2016/2017, Folge 106–122

  • Folge 106 (28 Min.)
    Zu viele, faul, unkündbar? Die Klischees über Staatsdiener halten sich hartnäckig. Mit 60 Millionen Beschäftigten stellt der öffentliche Sektor in Europa 25 Prozent des Arbeitsmarkts. Lebenslange Anstellung und andere Privilegien sind für europäische Beamte jedoch keine Selbstverständlichkeit: Viele Länder, darunter Schweden, Dänemark, Italien und das Vereinigte Königreich, haben den öffentlichen Dienst massiv umgebaut. Die Maßnahmen – Privatisierung von Dienstleistungen, Personalabbau oder die Anpassung des Beamtenstatus an privatwirtschaftliche Beschäftigungsverhältnisse – haben nicht nur für die Beschäftigten Folgen, deren Arbeitsbedingungen sich verschlechtern, sondern auch für die Bürger: Wie ist es um die Qualität öffentlicher Dienstleistungen bestellt, wenn diese an Privatunternehmen ausgelagert oder mit deutlich weniger Personal erbracht werden? Hilft die Streichung von Beamtenstellen wirklich bei der Reduzierung der öffentlichen Defizite? „Vox Pop“ recherchierte im Vereinigten Königreich, das die traditionsreiche Royal Mail privatisiert hat.
    An den 500 Jahre alten Postdienst hatte sich nicht einmal die „Eiserne Lady“ Margaret Thatcher herangewagt. Nun wurden innerhalb von drei Jahren 20 Prozent der Sortierzentren und etliche Poststellen geschlossen, rund 160.000 Postler sind heute in der Privatwirtschaft beschäftigt. Welche Unternehmen versuchen sich auf dem Briefmarkt, was sind die Folgen für die Kunden? Hat das Königreich die Kronjuwelen verscherbelt? Interview der Woche: Susanna Camusso, Vorsitzende der größten italienischen Gewerkschaft Confederazione Generale Italiana del Lavoro (CGIL) Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa.
    Diese Woche geht es um ein Naturschutzgebiet in Spanien, das wegen intensiver Landwirtschaft und illegaler Praktiken bald auf der Unesco-Liste des gefährdeten Welterbes stehen könnte. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche: Wie verlief der Umbau des öffentlichen Dienstes bei unseren europäischen Nachbarn? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 19.02.2017arte
  • Folge 107 (28 Min.)
    2008 rief die EU-Kommission ihre Mitgliedsstaaten dazu auf, sich hinsichtlich strategisch wichtiger Metalle vom chinesischen Monopol unabhängig zu machen. Der Kursanstieg von Metallen wie Eisen, Gold, Zink und Wolfram sowie neue Fördertechnologien machen die Industrie auch auf dem alten Kontinent wieder rentabel. Aber zu welchem Preis für Anwohner und Umwelt? „Vox Pop“ hat in Frankreich recherchiert. In den letzten drei Jahren erteilte das französische Industrie-Ministerium acht Genehmigungen für Forschungsaktivitäten im Bergbau; neun stehen noch aus. Die betroffenen Stätten liegen in der Bretagne, im Zentrum und im Südwesten des Landes.
    Die meisten Anträge kamen von der französischen Niederlassung der australischen Bergbau-Gesellschaft Variscan, die in Orleans sitzt. Doch die Arbeiten in Salau (Pyrenäen) und der Bretagne stoßen bei vielen Anwohnern auf Widerstand. Sie werfen der Gesellschaft vor, Umweltrisiken klein zu reden, und kritisieren auch den Staat, der bei fehlender Zustimmung seitens der Bevölkerung einfach den Kopf in den Sand steckt. Der Bergbau machte Europa in den letzten zweihundert Jahren zu dem, was es heute ist.
    Doch er hinterließ auch Spuren, die viele nicht wahrhaben wollen … Interview der Woche: Maria José Asensio, andalusische Abgeordnete und Zuständige für die Entwicklung der Bergbauindustrie. Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diese Woche liegt der Fokus auf der Sterbehilfe in den Niederlanden, die auch immer mehr Opfer mit seelischen Leiden betrifft. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Sie schildern, wie unsere europäischen Nachbarn auf die Bergwerke reagieren. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 26.02.2017arte
  • Folge 108 (28 Min.)
