2009/2010, Folge 21–41

  • Folge 21 (30 Min.)
    Auf der Schulbank erobert sich der Mensch idealerweise die Freiheit. Schon Sokrates wusste, dass Unterrichten etwas mit dem Befördern eigener Gedanken zu tun hat. Er verglich das Vermitteln von Philosophie mit der Hebammenkunst: Unterrichten war für ihn die Kunst, Gedanken zur Welt zu bringen. Neugier ist dabei eine Kardinaltugend des Lernenden, das betonte der Pädagoge und Philosoph Montaigne später. Gaston Bachelard erkannte, dass es allein das Fehlen von Fragen ist, das den Menschen im Irrtum gefangen hält.
    Die Schule hat also die Aufgabe, Wahrheiten erkennen zu lassen – mit dem Erlernen von Schreiben, Lesen und Rechnen und der Entdeckung von Literatur und Philosophie. Der Philosophieunterricht – in Frankreich fester Bestandteil des Lehrplans für die Abiturklasse – bietet den Schülern die einmalige Gelegenheit, über ihr Menschsein nachzudenken und zu begreifen, dass die Conditio humana ein gemeinsames Los ist.
    Aber wie kann man die Schüler in der Kollektivität zum individuellen Denken anregen, ohne sie dabei zu langweilen? Oder ist Langeweile gerade die Voraussetzung dafür, dass ein Kind anfängt, selbstständig zu denken? Schopenhauer oder Blaise Pascale waren genau dieser Ansicht und definierten die Langeweile deshalb im positiven Sinne als Zerstreuung.
    Da sie im Idealfall die Befreiung des Bewusstseins fördern, sind der Unterricht und auch die Persönlichkeit des Lehrers von entscheidender Bedeutung. Erwähnung findet deshalb Vladimir Jankélévich, der Philosophie an verschiedenen französischen Universitäten lehrte und ein wunderbarer Lehrer war. Beim Unterrichten hielt er die Improvisation und das bildhafte Verfahren für unabdinglich.
    Carole Diamant, als Philosophielehrerin in der Oberstufe eines Gymnasiums im Pariser Vorort Saint-Ouen reich an Erfahrung, lüftet in der heutigen Sendung gemeinsam mit Raphaël Enthoven das Geheimnis um die Kunst des guten Unterrichtens. Diamant ist außerdem Autorin des Buches „Schule als vermintes Gelände“ („École, terrain miné“). Darin nimmt sie es mit jeder Hürde und Gefahr im Klassenzimmer auf. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.08.2009arte
  • Folge 22 (30 Min.)
    „Die Utopie existiert nicht“, so Frédéric Rouvillois, denn sie ist ein Nichtort – das zumindest bedeutet das Wort im Griechischen -, der sich im Spannungsfeld von Traum und Hoffnung bewegt. Die Umsetzung der Hoffnung ist allerdings zugleich ihre Überwindung – paradoxerweise bedeutet demnach die Realisierung einer Utopie ihr Ende. Dennoch muss eine Utopie keine vage Vision sein, es kann sich genauso gut um einen konkreten Gesellschaftsentwurf handeln.
    Die Utopisten der Vergangenheit entwarfen überwiegend ideale Stadtstaaten, die sich durch eine geradezu geometrische Ordnung auszeichneten, die geplant war und nicht organisch gewachsen. Der Wunsch nach Perfektion drückte sich darin aus, dass das Leben der Menschen bis ins kleinste Detail geregelt war. Auf den Vorreiter aller Utopien, die „Utopia“ von Thomas Morus beziehen sich alle weiteren Autoren, von Francis Bacon, der mit „Neu-Atlantis“ eine technophile Gesellschaft konzipierte, bis hin zu Tommaso Campanella, dessen „Sonnenstaat“ eine sexuell streng reglementierte Theokratie darstellt.
    Enthoven und sein Gast Rouvillois diskutieren die Beweggründe der Utopisten genauso wie ihre Ängste. Ist die Idee, die menschliche Natur zu verbessern ein Zeichen für Angst vor der „wilden“ Natur und Ausdruck des Strebens, diese zu kontrollieren? Und ist der Mensch nicht aufgrund seiner Mittelmäßigkeit zum Scheitern verurteilt? Manchmal, wenn das ersehnte Paradies Wirklichkeit wird, wird es zur Hölle. Der Kontroll-Hang der utopischen Gesellschaften kann umschlagen in das, was seit Orwell als Big-Brother-Phänomen bekannt ist.
    In „1984“ verwandelt sich das menschliche Vollkommenheitsstreben in einen Alptraum, in dem kein Platz für Individualität mehr ist. Genauso zeichnet Aldous Huxley in „Brave New World“ ein erschreckend hellsichtiges Bild einer vollständig durchreglementierten, gleichförmigen Welt, einer Dystopie. Im letzten Jahrhundert liefen diese Anti-Utopien den positiv ausgerichteten Utopien à la Morus den Rang ab.
