„Prince Charming“ Staffel 3: Der „Traumprinz aus dem Barbie-Märchenhaus“ – Review

Jetzt noch scharfer: Prinz Kimkognito mischt sich unter sein Volk

Daniel Teuteberg
Gregor Löcher
Rezension von Daniel Teuteberg und Gregor Löcher – 16.08.2021, 16:00 Uhr

Boys, Boys, Boys! Der „Prince Charming“ der Staffel 3, Kim Tränka (l.), mit seinen Bewerbern – Bild: TVNOW
Boys, Boys, Boys! Der „Prince Charming“ der Staffel 3, Kim Tränka (l.), mit seinen Bewerbern

Hast du ’nen Ständer?! Zur Freude vieler startet morgen die dritte Auflage des schwulen Datingformats „Prince Charming“ bei TVNOW. Und das, wo erst kürzlich die erste Staffel des lesbischen Spin-Offs „Princess Charming“ zu Ende gegangen ist und noch dazu der Schock über das dramatische Ende von Staffel 2 und den armen Lauritz noch nicht ganz überwunden ist. Man weiß nicht recht, ob man schon bereit ist für eine neue Runde. In einer beliebten Horrorfilmreihe besagen die Regeln für eine Fortsetzung, dass Teil 2 eine Steigerung von Teil 1 darstellt und härter und böser ist, der dritte Teil hingegen scheinbare Gesetzmäßigkeiten hinterfragt und neue Wendungen nimmt. Mit Horror im klassischen Sinne hat das hier besprochene Format wenig zu tun, wenngleich Dates für so manchen ein Horrorszenario darstellen dürften. Trotzdem würde man sich wünschen, die Produktion hätte sich mehr an der Philosophie von „Scream 3“ orientiert. Denn in der Staffelvorschau zu Beginn finden sich keinerlei Anzeichen dafür, dass es große Neuerungen geben wird. Wieder große Gefühle und große Enttäuschungen, wieder ein bisschen Zickenkrieg und ein bisschen Action, wieder viele Knutschereien. Darf man von einem Realityformat nichts anderes erwarten?

Der 31-jährige Kim Tränka, Automobilkaufmann aus Bremen, ist der neue „Prince Charming“. Blond, schlank und langhaarig reitet er den Strand entlang und erklärt dann, dass die Liebe für ihn so viel mehr als nur ein Gefühl ist, nämlich ein Partner, eine Geborgenheit und zusammen ist es nachher das große Ganze. Er ist seit Dezember 2019 Single und sucht eine Person, die sein Herz über die Show hinaus zum Tanzen bringt. Mehr noch als seine beiden Vorgänger tritt der dritte „Prinz“ zwar sympathisch, aber auch sehr professionell auf, sodass es streckenweise so wirkt, als wäre er der Host des Formats und nicht derjenige, der dort selbst die große Liebe finden will.

Von einem der Kandidaten als „Traumprinz aus dem Barbie-Märchenhaus“ bezeichnet: Kim Tränka TVNOW

Nach der Vorstellung des 1,96 Meter großen Hünen ziehen die Kandidaten nacheinander in die Villa ein. Und zwar wieder in dieselbe Villa auf Kreta – mit der niedrigen Gartenpforte, die so viele erst nach mehreren Versuchen öffnen können, was besonders erniedrigend sein muss, wenn man gerade final abgewiesen wurde. Nachdem aktuell in „Promi Big Brother“ mal ein erfrischend anderes Set verwendet wird, wünschte man sich auch für „Prince Charming“ irgendwie ein bisschen räumliche Abwechslung. Es müsste ja nicht gleich ein anderer Planet sein, auf dem man die Kandidaten einquartiert.

18 Männer sind es, die sich nun präsentieren. Darunter Marketing Manager Max (25) aus Berlin, der sich im Laufe der Show noch in sein Alter Ego als Drag Queen verwandeln wird. Und Sachbearbeiter Manfred (33), der sich schon ein paar Anmachsprüche aus der Hölle fürs Kennenlernen überlegt hat (Du süße Maus). Man ist sich nicht ganz sicher, ob man ihn in dieser ersten Folge unterhaltsam oder unheimlich finden soll. Dann ist da noch Jan (26) aus Wien, der sich als Lehramtsstudent und Besserwisser vorstellt und schnell daran zweifeln lässt, ob er seinem eigenen Anspruch gerecht wird: Dass Hamburg nicht zu Norddeutschland gehört, ist schließlich so nicht definiert – und als er Kim attestiert, dass dieser in Shorts scharfer aussähe, ist das nicht nur deshalb falsch, weil dieser eine lange Hose trug. Der 30-jährige Thomas aus Berlin spielt mit den Geschlechterrollen und kleidet sich mal sehr maskulin, mal feminin. Kleidung ist auch das Thema von Robin (23, Beruf: Berlin halt!), der mit seinem nach Selbsteinschätzung teuren, aber billigen Style kokettiert. Der 23-jährige Polizist Lukas aus Hamburg dürfte so manches schwule Herz höher schlagen lassen. Ob er seine Uniform mitgebracht hat, bleibt aber zunächst offen. Maurice aus Köln ist mit 22 der Jüngste, Arne mit 39 Jahren der Älteste in der Runde. Spannend ist Arnes Erkenntnis, dass Kim und er sich bereits durch gemeinsame Freunde begegnet sind. Ist das für ein Kennenlernen im Rahmen der Show ein Hindernis oder gar ein Vorteil? Insgesamt scheint man diesmal mehr Wert auf die Teilnahme von People of Color gelegt zu haben. Im Vergleich mit den früheren Staffeln entsteht aber auch der Eindruck, dass diesmal ein weniger breiter Querschnitt von Bodytypes dargestellt wird.