    Zoten, Anmache oder Anzüglichkeiten am Arbeitsplatz hält jede achte Französin für „normal“. In Deutschland geben 60 Prozent der Frauen an, schon einmal belästigt worden zu sein. Immer wieder gelangen Fälle von Sexismus an die Öffentlichkeit, werden dann aber wieder vergessen. Besonders ausgeprägt ist Sexismus in den männlich beherrschten Chefetagen. Der Frauenanteil in den Spitzengremien börsennotierter Unternehmen ist verschwindend gering (nach OECD-Schätzungen drei bis vier Prozent). „Vox Pop“ ermittelt in Deutschland, wo Sexismus viel ausgeprägter ist, als es scheinen mag, und Frauen, die ihn anprangern, selbst am Pranger landen. So erging es Jenna Behrends, die nach ihrer Kritik am Sexismus in ihrer eigenen Partei, der CDU, zu spüren bekam, dass sich die Politik mit einer öffentlichen Sexismus-Debatte noch sehr schwer tut.
    Immerhin räumte die CDU-Führung ein, es handle sich um „ein gesamtgesellschaftliches Problem“ … Interview der Woche: Henryka Bochniarz, ehemalige Industrie- und Handelsministerin und einflussreiche Unternehmerin in Polen, gelernte Volkswirtin. Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diese Woche geht es um die Niederlande, traditioneller Spitzenreiter des sozialen Wohnungsbaus in Europa. Doch das könnte sich ändern. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche: Welche Rolle spielen Frauen in den Kreisen der Macht? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSo 05.03.2017arte
  • Folge 109 (28 Min.)
    Entsandte Arbeitnehmer gelten oft als Billigarbeiter, denen man gern Sozialdumping vorwirft. EU-weit gibt es von ihnen fast 2 Millionen, überwiegend aus Polen, Rumänien und Ungarn. Diese Zahl ist seit 2010 stark gestiegen und könnte 2018 sogar die 3-Millionen-Grenze erreichen. Die Arbeiter leiden nicht nur unter Stigmatisierung, sondern oft auch unter Ausbeutung in Form von Verstoßen gegen Mindestlöhne, Missachtung von Arbeitszeitvorgaben, Abzug der Unterbringungskosten vom Lohn und erhöhtem Berufsrisiko. Deutschland, Frankreich und Belgien, die drei größten „Gastländer“, wollen das jetzt ändern.
    Nach dem Motto „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ fordern sie würdige Lebensbedingungen für die ausländischen Arbeiter. „Vox Pop“ recherchierte in Polen, einem der Länder, aus dem die meisten entsandten Arbeitnehmer stammen. Nimmt der polnische Klempner den Deutschen und Franzosen wirklich Arbeitsplätze weg? Betreibt er unlauteren Wettbewerb? Viele solcher Arbeiter werden von Zeitarbeitsfirmen in Osteuropa angeworben und dann von großen Unternehmen in Westeuropa beschäftigt. Diese drücken damit ihre Lohnkosten – zu Lasten der Arbeitsbedingungen.
    Interview der Woche: Die Europaabgeordnete Elisabeth Morin-Chartier ist Co-Berichterstatterin für die geplante Überarbeitung der Entsenderichtlinie. Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diesmal geht es nach Irland, wo die katholische Kirche falsche Mitgliederzahlen angegeben, um mehr Subventionen zu bekommen. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Heute erläutern sie, wie es entsandten Arbeitnehmern in unseren Nachbarländern ergeht. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 11.03.2017arte
  • Folge 110 (28 Min.)
