Baukunst Staffel 1, Folge 3: Das Haus aus Eisen – das Van Eetvelde-Haus von Victor Horta
Staffel 1, Folge 3
3. Das Haus aus Eisen – das Van Eetvelde-Haus von Victor Horta
Staffel 1, Folge 3 (30 Min.)
Ende des letzten Jahrhunderts war Brüssel ein Jahrzehnt lang die Hauptstadt der modernen Architektur. Die Art Nouveau- oder Jugendstil-Bewegung, die mit der Nachahmung historischer Stile brach, schaffte die Grundlagen für eine neue Auffassung von der Architektur und der Rolle des Architekten. Victor Horta galt als ihr Meister. Dem Wohnhaus, das er zwischen 1895 und 1897 für Edmond Van Eetvelde baute, liegt ein in mehrfacher Hinsicht origineller Entwurf zugrunde. Es ist weniger luxuriös und beeindruckend als frühere Bauwerke von Victor Horta, wie etwa das Solvay-Haus oder das heute abgerissene „Volkshaus“ („Maison du Peuple“). Dafür bringt es am entschiedensten die Modernität seines Schöpfers zum Ausdruck. Horta wagte es als Erster, für ein privates Wohnhaus eine Eisenkonstruktion zu verwenden, die bis dahin Bahnhöfen, Gewächshäusern oder Industriebauten vorbehalten
war. Dadurch entstand eine Fassade, die die durchsichtigen Fassaden zeitgenössischer Gebäude vorwegnahm. Ganz Künstler geht es Horta nie nur um praktische und zweckrationale Lösungen. So auch beim Lichthof, der das Zentrum des Hauses bildet und in dem seine Funktionen in genialer Weise zusammenlaufen. Er ist als glasüberdachter Wintergarten gestaltet, um den herum kaleidoskopartig die Festräume angeordnet sind. An ihm kann man am besten die Vielfalt der Parameter sehen, die der Architekt in seine Entwürfe hat einfließen lassen: Horta gelingt es, unter einem Dach Luxus und Fantasie, Zweckrationalität und Komfort zu vereinigen. Jenseits der landläufigen Auffassung vom Jugendstil erweist sich das Van Eetvelde-Haus somit als ein Gebäude, das bereits am Ende des 19. Jahrhunderts Zeichen der Überlegungen und Bestrebungen zeitgenössischer Architektur in sich trägt. (Text: arte)