    Auf der Suche nach wahr gewordenen Utopien streift die Debatte den gescheiterten Kommunismus, dann kommt das Gespräch auf die reelle Stadt Palmanova, deren Form die einer perfekten Festung ist, die jedoch in jeder anderen Hinsicht eine Stadt wie jede andere ist. Und in Dubai triumphiert der Mensch scheinbar über die Natur, aber die gigantischen Luxusbauten sind ein Paradies für Reiche, keine verwirklichte Utopie, in der alle gleich sind. Ist das Fortschrittsideal heute noch haltbar? Oder sind Utopien wirklich nur Träume?
    Studiogast ist der Professor für öffentliches Recht an der Universität Paris V, Frédéric Rouvillois, der sich auf Staatsrecht sowie Ideen- und Repräsentationsgeschichte spezialisiert hat. Er promovierte über den Ursprung des Fortschrittsgedankens und die Rolle des utopischen Denkens. Außerdem veröffentlichte er zahlreiche Aufsätze über rechtliche und politische Fragen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 27.09.2009arte
  • Folge 23 (30 Min.)
    Was gibt es Alltäglicheres als die Sprache? Sie ist so selbstverständlich für uns wie die Luft, die wir atmen. Und doch deckt der Sprachwissenschaftler, sobald er einen Satz analysiert, ein hoch kompliziertes Gebilde auf.
    Sprache ist einfach und unendlich kompliziert zugleich. Sie benötigt nicht einmal den Einsatz der Stimmbänder. Man kann sich auch stumm verständlich machen, allein durch Gestik und Mimik. Diese Ausdrucksmittel sind so eng an die Sprache gebunden, dass sie den Ton entbehren können. Die willkürlich gesetzten Zeichen der uns so „natürlich“ erscheinenden Sprache ringen uns Erstaunen und Verwunderung ab.
    Der Mensch hat eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Sprachen entwickelt, die auf komplexe Weise mit ihrem kulturellen Umfeld verbunden sind, aus diesem hervorgehen und es zugleich mitbestimmen. Angeblich ist die Sprache das, was den Menschen vom Tier unterscheidet – aber ist diese These wissenschaftlich haltbar? Denn auch Tiere kommunizieren, zwar nicht mit Worten, aber mitunter auf so vielschichtige Weise, dass es durchaus als Sprache zu bezeichnen ist.
    Enthoven diskutiert mit seinem Gast, dem Philosophen und Sprachwissenschaftler Philippe Schlenker, über die vielen Facetten von Sprache und das weite Feld der Sprachwissenschaft.
    Philippe Schlenker ist Forschungsdirektor am Institut Jean-Nicod, Département d’Études Cognitives der École Normale Supérieure (ENS) in Paris und Global Distinguished Professor an der Universität New York. Er promovierte in Philosophie und Linguistik und veröffentlichte zahlreiche Artikel in renommierten Fachzeitschriften. Seine Forschungen sind übergreifend und bewegen sich auf dem Gebiet der Sprachphilosophie, Linguistik und Logik. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 11.10.2009arte
  • Folge 24 (30 Min.)
    Das Intime bezeichnet das uns Innerste, und beruht stets auf einer Beziehung zu Gott, zu einem Freund oder Partner, zu vertrauten Menschen oder Dingen, ohne die wir uns nicht als wir selbst, nicht bei uns zu Hause fühlen. Die Intimsphäre ist somit keineswegs sterile Abschottung, sondern durchaus Öffnung nach außen. Das Intime stirbt nicht, wenn es vom Blick eines Dritten überrascht wird. Doch es verkümmert, wenn es aus seinem geheimen Garten herausgerissen und vor der Welt ausgebreitet wird. Dann lässt es wie Baudelaires Albatros „unten auf des Deckes Gängen ( …) die großen weißen Flügel traurig hängen“ und träumt von der Zeit, als es im Verborgenen den Bezug zur Welt bereicherte und belebte.
    Eine Philosophiedebatte über das Intime oder die Kunst, die Dinge an ihren rechten Platz zu rücken.
    Gast der Sendung ist Michaël Foessel. Er wurde an der Ecole Normale Supérieure von Fontenay Saint-Cloud ausgebildet und lehrt Philosophie an der Université de Bourgogne. Foessel ist Spezialist für deutsche und politische Philosophie und Autor mehrerer Publikationen: „L’Anthologie Paul Ricoeur“ (Points Seuil, 2007), „Kant et l’équivoque du monde“ (CNRS Éditions, 2008) und auf Deutsch „Warum streiten Menschen über Gott?“ (Campus Verlag, 2009). In seinem jüngsten Essai, „La Privation de l’intime“ (Seuil, 2008), hinterfragt Michaël Foessel die moderne Freizügigkeit, indem er den vielschichtigen Bezug zwischen öffentlichem und privatem Leben unter die Lupe nimmt. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 25.10.2009arte
  • Folge 25 (30 Min.)
