Bauerfeind

Drei der Organisatoren der Olympischen Spiele 2021 mussten sich entschuldigen, nachdem öffentlich wurde, dass einer vor zwanzig Jahren einen unpassenden Witz gemacht hatte, ein anderer in einem privaten Gespräch eine Bemerkung über Dicke und der Dritte als Kind Mitschüler gemobbt hatte. Ein Deutscher Trainer wurde während der Spiele bei einer rassistischen Bemerkung gefilmt. Er entschuldigte sich tags drauf, womit das Thema für den Verband eigentlich vom Tisch war, aber die „Öffentlichkeit“ fand, dass die Entschuldigung nicht ausreichte, und so wurde der Mann wieder einen Tag später doch nach Hause geschickt.
Große Konzerne beschäftigen mittlerweile eigene Mitarbeiter, die sich um die Abwicklung von Entschuldigungen kümmern, wenn irgendetwas aus dem Ruder gelaufen ist.

Gesundheitsminister Spahn sagte früh in der Pandemie „Wir werden einander viel verzeihen müssen.“ Aber man hat den Eindruck, die Gesellschaft wird zunehmend unversöhnlicher. Fehler, auch wenn sie vor Jahren begangen wurden, werden nach heutigen Standards bestraft.
Genaugenommen kann man sich ohnehin nicht selbst entschuldigen, sondern nur um Entschuldigung bitten. Aber eine Entschuldigung nicht anzunehmen, das galt bis vor ein paar Jahren noch als schlechte Kinderstube, mittlerweile aber als Ausdruck von Selbstbewusstsein. Der Umgang mit Fehlern hat sich unter dem Eindruck von Cancel Culture und einer empörungsbereiten Öffentlichkeit stark verändert. Zum Besseren oder ist diese Entwicklung nur der Anfang einer Entwicklung hin zu weniger Meinungsfreiheit? (Text: One)