2018, Folge 941–956

  • Folge 941 (30 Min.)
    Baltrum: Nordseewellen, saubere Luft, keine Autos, wenig Stress und viel Ruhe – ein Ferienparadies. Für viele Senioren ist es ein Herzenswunsch, hier im Alter zu leben. Wie geht das? Baltrum hat 500 Einwohner, viele möchten ihren Lebensabend auf der Insel verbringen. Pflegenotstand soll zumindest kein Problem sein. Deshalb haben die Baltrumer „Gode Tied“, einen Pflegedienst in Eigeninitiative, gegründet. Wie sieht das „Altsein“ wirklich aus? Baltrum ist die kleinste ostfriesische Insel, fünf Kilometer lang und 1,5 Kilometer breit, die Welt scheint hier noch heil zu sein.
    Das macht Baltrum attraktiv, sowohl für die Touristen, die jährlich kommen, aber auch für die „Alten“. Sie wollen, solange es geht, auf der Insel bleiben. Um das möglich zu machen, gibt es den Pflegedienst „Gode Tied“. Der Verein hat 160 Mitglieder, jeder bezahlt 60 Euro pro Jahr, zwei Pflegerinnen werden durch Pflegegeld und Krankenkasse bezahlt, so können die „Alten“ zu Hause versorgt werden. Davon profitieren auch pflegebedürftige Urlauber und die Zugereisten, die auf der Insel im Alter Gemeinschaft und Unterstützung suchen.
    Doch wie sieht das „Altsein“ auf Baltrum aus? Der „37°“-Film begleitet alte Insulaner und „zugewanderte“ Senioren. Eingebettet in die Großfamilie: Olga ist bereits 93 Jahre alt, sie genießt die Fürsorge ihrer Kinder, Enkel und Urenkel. Alle leben auf der Insel – die meisten vermieten an Feriengäste oder arbeiten in der Gastronomie. Olga ist gleich nach dem Krieg nach Baltrum gekommen und hat zusammen mit ihrem Mann in einer Bretterbude Lebensmittel verkauft. Seit 70 Jahren kümmert sie sich um die Buchführung – zuletzt auch für den Hotelbetrieb ihres Enkels Olaf.
    Dessen Tochter Lena ist jetzt in den Betrieb eingestiegen und wird gerade von ihrer Uroma eingearbeitet. Olgas Lebensmotto ist: so selbstständig wie möglich bleiben! „Ich möchte noch so viel, was ich selber machen kann, auch selber machen. Sie meinen es alle gut. Aber wenn ich das selber kann, dann sollen sie mich gewähren lassen.“ Olga kocht manchmal für die Familie, geht einkaufen und fährt auch selbstständig mit ihrem Elektromobil zum Arzt. Einmal am Tag kommt der Pflegedienst und versorgt die rüstige Rentnerin mit Kompressionsstrümpfen.
    Im Sommer heiratet ihr erster Urenkel Nils – da möchte sie auf alle Fälle dabei sein. „Die Insel bedeutet mir eigentlich alles. Ich möchte hier sterben. Wirklich wahr. Ich möchte nicht ans Festland.“ Jupp (80) ist als fröhlicher Gastwirt zum „Inseloriginal“ geworden. 1966 kam er zusammen mit Ehefrau Ulla nach Baltrum und hatte es anfangs nicht leicht mit den Einheimischen. Aber Jupp mischte sich schnell überall ein, spielte Theater, predigte in der Kirche und saß im Inselrat.
    Und während seine Frau im Restaurantkeller das Essen kochte, versorgte er die Gäste an der Theke mit Getränken und Witzen. Doch nun musste er den „Seehund“ an seine Tochter Martina übergeben, denn Jupp ist krank. Mehrmals musste er schon mit dem Hubschrauber ans Festland ins Krankenhaus gebracht werden. Zurück auf der Insel, wird er nun jeden Morgen vom Pflegedienst versorgt. Jupp hat einen sehnlichen Wunsch: Er will auf der Insel bleiben. Doch wie lange wird er noch Einheimische und Touristen unterhalten und mit seinem Elektrorollstuhl „Silberpfeil“ im Dorf unterwegs sein? Renate (69) und Günther (80) sind „Zugereiste“.
    Sie leben erst seit sieben Jahren auf Baltrum. Renate hat nur noch ein Drittel ihrer Lunge und braucht die Nordseeluft zum Atmen: „Ich sage immer, wenn es später kein Paradies gibt, ist das nicht so schlimm. Ich hatte das schon zu Lebzeiten auf Erden.“ Für ihren Mann steht die Gesundheit seiner Frau an erster Stelle. Die „Integration“ war anfangs nicht leicht. Doch Günther ist Musiklehrer und hat auf der Insel eine Brassband mit Jugendlichen gegründet, um Kontakt zu bekommen.
    Die beiden haben bereits auf anderen Nordseeinseln gelebt, aber auf Baltrum können Rollstuhlfahrer direkt ans Meer fahren – deshalb musste es im Alter diese Insel sein. Mitten im Dorf haben sie sich ein kleines gemütliches Haus gebaut – für einen ruhigen Lebensabend ohne Autos, Lärm und Stress. Renate geht es seitdem besser. Jeden Tag geht sie mit Hündin Jule spazieren. Doch Günthers Gesundheitszustand wird immer schlechter. Er hat Diabetes und muss vom Pflegedienst versorgt werden. Günther möchte noch sein letztes großes Konzert in der Inselkirche geben, doch was passiert danach, wenn es ihm schlechter geht? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 31.07.2018 ZDF
  • Folge 942 (30 Min.)
    Keine Kneipe, kein Geschäft, keine Schule, kein Arzt: Postlow ist eine kleine Gemeinde in Mecklenburg-Vorpommern – mit wenig Zukunftschancen. Was tun die Menschen gegen das Dorfsterben? Deutschland boomt – in den Metropolen. In Postlow gibt es kaum Arbeitsplätze, für Straßenreparaturen und Sanierungen fehlt oft das Geld. Der Frust ist groß, Häuser verfallen, viele junge Leute ziehen weg. Wie leben die Menschen, die in ihrer Heimat bleiben wollen? Die Gemeinde Postlow liegt weitab von den Wirtschaftszentren und zu weit entfernt von der Ostsee, um vom Tourismus zu profitieren.
    Postlow hat in den vergangenen zehn Jahren rund 100 Einwohner verloren. 287 Menschen leben noch hier, viele sind über 50. Die Gründe sind bekannt: Nach der Wende mussten die großen landwirtschaftlichen Genossenschaften schließen, es ging wirtschaftlich immer mehr bergab, investiert wurde kaum. Der Verfall ist nun vielerorts sichtbar: In der idyllischen Gegend mit weiten Feldern und Alleen stehen verlassene Gutshöfe, leere Häuser und DDR-Bauten in schlechtem Zustand.
    Nur vereinzelt gibt es noch kleine Gewerbeunternehmen. Manche Häuschen in Postlow sehen zwar gepflegt aus, doch Leben spielt sich auf den Straßen nur wenig ab. Laut aktuellem Zukunftsatlas gehört der Landkreis Greifswald-Vorpommern, in dem Postlow liegt, zu denen mit den schlechtesten Entwicklungschancen. Düstere Zukunftsprognosen. Fühlen sich deshalb die Bewohner „abgehängt“? Nicht alle wollen sich mit dieser Entwicklung abfinden. In einer Langzeitbeobachtung begleitet „37°“ Menschen, die sich auf ganz unterschiedliche Weise für ihre Heimat einsetzen.
    „Jeder ist für sein Leben selbst verantwortlich, da kommt keiner und sagt: Mach Du mal!“ Marlis K. (53) ist schon seit 30 Jahren Postlowerin. Zusammen mit ihrem Mann Hartmut hatte sie eine Geschäftsidee. Sie hat auf dem abgelegenen Anwesen ihrer Schwiegereltern eine kleine Oase geschaffen: eine liebevoll eingerichtete kleine Mosterei mit Hofladen, in der Leute aus der Gegend ihr Obst verarbeiten lassen können. Das schafft Arbeit, auch für zusätzliche Kräfte.