    Religion kann im privaten, öffentlichen, ja sogar im politischen Raum praktiziert werden. Dort versuchen Menschen, ihr Verhältnis zu Gott zu leben oder anderen aufzuoktroyieren. So wird seit jeher auch im Namen Gottes getötet, man denke nur an die Kreuzzüge oder an den Terror des gewalttätigen Fundamentalismus.
    Raphaël Enthoven geht in dieser Sendung gemeinsam mit Antoine Fleyfel, Seelsorger und promovierter Theologe, verschiedensten Fragen rund um die Religion nach: Welche Funktion hat sie, welchen Stellenwert, welche Gesichter? Was bedeutet Religion als soziale Praxis? Darf sie neben Geistlichem auch Weltliches bestimmen? Warum können große Philosophen wie Schopenhauer Gott einerseits ablehnen, aber andererseits den Glauben – auch den institutionalisierten – rechtfertigen?
    Die Sendung liefert Denkanstöße für alle, die in turbulenten Zeiten nach Frieden und Toleranz streben. Der philosophische Streifzug führt von Schopenhauer über Spinoza bis hin zu dem islamischen Philosophen und Mystiker Avérrhoës. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereDi 27.10.2009arte
  • Folge 26 (30 Min.)
    Trennung ist die Grundvoraussetzung für das menschliche Leben, aus ihr entsteht der Mensch. Das Leben ist von der Lösung aus der symbiotischen Mutter-Kind-Beziehung bis zum Tod ein langer Weg von Trennungen. Aber jede Trennung birgt auch die gegenläufige Bewegung: die (Wieder-) Vereinigung. So ist die Trennung zugleich die stete Herausforderung an den Menschen, Beziehungen aller Art zu knüpfen, und seine Odyssee besteht vielleicht darin, unermüdlich die Wiederherstellung der ursprünglichen Einheit anzustreben.
    Als heutigen Gast hat Raphaël Enthoven den Experten Christophe Schaeffer eingeladen. Er ist promovierter Philosoph, hat Musikwissenschaft studiert, ist Plastiker, Lichtkünstler, Ko-Autor von Theaterstücken und Choreographien. Seit 2000 befasst er sich vor allem mit dem Begriff „Trennung“, und in diesem Zusammenhang hat er das „Collectif-REOS (Collectif de Recherches, d’Expressions, et d’Orientations sur la Séparation)“ gegründet, das die Trennung als zentrales Phänomen der modernen Gesellschaft pluridisziplinär erforscht. 2007 erschien sein Buch „De la séparation“. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 22.11.2009arte
  • Folge 27 (30 Min.)
    Kino ist die Kunst unseres Jahrhunderts. Es lehrt uns, zu sehen und durch die Kraft der Bilder neue Welten zu erschließen. Zunächst einmal ist das Kino die Kunst der bewegten Bilder, die den Fluss des Lebens widergeben. Man denke nur an die Anfänge des Kinos, als Muybridge den Bildern das Laufen lernte.
    Bereits im Jahr 1907 setzt sich Henri Bergson in seiner Schrift „Schöpferische Entwicklung“ intensiv mit dem Kinematographen auseinander. Er kritisierte jedoch am Medium Film, dass es die Realität nur vortäusche und sozusagen reine Illusion sei. Aber suchen wir nicht gerade das, wenn wir ins Kino gehen? Möchten wir nicht gerade dann die Wirklichkeit vergessen und ganz in der kollektiven ästhetischen Erfahrung aufgehen?
    In seinem wohl besten Film treibt Woody Allen diesen Wunsch auf die Spitze: In „The Purple Rose of Cairo“ träumt eine von Mia Farrow gespielte Frau davon, in eine Kinoleinwand hineinzusteigen, da sie sich in einen Filmhelden verliebt. In seinem neuesten Film „Whatever Works“ fällt das Fazit dann völlig anders aus: Die wahre Liebe und das wahre Leben ist das, was real greifbar und letztlich – wie der Filmtitel suggeriert – machbar ist, nicht etwa die Traumwelt, die uns vom Kino gezeigt wird.
    Ausgehend von Woody Allen kommen Raphaël Enthoven und sein heutiger Gast, die Filmdozentin Elise Domenach, auf verschiedenste Filmtheorien zu sprechen, angefangen bei Gilles Deleuzes Schrift „Das Bewegungsbild“ bis hin zu Stanley Cavells „The World Viewed“.
    Klar wird dabei, dass das Kino einerseits eine Kunst ist, die ständig über sich selbst nachdenkt, andererseits aber auch selbst Gedanken auf die Leinwand projiziert. Der Film kann somit als eine philosophische, ja existenzielle Kunst begriffen werden und zugleich als ein Kind der Industriegesellschaft – und damit ist er im Grunde genommen so widersprüchlich wie der Mensch selbst. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 06.12.2009arte
  • Folge 28 (30 Min.)
    Warum freuen wir uns eigentlich? Schwer zu sagen, denn die Welt ist voller Scheußlichkeiten: Es wird gemordet, Kinder werden vergewaltigt und ganze Völker ausgelöscht – in einem solchen Maße, dass es im Prinzip gar keinen Grund zur Freude geben dürfte.
