Pumuckl-Comeback, „Wetten, dass..?“-Abschied, Sparkurs und Ende der Retrowelle: Das deutsche Fernsehjahr 2023 im Rückblick

Trends, Ereignisse, Aufreger, Jubiläen und Abschiede des TV-Jahres

Glenn Riedmeier
Glenn Riedmeier – 25.12.2023, 09:00 Uhr

Pumuckl-Comeback, "Wetten, dass..?"-Abschied, Sparkurs und Ende der Retrowelle: Das deutsche Fernsehjahr 2023 im Rückblick – Trends, Ereignisse, Aufreger, Jubiläen und Abschiede des TV-Jahres – Bild: RTL/Boris Breuer/ZDF/Sascha Baumann/RTL/Robert Grischek/Sat.1/Willi Weber

2023 ist fast Geschichte – und auch in diesem Jahr wollen wir an unseren Traditionen festhalten. So gibt es wie gewohnt einen mehrteiligen Rückblick auf die wichtigsten Ereignisse und Themen in der TV-Welt des vergangenen Jahres. Welche Trends haben die Fernsehlandschaft geprägt und was hat für Diskussionsstoff gesorgt? Zu Beginn werfen wir einen ausführlichen Blick auf das deutsche Fernsehjahr 2023.

Retro-Fieber vorbei: Gameshow-Comebacks nur ein kurzes Strohfeuer

„Die 100.000 Mark Show“ mit Ulla Kock am Brink und „Der Preis ist heiß“ mit Harry Wijnvoord RTL/​Stefan Gregorowius

Vor rund zwei Jahren brach im deutschen Fernsehen ein regelrechtes Retro-Fieber aus. Begonnen mit der Rückkehr von „Wetten, dass..?“, „TV total“ und „Geh aufs Ganze!“ kam es nachfolgend zu einer ganzen Latte an weiteren früheren Formaten aus den 1990ern und 2000ern, die innerhalb kürzester Zeit wieder aufgelegt wurden. So schnell wie sie zurückkehrten, sind einige allerdings auch schon wieder verschwunden – etwa die glücklosen Reboot-Versuche von „7 Tage, 7 Köpfe“ oder „Frei Schnauze“. Inzwischen steht fest: RTL hat auch kein Interesse mehr daran, die Neuauflagen der Gameshow-Klassiker „Der Preis ist heiß“ und „Die 100.000 Mark Show“ fortzusetzen.

Aktuell planen wir nicht mit den beiden Formaten, sondern konzentrieren uns auf andere Showfarben, teilte ein Sendersprecher nüchtern gegenüber DWDL mit. Während die Entscheidung, bestimmte Retroformate aufgrund enttäuschender Einschaltquoten nicht fortzusetzen, in anderen Fällen durchaus nachvollziehbar ist, wäre sowohl bei „Der Preis ist heiß“ als auch der „100.000 Mark Show“ eine Fortführung durchaus denkbar gewesen. Im Sommerprogramm von RTL schlugen sie sich quotentechnisch ordentlich mit Marktanteilen zwischen zehn und zwölf Prozent. Auch inhaltlich gehörten beide Formate trotz Überlänge zu den gelungeneren Neuauflagen (zur ausführlichen Show-Kritik).

Auch „Geh aufs Ganze!“ liegt auf Eis

Jörg Draeger und der Zonk Sat.1/​Marc Rehbeck

Bereits im Frühjahr wurde bekannt, dass auch „Geh aufs Ganze!“ in Sat.1 vorerst nicht weitergeht. Zwischen dem Bällchensender und Moderator Jörg Draeger hat es hinsichtlich der kreativen Ausrichtung immer wieder geknirscht. Offiziell eingestellt wurde die Neuauflage zwar nicht, doch Draeger rechnet nicht mehr damit, dass „Geh aufs Ganze!“ noch einmal zurückkehren wird – nicht zuletzt aufgrund der eigenen Unzufriedenheit mit der bisherigen Produktion: Unter den Umständen, wie die ersten beiden Staffeln produziert wurden, würde ich es nicht noch einmal machen. Das habe ich dem Sender auch so mitgeteilt. Und weiter: Es gibt den einen oder anderen in Sat.1, der brennt für ‚Geh aufs Ganze!‘ wie ich. Aber das reicht nicht – es müssen alle brennen.