    Doch in diesem Jahr ist die Ernte eine Katastrophe. Werden Marlis und Hartmut ihre Tatkraft behalten, auch wenn ihre Existenz gefährdet ist? „Hier gibt es nichts, deshalb wollen wir etwas tun. Wir haben noch richtig Elan, und wir wollen auch, dass in unserem Dorf etwas passiert.“ Oliver H. (28) ist einer der wenigen Jungen, die in Postlow geblieben sind. Oliver hat Arbeit bei der Straßenmeisterei in der nächst gelegenen Stadt Anklam und lebt mit seiner Familie im Haus seiner verstorbenen Großeltern, Tür an Tür mit den Eltern.
    Oliver hat seine Kindheit hier verbracht und war nie weg – und will es auch gar nicht. Postlow, das ist seine Heimat – was zählt, ist die Familie, sind Freunde und die Freiwillige Feuerwehr. Hier übernimmt er seit Kurzem Verantwortung als Wehrführer. Disko, Kneipe, Nachtleben, das vermisst Oliver nicht. Gemeinsam mit den jungen Leuten der Gemeinde will er seine Energie investieren, um das Dorfleben wieder in Schwung zu bringen. „Früher gab es noch eine Dorfgemeinschaft, doch nach der Wende hat sich jeder mehr zurückgezogen.“ Ursula B. (74) kam mit zwei Jahren als Flüchtlingskind mit ihrer Mutter und den beiden Brüdern aus Ostpreußen nach Postlow.
    Von ihrer alten Schule ist nur mehr eine Ruine geblieben. Doch sie hat auch schöne Erinnerungen an die Vergangenheit. Seit 50 Jahren lebt sie in ihrer Dreiraum-Wohnung im Plattenbau, hier möchte sie bleiben, auch wenn es keinen Laden und keinen Arzt gibt. Zum Glück existiert noch der Zusammenhalt mit den Nachbarinnen, sie helfen sich gegenseitig und leisten sich im Alter Gesellschaft. Doch wird Ursula in ihrer Wohnung bleiben können? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 07.08.2018 ZDF
  • Folge 943 (30 Min.)
    „Das Leben ohne Frau ist ein sinnloses Leben“, sagt Uwe (50) aus Leuna. „Manchmal mach’ ich den Fernseher nur an, um Stimmen zu hören“, erzählt Olaf (41) von der Insel Usedom. Und Stefan (29) aus dem Erzgebirge findet es nicht gut, dass Beziehungen heute so schnell in die Brüche gehen. Alle drei Männer kommen eigentlich gut an bei den Frauen. Trotzdem sind sie schon länger Single und leben seit mehreren Jahren unfreiwillig allein. Statistiken und Studien zeigen: Das liegt nicht an ihnen. In Ostdeutschland fehlen auf dem Land und in den Kleinstädten die Frauen. Die Männer finden Arbeit in handwerklichen Berufen, und die Frauen gehen weg, weil sie sich in den Städten eine bessere Zukunft erhoffen.
    So kommt es, dass in manchen ländlichen Regionen Ostdeutschlands 20 Prozent mehr Männer als Frauen leben. Besonders die jungen Männer haben es schwer, eine Partnerin zu finden. Olaf betreibt ein Sägewerk und züchtet Pferde. Im Sommer organisiert er Ausritte, so lernt er immer viele Frauen kennen. Doch er fragt sich, warum bisher keine länger bei ihm bleiben wollte. Liegt es vielleicht daran, dass er so viel arbeitet und in einem Wohnwagen wohnt? Uwe sammelt und verkauft Ersatzteile für DDR-Oldtimer.
    Auf Trödelmärkten trifft er Gleichgesinnte und fühlt sich nicht so allein. Er versucht über eine Dating-Sendung im Radio seine Traumfrau zu finden. Bio-Bauer Stefan mag seine Arbeit, hat viele Freunde und lebt gern auf dem Land. Doch wird er sich jemals wieder verlieben, wenn er seinen Hof nicht verlässt? Die Dokumentation zeigt, wie alle drei Protagonisten ihr Single-Dasein meistern und sich der schwierigen Herausforderung stellen, in ihrer Region eine Partnerin zu finden. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 8:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 14.08.2018 ZDF
    • Alternativtitel: Die Helden vom Amt - Sozialarbeiter und ihre Klienten
    Folge 944 (30 Min.)
    Sozialarbeiter helfen Menschen, die auf der Schattenseite unserer Gesellschaft stehen. Für diese verantwortungsvolle Arbeit werden sie schlecht bezahlt und müssen einige Belastungen aushalten. „37°“ begleitet zwei Sozialarbeiter aus dem Ruhrgebiet. In Bochum hilft Sabine B. alten Menschen, so lange wie möglich ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Pablo M. unterstützt in Gelsenkirchen Familien, in denen häufig das Wohl der Kinder gefährdet ist. Seit 30 Jahren arbeitet Sabine B. als Sozialarbeiterin in Bochum.
    Die 57-Jährige leitet das Seniorenbüro Süd, eine Außenstelle des Sozialamts Bochum. Weitgehend auf sich allein gestellt, kümmert sie sich in fünf Stadtteilen um alte Menschen, die durch Krankheit, Schicksalsschläge oder das Nachlassen der körperlichen und geistigen Kräfte ihr Leben nicht mehr im Griff haben. Oft leben diese Menschen allein und haben keine Angehörigen mehr. Sabine B. unterstützt die Senioren bei der Organisation ambulanter Hilfen wie Pflegedienst, Essen auf Rädern oder gesetzliche Betreuung.
    Sie erledigt Telefonate oder hilft bei der Suche nach einer barrierefreien Wohnung. Und sie hat immer ein offenes Ohr für die alten Menschen, etwa, wenn sie einen Angehörigen verlieren und allein zurückbleiben. Zurzeit gibt es viel zu tun für die Sozialarbeiterin. Sie betreut 15 Fälle, darunter Frau K., die an einer schnell fortschreitenden Frühdemenz erkrankt ist. Wenn Sabine B. sie nicht daran erinnert, vergisst Frau K. sogar zu essen. Die 66-Jährige wiegt nur noch 39 Kilogramm.
    „Ich versuche, mögliche Gefahren so klein wie möglich zu halten, aber ich kann das Leben nicht komplett kontrollieren. Es kann immer etwas passieren“, weiß die Sozialarbeiterin. Sabine B. muss entscheiden, ob es noch zu verantworten ist, Frau K. allein wohnen zu lassen. Auch Pablo M. kennt solche Fälle, die ihn manchmal bis in den Schlaf verfolgen. Der 35-Jährige ist sozialpädagogischer Familienhelfer bei der Diakonie in Gelsenkirchen. Er hilft jungen Familien, in ihrem Leben wieder einen Anker zu finden.
    Häufig betreut er alleinerziehende Mütter und Väter, bei denen das Wohl der Kinder gefährdet ist. Pablo M. arbeitet im Auftrag des Jugendamts und spricht Empfehlungen dazu aus, ob Kinder eventuell aus den Familien herausgenommen werden sollten. Das ist viel Verantwortung für den Sozialarbeiter. „Ich kann nicht 24 Stunden da sein, ich kann nicht alles verhindern“, sagt er. Häufig ist es für den Sozialarbeiter mühsam, das nötige Vertrauen aufzubauen.
    „Was mich belastet, ist, wenn ich vor die Wand renne in Familien, in denen ich überhaupt nicht erwünscht bin“, sagt Pablo M., der selbst Vater von zwei Kindern ist. Mit Geduld und Einfühlungsvermögen versucht er, zu den Menschen durchzudringen. Als Vermittler zwischen Amt und Familie erfüllt er eine wichtige Kontrollfunktion. Auf ihrem jeweiligen Gebiet übernehmen die beiden Sozialarbeiter viel Verantwortung. Hautnah erleben sie Fälle von Einsamkeit, Überforderung und Verwahrlosung, aber immer wieder auch Momente stillen Glücks, wenn ihre Hilfe Früchte trägt. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 21.08.2018 ZDF
  • Folge 945 (30 Min.)