    Dennoch wäre ein Leben ohne Freude nicht denkbar. Gerade das ist das große Paradoxon der Freude: Häufig unerklärlich und ohne ersichtlichen Grund, entfaltet sie sich trotz oder ungeachtet der Welt. Der Welt Freude entgegenzusetzen heißt zunächst einmal, der Welt abzuschwören, einer Welt, die uns ständig traurig macht. Clément Rosset definiert in seinem Buch „La Force majeure“ zwei Arten von Freude. Einerseits besteht sie für ihn „in der flüchtigen Illusion, die Tragik der Existenz überwunden zu haben“. Andererseits kann sie auch darin bestehen, „die Existenz als unabdingbar tragisch zu billigen“.
    Ausgehend von diesem Buch suchen Raphaël Eindhoven und sein Gast, die junge Philosophin Marion Richez, die Antwort auf die Frage, was das absolute Glück vom absolut Bösen unterscheidet. Sie stoßen dabei auf Texte von Primo Levi, Hannah Arendt, Nietzsche und Albert Camus. Am Ende der philosophischen Debatte steht die freudvolle Erkenntnis: Zum Glück gehört es zum Wesen der Freude, dass sie nicht auf die Welt angewiesen ist, da man in Momenten der Freude von sich selbst abrückt und schließlich sogar mit einem geschärften Blick auf die Welt aus ihr hervorgeht. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 27.12.2009arte
  • Folge 29 (30 Min.)
    Was ist Freiheit? Tun (und lassen), was man will? Damit würde Freiheit vom Lustprinzip bestimmt. Wollen, was man tut? Damit würde die Freiheit über den Verzicht definiert. Und wenn „Freiheit“ gar nicht das eigentliche Problem ist?
    Moderator Raphaël Enthoven sucht heute mit seinem Gast Frédéric Worms Antworten auf die Frage, was Freiheit bedeutet. Frédéric Worms hat einen Lehrstuhl für Geschichte der Philosophie der Neuzeit und Gegenwart an der Universität Lille 3 inne und ist Leiter des Internationalen Zentrums für französische zeitgenössische Philosophie an der École Normale Supérieur in Paris. Als Experte für das Werk Henri Bergsons verfasste er zusammen mit Philippe Soulez eine Biografie des Philosophen. Außerdem ist er im französischen Universitätsverlag PUF für die Bergson-Werkausgaben verantwortlich und steht der „Société des amis de Bergson“ vor.
    Ein weiterer Forschungsschwerpunkt Worms’ ist die Geschichte der Philosophie des 20. Jahrhunderts in Frankreich. Er ist Mitglied des Ausschusses des Magazins „Esprit“ und schreibt dort als Chronist die Rubrik „À quoi tenons nous?“, zu Deutsch: „Was ist uns wichtig?“. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 10.01.2010arte
  • Folge 30 (30 Min.)
    Ist Kultur der Beleg dafür, dass der Mensch mehr ist als ein den Naturgesetzen unterworfenes Wesen, oder ist sie nicht vielmehr gerade das Merkmal einer bestimmten „Natur“? Und: Ist die Kultur „allein des Menschen Art“? Moderator Raphaël Enthoven diskutiert mit seinem heutigen Gast, Patrice Maniglier, über Kultur im Allgemeinen und im Speziellen.
    Dabei dienen ihnen vor allem Werke des im Oktober 2009 verstorbenen französischen Anthropologen und Begründer des ethnologischen Strukturalismus Claude Lévi-Strauss als Diskussionsgrundlage. Unter anderem geht es um die Frage, ob Kultur ein Mittel gegen die Barbarei ist oder nicht. Denn, ist nicht gerade derjenige ein Barbar, der an die Barbarei glaubt, wie der französische Anthropologe Claude Lévi-Strauss einst in „Rasse und Geschichte“ feststellte. In Rückbezug auf Lévi-Strauss’ Werk „Die elementaren Strukturen der Verwandtschaft“ philosophieren Enthoven und Maniglier über das Verhältnis von Natur und Kultur.
    Wie Enthoven ist Maniglier Absolvent der Pariser Eliteschule „École Normale Supérieure“ und promovierter Philosoph. Heute unterrichtet Maniglier französische Philosophie des 20. Jahrhunderts an der Universität Essex in Großbritannien. Sein Hauptinteresse gilt den philosophischen und theoretischen Aspekten des „Strukturalismus“ in der Linguistik, Anthropologie und Psychoanalyse. Als Mitglied des Redaktionsausschusses der Revue „Les Temps Modernes“, veröffentlichte er unter anderem „Le Vocabulaire de Lévi-Strauss“ (Ellipses, 2002), La Culture (Ellipses, 2003) und 2005 zusammen mit Marcela Lacub „Antimanuel d’éducation sexuelle“. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 24.01.2010arte
  • Folge 31 (30 Min.)