    Elf Prozent der Europäer halten Impfungen für unnütz, 17 Prozent sogar für gefährlich. Bei letzterem ist Frankreich mit 41 Prozent Spitzenreiter. Nirgends auf der Welt gibt es so große Vorbehalte gegenüber Impfungen wie in Europa. Woher kommt dieses allgemeine Misstrauen? Impfungen gelten als Vertrauensmesser der Bevölkerung gegenüber der Pharmaindustrie, Ärzten und dem Staat – denn von diesem Dreigespann werden sie produziert, verabreicht und organisiert. Jeder Gesundheitsskandal, ob durch Interessenskonflikte oder Fehlverhalten, senkt ihre Glaubwürdigkeit. Doch wenn sich immer weniger Menschen impfen lassen, könnten sich vergessen geglaubte Krankheiten wieder in Europa verbreiten.
    „Vox Pop“ recherchierte in Dänemark, wo ein Impfstoff gegen Papillomaviren, die Gebärmutterhalskrebs auslösen können, in einer enormen Vertrauenskrise steckt. 2010 waren dort noch mehr als 90 Prozent der 12-jährigen Mädchen geimpft; 2015 waren es nach einem Gesundheitsskandal nur noch 24 Prozent. Dänische Ärzte hatten wegen besorgniserregender Nebenwirkungen Alarm geschlagen, doch Hersteller und europäische Aufsichtsbehörden spielten ihre Bedenken herunter. Interview der Woche: Emilie Karafillakis lehrt und forscht an der London School of Hygiene and Tropical Medicine.
    Sie arbeitet am Vaccine Confidence Project mit, der größten Studie (67 Länder), die jemals zur Wahrnehmung von Impfungen durchgeführt wurde. Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diesmal geht es nach Irland, wo Jugendräte versuchen, die nationale Politik zu beeinflussen. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Heute erläutern sie, wie Impfungen in unseren europäischen Nachbarländern wahrgenommen werden. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 18.03.2017arte
  • Folge 111 (28 Min.)
    Für Italien, Frankreich und Spanien derzeit nur ein Traum, in Deutschland und dem Vereinigten Königreich Wirklichkeit: Die Arbeitslosenquote der beiden Länder liegt unter der 6 Prozent-Marke, während sie in Frankreich und Italien noch immer um die 10 Prozent, in Spanien gar rund 20 Prozent beträgt. Doch wie hoch ist der Preis für das Wunder auf dem britischen und deutschen Arbeitsmarkt? Und wie paradiesisch sind die Zustände für die Beschäftigten wirklich? Die Kehrseite der Vollbeschäftigung sind oft hohe Flexibilität, prekäre Arbeitsverhältnisse und zunehmende Erwerbsarmut, was für die Wirtschaft letztlich bedenkliche Folgen haben kann: Wenn Unternehmen nur befristet einstellen, fehlen Investitionen in Kompetenz und Fachwissen, hohe Personalfluktuation kostet Geld.
    Für die Volkswirtschaft im Ganzen bedeutet die Zunahme prekärer und geringqualifizierter Jobs einen Rückgang der Produktivität. „Vox Pop“ recherchierte im Vereinigten Königreich, wo Nebenjobs und Flexibilität gang und gäbe sind.
    8 Millionen Briten arbeiten in Teilzeit, 75 Prozent der seit 2008 geschaffenen Stellen sind prekär, das Durchschnittseinkommen ist innerhalb von zehn Jahren um zwölf Prozent gesunken. Seit dem Jahrtausendwechsel sind zunehmend mehr Menschen von Erwerbsarmut betroffen, heute sind es fast 4 Millionen beziehungsweise jeder achte Beschäftigte im Vereinigten Königreich. Angesichts dieser alarmierenden Zahlen warnte der Gouverneur der Bank of England im Dezember, dass die Ungleichheit der englischen Wirtschaft schaden könnte.
    Interview der Woche: Marcel Fratzscher, Ökonom, leitet das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). Davor war er elf Jahre für die Europäische Zentralbank tätig, zuletzt als Leiter der Abteilung International Policy Analysis.
    Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diese Woche geht es um HIV-positive Menschen in Tschechien, die wie potenzielle Verbrecher behandelt werden. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche: Wie viele Menschen arbeiten dort für ein Gehalt, das nicht zum Leben reicht? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 25.03.2017arte
  • Folge 112 (28 Min.)
