Das Terminal 1 des größten französischen Flughafens Roissy-Charles-de-Gaulle im Norden von Paris verkörperte lange die Bestrebungen der modernen Architektur. Als 1967 die Planung begann, setzte der Massentourismus ein, und von Krise war keine Rede. Man glaubte an den Fortschritt und träumte von Geschwindigkeit. Während zuvor beim Bau von Flughafengebäuden funktionale Kriterien im Mittelpunkt standen, die vor allen Dingen Aufgabe von Ingenieuren waren, traten nun architektonisch-ästhetische Aspekte in den Vordergrund. Man begann sich weniger für die Flugzeuge, als für Schönheit und Kühnheit des Bauwerks zu interessieren. Diese Revolution ist vor allem dem Architekten Paul Andreu, geboren 1938, zu verdanken. Im Zentrum des Flughafens Roissy 1 steht ein fensterloser Betonring von 200 Metern
Durchmesser, den ein Lichtschacht durchdringt. Er dient der Orientierung und steuert wie in einer Art Kreisverkehr die Passagierströme. Die Flugzeuge gruppieren sich um mehrere Satelliten, die rings um das Terminal herum angelegt sind. „Die Flughafenanlage funktioniert wie eine Art Kreislauf, beim Herz würde man von der Pumpe sprechen“, erklärt Andreu. Und noch heute befindet sich der Flughafen – inzwischen um Roissy 2 ergänzt – weiter in Entwicklung. Roissy 1 war Andreus erste Arbeit, die in der Geschichte des Flughafenbaus auch die Grenzen der geschlossenen Form aufgezeigt hat. Inzwischen verzichten Architekten auf starre Strukturen. Auf Roissy 1 folgten rund 50 Großflughafengebäude in der ganzen Welt. Andreu wurde so zu einem der bedeutendsten Flughafenarchitekten des 20. Jahrhunderts. (Text: arte)