Serienjahr 2025: Die Serienempfehlungen der Redaktion
Unsere regelmäßigen Reviewer stellen ihre Favoriten des Jahres vor
Christopher Diekhaus, R.L. Bonin, Stefan Genrich und Gian-Philip Andreas – 28.12.2025, 11:00 Uhr

Was war die beste Serie des Jahres? Um das zu ermitteln, gibt es viele mögliche Bewertungskriterien und über Geschmack kann man bekanntlich sowieso streiten – sollte es aber nicht.
Im vorliegenden Artikel stellen einige derjenigen Kollegen bei fernsehserien.de, die regelmäßig mit der Erstellung von Serienkritiken beauftragt werden, ihre jeweiligen, ganz persönlichen Top-Serien aus dem Jahr 2025 vor.
Die Top 5 von Christopher Diekhaus:
Platz 5: „Stabil“ (ARD/Mediathek):
Eine Jugendpsychiatrie als Hauptschauplatz einer Serie ist kein Ort, den man im deutschen Fernsehen oft zu sehen bekommt. Vor einigen Jahren hätten ARD-Redakteure den Stoff wahrscheinlich noch abgelehnt. Inzwischen sind Themen wie die mentale Gesundheit bei Jugendlichen jedoch im Unterhaltungsbereich angekommen. Gut so, denn Studien zeigen immer deutlicher, dass gerade junge Menschen von unserer krisengeplagten Gegenwart (Corona, Krieg, Vormarsch rechter Populisten) stark verunsichert werden. „Stabil“ konzentriert sich ganz auf seine heranwachsenden Protagonisten und zeichnet ihre Ängste und Sorgen ohne große Klischeeanfälle einfühlsam nach. Schauspielerische Highlights sind Hauptdarstellerin Luna Mwezi und ihr Kollege Beren Zint, der seine Rolle als aggressiver, manchmal aber auch erstaunlich zärtlicher Stationsrambo mit enormer Energie ausfüllt. Als bäriger Pfleger und Ruhepol ebenfalls toll: Charakterkopf Ronald Zehrfeld.
Platz 4: „Task“ (Sky):
Als die Pläne eines kriminellen Familienvaters (Tom Pelphrey) gehörig aus dem Ruder laufen, kommt es zu einem Katz-und-Maus-Spiel mit einem FBI-Ermittler (Mark Ruffalo), der selbst ein gewaltiges Päckchen zu tragen hat. Der Plot der HBO-Serie „Task“ klingt nach altbewährter Thriller-Kost. Tatsächlich erwächst aus der von Brad Ingelsby entwickelten, um Schuld und Vergebung kreisenden Geschichte aber eine Hatz von ungeahnter Wucht und Dringlichkeit. Der Handlungsort – die Außenbezirke von Philadelphia – ist dabei nicht bloße Kulisse, sondern vermittelt uns ein Gefühl für die Hintergründe der Figuren. Tom Pelphrey brilliert als tragischer Räuber, der sich und seine Liebsten mit jeder neuen Entscheidung nur noch mehr in Bedrängnis bringt, während Hollywood-Star Mark Ruffalo nicht zum ersten Mal beweist, dass er Normalos mit großer psychologischer Tiefe ausstatten kann.
Platz 3: „Forever“ (Netflix):
„Nicht noch eine Teenager-Love-Story!“, mag man anfangs denken. Doch die Netflix-Serie „Forever“, eine lose Adaption von Judy Blumes gleichnamigem, jugendliche Sexualität erforschendem Roman aus dem Jahr 1975, macht vieles dann doch ein bisschen anders. Im Mittelpunkt stehen hier afroamerikanische Lebenswelten. Eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen und ein junger Mann aus wohlhabendem Hause waren Kindheitsfreunde und laufen sich Jahre später auf einer Party über den Weg. Der Beginn einer Achterbahnfahrt der Gefühle. Was das romantische Drama so ergreifend macht: Die Figuren sind keine Plot-Gehilfen, sondern Menschen aus Fleisch und Blut, fühlen sich unglaublich lebensecht an. Nicht zuletzt dank toller Darsteller. Lovie Simone und Michael Cooper Jr. füllen die Hauptrollen überragend aus. Was außerdem nicht zu kurz kommt: der Blick auf die sozialen Schichten und den Erwartungsdruck, der auf den Protagonisten, beides vielversprechende Sporttalente, lastet.
Platz 2: „Euphorie“ (RTL+):
Und noch eine Serie über junge Menschen, ihre Sorgen und die Wirren der Liebe! RTL+ versucht sich an einer Adaption der israelischen Coming-of-Age-Produktion „Euphoria“, die schon in den USA mit großem Erfolg und unter gleichem Titel für einen anderen Markt umgesetzt wurde? „Das kann nur schiefgehen!“, wollte ich laut ausrufen, als ich erstmals von den Plänen hörte. Aber so kann man sich täuschen. „Euphorie“, uraufgeführt auf dem diesjährigen Filmfest München, erzählt sensibel, darstellerisch kraftvoll und inszenatorisch unerwartet abwechslungsreich von den seelischen Nöten einer Generation, die heute oft pauschal als verweichlicht, arbeitsscheu und wenig belastbar abgestempelt wird. Ein mutiger Stoff, den man bei RTL+ nicht unbedingt erwartet hätte und der genau deshalb zeigt: Seine Vorurteile sollte man regelmäßig hinterfragen.
Platz 1: „Alien: Earth“ (Disney+):
Auch diese Serie fällt in die Kategorie „Ganz schön gewagt!“. Die von Ridley Scott begründete „Alien“-Saga sinnvoll zu ergänzen – damit hatte immerhin schon Ridley Scott in seinen Prequel-Werken „Prometheus – Dunkle Zeichen“ und „Alien: Covenant“ zu kämpfen. Noah Hawley, der bereits den Coen-Klassiker „Fargo – Blutiger Schnee“ kongenial für den kleinen Bildschirm aufbereitete, erweist sich jedoch als der richtige Mann am richtigen Ort. Die Story seiner Scifi-Horror-Prequel-Serie: packend, aber nicht überhastet. Die Gore-Effekte: saftig-schmatzend. Und das Szenenbild: liebevoll an die ersten Reihenbeiträge angelehnt. Überhaupt kriegt „Alien: Earth“ den Spagat zwischen Hommage und Weiterführung der Ursprungsideen (Mensch vs. synthetische Wesen, Raubtierkapitalismus, allmächtige Konzerne) überzeugend hin. Genauso sollte man sich einem Meilenstein der Popkultur nähern.