Insbesondere habe eine redaktionelle Einbindung seiner Person nicht stattgefunden: Die haben sich abgeschottet, es gab keine Kommunikation zwischen allen Beteiligten. Einwände seinerseits hinsichtlich der Spielauswahl und der konzeptionellen Ausarbeitung seien verhallt. Auf eine Anfrage von fernsehserien.de teilte der Sender lediglich kurz und knapp mit: ‚Geh aufs Ganze!‘ ist und bleibt eine Marke im Sat.1-Portfolio. Ein Vertrauensbeweis hört sich anders an.

Kult-Show-Wochen werden zu Flop-Show-Wochen

Sat.1/​Willi Weber

Zum Super-Gau wurden schließlich die sogenannten „Kult-Show-Wochen“ von Sat.1. Der Bällchensender wollte weiter auf der Retro-Welle surfen und brachte gleich drei klassische Show-Formate zurück: „Die Pyramide“, „Herzblatt“ alias „Dating Game“ sowie „Jeopardy!“. Ganz und gar nicht kultig waren jedoch die Quoten, die mit Marktanteilen von knapp unter sechs Prozent in der Zielgruppe sehr ernüchternd ausfielen, weshalb Sat.1 die weiteren produzierten Folgen von „Die Pyramide“ mit Jörg Pilawa und „Jeopardy!“ mit Ruth Moschner erst im Sommerloch ausstrahlte – wo sie erneut floppten. Die restlichen Folgen von „Dating Game“ wurden bis heute nicht gezeigt.

Was all diese Gameshow-Neuauflagen einte, war vor allem eine Fehlentscheidung: die Transformation eines ehemals äußerst erfolgreichen Vorabend-Formats hin zu einer aufgeblähten mehrstündigen Primetime-Show. Dies führte dazu, dass sich spätestens nach dem Wegfall des Neugiereffekts die meisten Formate zunehmend schwerer taten. Doch auch umgekehrt ging es schief: Sat.1 kam auf die Idee, aus den früheren Primetime-Formaten „Die perfekte Minute“ und „Mein Mann kann“ Sparvarianten am Vorabend zu machen – was ebenso wenig funktionierte.

Die Überlebenden der Retro-Welle

Thomas Hackenberg im „Quiz Taxi“ Kabel Eins/​Boris Breuer

Es gibt jedoch eine positive Ausnahme: Im Herbst sprang Kabel Eins auf den Zug der Retro-Welle im Fernsehen auf und brachte das „Quiz Taxi“ mit Thomas Hackenberg zurück – und schaffte das, was anderen nicht gelang: eine rundum gelungene Neuauflage, die an den richtigen Stellen behutsam erneuert und ansonsten originalgetreu belassen wurde. Kabel Eins ist nicht der Versuchung erlegen, das Format zu einer mehrstündigen Primetime-Sendung aufzublähen und ihr damit zu schaden. Stattdessen lief das neue „Quiz Taxi“ wie früher knapp halbstündig am Vorabend und bewies, dass der alte Spruch stimmt: In der Kürze liegt die Würze (zur ausführlichen Show-Kritik).

Neben dem „Quiz Taxi“ gibt es aktuell nur eine weitere Retro-Gameshow, die noch nicht wieder eingestellt wurde: das „Glücksrad“, das Anfang 2023 von RTL Zwei neu aufgelegt wurde. Die drei bisher ausgestrahlten Folgen der von Thomas Hermanns und Sonya Kraus moderierten Show holten für den Sender ordentliche bis erfreuliche Einschaltquoten. 2024 geht es weiter – allerdings mit Veränderungen: Statt Thomas Hermanns wird künftig Guido Cantz an der Seite von Sonya Kraus moderieren. Die genauen Gründe für Hermanns’ Ausstieg sind unklar, allerdings sei dies auf eigenen Wunsch geschehen. Die Folgen der zweiten Staffel werden zudem kürzer ausfallen: Statt brutto über zwei Stunden werden diese nur noch 60 Minuten dauern – ein Schritt in die richtige Richtung.

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