    Ist das Leben das Gegenstück des Todes – oder der Geburt? Wie kann man hinnehmen, dass mit dem Leben des Einzelnen keineswegs das Leben überhaupt erlischt. Denn spendet es nicht auch Trost zu wissen, dass sich die Erde nach unserem Ableben weiterdreht.
    Moderator Raphaël Enthoven diskutiert heute mit dem Immunologen und Mediziner Jean-Claude Ameisen über das Leben als solches. Die Frage nach der Essenz, dem Wesen einer Sache, gilt als antike Idee aus der vorsokratischen Zeit und ist moderner denn je. Denn es gilt zu fragen, was das Universum ist, wenn alles mehr darstellt als die Summe der einzelnen Teile. Die beiden diskutieren über das Mysterium der Emergenz, der Transformation und der Metamorphose. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 07.02.2010arte
  • Folge 32 (30 Min.)
    Erotik ist ein Mysterium: Während die Pornografie die Fantasie zügelt, indem sie alles zeigt, spornt die Erotik sie an und zwar durch Verschleierung. Was häufig dahinter steckt, ist ein subtiles Spiel mit Doppeldeutigkeiten. Über das geheimnisvolle Wesen der Erotik spricht Raphaël Enthoven heute mit seinem Gast Olivia Gazalé.
    Auf Werbeplakaten präsentieren verführerische Schönheiten Mode-Accesoires, Nylonstrumpfhosen oder Dessous. Sie gehören schon beinahe wie selbstverständlich zu unserem Stadtbild. Der Blick kann sich der nackten Haut und den entblößten Formen nicht entziehen, oder wendet sich – bereits übersättigt – gleich wieder ab. Manchmal verdecken Passanten die aufdringliche Nacktheit der Plakate mit Stopp-Porno-Aufklebern. Sicher ist: Auf die Dauer macht dieser Exhibitionismus blind und lässt einen abstumpfen.
    Muss also wieder alles verhüllt werden, wenn das Begehren nicht verloren gehen soll? Denn wie ohne Obskures Lust auf das haben, was sich hinter dem Schleier verbirgt? Nur Verborgenes macht neugierig und hat einen Preis. „Philosophie“ über die Notwendigkeit der Wiederentdeckung von Begierde, Scham und Spiel … Dabei wirft Raphaël Enthoven wie immer auch einen Blick in die Kunst- und Geistesgeschichte, zitiert werden berühmte Werke wie „Adam und Eva im Paradies“ von Lucas Cranach, „Die Venus“ von Botticelli oder auch Georges Batailles Schriften über die menschliche Erotik. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 13.02.2010arte
  • Folge 33 (30 Min.)
    Prekarität bedeutet die Vorkommenshäufigkeit befristeter Beschäftigungsverhältnisse, von Teilzeitstellen und anderen Arten der Beschäftigung, bei denen der Arbeitnehmer aufgrund der Unsicherheit, wie seine Beschäftigungskarriere fortlaufen wird, in eine sozial nachteilige Situation gerät. Die Lage des Arbeitnehmers wird deshalb als „prekär“ bezeichnet.
    So inakzeptabel Prekarität gesellschaftlich ist, sie stellt einfach einen möglichen Grundzustand des Daseins dar. „Das Abgleiten in die Prekarität und danach in die völlige Ausgrenzung bezeichnet eine Negativkarriere, die die Kehrseite der sozialen Normalität darstellt. Prekarität beginnt als Entgleisung aus der Norm; sie löst das auf, was auf dem mühsamen Weg der sozialen Selbstkonstitution zusammengeführt wurde. … An ihrem Ende stehen materieller Ruin und die psychische Schädigung eines Individuums.“
    So beschreibt Guillaume Le Blanc, Philosophieprofessor an der Universität Bordeaux, das Phänomen der Prekarität in seinem Buch „Vies ordinaires, vies précaires“. Die Erfahrung von Prekarität ist in der heutigen Arbeitswelt stark verbreitet und bringt den sozialen Prozess der Destabilisierung mit sich. Leid, Verunsicherung, Ausgeschlossensein und Entmenschlichung – so ließen sich die Symptome der Prekarität kurz umreißen. Wie kann dieser zunehmenden Entwürdigung des Menschen entgegengewirkt werden?
    Das Leben ist an sich prekär, aber die Lebensbedingungen sollen es nicht sein. Prekarität lässt sich nicht aus der Welt schaffen, gleichwohl aber muss sie kollektiv bekämpft werden – darin liegt ihr wohl wesentlichster Widerspruch. Letztendlich bedeutet soziale Ungleichheit ja immer auch, dass dadurch die Freiheit eines jeden Einzelnen bedroht ist. Umso wichtiger ist es, dass eine Gesellschaft institutionell darauf ausgerichtet ist, dass sie den Menschen mit Wohlwollen und Toleranz begegnet. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 21.02.2010arte
  • Folge 34 (30 Min.)
