„The Muppets Mayhem“ mit früherer Band der „Muppet Show“ passt zu Disney+ – Review

Lil Nas X, Morgan Freeman, Peter Jackson und weitere Promis helfen bei Musik und Spaß

Stefan Genrich
Rezension von Stefan Genrich – 10.05.2023, 17:00 Uhr

In der Band „The Electric Mayhem“ spielen (v. l.) Zoot, Dr. Goldzahn, Sgt. Floyd Pepper, Tier, Janice und Lips. – Bild: Disney+
In der Band „The Electric Mayhem“ spielen (v. l.) Zoot, Dr. Goldzahn, Sgt. Floyd Pepper, Tier, Janice und Lips.

Wann entern der Frosch, das Schwein und der Bär den Bildschirm? Überhaupt nicht! Aber Musiker aus der „Muppet Show“ beeindrucken Kolleginnen und Kollegen aus dem Showbusiness: Promis wie Rapper Lil Nas X, Regisseur Peter Jackson („Der Hobbit: Eine unerwartete Reise“) und Schauspieler Morgan Freeman („Solos“) umringen die Band. Seit den legendären Tagen bei den anderen Muppets tourt die Gruppe von Bühne zu Bühne: Keyboarder Dr. Goldzahn, Bassist Floyd Pepper, Schlagzeuger Tier, Sängerin Janice, Saxophonist Zoot und Trompeter Lips. Bisher haben diese Freunde mehr oder weniger alleine ihr Chaos angerichtet. Sie können kein einziges Album vorweisen. In „The Muppets Mayhem“ entfacht Musikproduzentin Nora (Lilly Singh) Feuer unter den Hintern der Band-Mitglieder: Mit Hits von „The Electric Mayhem“ könnte sie ihre eigene Karriere anschieben. Die abwechslungsreichen Geschichten motivieren eher zum Lächeln als zum Lachen. Genießen wir trotzdem den Spaß.

Wer hätte gedacht, dass die Muppets ohne Kermit und Piggy funktionieren? Nostalgie mag die Gehirne der damaligen Fans verkleistern. Der Ruhm der Spielfilme ist verblichen, und im Fernsehen hat kein Neuaufguss das hohe Qualitätsniveau des Klassikers erreicht. Weder „Muppets Tonight!“ von 1996 noch „The Muppets“ von 2015 hat ein größeres Publikum erfreut. Auf Disney+ schafften die liebenswerten Anarchisten 2020 lediglich sechs Folgen „Und jetzt: Die Muppets!“. Veränderte Sehgewohnheiten verlangen eben frische Konzepte. Gute Idee also, dass der Streaming-Dienst mit Gewohnheiten bricht und andere Strategien entwickelt. Bitte nicht auf halber Strecke stehen bleiben!

„The Muppets Mayhem“ passt kaum ins herkömmliche Fernsehen. Streaming verträgt Angebote für schmalere Zielgruppen. Etliche Abo-Zahler verlangen ungewohnte Reize. Andererseits erklingt Protest, wenn serielle Heiligtümer wie „Star Trek“ und „Star Wars“ die ausgetretenen Pfade verlassen. Auch bei den Muppets ist mit Kritik zu rechnen. Wer lediglich eine Nummernrevue erwartet, sollte abschalten. Die Figuren entwickeln sich im Laufe der zehn Episoden. Sowohl Menschen als auch Muppets überzeugen mit eigenem Charakter, anstatt nur Gags abzufeuern. Wendungen halten die Zuschauerinnen und Zuschauer bei Laune. Musik treibt die Handlung voran. Die Band hadert mit Trends. Dennoch testet sie Technik und erlaubt Einflüsse etwa aus Rap und Elektro-Sound. Für die modernen Chancen werben Hannah (Saara Chaudry,„Holly Hobbie“) und JJ (Anders Holm, „Workaholics“) – die kleine Schwester und der Ex von Nora. Super-Fan und angehender Musikproduzent Moog (Tahj Mowry, „Baby Daddy“) fürchtet hingegen, dass seine geliebten Mayhems ihre Ideale verlieren.

Hinter der Band stehen die Menschen (v. l.) Nora (Lilly Singh), Moog (Tahj Mowry) und JJ (Anders Holm).Disney+

Vergangenheit kracht mit der Zukunft zusammen, wenn Dr. Goldzahns Mama die familiäre Zahnarztpraxis ihrem Jungen übergeben will. Diese Rückkehr zum Spießertum würde seine alte Flamme Penny stören, zumal ihr Waxtown Records gehört. Endlich ist zu erfahren, wie Floyd ein kleines Ungeheuer ins Herz schloss und es schlicht „Tier“ nannte. Ausgerechnet dieser wilde Kerl erleidet Ängste, im Stich gelassen zu werden. Dann warten großartige Abenteuer auf Tier. Janice zeigt ihren unerschütterlichen Glauben an die kosmische Liebe. Fotos von Zoot beeindrucken sogar Experten. Lips hofft, die Welt positiv zu verändern. Nora kannte JJ als Schlaffi, während er nun als Karrierist übertreibt. Beruflich und privat kämpft er gegen Moog, der ebenfalls sein Herz an Nora verliert. In der Krise halten diese beiden Rivalen zusammen. Unterdessen bröckelt Noras Selbstbewusstsein. Doch es bleibt lustig, sogar wenn Adam F. Goldberg („Die Goldbergs“) und sein Team ein bisschen Wehmut in die Comedy mit Musik einstreuen.