    Zwischen 2008 und 2011 genehmigte Europa Staatshilfen in Höhe von 4.500 Milliarden Euro, um Banken vor dem Bankrott zu bewahren. Das sind 37 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Union! Diese Maßnahmen belasten sowohl die Steuerzahler als auch die Staatsfinanzen. Doch haben die Banken ihre Praktiken seither geändert? Einige sind immer noch durch faule Kredite geschwächt: Bei der italienischen Banca Monte dei Paschi di Siena machen sie 39 Prozent des Kreditvolumens aus, bei der spanischen Banco Popular 35 Prozent. Doch auch die deutschen Banken haben Grund zur Sorge: Bei sechs Geldinstituten liegt der Anteil der zweifelhaften Forderungen über zehn Prozent.
    Seit dem 1. Januar 2016 gibt es eine neue Regelung. Droht einer Bank die Insolvenz, tritt die „Bail-in“-Bestimmung in Kraft: Um die Bank zu retten, werden zuerst die Aktieninhaber zur Kasse gebeten, dann die Anleihebesitzer und schließlich Kunden mit mehr als 100.000 Euro Einlagen bei dem maroden Kreditinstitut. Diese Maßnahme ergriff die Europäischen Union, damit künftig nicht mehr der Staat – und somit der Steuerzahler – für die Rettung der Banken aufkommen muss.
    Doch die Umsetzung des „Bail-in“ schlägt Wellen. „Vox Pop“ recherchierte in Italien, wo die älteste Bank der Welt, die 1472 gegründete Monte dei Paschi di Siena, am Rande des Bankrotts steht. Trotz gegenteiliger Forderungen Europas hat der italienische Staat eine Rekapitalisierung in Höhe von 6,6 Milliarden Euro beschlossen. Denn die Situation ist höchst gefährlich: Ein Kollaps der Bank würde das gesamte Bankensystem des Landes erschüttern, und 40.000 Kleinanleger, denen ihre Banken zu „toxischen Krediten“ rieten, könnten um ihre Ersparnisse gebracht werden.
    Interview der Woche: Anne-Laure Delatte, Wirtschaftsspezialistin für Finanzkrisen und Expertin der Eurozone. Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diesmal geht es nach Polen, wo die Regierung das Renteneintrittsalter gesenkt hat. Eine Entscheidung, mit der das Land gegen den europäischen Strom schwimmt. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Heute erläutern sie, wie es um die Banken bei unseren europäischen Nachbarn steht. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 01.04.2017arte
  • Folge 113 (28 Min.)
    Propaganda, Bündnisse, Hackerangriffe: Stellt Russlands Einfluss eine Bedrohung dar? Welche europäischen Länder hat unser mächtiger Nachbar im Visier? Letzten November stimmte das Europäische Parlament für eine Resolution, basierend auf dem Bericht „Strategische EU-Kommunikation zur Eindämmung von Propaganda durch Drittparteien“. Es besteht keinen Zweifel daran, dass hiermit Russland und seine Soft-Power-Waffen, wie der Fernsehsender Russia Today oder das Nachrichtenportal Sputnik gemeint sind. Befürchtet wird, dass Russland Europa spalten und die demokratischen Werte verletzen könnte.
    „Vox Pop“ ermittelte in Tschechien: Ein Land unter russischem Einfluss, hin- und hergerissen zwischen Ost und West. Obwohl die tschechische Regierung stark prowestlich eingestellt ist und die Hackerangriffe und Desinformationen der Russen verurteilt, kann Russland auf die Unterstützung von Präsident Miloš Zeman zählen. Auch der tschechische Geheimdienst ist darüber besorgt und erwähnte in einem kürzlich erschienenen Bericht die massive russische Propaganda und die Absicht Russlands, politische Spannungen zu erzeugen. Wie wirkt sich diese Propaganda auf die Bevölkerung aus? Wie wird die Tschechische Republik dagegen vorgehen? Interview der Woche: Peter Pomerantsev, Journalist, Schriftsteller und Spezialist für russische Propaganda und Desinformation Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa.