    Edith Arnold ist Sexualbegleiterin. Sie wird mit Menschen intim, die eine geistige Behinderung haben. In unserer Gesellschaft ist ihre Arbeit noch ein Tabu. In der Werbung, in Filmen, in unserem Alltag ist Sex omnipräsent. Aber wie steht es um die Sexualität von Menschen mit Behinderungen? Bei einer körperlichen Behinderung scheint die Antwort klar. Die Betroffenen können ihre Bedürfnisse formulieren und ausleben. Aber was ist mit Menschen mit geistiger Behinderung? Menschen, die sich verbal womöglich nicht ausdrücken können, deren Selbstbestimmung aufgrund ihrer körperlichen Einschränkung im täglichen Leben oft gegen null geht? Ihre Sexualität ist etwas, worüber kaum jemand sprechen möchte.
    Bei Edith Arnold ist das anders. Sie besucht diese Menschen und wird intim mit ihnen – gegen Bezahlung. Und so kann man sich eine solche Sexualbegleitung vorstellen: Als Edith den Raum betritt, herrscht Stille. Sie macht leise Musik an und dimmt das Licht. Im Krankenbett liegt Tim. Der junge Mann kann nicht sprechen, aber seine Vorfreude ist zu spüren. Die Frau spricht leise zu ihm, während sie sich über ihn beugt.
    Nach einiger Zeit berührt sie ihn. Es geht um Aufmerksamkeit, um körperliche Nähe. Was zwischen Tim und Edith in der Stunde ihres Beisammenseins passiert, ist offen. Der Film porträtiert die 29-jährige Edith und stellt immer wieder die Frage, ob ihre Arbeit einen Zugewinn an Selbstbestimmung für Menschen mit geistiger Behinderung darstellt. Die Sexualbegleiterin selbst plädiert für mehr Differenziertheit bei diesem Thema. „Nur weil ich Sexualbegleiterin bin, bin ich noch lange keine Heilige. Aber nur weil ich eine bezahlte sexuelle Dienstleistung anbiete, bin ich auch niemand Schlechtes“, sagt sie.
    Aber warum hat sich die Hamburgerin für diesen ungewöhnlichen Beruf entschieden? Der Film versucht, ihr Handeln sowie ihre Motivation zu ergründen, und hinterfragt ihr Tun kritisch. Wo genau liegt die Abgrenzung zur Prostitution? Immerhin nimmt Edith Geld für sexuelle Leistungen. Eine Stunde kostet 150 Euro. Wie funktioniert die Kommunikation mit ihren Kunden, und woran erkennen Edith Arnold, die Eltern oder das Pflegeumfeld, dass jemand mit einer geistigen Behinderung den Wunsch nach Nähe und Sexualität verspürt? Die Mutter des schwer-mehrfachbehinderten Tim hat sich für Sexualbegleitung entschieden.
    Sie hat das sexuelle Bedürfnis ihres Sohnes früh bemerkt – eine regelrechte Notsituation. „Wir haben dann schon gedacht: Was kann man machen? Mal auf die Reeperbahn gehen? Gibt es da jemanden, der ihm helfen kann? Aber das war dann auch nicht die Lösung.“ Die Lösung heißt seit vier Jahren Edith Arnold. „37°“ stellt sich diesem durchaus umstrittenen Thema und setzt sich mit dem wenig beachteten Feld der Sexualbegleitung und dem Alltag einer Sexualbegleiterin auseinander. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 28.08.2018 ZDF
  • Folge 946 (30 Min.)
    In Deutschland sind über 75 000 Kinder in Pflegefamilien untergebracht, weitere 95 000 in Heimen. „37°“ begleitet eine Familie, die einem Pflegekind aus dem Heim ein neues Zuhause geben will. Anne (45) und Frank (47) leben mit Tochter Lönja (14) in Köln. Seit zehn Jahren sind sie ein Paar. Das Jugendamt vermittelt ihnen die neunjährige Pflegetochter Nermina, die bereits drei Jahre im Kinderheim gelebt hat. Nerminas Eltern haben sich getrennt, die Mutter ist psychisch schwer erkrankt. Niemand konnte sich in ihrer frühen Kindheit ausreichend um Nermina kümmern.
    Das neunjährige Mädchen wünscht sich, in einer richtigen Familie statt im Kinderheim aufzuwachsen. Als Anne und Frank sich als Pflegeeltern zur Verfügung stellen, scheint ihr Glück perfekt. Doch so groß Nerminas Wunsch nach mehr Bindung ist, so sehr Pflegeeltern und Pflegeschwester sich Mühe geben, die Anfangszeit gestaltet sich für alle sehr schwierig und kräftezehrend. „Als Pflegefamilie musst Du Geduld haben und Frust aushalten können“, weiß Pflegemutter Anne.
    Die gelernte Sozialpädagogin übt regelmäßig Mathe und Deutsch mit ihrer Pflegetochter, die eine Förderschule besucht. Nermina kann sich nur schwer auf die Hausaufgaben konzentrieren und verzweifelt schnell, weil das Lernen für sie so mühsam ist. „Ich frage mich, ob ich das überhaupt schaffe, ob ich dazu pädagogisch in der Lage bin“, formuliert Pflegevater Frank seine Zweifel. Denn Nermina testet gerade in der Anfangszeit ihre Grenzen aus, provoziert die ganze Familie. Sie kann nicht glauben, dass sie wirklich in der Pflegefamilie bleiben darf, egal, was passiert.
    Zu tief sitzt die Angst, wieder abgegeben und ins Heim abgeschoben zu werden. In ihren ersten Jahren hat Nermina Erwachsene immer nur als unzuverlässig erlebt. Zu viel Familienharmonie kann sie auch heute nur schwer ertragen. Wenn ihr mal wieder alles zu viel wird, verlässt sie kommentarlos das Haus und radelt durch die Gegend. Oft machen sich ihre Pflegeeltern dann Sorgen, sie hoffen, dass es ihnen schließlich gelingen wird, Nerminas Vertrauen zu gewinnen.
    Die 14-jährige Lönja, Annes leibliche Tochter, hat sich das vorher ganz anders vorgestellt mit einer Pflegeschwester. Sie ist oft genervt von Nerminas Wut. „Manchmal, wenn Nermina so ausrastet, denke ich, es geht einfach nicht mehr“, gibt Lönja zu. Dann wünscht sie sich die kleine Pflegeschwester einfach nur weg. Doch die „Ausraster“ werden im Lauf der Zeit immer weniger, und die Pflegefamilie wächst Schritt für Schritt zusammen. Nach vielen Turbulenzen steht für Nermina fest: „Hier ist es viel schöner als im Kinderheim, hier ist mein Zuhause.“ Und Schwester Lönja ergänzt: „Ich vergesse ganz oft, dass Nermina noch eine andere Familie hat, für mich gehört sie zu uns.“ Die gesamte Familie kann sich sogar vorstellen, ein weiteres Pflegekind aufzunehmen.
    Anne und Frank sprechen erneut beim Jugendamt vor. Doch der bürokratische Aufwand vonseiten der Jugendämter ist hoch, die lange Wartezeit zermürbt die Pflegeeltern. Wird es überhaupt noch zu einer weiteren Vermittlung kommen? „37°“ hat die Pflegefamilie zwei Jahre bei ihrem allmählichen Zusammenwachsen begleitet. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 04.09.2018 ZDF
  • Folge 947 (30 Min.)
    „37°“ begleitet Menschen, die mehr als einen Job brauchen, um finanziell über die Runden zu kommen. Die Bundesagentur für Arbeit registrierte 2017 3,26 Millionen Mehrfachbeschäftigte. Die Zahl der Berufstätigen, die unter die Schwelle der Armutsgefährdung fallen, hat sich zwischen 2004 und 2014 verdoppelt. Damit ist die Erwerbsarmut in der Bundesrepublik stärker gestiegen als in jedem anderen EU-Land. Manuela und Tahsin haben zwei gemeinsame Söhne und mehrere Jobs. „Manchmal denke ich, die Kinder hören von uns immer nur ‚Arbeit‘“, so der Familienvater.