Tier ist Feuer und Flamme für Musikmanagerin Nora. Disney+

Die Laune steigt, wenn Promis in Nebenrollen oder Kurzauftritten erscheinen. Mitunter sind die Gaststars nicht so schnell zu erkennen, wie sie wieder verschwinden. Offensichtlich mit Vergnügen lästern sie über sich selber und über die Branche. Manche Künstler mögen ausschließlich in den USA bekannt sein – egal. Drehbuchautoren wie Adam F. Goldberg und Jeff Yorkes gönnen ihnen Sprüche. Ich war im College, als ich die Meyhams das erste Mal auf der Bühne sah, blickt Country-Musiker Chris Stapleton zurück: Den Tag darauf – da habe ich mein Ingenieursstudium gegen ’ne Gitarre getauscht und mich nie wieder rasiert. Zu sehen und zu hören sind zum Beispiel: Schlagzeuger Tommy Lee, Moderator Ryan Seacret („American Idol“), Musikproduzent Zedd, Produzent Kevin Smith („Masters of the Universe: Revelation“), Schauspieler Ben Schwartz („House of Lies“), Comedian Riki Lindhome („Wednesday“) und Radiomoderator Charlamagne Tha God.

Janice versucht, Streit zwischen Nora (l.) und ihrer Schwester Hannah (Saara Chaudry) zu schlichten. Disney+

Wer schräg aufgelegt ist, genießt die Entwicklung der Mayhems und ihrer Begleiter. So ist zu lernen, wie Marshmallows manchmal das Bewusstsein erweitern. Die Puppen wirken glaubwürdig, zumal der Fachmann Bill Barretta („Muppets Haunted Mansion“) das Konzept mitentwickelt hat. Halbwegs gelingt das Experiment bei diesen zehn Episoden mit je 25 Minuten Laufzeit. Trotzdem bleibt „The Muppets Mayheam“ ein Nischenprodukt. Kinder können wenig mit einer Parodie der Unterhaltungsindustrie anfangen. Junge Erwachsene vermissen hingegen Power. Die Drehbuchautoren sollten ihre künftigen Erzählungen stärker pfeffern: Sie präsentieren die Muppets noch immer brav und familienfreundlich. Deshalb rollt selten brüllendes Lachen aus der Kehle. Immerhin könnte ein Dauergrinsen die Gesichter vor den Bildschirmen verzieren. Disney+ ist zu danken, die Muppets zu aktualisieren. Davon profitieren irgendwann Kermit und seine gesamte Truppe. Doch traut euch mehr! Ob zwei bekannte Muppets dieser Forderung zustimmen, die zum Schluss dieser Serie erscheinen?

Dieser Text beruht auf der Sichtung der zehnteiligen Serie „The Muppets Mayhem“.

Meine Wertung: 3,5/​5

„The Muppets Mayhem“ steht seit 10. Mai auf Disney+ zum Streaming bereit.

Über den Autor

Seit 2016 hat Stefan Genrich Websites entwickelt und an einer Hochschule unterrichtet. Vor einer siebenjährigen Pause bei fernsehserien.de würdigte er das weihnachtliche TV-Programm im United Kingdom: Sein Herz schlägt für britisches Fernsehen. Daher verfolgt er jeden Cliffhanger von „Doctor Who“. Der Journalist kritisiert nebenberuflich Serien. Ihn ärgern Mängel bei ARD und ZDF – oder er genießt „Tagesthemen“ sowie „Nord bei Nordwest“. Frühe Begegnungen mit „Disco“ und „Raumschiff Enterprise“ haben Spuren hinterlassen. Später scheiterte Stefan beim Versuch, die Frisur von „MacGyver“ zu kopieren. Wegen „Star Trek: Strange New Worlds“ und „1923“ mag er Paramount+.

Lieblingsserien: Frasier, Raumpatrouille, Star Trek – Deep Space Nine

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • (geb. 1983) am

    Taugt und taugt mir gut bis sehr gut! :O)
    • am

      Schräg oder nicht, ich denke dass die Mayhams die beste Chance haben, sich doch noch als neue Muppets-Serie zu etablieren. Ich bin total begeistert und hoffe, dass noch einige Staffeln folgen, Gastauftritte anderer Muppets inklusive. Vielleicht, ganz vielleicht, wird ja doch noch mal ein Film als Abschluss draus. Schön jedenfalls, dass die Muppets noch "am Leben" gehalten werden.

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