    Diesmal geht es nach Spanien, wo Meerwasserentsalzung, also die Umwandlung von Meer- in Trinkwasser, sowohl aus finanzieller als auch aus ökologischer Sicht unsinnig erscheint. Und wie immer berichten „Vox Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Heute erläutern sie, die strategischen Schachzüge Russlands gegen Europa. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 08.04.2017arte
  • Folge 114 (28 Min.)
    Die Geschichte der Staaten Europas wurde von den christlichen Religionen stark geprägt. Einige Nationalstaaten festigten sich durch den Religionsbezug, so Frankreich mit dem Konzept des Herrschers von Gottes Gnaden oder Deutschland mit dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation. Auch im Bildungswesen der europäischen Gesellschaften waren Vertreter der Kirche lange sehr einflussreich. Als Robert Schuman, Konrad Adenauer und Alcide De Gasperi, die allesamt christlich geprägten Gründerväter Europas, nach dem Zweiten Weltkrieg die ersten europäischen Vereinbarungen ausarbeiteten, bezogen sie sich jedoch in keiner Weise auf ein religiöses Erbe oder Fundament.
    Erst seit Anfang der 2000er Jahre kocht bei jedem großen Vertragswerk (EU-Grundrechtecharta 2000, Europäische Verfassung 2004, Vertrag von Lissabon 2009) die Diskussion über die christlichen Wurzeln Europas hoch und lässt christliche Lobbys und überzeugte Laizisten aneinandergeraten. Warum spielen die christlichen Wurzeln eine zunehmend wichtige Rolle? Aus Angst vor dem Einfluss der Religion auf die Politik? Oder davor, dass sie gegen andere Gemeinschaften, insbesondere Muslime, und multikulturelle Modelle instrumentalisiert wird? „Vox Pop“ recherchiert in Griechenland, wo die orthodoxe Kirche nach wie vor großen Einfluss auf Gesellschaft und Politik hat.
    Religionsvertreter weihen Schulen ein und feiern die Siege von Sportmannschaften. Keine Sitzung des griechischen Parlaments beginnt ohne Segnung. Popen und Bischöfe sind bis in die höchsten Sphären des Staatsapparates überall anzutreffen.
    Interview der Woche: Jean-Louis Schlegel, Philosoph und Religionssoziologe Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diese Woche geht es um Italien, wo Grundstücke, die vormals Mafiosi gehörten, konfisziert und für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden – allerdings nicht ohne Widerstand und Druck. Und wie immer berichten „Vox Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Wie wichtig ist die Religion den Bürgern der verschiedenen europäischen Länder? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 22.04.2017arte
  • Folge 115 (28 Min.)
    In Europa ist die Unternehmensbesteuerung in jedem Land unterschiedlich, was den Wettbewerb verzerrt. Ein multinationaler Konzern mit Sitz in Frankreich wird mit 33 % besteuert, in Deutschland mit 30 %; in manchen EU-Ländern jedoch muss er zwei bis drei Mal weniger Steuern abführen: in Irland 12,5 % und in Bulgarien lediglich 10 %. Diese unterschiedlichen Steuersätze machen sich die Unternehmen mittels der sogenannten „Steueroptimierung“ zunutze. In einigen Ländern gelingt es bestimmten multinationalen Unternehmen durch ausgeklügelte Konstruktionen sogar, fast keine Steuern zu zahlen.
    Das erregt innerhalb der EU großes Missfallen: Diese Steueroptimierung bedeutet für die EU-Staaten einen Gewinnausfall von 70 bis 190 Milliarden Euro! Muss das Europäische Steuerrecht harmonisiert werden? Wenn ja, welches wären die Folgen? Immerhin haben manche EU-Länder ihre wirtschaftliche Entwicklung darauf aufgebaut, dass sie multinationale Unternehmen ins Land lockten und locken. „Vox Pop“ hat sich in Irland umgesehen, wo die Unternehmensbesteuerung eine der niedrigsten der EU ist. Durch die Anwendung der genannten Steuerstrategie, die für IT-Riesen, allen voran Apple, besonders günstig ist, hat sich das Land Brüssels Zorn zugezogen.