    Tagsüber arbeitet Tahsin als Staplerfahrer, abends fährt er Pizza aus. Der 42-Jährige ist gelernte Fachkraft für Metalltechnik, doch seit Jahren findet er in seinem erlernten Beruf keine Festanstellung. Selbst das Arbeitsamt kann ihm nur Aushilfsstellen über Zeitarbeitsfirmen vermitteln. „Die einzige Chance, aus dieser Situation herauszukommen, wäre eine Umschulung oder eine Zusatzqualifikation. Aber das kostet Zeit und Geld, was ich beides nicht habe“, so der Familienvater. Denn jeder Cent, den Manuela und Tahsin verdienen, wird dringend gebraucht.
    Tahsins Lebensgefährtin Manuela kümmert sich um die zwei kleinen Kinder und hat zwei Putzstellen. Da beide im sogenannten Niedriglohnsektor arbeiten – das heißt, sie verdienen kaum mehr als den Mindestlohn -, bleibt der Familie trotz der vielen Jobs nur 300 Euro im Monat zum Leben. Möglichkeiten, für das Alter zu sparen, haben sie dadurch auch nicht. Manuela versucht, zu sparen, wo sie nur kann, und geht regelmäßig zur Kleiderkammer. Trotzdem fehlt oft das Geld für Rechnungen.
    „Dafür, dass wir so viel arbeiten, sind wir arm.“ Monika wurde nach ihrer Scheidung zur Multijobberin. Die 58-Jährige füllt eine befristete Teilzeitstelle mit verschiedenen Jobs auf. Um diese Stellen konkurriert sie mit Studenten. „Eins muss man sich auch vor Augen halten: Ich bin fast 60. Irgendwann ist ein Zeitlimit erreicht, dass man sagt: Jetzt ist gut, jetzt sieht es albern aus, wenn die ältere Dame da irgendetwas macht.“ Aber Monika ist auf die Einkünfte ihrer Nebentätigkeiten angewiesen.
    Trotz guter Ausbildung, mehrerer Qualifikationen und ständigen Bewerbungen findet sie keine Festanstellung. „Bei mir ist einfach das Alter das Problem, ich bin gut ausgebildet, ich habe vernünftige Umgangsformen, das ist dann schon nicht zu verstehen, warum ich keinen Arbeitsplatz kriege.“ Sabine ist allein erziehende Mutter eines elfjährigen Sohns und hat zwei Jobs. Eine volle Stelle bei der Stadt in Essen füllt die 41-Jährige mit einem Minijob am Wochenende auf. Ein schlechtes Gewissen ist Sabines ständiger Begleiter.
    „Wenn ich meinen Sohn so anschaue, denke ich: Ist schon doof, aber was ist das Perfekte? Ich mach’ das, damit mein Sohn nicht das Gefühl hat, dass wir am Limit leben.“ Wie fühlt es sich für einen Menschen an, wenn die Arbeitskraft so wenig wert ist, dass eine Arbeitsstelle nicht zum Leben reicht? Wenn man keine Chance hat, trotz Ausbildung und Qualifikationen eine unbefristete Vollzeitstelle zu bekommen? Wenn das eigene Kind darunter leidet, weil man so viel arbeiten muss? 37° geht diesen Fragen nach, und lernt dabei Menschen kennen, die nur selten Zeit für sich und ihre Familien haben. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 11.09.2018 ZDF
  • Folge 948 (30 Min.)
    Sie wollen Wissen vermitteln, haben studiert, Erfahrungen und Ideale. Doch vieles ist anders geworden im Schulalltag: Lehrer sind im Dauerstress. Immer mehr Lehrer klagen: Sie reiben sich auf – zwischen Integration, Inklusion und zunehmender Bürokratie, dazu sind sie auch Sozialarbeiter, Event-Manager und Rechtsexperten. Die Bildung bleibt auf der Strecke. Warum ist der Schulalltag so stressig geworden? Lehrer arbeiten nur halbtags und machen ständig Ferien – so ist das Klischee. Doch diese Zeiten sind lange vorbei, mit dem gesellschaftlichen Wandel sind die Anforderungen massiv gestiegen.
    Die Hauptaufgabe, die Bildung, bleibt auf der Strecke, denn es gibt zu wenig Personal für zu viele umfassende Aufgaben. Abhängig vom Bundesland, dem Schulsystem und der Fächerkombination, ist der Arbeitsalltag vieler Lehrer weitaus herausfordernder geworden, als er es früher einmal war. In der Realität haben viele Lehrer kaum Pausen. Neben dem Unterricht sollen sie noch die Erziehung der Kinder übernehmen und dazu die Bürokratie bewältigen.
    Zahlreiche Studien bestätigen die Dauerbelastung: Lärm, Disziplinlosigkeit, Kinder mit Konzentrationsproblemen, unterschiedliche Sprach-, und Lernniveaus, die zum Teil unorganisierte Inklusion, desinteressierte Eltern oder anstrengende Helikopter-Eltern. Das Resultat: Lehrer sind im Vergleich mit anderen Berufsgruppen überdurchschnittlich belastet, sie arbeiten weitaus mehr als 40 Stunden, Pausen und Erholungszeiten während der Schulwochen sind so gut wie nicht vorhanden, dazu kommt Wochenendarbeit.
    Laut einer Forsa-Umfrage kämpfen viele Lehrer mit psychischen und psychosomatischen Beschwerden wie chronischer Erschöpfung, sind kurz vor dem Burn-out. Die Quote ist schon seit Jahren doppelt so hoch wie in anderen Berufsgruppen. Doch wie sieht der Alltag von Lehrern wirklich aus? Diese „37°“-Reportage begleitet zwei leidenschaftliche Lehrer, die ihren Beruf zwar lieben, der sie aber auch an ihre Grenzen bringt. „Das hat hier manchmal ‚Fack Ju Göhte‘- Niveau“, erzählt Julia W., 42, Lehrerin an einer Gesamtschule in Kassel.
    Sie unterrichtet unter anderem 23 Schüler in Englisch und Politikwissenschaft in ihrer 8. Hauptschulklasse, sechs davon sind Integrations- oder Inklusionskinder. Um Lehrstoff zu vermitteln, muss Julia erstmal für Ruhe sorgen. Ob von dem vermittelten Wissen etwas hängenbleibt, ist sehr unklar. Entsprechend sind die Noten und die Perspektiven. Zum Schuljahresende haben fünf von 133 Kindern, die einen Abschluss an der Gesamtschule machen, eine Lehrstelle.
    Zum Unterricht kommen Zusatzprojekte wie das Theaterprojekt in einer Gymnasialklasse. „Wilhelm Tell“, ganz zeitgemäß. Und hier kämpft Julia, die studierte Theaterpädagogin, gegen kulturelle Vorurteile, Machismo und pubertäres Verhalten. „Ich bin hier Sonderpädagogin, Rechtsexpertin, Reisekauffrau und vor allem Psychologin“, sagt die alleinerziehende Mutter dreier Kinder frustriert über ihren Beruf, der einmal Berufung war.
    Trotzdem gibt sie jeden Tag alles für ihre Schüler. „Manchmal denke ich, da wird eine ganze Generation an die Wand gefahren.“ Christof B. (48, verheiratet, eine Tochter) ist seit 20 Jahren Lehrer. Er unterrichtet an einer Realschule in Dortmund-Nord und behält inzwischen meistens die Nerven, obwohl es um ihn herum im Mathe-Unterricht laut ist, manche Schüler sogar herumlaufen und der Respekt Lehrern gegenüber sehr nachgelassen hat. 100 Prozent seiner Schüler haben Migrationshintergrund.
    In seiner eigenen 6. Klasse gibt es vier Inklusionskinder. Während er mathematisch „Winkel“ mit den anderen berechnet, spielen sie teilweise Karten oder Mikado im gleichen Klassenraum. Zwei Schüler sind stark verhaltensauffällig, stören ständig laut den Unterricht. Bei einem weiteren Schüler hat Christof schon jetzt Bedenken, dass er sich später radikalisiert. Da kann Christof auch mal ganz streng und etwas lauter werden: „Wenn die Eltern das nicht hinkriegen, muss ich als Lehrer auch mal ein klares Wort zu den Kindern sagen!“ Verhaltensauffällig, schlechte Noten und keinen „Bock auf Schule“, doch Christof glaubt trotzdem fest daran, dass seine Schüler ihren Weg gehen werden, und erkennt an, dass sie in ihrem schwierigem Alltag und Umfeld überhaupt einen Abschluss machen.
