Es gibt Geschehen, die sind so grausam, dass es auf den ersten Blick unmöglich erscheint, den Tätern vergeben oder verzeihen zu können. Bei denen man sich vielleicht Vergeltung wünscht, oder wenigstens verdrängen und vergessen zu können. Und doch ist es für das Weiterleben von Opfern und Hinterbliebenen nicht selten der heilsamere Weg, den Tätern zu vergeben. So wie die Tochter, die von den eigenen Eltern misshandelt und missbraucht wurde, doch irgendwann ein eigenes Leben ohne die Schatten der Vergangenheit beginnen möchte. Oder der Sohn, der lange nicht verstehen kann, dass sein Vater nichts von ihm wissen möchte und keinen Kontakt wünscht, und der erst Wege finden muss,
dies zu akzeptieren. Manchmal ist es sprichwörtlich Fünf vor Zwölf, bis es zum Vergeben kommt, und der Eine abschließen und der Andere loslassen kann. Wieder anders sieht es aus für die, die sich selbst etwas zu Schulden haben kommen lassen, die nichts mehr wünschen, als die ausgestreckte Hand der Menschen ergreifen zu dürfen, denen sie geschadet haben. Aber es gibt auch durchaus gute Gründe, ein Vergeben zu verweigern und jedes Versöhnungsangebot auszuschlagen. Welcher Weg ist wann richtig? Und kann man einfach auch nur vergessen, ohne vergeben zu haben? „Vergeben oder vergessen?“, das ist das Thema [ …] bei Michael Steinbrecher im NACHTCAFÉ. (Text: SWR)