    Doch Irland will sich das nicht gefallen lassen. Interview der Woche mit der österreichischen Wirtschaftswissenschaftlerin Brigitte Unger, Spezialistin für Steueroptimierung und Steuervergehen. Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diesmal geht es nach Island, wo der Massentourismus ernsthafte Schäden anzurichten beginnt. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Welche Länder befürworten die Steuerharmonisierung? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 06.05.2017arte
    Erstausstrahlung ursprünglich für den 29.04.2017 angekündigt
  • Folge 116 (28 Min.)
    Algorithmen, Roboter und sonstige Androide können inzwischen das menschliche Gehirn nachahmen. Sie lernen aus eigenen Fehlern, überraschen mit ihrer Anpassungsfähigkeit sogar ihre Erfinder und werden immer eigenständiger. Schwarzmaler prophezeien das Ende der Menschheit, andere eine neue industrielle Revolution. Im Berufsleben ersetzt die künstliche Intelligenz menschliche Handgriffe und zunehmend auch geistige Tätigkeiten. Schon heute helfen Algorithmen bei der Rekrutierung, Orientierung und Überwachung von Personalressourcen.
    Welche Fortschritte bringt die künstliche Intelligenz? Welcher Regulierungsrahmen ist notwendig? Wie lange noch ist der Mensch der Maschine tatsächlich voraus? „Vox Pop“ recherchiert im Vereinigten Königreich, das in Sachen künstliche Intelligenz neben Frankreich als europäischer Vorreiter gilt. Roboter als Anwälte, Ärzte und Headhunter: 35 % der Stellen auf dem britischen Arbeitsmarkt sollen in den nächsten 20 Jahren betroffen sein. Macht uns die künstliche Intelligenz arbeitslos? Interview der Woche: Prof. Jean-Gabriel Ganascia, IT-Experte und Spezialist für künstliche Intelligenz Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa.
    Diese Woche geht es um Polen, wo die rechtskonservative Regierung dem größten europäischen Museum über den Zweiten Weltkrieg den Kampf angesagt hat. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Wie wichtig ist die künstliche Intelligenz den Bürgern der verschiedenen europäischen Länder? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 13.05.2017arte
    Erstausstrahlung ursprünglich für den 06.05.2017 angekündigt
  • Folge 117 (28 Min.)
    Für 64 % aller Europäer sind psychische Krankheiten ein Tabuthema. Dabei werden 38 % der Europäer im Laufe ihres Lebens selbst einmal betroffen sein, sei es von einer leichteren Störung oder sogar einer schwerwiegenden Erkrankung wie Paranoia, Schizophrenie oder einer bipolaren Störung. Wie ist mit den Betroffenen umzugehen? Sollten sie in einer psychiatrischen Klinik isoliert oder vielmehr so gut wie möglich in die Gesellschaft integriert werden? In Europa gibt es da sehr unterschiedliche Ansätze. Manche Länder setzen auf offene Unterbringungsmöglichkeiten, in denen sich die Patienten frei bewegen können.
    Das beste Beispiel hierfür ist Italien, wo schon 1978 per Gesetz alle psychiatrischen Einrichtungen geschlossen wurden. Andere Länder hingegen, wie beispielsweise Frankreich, stellen die Sicherheit verstärkt in den Vordergrund. „Vox Pop“ recherchierte in Frankreich und fand heraus, dass dort Isolation und Fixierung, also das Festschnallen psychisch kranker Menschen auf ihrem Bett, erschreckenderweise schon fast zur Normalität geworden sind. Ein 2016 veröffentlichter, offizieller Bericht thematisiert dieses Tabu und bezeichnet solche Praktiken als „erniedrigend, unwürdig und teilweise gefährlich“.
    Interview der Woche: Pierangelo di Vittorio, Forscher im Bereich Philosophie und Geschichte der Psychiatrie Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diesmal geht es um eine Goldmine in Griechenland, welche die Regierung von Alexis Tsipras zu einer Kehrtwende in Sachen Umweltschutz bewogen hat. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Wie handhaben unsere europäischen Nachbarn ihre psychiatrischen Kliniken – Ausbau oder Schließung? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 20.05.2017arte
  • Folge 118 (28 Min.)