    So richtig genervt ist der Mathe- und Kunstlehrer allerdings davon, dass seine Schüler immer weniger Wissen behalten – sich eher bei YouTube-Stars auskennen als in Erdkunde oder Mathe. „Die halten Luther für den FDP-Chef oder die Bretagne für die Hauptstadt von London.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 18.09.2018 ZDF
  • Folge 949 (30 Min.)
    Etwa 15 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter chronischen Schmerzen. „37°“ zeigt drei Betroffene auf dem schwierigen Weg, den Schmerz zu akzeptieren und mit ihm zu leben. Die Zahl der Schmerzpatienten steigt. Oft verändert die Krankheit ihr Leben grundlegend. Auch wenn es aussichtslos erscheint, so geben sie nie die Hoffnung auf, dass es einmal wieder ein Leben ohne Schmerzen geben wird. Susanne (42) schämt sich. Früher war die Leipzigerin eine Powerfrau. Vollzeitstelle und Haushalt schaffte sie ohne Probleme.
    Doch dann tut ihr rechter Ellenbogen unerträglich weh, später das Handgelenk und auch die Schulter. Diagnose: Morbus Sudeck, eine schmerzhafte Weichteil- und Knochenveränderung. Die Schmerzen werden so schlimm, dass Susanne überlegt, sich den Arm amputieren zu lassen. Seit sechs Jahren leidet sie jetzt unter dem komplexen Schmerzsyndrom. Die Krankheit und die Schmerzen haben ihr Leben und das ihrer Familie völlig verändert: Jobverlust, Wohnungswechsel, soziale Isolation.
    Auch Martina (53) muss ihre Arbeit aufgeben, und sie verliert die meisten ihrer Freunde. Der Grund: eine chronische Schmerzerkrankung. Viele Jahre leidet die Berlinerin unter unsäglichen Schmerzen am ganzen Körper. Irgendwann wird es so schlimm, dass sie sich aus dem neunten Stock eines Hochhauses stürzen will. Doch sie springt nicht, im Gegenteil. Plötzlich ist Martinas Überlebenswille geweckt: Sie begibt sich noch einmal in ärztliche Behandlung und lernt Menschen einer Selbsthilfegruppe kennen.
    Langsam findet sie einen Weg, mit ihren Schmerzen umzugehen und sie als Teil ihres Lebens zu akzeptieren. Selim ist 34 Jahre alt, als sich sein Nacken, seine Schultern und sein Rücken nach und nach schmerzhaft versteifen. Immer häufiger fehlt er auf der Arbeit. Nach einiger Zeit dann die Diagnose: Morbus Bechterew. Er ist verzweifelt. Alles, was er geliebt hat, kann er nicht mehr tun: Er kann nicht mehr segeln, nicht mehr mountainbiken. Doch Selim will sich nicht geschlagen geben und nimmt den Kampf gegen die Schmerzen auf.
    Er lässt sich dauerhaft krankschreiben und wird aktiv. Zusammen mit seiner Freundin stellt er seine Ernährung um, beginnt mit Yoga und leichteren Sportaktivitäten. Er sucht Fachärzte auf, macht eine Schmerztherapie und begibt sich in eine Reha-Klinik. Innerhalb weniger Monate krempelt er sein Leben völlig um. Er will seine Schmerzen unbedingt besiegen und sich von der Krankheit nicht in die Knie zwingen lassen. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 8:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 02.10.2018 ZDFDeutsche Streaming-Premiere Di. 02.10.2018 ZDFmediathek (ab 08:00 Uhr)
  • Folge 950 (30 Min.)
    Als Jürgen nach Hause kommt, ist sein Sohn weg. Von dessen Mutter nach Polen verschleppt. Katharinas Töchter sind vom Vater nach Tunesien gebracht worden. Der Kampf um die Kinder beginnt. Jährlich werden Hunderte Kinder von einem Elternteil ins Ausland entzogen. Die Zahl steigt mit der Zunahme binationaler Ehen. Der andere Elternteil steht nicht nur ohne Kind da: Auch Hilfe von Gericht oder Staat endet oft an Ländergrenzen. „Das Schlimmste ist, immer wieder alleine nach Hause zu fahren“, sagt Katharina nach einer ihrer vielen Reisen nach Tunesien.
    Es ist das Heimatland des Vaters ihrer zwei Kinder. Und es ist der Ort, an dem sich ihre Töchter seit fast drei Jahren aufhalten. Gegen den Willen der Mutter. Katharina ist Ärztin in Hannover. Sie war jahrelang mit dem Vater der Kinder verheiratet, auch nach der Trennung hatten sich beide zunächst gut arrangiert, im Sinne der Kinder. Sie war einverstanden, als er ihr vorschlug, mit den Kindern in seine Heimat zu fliegen. Um die Großeltern zu besuchen und zu sehen, wo ihr Vater herkommt. Im Sommer 2015 flogen die Mädchen – damals sechs und acht – mit ihrem Vater nach Tunesien.
    Und kamen seitdem nicht mehr zurück. Und das, obwohl Katharina inzwischen sowohl in Deutschland als auch in Tunesien das alleinige Sorgerecht für die Kinder hat. Aber die tunesischen Behörden setzen das geltende Recht einfach nicht durch. So oft sie kann, fliegt Katharina nach Tunesien, setzt sich mit dem Jugendamt und den Gerichten auseinander – bisher vergeblich. Besonders absurd: Der Vater sitzt seit Längerem in Hannover im Gefängnis – wegen Kindesentzug. Trotzdem verhindert er immer noch, dass die Kinder zurück nach Deutschland kommen.
    Sie leben in der tunesischen Provinz bei ihren Großeltern und anderen Verwandten – aber ohne ihre Eltern. Die Zahl binationaler Paare steigt seit Jahren stetig an. Im Zuge der Globalisierung, der Freizügigkeit innerhalb der EU, der Migration aus Drittländern und der zunehmenden Mobilität wächst die Wahrscheinlichkeit, dass Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Wurzeln zueinanderfinden. Wenn diese Beziehungen auseinanderbrechen, kommt es oftmals zu Schwierigkeiten, wenn ein Partner mit dem Kind in sein Heimatland zurückkehren möchte.
    Etwa 20 Prozent der in Deutschland geborenen Kinder haben einen ausländischen Elternteil. Insgesamt werden jährlich schätzungsweise mehrere Hundert Kinder von einem Elternteil ins Ausland entführt. Davor steht oftmals ein erbitterter Streit ums Sorgerecht. Jürgen kommt im Sommer 2017 aus dem Urlaub zurück. Mit seiner polnischen Ex-Freundin – sie wohnt ein paar Straßen weiter – teilt er sich das Sorgerecht für den gemeinsamen vierjährigen Sohn Alexander.
    Kurz nach seiner Rückkehr ist eine Übergabe des Kindes geplant. Doch Frau und Sohn sind verschwunden. Alexanders Kinderzimmer ist seitdem leer. Jürgens Ex-Freundin hat ihn nach Polen verschleppt. Ein Staat mitten in der Europäischen Union, der das Haager Kindesentführungsübereinkommen unterschrieben hat. Ziel und Zweck des Übereinkommens ist es, das Kind möglichst schnell in den Staat des bisherigen Wohnsitzes zurückzubringen. Trotzdem führt Jürgen seit einem Jahr einen verzweifelten Rechtsstreit. Denn obwohl es ein Rückführungsübereinkommen gibt, scheuen sich Regierungen in solchen Fällen oft, in die Souveränität eines anderen Staates einzugreifen.