    Was ist selbstloses Geben? Wann sind unsere Taten tatsächlich frei von Berechnung? Dem Roten Kreuz etwas überweisen, einem Obdachlosen Geld geben oder Blutspenden – Hand aufs Herz: Es ist schwer zu sagen, was man wirklich ohne Hintergedanken tut.
    Eine Gabe jedenfalls ist unschätzbar, für sie gibt es keinen Preis und man erwartet keine Gegenleistung. Der französische Philosoph Paul Ricoeur hat sie in seinem Werk „Wege der Anerkennung“ als soziale Beziehung definiert und mit dem Begriff der Großherzigkeit verbunden. Für ihn ist die Geste des Gebens eine symbolische Geste.
    In der heutigen Sendung spricht Raphaël Eindhoven über das Geben als Alltagsutopie mit dem Philosophen und Ricoeur-Spezialisten Andris Breitling. Ihr philosophischer Streifzug führt sie von Nietzsche, Aristoteles’ „Nikomachischer Ethik“ und Jacques Derrida bis hin zu Marcel Mauss. In seinem 1925 erschienen Buch „Die Gabe“ beschäftigte er sich unter anderem mit der Frage, warum wir uns durch ein Geschenk verpflichtet fühlen, im Gegenzug etwas zurückzugeben. „Philosophie“ geht heute der Güte der Gabe genau auf den Grund. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 07.03.2010arte
  • Folge 35 (30 Min.)
    Ihr sollt nicht stehlen noch lügen, heißt es in der Bibel. Und bekanntlich haben Lügen kurze Beine … Doch in manchen Situationen wird die Wahrheit zum Verrat, während eine Lüge Leben retten kann. Beispiele dafür kennt die Geschichte viele, zum Beispiel Menschen, die Widerstandskämpfer vor den Nazischergen versteckten. Kant schrieb dazu in seinem Text „Über ein vermeintes Recht aus Menschenliebe zu lügen“: „Die Wahrheit zu sagen, ist also eine Pflicht, aber nur gegen denjenigen, welcher ein Recht auf die Wahrheit hat. Kein Mensch aber hat ein Recht auf eine Wahrheit, die anderen schadet.“
    Ob in die Welt gesetzte Gerüchte, Notlügen oder politische Manipulation – die Lüge hat viele verschiedene Gesichter. Über all diese Aspekte diskutiert Raphaël Enthoven mit seinem Gast Anne Amiel, Literaturdozentin am Lycée Thiers in Marseille.
    Vorgestellt und hinterfragt werden Thesen zur Lüge von Hannah Arendt (Wahrheit und Lüge in der Politik), Kant (Die Grundlegung zur Metaphysik der Sitten) sowie Benjamin Constant (Des réactions politiques, 1797). Außerdem kommen Beispiele aus der Politik und Weltgeschichte zur Sprache wie der Beginn des ersten Irakkriegs, der 11. September oder auch die Mondlandung. Und zuletzt wirft die heutige Sendung einen Blick in die Filmgeschichte und nimmt Alfred Hitchcocks Film „Im Schatten des Zweifels“ genauer unter die Lupe.
    Die Erkenntnis des heutigen Streifzugs durch die Philosophie: Letztendlich kommt es nur darauf an, im richtigen Moment das Wahre vom Falschen zu unterscheiden und sich eine eigene Meinung zu bilden. Und das ist, selbst wenn man alle Zweifel ausräumt, nicht immer ganz einfach. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 21.03.2010arte
  • Folge 36 (30 Min.)
    „Halt ein mit Deinem Flug, o Zeit!“, rief Alphonse de Lamartine aus. Ja gut, aber für wie lange?, antwortete der Philosoph Alain. Eine geniale Frage. Aber was bedeutet sie? Dass der Mensch die Verkörperung der Zeit oder, wie Bergson sagte, „die Zeit auf zwei Beinen“ sei. Der Mensch entkommt der Zeit ebenso wenig wie sich selbst oder dem Himmel, unter dem er weilt. Wir sind zugleich Subjekt und Objekt in der Erfahrungswirklichkeit der Zeit.
    Die Zeit kennt kein Einhalten. Die Macht des Chronos; Chronos, der nach der griechischen Mythologie seine eigenen Kinder verspeist … Nie steht die Zeit für uns still, auch nicht, wenn wir ruhen. Also ist die Zeit nicht „das bewegliche Bild der unbeweglichen Ewigkeit“ (Platon), sondern die Ewigkeit bezeichnet umgekehrt die imaginäre Feststellung der Zeit.
    Prousts „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“, Dalís Bild berühmtes Bild mit den weichen Uhren „Die Beständigkeit der Erinnerung“ sowie die Selbstporträts „Auf den Spuren der Zeit“ von Roman Opalka sind einige der Werke, die Raphaël Eindhoven und seinen Gast in dieser Sendung begleiten. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 04.04.2010arte
  • Folge 37 (30 Min.)
