„Bad Banks“: Packende arte/​ZDF-Miniserie zur Finanzkrise – Review

Paula Beer besticht in Drama aus der Welt der Großbanken

Marcus Kirzynowski
Rezension von Marcus Kirzynowski – 28.02.2018, 17:00 Uhr

Die Big Player von „Bad Banks“: Gabriel Fenger (Barry Atsma), Jana Liekam (Paula Beer) und Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch) – Bild: ZDF/KNSK Werbeagentur GmbH/Ricardo Vaz Palma/Sammy Hart
Die Big Player von „Bad Banks“: Gabriel Fenger (Barry Atsma), Jana Liekam (Paula Beer) und Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch)

Jana Liekam (Paula Beer) ist Mitte 20 und arbeitet in einem Haifischbecken: als Assistentin eines Investmentbankers bei einer Luxemburger Großbank. Dabei wirkt sie cleverer als ihr Vorgesetzter, was ihr eines Tages zum Verhängnis wird. Ihr Chef Luc Jacoby (Marc Limpach), ein egozentrischer Unsympath, wie er im Buche steht, lässt sie feuern, Jana steht scheinbar vor dem beruflichen Aus. Die Leiterin der Investmentabteilung Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch) rät ihr, die Zähne zusammenzubeißen und auf ihre nächste Chance zu warten. Und die kommt überraschenderweise schon nach ein paar Tagen, als Leblanc ihr einen Job bei der Deutschen Global Invest in Frankfurt (die kaum verschlüsselt für die Deutsche Bank steht) zuschustert. Dafür fordert sie allerdings als Gegenleistung Janas unbedingte Loyalität. Und das ist nicht so unverbindlich gemeint, wie die junge Frau naiv denkt.

„Bad Banks“ ist die Serie zur Finanzkrise. Als solche kommt sie zwar etwas spät, was die behandelten Fragen aber nicht weniger brisant macht. Denn die Gier des Menschen ist bekanntlich unerschöpflich und die nächste Blase an den Finanzmärkten platzt früher oder später bestimmt. Headautor Oliver Kienle, der die Serie nach einer Idee von Lisa Blumenberg entwickelt hat, erleichtert uns den Einstieg in die harte und oft undurchschaubare Materie durch den cleveren Schachzug, diese Welt durch die Augen einer höchst sympathischen jungen Frau zu erkunden. Am Anfang scheinen die Rollen klar verteilt: Auf der einen Seite die zwar ehrgeizige, aber ansonsten bodenständige Jana, die in Luxemburg mit ihrem Freund und dessen fünfjähriger Tochter zusammenlebt, auf der anderen die meist männlichen Topbanker, die sich wie durchgeknallte Tyrannen aufführen und ihre Untergebenen mit einer Mischung aus negativer Motivierung und Demütigung behandeln. Geradezu paradigmatisch für diesen Typus Alphamännchen steht Janas neuer Chef Gabriel Fenger (Barry Atsma), ein Mann, der für seinen Job lebt, dabei keine Skrupel kennt und ständig am Abgrund zwischen Brillanz und Wahnsinn zu balancieren scheint.

Erst im Laufe der sechs Folgen stellt sich heraus, dass die Frauen in diesem Business ihren männlichen Kollegen in Sachen Skrupellosigkeit nicht unbedingt nachstehen. Jana muss irgendwann erkennen, dass sie von Anfang an manipuliert wurde. Da hat ihr voller Einsatz für ein Großprojekt schon seinen Tribut gefordert und einen physischen und psychischen Zusammenbruch verursacht. Und auch ihr privates Glück hat Jana längst geopfert. Dieser private Handlungsstrang zählt allerdings zu den schwächeren der Serie, kann der Zuschauer doch schon lange voraussehen, wohin Janas Vernachlässigung ihres Partners führen wird. Insgesamt geht die Wandlung der Heldin hin zur Karrieristin, die bereit ist, alles aufzugeben, was ihr kurz zuvor noch wichtig war, auch einfach zu schnell. Eine andere Schwäche auf Drehbuchebene ist die Art, wie der Lifestyle der Investmentbanker gezeichnet wird. Da wird wirklich kein Klischee, wie man es etwa auch aus Filmen wie Martin Scorseses „The Wolf of Wall Street“ kennt, ausgelassen: Work hard, play hard inklusive Koks, durchgemachten Nächten und gemeinsamem Puffbesuch zur Kundengewinnung. Dass Jana bei letzterem ebenfalls mitgeht und als Einzige erkennt, dass der umworbene Kunde in Wahrheit schwul ist, ist dann schon wieder eine gelungene Brechung.