    Die Gerichtstermine in Polen ziehen sich, die Mutter versucht, das Verfahren so lange wie möglich hinauszuzögern. Katharina setzt ihre Hoffnungen in die deutsche Politik. Sie glaubt, dass nur Druck von oben die tunesischen Behörden zu einer Handlung bewegen kann. Sie hat an alle ranghohen Politiker geschrieben, versucht, so oft es geht, ins persönliche Gespräch zu kommen und auf ihren Fall aufmerksam zu machen – bisher vergeblich.
    Deshalb fasst sie einen neuen Plan, wie sie ihre Kinder vielleicht endlich zurückbekommen kann. So unterschiedlich, wie ihre Geschichten sind: Katharina und Jürgen eint die Hoffnung. Die Hoffnung darauf, dass sie ihre Kinder irgendwann zurückbekommen. Die Hoffnung, dass ihr Kampf nicht umsonst ist. Denn als Mutter oder Vater, das sagen beide, kann man die Hoffnung nie aufgeben. Denn dies würde bedeuten, das eigene Kind aufzugeben. „37°“ zeigt den Kampf um das eigene Kind über Ländergrenzen hinweg, gegen Behörden, Gerichte und den Menschen, den man einmal geliebt hat. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 09.10.2018 ZDF
  • Folge 951 (30 Min.)
    Schuluniform, strenge Regeln, kaum Privatsphäre: Alltag an britischen Internaten. Und doch ziehen sie immer mehr deutsche Schüler an. „37°“ begleitet drei Jugendliche durch ein Schuljahr. Kai, Max und Hannah besuchen das britische Scarborough College. Kai gibt alles für einen guten Abschluss und steht unter großem Notendruck. Wird der faule Max im Internat ein besserer Schüler werden? Und kann sich Einzelkind Hannah mit ihren Mitbewohnerinnen arrangieren? Das britische Privatschulsystem gilt als Garant für eine gute Ausbildung.
    Fast 3000 Deutsche besuchen aktuell ein englisches Internat – 50 Prozent mehr als noch vor zehn Jahren. Wegen des schwächelnden Pfunds sind derzeit die Internatskosten für Ausländer deutlich günstiger als zuvor. Teuer ist der Aufenthalt trotzdem, rund 30 000 bis 35 000 Euro pro Jahr müssen Eltern für ihre Kinder berappen. Kai hat sich im renommierten Scarborough College im Nordosten Englands gut ins Internatsleben integriert. Der 17-Jährige spielt Rugby, den harten englischen Nationalsport, und das hilft, um sich auch mit den Engländern anzufreunden.
    Am Ende des Schuljahres wird er seinen Abschluss machen: das Internationale Baccalaureate. Kai ist ein guter Schüler, doch der Leistungsdruck ist enorm: „Meine Eltern haben viel Geld investiert, damit ich diese Chance habe. Und jetzt liegt es an mir. Das Schlimmste wäre, sie zu enttäuschen, während der Prüfung ein Blackout zu haben und dann alles zu versauen, so dass es sich gar nicht gelohnt hat, hierherzukommen.“ In Deutschland war der 15 Jahre alte Max ein sehr mittelprächtiger Schüler, der große Schwierigkeiten hatte, sich aufs Lernen zu konzentrieren.
    Seine ganze Familie hat schließlich zusammengelegt, damit er das College besuchen kann. „An meiner alten Schule bin ich komplett untergegangen. Ich bin extrem faul. Die mittlere Reife würde ich wahrscheinlich da nicht hinbekommen. So war klar, entweder Internat, oder ich bin verloren.“ Trotz Fremdsprache und neuem System hofft Max auf einen schulischen Neuanfang in Scarborough und setzt auf die rigiden Alltagsstrukturen, um die eigene Motivation in den Griff zu bekommen.
    Ein bisschen Angst hat er aber auch, vor dem Heimweh, das hier fast jeden irgendwann packt: „Ich bin schon ein Familienmensch und vermisse meine Eltern extrem und bin auch echt froh, wenn ich sie wiedersehe. Ich brauche bestimmt auch ein bisschen länger, um hier richtig anzukommen, auch wenn es mir gut gefällt.“ Die 17 Jahre alte Hannah hat gerade erst in Scarborough ihr neues Zuhause bezogen.
    Ab sofort lebt sie jetzt mit 23 anderen pubertierenden Mädchen aus 14 verschiedenen Nationen unter einem Dach: „Am meisten Sorgen mache ich mir darüber, dass ich mich mit den Leuten hier nicht verstehe.“ Hannah hat keine Geschwister und hofft, dass es „cool wird, mit vielen anderen Jugendlichen zusammenzuwohnen“. Dabei sind in England die Internatsregeln ausgesprochen streng. Hier erinnert wenig an das lockere Schulleben in Deutschland. Der Alltag ist durchgetaktet: um 8:00 Uhr Frühstück, 8:30 bis 16:30 Uhr Schule, dann umziehen, Abendessen und um 18:30 Uhr Haustreffen.
    Von 19:00 bis 20:00 Uhr Hausaufgabenzeit, ab 22:00 Uhr ist Bettruhe. Da bleibt kaum Freizeit. Am liebsten würde Hannah später in England oder Amerika Schauspiel studieren. Den Rat ihrer Eltern, eine Fächerkombination zu wählen, die ihr einen auch in Deutschland anerkannten Abschluss ermöglicht, nimmt sie nicht ernst. „37°“ begleitet drei Jugendliche auf dem Weg in die Selbstständigkeit. Wird sich die Internatszeit in England für sie auszahlen? (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 30.10.2018 ZDF
  • Folge 952 (30 Min.)
    Sie sind die Ersten am Tatort. Der Kriminaldauerdienst kommt bei Einbruch, Raubüberfall, ungeklärten Todesfällen. Eine Leiche pro Schicht ist normal. Ein Job für starke Nerven. Den Polizisten vom Kriminaldauerdienst ist kein menschlicher Abgrund fremd. Sie sind die erste Eingreiftruppe der Kripo, zuständig für die schweren Verbrechen. Jeden Tag. Rund um die Uhr. „37°“ begleitet ein Team des KDD in Essen durch seinen aufreibenden Alltag. Die Schicht beginnt für Peter W. und seine Kollegin Jana L. wie so oft: mit einer Leiche. Ein Mann liegt schon länger in seiner Wohnung.
    Nachbarn haben den Geruch bemerkt und die Polizei gerufen. In einer Metropolregion wie Essen, mitten im Herzen des Ruhrgebiets, keine Seltenheit. Menschen sterben einsam, unbemerkt. „Natürlich lässt einen das nicht kalt. Aber man kann nicht jedes menschliche Schicksal an sich ranlassen. Sonst könnte man den Job nicht machen.“ Der Job ist in diesem Fall, herauszufinden, ob ein Verbrechen vorliegen könnte. Dazu gehören eine Leichenschau und Ermittlungen in der Wohnung. „Wenn ich mal sterbe, dann möchte ich ja auch, dass alles mit rechten Dingen zugegangen ist und nachgeschaut wird“, sagt Peter.
    Der Job ist bei einer solchen Leiche unangenehm, denn sie beginnt schon zu verwesen. „Aber daran gewöhnt man sich“, sagt die zierliche Polizistin Jana. Woran man sich nicht gewöhnt: weinende Angehörige oder noch schlimmer – tote Kinder. Jana L. ist selbst gerade erst Mutter geworden. Peters Töchter sind schon erwachsen. Er ist ein Urgestein des KDD in Essen – seit 20 Jahren ist er auf der Kriminalwache. So lange halten es die meisten anderen nicht aus. Die Polizisten vom Kriminaldauerdienst – kurz KDD – arbeiten dann, wenn die Kollegen in den Fachkommissariaten schlafen oder Freunde treffen.
    Immer dann, wenn die Todesursache unklar ist. Sie arbeiten am Wochenende, an Weihnachten, in der Nacht. Zu ihrem Job gehört die erste Tatortaufnahme, der sogenannte „erste Angriff“ nach einem schwereren Verbrechen: Spuren sichern, Zeugen befragen, Leichenschau. Aber längst nicht jedes Mal steckt ein Verbrechen dahinter. Der KDD soll Fremdverschulden ausschließen. Das Spektrum reicht von Mord über Suizid bis hin zum Unfalltod im Altenheim. In allen größeren Städten und Regionen gibt es einen solchen KDD.
