Folge 14 (25 Min.)Adams Idealvorstellung von „Eden“ ist elitär und exklusiv, während seine Freundin Eva nach einem ganz anderen Paradies sucht und auf Lilith trifft. Der Kurzfilm ist eine Neuinterpretation der biblischen Adam und Eva-Erzählung und dem jüdischen Lilith-Mythos, in dem Lilith als Adams ebenbürtig geschaffene erste Frau beschrieben wird. Was ist das Paradies? Diese Frage beantworten Eva und ihr Freund Adam ganz unterschiedlich. Sein „Eden“, ein düsterer stylischer Club, lebt von homogener Exklusivität: Rein dürfen nur die, die Adams Vorstellungen entsprechen. Eva werden diese starren Grenzen zu eng.
Sie möchte außerdem wissen, was sich im Kern von „Eden“, einem riesigen Wasserbecken, verbirgt. Nach einer Begegnung mit der geheimnisvollen Perfomancekünstlerin Nahum taucht Eva trotz Adams Verbot ins Wasser und gelangt so in ein ganz anderes „Eden“. Dort trifft sie auf Lilith, die ihr hilft, sich von ihren inneren Zwängen und ihrer Scham zu befreien und buchstäblich nach der „Frucht der Erkenntnis“ zu greifen. Sarang Myeong adaptiert die biblische Erzählung in einer bildstarken, eigenwilligen Fassung, die gekonnt mit Gegensätzen und Extremen spielt. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 09.12.2023 3sat 15. Macht des Spiegels
Folge 15 (30 Min.)Das Model Aster (Akin Victor) liebt sein Spiegelbild.Bild: Benjamin MeyerAus lauter Selbstliebe beginnt das Spiegelbild des Models Aster ein Eigenleben zu führen, woraus sich eine dramatische Beziehung zwischen einem Menschen und seinem Abbild entwickelt. Der Mythos von Narcissus und Echo aus Ovids Metamorphosen dient als Inspiration für den Kurzfilm „Macht des Spiegels“ von Ido Gotlieb. Der römische Dichter beschreibt die Liebe des Jüngling Narcissus zu seinem Spiegelbild, das er im Teich erblickt. Aster lebt als erfolgreiches Model in einer faszinierenden Fashion-Welt, er wird gebucht, geliebt und umworben. Auf einer Modenschau trifft er auf die Musikerin Zoe, die kurz darauf verschwindet.
Aster wird beschuldigt, etwas mit dem Verschwinden von Zoe zu tun zu haben, und findet sich in einem Strudel von Anschuldigungen und Verleumdungen wieder. Selbst die eigene Community wendet sich gegen ihn. Gleichzeitig entwickelt Asters Spiegelbild ein Eigenleben – die beiden gehen eine bizarre Beziehung miteinander ein. Doch sein Spiegelbild hat andere Pläne als Aster selbst, und das Model verliert nach und nach die Kontrolle über sein Leben. Regisseur Ido Gotlieb übersetzt Ovids Mythos in ein heutiges Setting und eine moderne Filmsprache. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.11.2024 3sat Deutsche Streaming-Premiere Sa. 09.11.2024 ZDFmediathek 16. Splitter
Folge 16 (30 Min.)Bei einer Kundgebung fühlt sich Fenix (Patrice Grießmeier) provoziert von Antje, die Situation eskaliert.Bild: Lenn Lamster / ZDFNach einem blutigen Anschlag auf eine queere Kneipe in einer Kleinstadt will Fenix den Kampf gegen Intoleranz und Ausgrenzung nicht aufgeben, stößt damit aber an so manche Grenze. Das Theaterstück „Die Letzten“ des russischen Schriftstellers Maxim Gorki aus dem Jahr 1907, in dem es um eine degenerierte Familie im vorrevolutionären Russland geht, dient als Inspiration für den Kurzfilm „Splitter“ von Paul Scheufler. Ein bewaffnetes Attentat auf das queere Ortscafé überlebt Fenix, non-binär, nur knapp mit einem Querschläger in der Schulter. Ein Splitter bleibt zurück und erinnert Fenix täglich an den Hass und die Ablehnung, denen sich die queere Community ausgesetzt sieht. Während Fenix’ Tante Janka, trans und Betreiberin des örtlichen Schießplatzes, eher Unauffälligkeit propagiert, kämpf Fenix lieber im Phoenix-Kostüm mit Lip-Sync-Einlagen für queere Akzeptanz.
Zu Vater Iwo, einem Polizisten, ist das Verhältnis schwierig. Auch die eigenen Freund:innen sind skeptisch, ob kompromissloser Kampfgeist die beste Lösung gegen Intoleranz ist. Als bei einer der Protestaktionen eine Situation zwischen Fenix und einer Frau aus dem Publikum eskaliert, scheint sich selbst die eigene Community gegen Fenix zu stellen. Wie auch in Maxim Gorkis Theaterstück, geht es in „Splitter“ um Aktion und Reaktion, um Vorurteile und Verunsicherung, um Anpassung und Auflehnen. Paul Scheufler übersetzt diese Themen glaubwürdig in die heutige Lebensrealität junger Erwachsener. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.11.2024 3sat Deutsche Streaming-Premiere Sa. 09.11.2024 ZDFmediathek 17. Ewigkeit in einem Traum
Folge 17 (30 Min.)Kian (Urs Fabian Winiger) trifft in seinen Träumen Astra (Luisa Jung), die Liebe seines Lebens.Bild: Filmuniversität Babelsberg, Sebastián Schroth LopezIn einem dystopischen Gefängnis, in dem monotone Arbeit mit Träumen belohnt wird, wird Kians Streben nach ewigem Glück von der rebellischen Insassin Pax gestört. Das Gedicht „Mon rêve familier“ von Paul Marie Verlaine dient als Inspiration für den Kurzfilm „Ewigkeit in einem Traum“ von Cadenza Zhao. Der französische Dichter beschreibt einen wiederkehrenden Traum, in dem er eine mysteriöse Frau besucht. Konstante Arbeit lässt Träume wahr werden: Das ist Kians Realität in einem dystopischen Gefängnis, in dem er – wie gehirngewaschen – vor sich hinlebt und seine tägliche, immer wiederkehrende Routine lebt. Im Austausch für seine Arbeit darf er sich in seine Träume flüchten, um dort Astra zu sehen, seine große Liebe.
Doch sein Leben wird auf den Kopf gestellt, als die neue Insassin Pax in das Gefängnis gebracht wird. Sie erkennt die gefährliche Ausbeutung durch das System und will Kian die Augen öffnen. Kian wird auf den Weg einer ungewissen Erkenntnis gezwungen, während Pax nach und nach dazu gebracht wird, eine gute Gefängnisarbeiterin zu werden. Die Grenzen zwischen Traum und Realität verschwimmen, und Kian hat nicht viel Zeit, seinem Schicksal zu entkommen. Regisseurin Cadenza Zhao übersetzt Verlaines Gedicht in ein dystopisches Setting und eine moderne Filmsprache. (Text: 3sat)Deutsche TV-Premiere Sa. 16.11.2024 3sat Deutsche Streaming-Premiere Sa. 09.11.2024 ZDFmediathek
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