Jana Liekam (Paula Beer) steht vor einer großen, beruflichen Herausforderung …
Auf der Plusseite des Drehbuchs kann man verbuchen, dass die Handlung über weite Strecken einfach sehr spannend ist. Auch wenn man als Laie nicht immer genau versteht, wie diese High-End-Produkte im Detail funktionieren, die Jana und ihr Team an den Mann bringen müssen, sind die zahlreichen Volten, die die Geschichte schlägt, packend. Klar wird auch, dass es in diesem Geschäft keine Unschuldigen gibt – außer dem Steuerzahler, der am Ende die Zeche zahlen muss. Als tragische Gestalt tritt zudem noch Jörg Schüttauf als Leipziger Oberbürgermeister auf. Er verheimlicht der Öffentlichkeit, dass er todkrank ist. Sein einziges Ziel: das Großbauprojekt Leipzig 2025 abzusichern, um sich mit diesem Lebenswerk in die Annalen der Stadt einzuschreiben. Doch um reale Werte geht es dem hier thematisierten entfesselten Kapitalismus schon lange nicht mehr.

„Bad Banks“ ist durchgehend gut besetzt, wobei Paula Beer besonders hervorsticht. Die junge Schauspielerin, die schon im Austrowestern „Das finstere Tal“ und im französischen Schwarzweiß-Drama „Frantz“ auffiel, verkörpert überzeugend alle Facetten Janas, auch die sich mit der Zeit herauskristallisierenden unangenehmen. Eine Entdeckung ist auch der Niederländer Barry Atsma als charismatischer Investment-Chef Fenger. Eher blass bleiben die prominenteren Darsteller Tobias Moretti als Fengers Rivale und Désirée Nosbusch als undurchsichtige Topmanagerin, die im Hintergrund die Strippen zieht. Letztere durfte in einer deutsch-französisch-luxemburgischen Koproduktion als hierzulande bekannteste Schauspielerin aus dem Großherzogtum wohl einfach nicht fehlen.
Gabriel Fenger (Barry Atsma), Jana Liekam (Paula Beer), Christelle Leblanc (Désirée Nosbusch) in „Bad Banks“

Die Inszenierung durch Christian Schwochow, der durch intensive „kleine“ Kinofilme wie „Novemberkind“ und „Die Unsichtbare“ bekannt wurde und später fürs Fernsehen Arbeiten wie „Der Turm“ und „Mitten in Deutschland: NSU“ ablieferte, ist eher unspektakulär. Die Handlung springt zwischen Finanzmetropolen wie Luxemburg, London, Paris und immer wieder Frankfurt hin und her, ohne dass man ein besonderes Gefühl für die Orte bekäme. Hier kann man nur davon träumen, wie die Serie ausgesehen hätte, wenn man einen Regisseur wie Christoph Hochhäusler ausgewählt hätte – der Frankfurt im Kinofilm „Unter dir die Stadt“ ebenso faszinierend wie abweisend in Szene setzte.

Das etwas surrealistische Ende, an dem in den Straßen der Mainmetropole fast eine Art Bürgerkrieg gegen die Bankenindustrie tobt, erinnert an apokalyptische Dramen wie „Die kommenden Tage“. Dass die Machenschaften der Großbanken in absehbarer Zeit tatsächlich zu einer Revolution der Massen führen könnten, wirkt eher wie ein Wunschtraum der Autoren. Die Einblicke, die sie uns in die Welt der Hochfinanz gewähren, sind hingegen zwar fiktionalisiert, aber vermutlich nicht allzu weit von der bitteren Realität entfernt.

Dieser Text basiert auf Sichtung der kompletten Miniserie „Bad Banks“.

Meine Wertung: 4/​5


Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: ZDF/​Sammy Hart/​KNSK Werbeagentur GmbH/​Ricardo Vaz Palma/​em>

Die sechsteilige Miniserie „Bad Banks“ wird am Donnerstag und Freitag (1. und 2. März) jeweils bei arte ab 20:15 Uhr gezeigt. Im ZDF erfolgt die Ausstrahlung von Freitag bis Sonntag (2. bis 4. März) jeweils ab ca. 21:45 Uhr in Doppelfolgen. In der Mediathek des ZDF steht die komplette Serie bereits zur Verfügung.

Über den Autor

Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit „Ein Colt für alle Fälle“, „Dallas“ und „L.A. Law“ auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für fernsehserien.de und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

Lieblingsserien: Six Feet Under, Emergency Room, The West Wing

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am via tvforen.de

    Ich muss leider immer sehr zeitig raus und nach 22 Uhr bekomme ich dann meist nur die Hälfte mit. Bin leider kein Nachtmensch. Das mit der Mediathek finde ich aus diesem Grund sehr vorteilhaft. Und diese Serie musste man wirklich sehr aufmerksam verfolgen. Mit Einschlafen war da nix.
    • am via tvforen.de

      Ich verstehe nicht, warum man eine prestigeträchtige sechsteilige Serie innerhalb von zwei Tagen (arte) bzw. drei Tagen (ZDF) verballert.

      Im ZDF liefen am Samstag, Sonntag und Montag jeweils zwei Folgen von ca. 22 Uhr bis Mitternacht. Wer hat denn Zeit und Lust, sich an drei aufeinanderfolgenden Tagen um diese Uhrzeit darauf einzulassen?