    Der nächste Einsatz: eine mutmaßliche Vergewaltigung. Immer ein schwieriger Fall, denn oft steht Aussage gegen Aussage. Sexualverbrechen, Einbruch, Brand, Vermisstenfälle, Todesermittlungen – tägliches Geschäft für die Frauen und Männer vom KDD in Essen. Sie sind zuständig für die Städte Essen und Mülheim, insgesamt 750 000 Menschen. „37°“ begleitet das Ermittlerteam in Essen durch seinen Alltag und ist bei Einsätzen dabei, die an die Grenze gehen. Die Zuschauer lernen dabei Polizisten kennen, für die der Job mehr Berufung als Beruf ist, jenseits aller Krimi-Klischees. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 06.11.2018 ZDF
  • Folge 953 (30 Min.)
    Marlene Löhr und Seyran Ates sind Musliminnen. Sie träumen von einer Moschee, in der Männer und Frauen gemeinsam beten können und in der ein liberaler Islam gelebt wird. Mit der Gründung der Ibn-Rushd-Goethe-Moschee geht 2017 ihr Traum in Erfüllung. Doch die Realität holt die beiden Frauen schnell ein: Morddrohungen und Personenschutz durch das LKA gehören bald zu ihrem Alltag. Wie hoch ist der Preis, den sie für ihren Traum zahlen? „Der halbe Himmel gehört uns Frauen!“ Das zumindest sagt Marlene Löhr, die vor drei Jahren zum Islam konvertierte und irgendwann feststellen musste, dass tradierte Wertvorstellungen eines konservativen Islam-Verständnisses nicht zu ihrem Leben passen.
    Sie ist überzeugt: Gleichberechtigung und Islam – das geht zusammen. Heute ist sie die Pressesprecherin der ersten liberalen Moschee in Berlin, in der Männer und Frauen nebeneinander beten und in der Frauen die Predigten leiten. Sie sei schon lange eine Suchende gewesen, so beschreibt sie sich selbst. Zunächst christlich, erfährt sie über ihren damaligen marokkanischen Mann, von dem sie mittlerweile getrennt ist, vom Islam. Sie liest den Koran und konvertiert.
    Doch die Besuche in den gängigen Moscheen sind für die 33-Jährige oft frustrierend. Frauen würden dort meist behandelt wie Menschen zweiter Klasse, sagt sie. Dann entdeckt Marlene in der Presse Berichte über die Ibn-Rushd-Goethe Moschee, eine liberale Gemeinde, die von der prominenten Menschenrechtsaktivistin und Anwältin Seyran Ates eröffnet werden soll. Die Kamera ist dabei, als die Frauen sich zum ersten Mal begegnen und begleitet die beiden ein ganzes Jahr lang auf ihrem beschwerlichen Weg, eine Moschee zu etablieren, die so ganz anders sein will als alle anderen.
    Denn hier dürfen auch gleichgeschlechtliche und religionsübergreifende Ehen geschlossen werden, Frauen können auch unverschleiert beten. Manche der Besucher finden das „cool“, für die allermeisten muslimischen Organisationen in Deutschland aber ist es ein Affront. Sie reagieren mit heftiger Kritik. Anfeindungen und Morddrohungen gehören mittlerweile zum Alltag von Marlene und Seyran. Auch innerhalb der Gemeinde kommt es zu Problemen. Ein Imam ist bis heute nicht gefunden, denn solch ein liberales Islam-Verständnis ist für alle Beteiligten gefährlich.
    Seyran Ates lebt seit Längerem unter Polizeischutz, und auch Marlene ahnt, dass ihre Tage in Freiheit gezählt sind. Die Moschee-Gründerin Seyran Ates wird rund um die Uhr von mehreren Personenschützern bewacht. Doch es gehe ihr um die innere Freiheit, nicht die äußere, betont sie kämpferisch. Nicht alle Gemeindemitglieder sind so mutig. Einige der einstigen Mitstreiter sind inzwischen abgesprungen. Nicht selten sind diese Austritte aus der Gemeinde auch mit persönlichen Enttäuschungen für die beiden Frauen verbunden. Trotzdem oder gerade deshalb wollen beide weitermachen.
    „Ich merke, dass wir hier etwas ganz Einzigartiges, Großes machen. Es ist historisch, und dafür bin ich auch bereit, die Gefahr auf mich zu nehmen“, sagt Marlene, die sich für ein Kopftuchverbot von Lehrerinnen starkmacht, keine Freizeit außerhalb der Moschee mehr hat und nicht selten bis in die Nacht an ihrem Traumprojekt arbeitet. Das Ziel der beiden Frauen sind weitere Moscheen in ganz Europa. Nach einem Jahr hartem Kampf ist klar: In Wien wird die nächste liberale Moschee entstehen. Die „37°“-Sendung steht am Sendetag ab 8:00 Uhr in der ZDFmediathek zur Verfügung. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 13.11.2018 ZDF
  • Folge 954 (30 Min.)
    Das Alter – eine körperlich und seelisch herausfordernde Lebensphase. Wie schafft man es, das Leben wertzuschätzen und gleichzeitig loszulassen? Was ist mit Glück und Zufriedenheit? Vier Menschen zwischen 77 und 94 meistern das Alter: Persönlich, verletzlich und zugleich humorvoll geben sie Einblick in ihren Alltag. Mit welcher Haltung begegnen sie dem Leben, das Einschränkungen, aber doch auch noch einige Möglichkeiten für sie bereithält? Rösli (77) und Joachim Völker (78) aus Sinsheim bei Heidelberg sind seit fast 50 Jahren ein Paar.
    Sie haben schwere, durch Krankheit geprägte Zeiten durchgestanden. Ihre Vergangenheit bezeichnet Rösli als „Krieg und Frieden“, ihre Liebe beschreibt sie so: „Am Anfang ist es ein Feuer, das hochlodert, aber es darf natürlich kein Strohfeuer sein, dann geht’s zu schnell wieder aus. Im Laufe der Zeit werden die Flammen kleiner, und im Alter ist es nur noch eine beständige Glut, die aber auch immer noch entfacht werden kann.“ Dem Alter versucht das Paar möglichst positiv zu begegnen und stellt sich ihm auf unerschrockene Weise.
    Kraft und Zuversicht hierfür schöpft es aus seinem Glauben. Hubertus Mangold (83) ist ehemaliger Schuldirektor und eine echte Sportskanone. Fast täglich geht der Freiburger joggen, fährt Mountainbike oder macht lange Wanderungen durch den Schwarzwald. Früher war er Extremsportler. „Ich bin ein Einzelgänger“, sagt er über sich selbst. Trotzdem ist er verheiratet, Kinder hat er keine. Über seine Frau spricht er wenig. Sie sei an einem alten Kriegsleiden erkrankt, erklärt er.
    Mehr nicht. Trotz dieses Schicksals nimmt er alles im Leben „als eine Herausforderung an“ und freut sich darüber, wenn er wieder einmal etwas beweisen kann. Einmal in der Woche leitet er eine kleine Altherren-Gymnastikgruppe. Eineinhalb Stunden fordert er die teilweise 30 Jahre jüngeren Sportskollegen – und macht klar: „Wir trainieren so hart wie die Fremdenlegion.“ Friedrich Kremer ist 94 Jahre alt und lebt in Duisburg. Der frühere Versicherungsbeamte ist vor Kurzem in ein Seniorenzentrum gezogen.
    Eine Entscheidung, die er so will. Seit seine Frau vor über zehn Jahren starb, wurde ihm das gemeinsame Haus nach und nach zu einsam. Deshalb ist er dort ausgezogen, bevor er seinen Kindern zur Last fällt. Ein letztes Mal geht er durch sein Haus, in dem er mehr als 60 Jahre seines Lebens verbracht hat. Beim anschließenden Notar-Termin verkauft er es wehmütig, aber auch stolz an ein junges Paar. Auch wenn ihn manchmal die Trauer um Verlorenes überfällt, sagt er: „Ich bin zufrieden, wie es ist.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 27.11.2018 ZDF
  • Folge 955 (30 Min.)