Ein netter Dreh der Auftaktfolge ist, dass „Prince“ Kim zunächst inkognito als einer der Kandidaten eingeschleust wird. So hat er die Gelegenheit, die anderen erst mal kennenzulernen – während sie keine Ahnung haben, dass sie später um ihn buhlen müssen und sich daher vermutlich noch weniger verstellen. Das ist so natürlich nur bei einem gleichgeschlechtlichen Datingformat möglich und schafft ein wenig mehr Authentizität, denn in den vergangenen Staffeln mutete es schon etwas unglaubwürdig an, dass so viele verschiedene Männer plötzlich denselben Typ Mann derart attraktiv finden sollen. Aber auch diesmal sind bemerkenswert viele Teilnehmer mehr als angetan von Kim, was wohl wiederum für das Casting spricht. Am Ende einer Runde, bei der alle Kandidaten den größten Wunsch auf ihrer Bucket List verraten, lässt Kim dann die Bombe platzen. So originell sein Auftritt auch ist, so schnell verpufft der Effekt dann wieder. Nachdem die Kandidaten die Überraschung verdaut haben, geht es nämlich schon ans vertraute Styling für die erste Gentlemen’s Night. Da kommt es dann zu einem recht unangenehmen Moment, wenn Jean-Cédric (30) mit vielsagender Mimik betont, dass nicht alle Kandidaten dünn seien – und man muss unweigerlich an den respektvollen Umgang der Teilnehmer:innen von „Princess Charming“ miteinander denken, die für dieses Genre neue Maßstäbe gesetzt haben. Warten wir ab, ob die schwulen Singles sich gegenseitig mit dem Respekt begegnen, den sie von der Gesellschaft zu Recht erwarten. Die Stimmung scheint diesmal zumindest bisher weniger harmoniebetont zu sein als in den vorherigen Staffeln.

Das offizielle Kennenlernen der Kandidaten und des Prinzen bei der Gentlemen’s Night verläuft dann auch nicht anders als bei den bisherigen Staffeln. Es gibt die, die zunächst zurückhaltend sind, und die, die forsch zur Sache kommen – wie zum Beispiel Manfred, der gleich ein ganzes Zehnerpack Anstecker (9,95 €) als Mitbringsel dabei hat. Interessant wird es, als einer der Kandidaten den Prinzen zur Seite nimmt und ihm erklärt, dass er nicht sein Typ sei und er die Show daher verlassen möchte, um niemandem im Weg zu stehen. Bei den Mitbewerbern löst das schockierte Reaktionen aus – einer stellt gar die Frage, ob das clever sei. Natürlich geht es nicht wenigen hauptsächlich darum, ihre Instagram-Reichweite zu erhöhen oder den Sprung in die Reality-TV-Verwertungskette zu schaffen. Als Zuschauer freut man sich aber über einen Kandidaten, der offenbar wirklich nach der großen Liebe gesucht hat und dann auch noch aus Solidarität zu den anderen das Feld räumt. Umso trauriger, dass Kim ihn tatsächlich interessant gefunden hätte.

Wie eingangs vermutet, finden wir bis hierhin also alles in allem keine wirklichen Neuigkeiten auf Kreta. Und leider schaffen es auch weder der Prinz noch irgendeiner der Kandidaten, dass man auf Anhieb mit ihnen mitfiebern möchte. Bei den ersten beiden Staffeln war das noch anders. Diesmal scheint irgendwas oder irgendjemand zu fehlen. Während es bei „Promi Big Brother“ gerade mit nachträglichen Einzügen weiterer Kandidaten massiv übertrieben wurde, wünscht man sich bei „Prince Charming“ fast, dass noch irgendein Highlight gegen Abnutzungserscheinungen und Langeweile hinterherkommt. Aber vielleicht darf von einem Realityformat nicht mehr erwartet werden als eine Neuauflage mit anderen Gesichtern. Wer das als Gesetzmäßigkeit dieses Genres akzeptiert, kann voraussichtlich auch im dritten Wurf wieder auf seine Kosten kommen.