    Ende November 2016 empfahl das EU-Parlament, die 2005 aufgenommenen Beitrittsverhandlungen mit der Türkei einzufrieren. Grund dafür war die Welle der Repression nach dem fehlgeschlagenen Putschversuch gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan im Juli 2016. Das türkische Verfassungsreferendum im April 2017, das die Befugnisse des Präsidenten stärkte, scheint Ankara noch weiter von Europa zu entfernen. Zumal es während der Kampagne im Vorfeld der Volksabstimmung hoch her ging: Erdogan provozierte Deutschland mit Nazi-Vorwürfen, während deutsche Behörden politische Auftritte türkischer Minister untersagten.
    Doch auch wenn die Gespräche vorerst zum Stillstand gekommen sind, bleibt die gegenseitige Abhängigkeit der Türkei und Europas bestehen. Das Flüchtlingsabkommen von März 2016 hängt wie ein Damoklesschwert über Brüssel. Und seit 1995 gehört die Türkei dank der Zollunion zum Europäischen Wirtschaftsraum. Obwohl die Kluft zwischen Europa und dem Land am Bosporus nie tiefer schien, hat die Kommission sogar eine Vertiefung der Zollunion gefordert. Mit welchem Ziel? „Vox Pop“ recherchierte in der Türkei und sprach mit EU-Befürwortern, die sich einst für den Beitritt einsetzten und heute für eine erweiterte Zollunion kämpfen.
    Interview der Woche: Gespräch mit Selim Yenel, dem türkischen Staatssekretär für europäische Angelegenheiten, in Ankara Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa. Diese Woche geht es nach Österreich, wo erstmals ein Gericht aus Gründen des Klimaschutzes den Ausbau eines Flughafens verboten hat. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Welche Beziehungen unterhalten andere europäische Länder zur Türkei? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 03.06.2017arte
  • Folge 119 (28 Min.)
    Bisphenole, Phtalate, Parabene und ähnliche Substanzen sind im Alltag allgegenwärtig, gelangen über die Nahrung in den Organismus und gefährden die menschliche Gesundheit. Ihre Besonderheit besteht darin, dass sie den Hormonhaushalt verändern und beispielsweise den Stoffwechsel, die Entwicklung des Gehirns oder die Fortpflanzung beeinträchtigen. Viele vermehrt auftretende Krankheiten werden mit ihnen in Verbindung gebracht, wie Brust- und Prostatakrebs, Diabetes und Unfruchtbarkeit. Die EU-Kommission plante 2016 eine Reglementierung, insbesondere auf Betreiben von Frankreich, Schweden und Dänemark.
    Dies wäre eine Weltpremiere gewesen, aber bisher kam es nicht zur Abstimmung über den Entwurf der Kommission: Der letzte erfolglose Versuch fand Ende Februar 2017 statt und unterstreicht den fehlenden Konsens, obwohl in wissenschaftlicher Hinsicht kein Zweifel möglich ist. Die Weltgesundheitsorganisation WHO sieht in endokrin aktiven Substanzen sogar eine weltweite Gesundheitsgefahr. „Vox Pop“ recherchierte in Deutschland, wo das Thema trotz des ausgeprägten Umweltbewusstseins der Bevölkerung tabu zu sein scheint. Ist hier die Lobby der Chemie-Industrie am Werk? Interview der Woche: Die französische Biologin Barbara Demeneix, weltweit anerkannte Spezialistin für endokrine Disruptoren Vox Report: Jede Woche beleuchtet ein „Vox-Pop“-Korrespondent ein weiteres aktuelles Thema aus Europa.