      Zum Glück steht die Serie noch bis Ende August in der Mediathek, aber es kann ja nicht der Sinn der Sache sein, die Sendetermine der Erstausstrahlung so doof zu planen, dass ein Quotenflop vorprogrammiert ist.
      • am via tvforen.de

        daher auch die vielen Zugriffe in der Mediathek, an sich ist zwischen 22 Uhr und Mitternacht eigentlich so keine schlechte Zeit, finde ich, es gibt ja auch Aufnahmegeräte.
      • am via tvforen.de

        Spoonman schrieb:
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        > Ich verstehe nicht, warum man eine prestigeträchtige sechsteilige Serie innerhalb
        > von zwei Tagen (arte) bzw. drei Tagen (ZDF) verballert.
        >
        > Im ZDF liefen am Samstag, Sonntag und Montag jeweils zwei Folgen von ca. 22 Uhr bis
        > Mitternacht. Wer hat denn Zeit und Lust, sich an drei aufeinanderfolgenden Tagen um diese Uhrzeit darauf einzulassen?
        >
        > Zum Glück steht die Serie noch bis Ende August in der Mediathek, aber es kann ja nicht der Sinn der Sache sein, die Sendetermine der Erstausstrahlung so doof zu planen, dass ein Quotenflop vorprogrammiert ist.

        Was dieses merkwürdige Prozedere sollte, wissen die beim ZDF wohl immer noch nicht.

        Ab 10-14 Tage vor der Erstausstrahlung läuft mehrmals täglich der selbe Trailer, dass alle Folgen schon davor in der Mediathek zu sehen sind. Dann wundert man sich, dass die Einschaltquoten (zu diesen Sendezeiten) eher durchschnittlich sind. Und nun läuft regelmäßig ein neuer Trailer, für alle die es verpasst haben, sind alle Folgen bis zum 31.08.2018 in der Mediathek verfügbar.

        Wollen die jetzt einen neuen Rekord für ihre Mediathek aufstellen, mit den meißten Aubrufen einer Miniserie? Gibt es dafür auch schon Fernsehpreise? Kann man damit die Einschaltquoten aufhübschen? Oder was soll das Ganze ... ?
      • am via tvforen.de

        0815xxl schrieb:
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        > Wollen die jetzt einen neuen Rekord für ihre
        > Mediathek aufstellen, mit den meißten Aubrufen
        > einer Miniserie? Gibt es dafür auch schon
        > Fernsehpreise? Kann man damit die Einschaltquoten
        > aufhübschen? Oder was soll das Ganze ... ?

        Der Trend geht doch weg vom linearen Fernsehen, hin und zum nicht-linearen Fernsehen; und dass die Klickzahlen in einer Mediathek bald höher bewertet werden, als Einschaltquoten ebenfalls.
        Die Zeiten werden kommen, in denen das lineare Fernsehen innerhalb einer Verwertungskette bei einer Serie ganz nach hinten gerückt ist.
    • (geb. 1967) am

      Sooooooo krass geil spannend!!! Habe heuteNacht fast 4 Folgen regelrecht VERSCHLUNGEN!!!! :-)


      Es wundert mich, das der Autor NUR 4,5 Sterne macht!
      • am via tvforen.de

        Habe angefangen zu schauen und konnte dann nicht mehr davon lassen. Eine super Serie die in das Finanzwesen eintaucht. Die Serie hätte auch die Goldene Kamera verdient. Ebenso die
        Hauptdarstellerin.
        • am via tvforen.de

          Fernseheule schrieb:
          -------------------------------------------------------
          > Habe angefangen zu schauen und konnte dann nicht
          > mehr davon lassen. Eine super Serie die in das
          > Finanzwesen eintaucht. Die Serie hätte auch die
          > Goldene Kamera verdient. Ebenso die
          > Hauptdarstellerin.

          In der Sache hast du Recht, aber warum die "Goldene Kamera"?
          Das ist eine Werbeveranstaltung der Funke-Medien-Gruppe, vom Hamburger Senat mit öffentlichen (!) Geldern gesponsert. Um einen der kommerziellen "Preise" zu bekommen müsste die Serie schon einen Star wie "Ryan Gosling" (Preisträger 2017) verpflichten.
        • am via tvforen.de

          Wann wird "Der Deutsche Fernsehpreis" das nächste Mal verliehen? Oder welche Preisverleihungen könnten noch passen? ;o)
      • am via tvforen.de

        Nach Ansicht von Folge eins kann ich sagen: Hut ab!

        Im Vergleich zu dem, was in den letzten Jahren außer "Weissensee" so alles den Preis für die beste deutsche Serie bekommen hat, spielt "Bad Banks" mindestens zwei Ligen darüber: auf internationalem Spitzenniveau.
        • am via tvforen.de

          nach zwei Folgen kann ich auch sagen, dass das definitiv gelungen ist, wobei mich aber das Switchen zwischen Deutsch, Englisch, Französisch und Letzebuergesch und auch die vielen Fachbegriffe und Winkelzüge ein wenig anstrengen
      • am via tvforen.de

        >"Bad Banks" ist die Serie zur Finanzkrise. Als solche kommt sie zwar etwas spät, was die behandelten Fragen aber nicht weniger brisant macht.>


        Nein, nicht unbeginnt, wie man auch am Verkauf der HSH Nordbank sieht, aktuell.

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