    Kann man die Ermordung des eigenen Kindes verzeihen? Und soll man den Täter treffen und ihm in die Augen sehen? Der Film zeigt Angehörige, die um diese Fragen ringen. Dass Angehörige von ermordeten Kindern sich als Opfer fühlen und mit der Schuldfrage herumplagen, genauso wie mit kraftraubenden Rachegefühlen und tiefer Traurigkeit, liegt nahe. Doch es sind vor allem die offenen Fragen, die sie in der Trauer feststecken lassen. Sigrids Sohn Samuel wurde zusammengeschlagen und zu Tode geprügelt. Der 25-Jährige starb an seinen Verletzungen.
    Er war zur falschen Zeit am falschen Ort. Die Täter: zwei junge Männer, die – über den Ausgang der Prügelei schockiert – sagten: „Bisher sind sie doch immer wieder aufgestanden.“ Sigrids Gedanken kreisten jahrelang um die Täter: „Man will wissen, wer einem das Kind genommen hat.“ Dann entscheidet sie sich – nach einem langen Antragsprozess -, den Tätern in die Augen zu sehen. Tatsächlich wurde ihr schließlich der Besuch im Gefängnis genehmigt. Beide Täter erklärten sich bereit, mit ihr zu sprechen.
    Für Sigrid war es in dieser Situation wichtig, dass der Mörder die Verantwortung für seine Tat übernimmt, bestenfalls eine echte emotionale Betroffenheit erkennbar ist. Petra hat es geschafft. Sie hat dem Mörder ihrer Tochter verziehen, auch wenn sie nie die Möglichkeit hatte, ihm in die Augen zu schauen. Ihre damals elfjährige Tochter Lisa wurde im türkischen Alanya von einem Ladenbesitzer umgebracht. 14 Jahre ist das her, in denen Petra sich viel mit der vermeintlich eigenen Mitschuld beschäftigt hat.
    „Ich habe mein Kind nicht beschützt. Das hat mich lange gequält.“ Doch nicht sie hat ihr Kind umgebracht, sondern der Täter. Die Gespräche mit Menschen, denen es ähnlich erging, und das Ringen um den Entschluss, zu vergeben, haben Petra verändert. Petra führt jetzt ein anderes Leben, eines, in dem sie wieder glücklich sein kann. Dass sie dem Täter verzeihen konnte, spielt dabei eine große Rolle: „Wenn ich damit keinen Frieden hätte schließen können, dann wäre ich heute nicht da, wo ich bin. Es geht mir wieder gut.“ (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 04.12.2018 ZDF
  • Folge 956 (30 Min.)
    In den letzten Jahren hat sich das Flaschensammeln zu einem gesellschaftlichen Phänomen entwickelt: Warum wühlen Menschen für ein paar Cent in Mülleimern? „37°“ begleitet drei Pfandjäger. Burkhard (79), Nicole (57) und Bruno (70) bessern mit dem Pfand nicht nur ihre schmale Haushaltskasse auf. Sie schätzen am Flaschensammeln auch die Bewegung, die sozialen Kontakte und die feste Tagesstruktur. Alle drei sind Flaschensammler aus Überzeugung. Burkhard aus Hannover ist ein klassischer „Lebenskünstler“: Er hat als Bildhauer gearbeitet, einen Flohmarkt organisiert, war Musiker.
    Seit fast zwölf Jahren – seit er eine kleine Rente bezieht – sammelt Burkhard nachts am „Café Glocksee“ die Pfandflaschen des Partyvolks. Mit seinem Einkaufswagen steht Burkhard im Hof und unterhält sich mit den jungen Leuten. Inzwischen ist er dort zu einer Art Kultfigur geworden. Das Flaschensammeln hilft Burkhard, seinen Tag zu strukturieren: „Jetzt ist Flaschensammel-Zeit, dann Flaschenwegbring-Zeit, so hat man immer was zu tun. Und so ist man im Leben drin, ich könnte mir nicht vorstellen, im Altersheim am Stadtrand darauf zu warten, dass das Essen kommt.“ Burkhard lebt allein, seine sozialen Kontakte finden hauptsächlich im Umfeld des Cafés statt.
    2017 hatte Burkhard einen Herzinfarkt, seitdem braucht er mehr Ruhe und ist nicht mehr so fit: „Das Flaschensammeln bringt mich in Bewegung, raus aus dem Haus, unter Menschen. Das tut mir gut, sonst wird man immer schlaffer. Und dann verdiene ich auch noch ein bisschen was dabei.“ Aber wie lange wird Burkhard das noch gesundheitlich schaffen? Nicole stammt aus Düsseldorf.
    „Am Anfang hatte ich massive Hemmungen, in einen Mülleimer zu greifen. Aber wenn Sie nicht reingreifen, kriegen Sie nichts, da muss man drüber weg. Manche Leute gucken dann weg, andere gucken mitleidig, aber meistens wird man gar nicht gesehen – weil Armut unsichtbar macht.“ Seit 2011 ist die diplomierte Sozialarbeiterin aufgrund eines schweren Rückenleidens und eines Wirbelimplantates erwerbsunfähig. Sie kann keinem normalen Job mehr nachgehen, weil sie unter chronischen Schmerzen leidet. Und plötzlich blieben der alleinerziehenden Mutter nach Abzug ihrer Fixkosten nur noch knapp 100 Euro im Monat.
    So begann sie mit dem Pfandsammeln: „Ich kann nichts anderes machen, aber das ist eine ehrliche Arbeit. Ich trinke nicht, ich nehme keine Drogen, ich prostituiere mich nicht. Wofür sollte ich mich schämen?“ Nicole ist es gewohnt, zu kämpfen, sich durchzubeißen. Ihr Sohn ist längst ausgezogen, aber Flaschen sammelt Nicole noch immer. So oft es ihre Gesundheit zulässt, verlässt sie um 4:30 Uhr ihre Wohnung in „Arbeitskleidung“ und sucht die Straßen ab, sie durchwühlt knapp 250 Mülleimer nach Leergut.
    „Ich will mir einmal im Monat eine Tasse Kaffee leisten, ohne überlegen zu müssen, was ich morgen zu Mittag esse.“ Bruno kommt an richtig guten Tagen auf einen Stundensatz von knapp fünf Euro. Acht Cent bringen Glasflaschen, 15 Cent Mehrwegflaschen und PET-Flaschen sogar 25 Cent: Edelpfand nennt er das. „Das ist schon hart – andererseits liegt da bares Geld auf der Straße, und das einfach liegen lassen? Kann ich auch nicht.“ Brunos Revier ist die Reeperbahn auf St.
    Pauli. Er sammelt, wenn die anderen feiern: von Mitternacht bis morgens früh. „Ich sammele, wenn es am ökonomischsten ist. Jetzt ist der meiste Krach, da kann ich eh nicht schlafen. Dann gehe ich halt spazieren, bleibe agil und verdiene dabei Geld.“ Die Konkurrenz unter Pfandsammlern ist groß, nicht selten kommt es zu „Revierkämpfen“ untereinander. Und auch betrunkene Kiezbesucher gehen die Sammler oft aggressiv an. Bruno versucht, sich aus allem Ärger rauszuhalten. 2008 kam er aus dem Osten nach Hamburg, um hier einen Job zu finden.
    Trotz seiner drei Ausbildungen fand er nichts, für ihn ein herber Schlag. Mit dem Pfandgeld besserte er seine Haushaltskasse auf. Inzwischen ist er in Rente und lebt von 800 Euro im Monat. „Von dem Flaschengeld kann ich mir ab und zu ein Highlight gönnen, wie im Restaurant zu essen. Das tut der Seele gut, und danach geht es mir besser.“ Die Miete in Hamburg kann er sich nicht mehr leisten, daher muss er umziehen, in eine kleine Wohnung im sächsischen Görlitz. Dort will er neu anfangen. Der Film taucht ein in das Flaschensammler-Milieu und begleitet Burkhard, Nicole und Bruno ein halbes Jahr lang in ihrem Alltag. (Text: ZDF)
    Deutsche TV-Premiere Di. 11.12.2018 ZDF

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