    Diesmal geht es um die Slowakei, wo Roma-Kinder in Schulen für Menschen mit geistiger oder körperlicher Behinderung geschickt werden. Und wie immer berichten „Vox-Pop“-Korrespondenten aus ihren Ländern über das Thema der Woche. Wie gehen andere europäische Länder mit der Gesundheitsgefährdung durch endokrine Disruptoren um? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 10.06.2017arte
    Erstausstrahlung ursprünglich für den 03.06.2017 angekündigt
  • Folge 120 (28 Min.)
    Was wird die Trennung kosten? Die Austrittsverhandlungen haben gerade begonnen – ein Jahr nach dem historischen Referendum im Juni 2016, bei dem sich die Briten für den Austritt aus der Europäischen Union entschieden haben. In zweijährigen Verhandlungen werden Brüssel und London die Rahmenbedingungen für ihre künftigen Beziehungen beschließen. Nicht ganz unwichtig ist hierbei die Höhe des Betrages, die das Vereinigte Königreich entrichten muss. Denn das Land hat bis 2020, im laufenden EU-Haushalt, eine Reihe von finanziellen Verpflichtungen übernommen. Der Kommission zufolge müssen die Briten mit Zahlungen bis zu 60 Milliarden Euro rechnen. Neben den Finanzen geht es in den Verhandlungen aber auch um die sozialen, menschlichen und kommerziellen Auswirkungen des Brexit.
    Insbesondere müssen sich London und die verbleibenden 27 EU-Mitglieder über den Status der Europäer einigen, die derzeit in Großbritannien arbeiten. Auch das Problem der Grenzen, vor allem zu Irland, gestaltet sich als schwierig. Wie wird sich der Brexit auf die britische Wirtschaft auswirken? Welche Folgen hat er für die Europäische Union? Wer sind die Gewinner, wer die Verlierer? „Vox Pop“ recherchiert in Großbritannien, in dem Land, in dem drei Millionen EU-Europäer arbeiten: 200.000 in der Baubranche, 400.000 im Finanzwesen und bis zu 700.000 im Hotel- und Gaststättengewerbe. Werden sie die Insel verlassen müssen? Kann das Land auf sie verzichten? (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 17.06.2017arte
  • Folge 121 (28 Min.)
    Deutsche TV-PremiereSa 24.06.2017arte
  • Folge 122 (28 Min.)
    Diesmal befasst sich „Vox Pop“ eine ganze Sendung lang mit dem bezahlten Jahresurlaub. In Deutschland wurde dieses Sozialrecht schon 1905 eingeführt; die Franzosen mussten bis 1936 darauf warten. Seit 2003 haben alle europäischen Arbeitnehmer das Recht auf mindestens vier Wochen bezahlten Jahresurlaub. Allerdings bestehen zwischen den Ländern weiterhin Unterschiede: französische und britische Angestellte haben knapp sechs Wochen Urlaub, die Niederländer nur vier. Doch machen mehr Urlaubstage auch glücklicher? Nicht unbedingt … „Vox Pop“ recherchierte in Frankreich: Das Land besitzt den Ruf, einen wahren Ferienkult zu betreiben und den Jahresurlaub noch weiter ausdehnen zu wollen.
    Die neueste Idee: unbegrenzter Urlaub. Dabei nehmen Arbeitnehmer so viele Urlaubstage wie sie wollen, solange sie ihre Berufsziele erfüllen. Sozialer Vorstoß oder Schnapsidee? Interview der Woche: Greg Richard, niederländischer Anthropologe und Professor für Sozialwissenschaften an der Universität Tilburg, Forschungsgebiet „Freizeitstudie“.
    Die Niederlande gehören zu den europäischen Ländern mit dem niedrigsten Jahresurlaub. Gleichzeitig arbeiten die Niederländer mit durchschnittlich 32 Stunden in der Woche weniger als ihre europäischen Kollegen – und zählen zu den produktivsten Europäern. Machen es die Holländer richtig? Kontroverse: „Vox Pop“ geht diese Woche auf eine Europareise zum Thema Jahresurlaub. Ein dreiminütiger Einspieler mit Vergleichsdaten und originellen Gesichtspunkten beleuchtet die Debatte. (Text: arte)
    Deutsche TV-PremiereSa 01.07.2017arte

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