Die Kandidaten der dritten Staffel
Arne (39), Bremerhaven TVNOW
Ash (27), Berlin TVNOW
Bon (28), München TVNOW
Corey (33), Berlin TVNOW
Felix (24), Herbolzheim TVNOW
Flo (34), MünchenTVNOW
Jan (26), WienTVNOW
Jean-Cédric (30), StuttgartTVNOW
Kevin (32), KölnTVNOW
Lukas (23), HamburgTVNOW
Manfred (33), HamburgTVNOW
Markus (32), NordendorfTVNOW
Maurice (22), KölnTVNOW
Max (25), BerlinTVNOW
Pascal (24), Iserlohn TVNOW
Patrick (30), WienTVNOW
Robin (23), BerlinTVNOW
Thomas (30), BerlinTVNOW

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten Episode der dritten Staffel von „Prince Charming“.

Unsere Wertung: 3/​5

Der Streamingdienst TVNOW veröffentlicht die dritte Staffel von „Prince Charming“ ab dem 17. August dienstags im wöchentlichen Rhythmus. VOX besorgt die lineare Free-TV-Premiere später. Insgesamt wird es neun reguläre Folgen und eine abschließende Wiedersehensshow geben.

Über die Autoren

Daniel Teuteberg ist Jahrgang 1986 und hat sich schon in früher Kindheit sehr für das Medium Fernsehen begeistert. Und das, obwohl sein Elternhaus erst sehr spät mit Satellitenempfang ausgerüstet wurde und ihm die ganze Bandbreite seiner Möglichkeiten bis dahin vorenthalten blieb. Schon im Grundschulalter nahm er akribisch die Hörzu auseinander – wortwörtlich mit der Schere. Er ist vermutlich der Erfinder des Episodenführers, was jedoch nie offiziell festgehalten wurde. Seine handgeschriebenen Werke existieren aber noch heute. Bevorzugte Genres gibt es kaum. Nach dem Kinderfernsehen wandte er sich relativ jung den ZDF-Familienserien zu, bevor er die Daily Soaps für sich entdeckte. Nach einigen Jahren kühlte diese Leidenschaft teilweise ab, doch „Marienhof“ und „Verbotene Liebe“ hielt er bis zum Ende die Treue. Zur Zeit seines Studiums weist sein Serien-Lebenslauf Lücken auf, da er zeitweise ohne Fernsehempfang auskommen musste und nur selten Zeit für und Lust auf neue Serien hatte. Nachdem er im Studium mit Erziehungs- und Kommunikationswissenschaft noch zweigleisig gefahren ist, setzte sich schließlich doch die alte Leidenschaft für die Medien durch und so kümmert er sich seit 2013 als Redakteur bei fernsehserien.de hauptsächlich um die Pflege der Seriendatenbank und setzt damit fort, was er schon als Kind geliebt hat.

Lieblingsserien: Superstore, The Middle, Vorstadtweiber

Gregor Löcher wurde in den späten 70er-Jahren in Nürnberg geboren und entdeckte seine Leidenschaft für Fernsehserien aller Art in den 80er-Jahren, dem Jahrzehnt der Primetime-Soaps wie dem Denver Clan und Falcon Crest, was ihn prägte. Seitdem sind Faibles für viele weitere Serien und Seriengenres hinzugekommen, namentlich das der Comedyserie. Seit 2008 ist er als Webentwickler für fernsehserien.de tätig und hat zum Glück nach wie vor die Zeit, sich die eine oder andere Serie anzusehen.

Lieblingsserien: UFOs, Die Brücke, Will & Grace

Kommentare zu dieser Newsmeldung

  • am

    Kein Horror? Echt jetzt? Ich kann leider nicht erkennen, was daran *kein* Horror ist. Seien es die plumpen Marketing-Sprüche (es gayt wieder los) oder die langweiligen Bewerber, die sich nicht zu schade sind um die Gunst eines aufgeblasenen und zumeist mäßig attraktiven Pseudo-Schönlings (Aber die Schönheit liegt ja im Auge des Betrachters...) zu buhlen.

    Diese Form der Selbsterniedrigung ist in meinen Augen die Reinkultur des Horrors, was ich aber ebenfalls über das L- und Hetenformat solcher Kannibalen-Shows denke. Aber ich gönne es euch!

    Trotzdem läuft das Zeug Mal wieder ohne mich vor dem Bildschirm. ;-)

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