    Wie kann man zum Sklaven der Technik werden? Wie kommt es, dass sich die vom Menschen erfundenen Hilfsmittel zur Beherrschung der Natur gegen ihn richten? Und warum geht technischer Fortschritt heute nicht mehr wie zur Zeit der Aufklärung mit moralischem Fortschritt einher?
    Diese und weitere Fragen diskutiert Raphaël Enthoven mit der jungen Doktorandin Caterina Zanfi. Ausgangspunkt ist die These des französischen Philosophen Henri Bergson, derzufolge der Mensch ein technisches Wesen sei, ein „Homo Faber“ also, um Max Frisch zu zitieren. So galt die Benutzung von Werkzeug lange Zeit als sicherer Intelligenzindikator und zugleich als Domäne des Menschen. Unvergessen bleibt der oft zitierte Bildausschnitt von Stanley Kubricks Science-Fiction „2001: Odyssee im Weltraum“, in dem ein als Affe gezeigter Vormensch einen Knochen in die Luft hebt und damit die Evolution einläutet. Langsam wird der Knochen zu einem primitiven Werkzeug, zur Waffe, zu einer unabdingbaren Notwendigkeit, die bis heute besteht.
    Der Mensch schafft sich künstliche Hilfsmittel, die ihm das Leben erleichtern sollen. Seien es Messer oder Gabel zur Aufnahme der Nahrung, sei es die Heizung zur Erzeugung von Wärme oder, wie im Fall des Sprinters Oscar Pistorius, speziell angefertigte Prothesen zur Fortbewegung. Der 24-jährige Südafrikaner leidet seit seiner Geburt an einem Gendefekt, weshalb ihm beide Beine fehlen. Dennoch gehört er mittlerweile zu den schnellsten Läufern seiner Klasse und hat sich 2008 um eine Teilnahme an den Olympischen Sommerspielen in Peking beworben, da er sich selbst nicht als gehandicapt betrachtet. Erst als es schon zu spät war, wurde ihm der Start bewilligt. Denn das Komitee stand vor einer schwierigen Frage: Ermöglichen die Prothesen dem Träger einen unfairen Vorteil oder sind sie Teil des menschlichen Organismus? Hier scheinen Mensch und Maschine verschmolzen zu sein.
    Wer nun aber die Oberhand behält, bleibt fraglich. Denn künstlich geschaffene Wesen wie der Golem, Frankenstein oder der legendäre Schachcomputer Deep Blue zeigen, dass der Mensch zum Sklaven seiner eigens geschaffenen Maschinen werden kann. Eine beängstigende Vorstellung, wenn man bedenkt, dass sich der hochgelobte Fortschritt in sein Gegenteil verkehrt und gegen den Menschen richtet. Grausamer Höhepunkt des 20. Jahrhunderts sind das Konzentrationslager von Auschwitz sowie der Bau der Atombombe. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 18.04.2010arte
  • Folge 38 (30 Min.)
    Eine Erfahrung ist uns allen gemeinsam: Das menschliche Wesen ist nicht nur Materie, sondern besteht als denkendes Wesen aus dem – im Widerstreit stehenden – Dualismus von Körper und Geist. Aber was ist der Geist? Und wo hat er seinen Sitz im Menschen? Etwa in der Seele? Raphaël Enthoven und sein heutiger Gast Julie Henry nehmen Descartes „Meditationen“ zum Ausgangspunkt, in denen sich der Philosoph den Geist „wie den Schiffer in dem Schiffe“ sitzend vorstellt. Ist der Geist also eine immaterielle Substanz, die unser Körper beherbergt? Die in ihm gefangen ist? Oder ist er die Summe unserer Meinungen und Vorstellungen? Und wenn Körper und Geist in ihrem Wesen so unterschiedlich sind, wie muss man sich dann ihr Zusammenspiel vorstellen? In der heutigen „Philosophie“-Sendung führt die Diskussion von Descartes, Platon, Spinoza bis hin zu Bergson und Hegel, der den reinen Geist in der Poesie liegen sah.
    Er sah darin die Fähigkeit des Esprits, die Grenzen des Körpers zu überschreiten. Aber ist es dann auch umgekehrt denkbar, dass der Körper sich des Geistes entledigt? Am Beispiel des Schlafwandlers zeigt sich, dass dies möglich ist. Denn der muss sich, wenn er wieder aufwacht, wundern, zu was sein Körper ohne Geistesgegenwart fähig war. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 02.05.2010arte
  • Folge 39 (30 Min.)
    Gibt es den Zufall tatsächlich oder ist er nur Einbildung der menschlichen Unwissenheit, wie der niederländische Philosoph Spinoza einst behauptete? Lässt sich der Zufall denken, ohne das Denken, das auf Logik und Kohärenz baut, infrage zu stellen? Ist der Zufall das Gegenteil der Notwendigkeit oder eher der Vorhersehung?
    Unbestreitbar ist jedenfalls, dass die Suche nach dem, „was die Welt im Innersten zusammenhält“ zu den Fragen zählt, mit denen sich die Philosophie seit ihren Anfängen beschäftigt. Bereits die Vorsokratiker erkannten bei dieser Suche die Bedeutung des Kausalprinzips. Demzufolge geschehe alles aus einem notwendigen Grund. Die Bedeutung des Kausalgesetzes besteht also vor allem darin, dass es die Regelmäßigkeit allen Geschehens begründet.
    Welchen Sinn kann es dann aber noch haben, von Zufall zu reden? Warum wird in Zufall schicksalhafte Bestimmung beziehungsweise Vorhersehung gesehen? Und was meint der italienische Denker Machiavelli, wenn er behauptet, der Zufall biete auch Chancen? Diese und weitere Fragen diskutiert Raphaël Enthoven mit dem jungen Philosophen Baptiste Morizot. Anhand greifbarer Beispiele aus den Bereichen des Glückspiels, der Darwin’schen Evolutionstheorie oder etwa dem Surrealismus, versuchen die beiden den Fragen nach Determination und Zufall auf den Grund zu gehen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 16.05.2010arte
  • Folge 40 (30 Min.)
    Oftmals stellt man sich Intuition als übernatürliche Kompassnadel vor, die einem auf geheimnisvolle Weise unfehlbar den richtigen Weg weist. Dabei besteht Intuition einzig darin, die Dinge von Innen heraus zu betrachten, vergleichbar mit der Fähigkeit, sich in andere hineinzuversetzen. Insofern ist Intuition ein Alltagsphänomen, das man durchaus als aktives Handeln betrachten kann. Sie ist nichts weiter als ein nicht reflektiertes Denken mit verstandesmäßig beeinflussten Momenten. Das erklärt auch, weshalb sich das Genie eines Malers, das Talent eines Fußballspielers und die Virtuosität eines Pianisten nicht begrifflich erfassen lassen, sondern es der Intuition bedarf.
    Gast der heutigen Sendung ist Johannes Schick, der als Lehrbeauftragter an der Universität Würzburg arbeitet. Gemeinsam mit Philosoph und Moderator Raphaël Enthoven begibt er sich auf die Pfade großer Denker wie Bergson, Spinoza und Leibniz, um deren Theorien an greifbaren Beispielen aus der Gegenwart zu veranschaulichen. Sei es am Zweikampf zwischen den beiden Fußballprofis Jürgen Klinsmann und Diego Maradona während der WM 1990 in Italien, am Körperbau der sogenannten Grabwespe, die instinktiv in ihre Opfer eindringt, oder am Beispiel des Gemäldes „Schneesturm vor der Hafeneinfahrt“ von William Turner: Dieser hat sich an den Mast eines Schiffes binden lassen, um den Sturm am eigenen Leib zu erfahren.
    Indem er alle körperlichen Regungen unterdrückt hat, ist es ihm gelungen, seine Beobachtungsgabe für das spätere Werk zu schärfen. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 30.05.2010arte
  • Folge 41 (30 Min.)
    Eigentlich ist es gar nicht weiter erwähnenswert: das Gewöhnliche, das unseren Alltag prägt. Es lenkt den Blick nicht auf sich. Morgens aufstehen, frühstücken, zur Arbeit gehen – das ist der evidente Teil unseres Lebens, der uns in der Regel nicht weiter beschäftigt. Raphaël Enthoven und sein Gast Adèle van Reeth setzen sich in der heutigen Sendung unter anderem aus der Perspektive des amerikanischen Philosophen Stanley Cavell mit dem Thema auseinander. Er gilt als der Vertreter dieses Sujets und ist weit mehr als ein gewöhnlicher Theoretiker. Ausgangspunkt ist dabei die Frage: Was ist so besonders an dem Gewöhnlichen und warum befasst sich die Philosophie überhaupt mit dieser offenbar so durchschaubaren Materie? Beobachten lässt sich an einem Beispiel aus dem Alltag, dass der Mensch immer wieder versucht, aus dem Gewöhnlichen auszubrechen, wie durch den Besuch eines Freizeitparks – auf der Suche nach dem Spektakulären.
    Die Versuch, dem Gewöhnlichen entkommen zu wollen, ist also wiederum ganz gewöhnlich. Außerdem holt der philosophische Streifzug das Gewöhnliche anhand von Werken aus Kunst, Literatur und Philosophie ans Licht: Es kommen die Schriften von Blaise Pascale zur Sprache, George Cukors Film „Die Nacht vor der Hochzeit“, Sartres Roman „Der Ekel“ und Vincent van Goghs Stillleben „Ein paar Schuhe“.
    Wenn man sich ganz bewusst mit dem Gewöhnlichen auseinandersetzt und es denkt, erscheint es plötzlich als nichts Selbstverständliches mehr. Mit anderen Worten – es ist alles ganz anders, als wir glauben: Das, was im Allgemeinen als gewöhnlich bezeichnet wird, ist das, was zu unserem Alltag gehört, was uns vertraut ist. Aber erst wenn man sich wirklich für unsere Welt interessiert, merkt man, wie fremd sie doch ist. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 13.06.2010arte

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