2015, Folge 52–74

evtl. unvollständig
  • Folge 52 (45 Min.)
    Königliche Staatsbesuche bringen Glanz und Glamour nach Norddeutschland und faszinieren die Menschen in einem Ausmaß, wie es ein „bürgerliches“ Staatsoberhaupt nicht vermag. Für royalen Besuch werden rote Teppiche ausgerollt, Tafelsilber geputzt, die ganze Stadt auf Hochglanz und Protokollchefs schon mal an ihre Grenzen gebracht. Was passiert, wenn der 200 Kilogramm gewichtige König von Tonga die Hamburger Rathaustreppe bewältigen muss? Was macht ein norddeutscher Polizist, wenn ein wertvoller Diamant der niederländischen Königin ihm vor die Füße fällt? Solche Besuche werfen auch jede Menge knifflige Fragen der Etikette auf.
    Macht ein stolzer Hanseat nun einen Diener vor der Queen oder knickst eine Hanseatin etwa doch nicht? Die Autorinnen Susanne Gliffe und Leontine Gräfin von Schmettow lassen die großen königlichen Besuche der letzten 60 Jahre in diesem Film durch historische Aufnahmen wiederaufleben. Zusammen mit Zeitzeugen und Beteiligten, Protokollchefs oder Personal blicken sie auf unterhaltsame, bedeutende, private Erlebnisse und Protokollpannen zurück. Die erste Majestät, die das Nachkriegsdeutschland 1954 besuchte, verteilte echte Goldmünzen.
    Kaiser Haile Selassie aus dem armen Äthiopien machte damit großen Eindruck auf die Menschen. Unvergessen ist auch der spektakuläre Besuch von Kaiserin Soraya, die 1955 mit dem damaligen Schah von Persien nach Deutschland kam. Sie wurde zum Liebling der Klatschpresse, denn sie hatte es als die Tochter einer Deutschen auf den Pfauenthron geschafft. Marianne Czempicz durfte ihr damals im Salon des Hotel Atlantic die Haare nach dem zu der Zeit neuesten Trend frisieren. Als der bedeutendste Besuch gilt bis heute der Aufenthalt der britischen Königin Elizabeth II.
    1965 in Hamburg. Nie wieder wurde ein gekröntes Haupt von den Menschen in der Stadt so gefeiert und erlangte durch seine Anwesenheit eine derart große, auch politische Bedeutung. In Hamburg löst die Reise der Queen sogar einen handfesten Skandal aus, der den damaligen Ersten Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Paul Nevermann, zum Rücktritt zwang. Zeitgleich, aber fast unbemerkt, konnte am Dammtorbahnhof die siebenjährige Andrea Heick durch die Absperrungen schlüpfen und der britischen Monarchin einen Blumenstrauß überreichen. Im Film erzählt sie vom schönsten Moment ihres Lebens. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSo 04.01.2015NDR
  • Folge 53 (45 Min.)
    Die DDR zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung. Das Land existiert noch auf dem Papier, aber in der Realität ist die Diktatur längst besiegt. Erich Honecker, bisher Staatsratsvorsitzender und mächtigster Mann der DDR, wird abgesetzt und angeklagt wegen Hochverrats. Während Honecker nach einer Operation in der Berliner Klinik Charité liegt, löst seine Frau Margot, einst gefürchtete Volksbildungsministerin, auf Regierungsanweisung den Wohnsitz in der Funktionärssiedlung Wandlitz auf. In der Berliner Wohnung ihrer Tochter Sonja können Honeckers aus Sicherheitsgründen nicht einziehen: zu viele haben offene Rechnungen mit dem alten System.
    Wohin also mit dem Ex-Staatsratsvorsitzenden und der Ex-Ministerin? Die Honeckers drohen die berühmtesten Obdachlosen der DDR zu werden. Überraschend signalisiert die evangelische Kirche Unterstützung. Im Pfarrhauses des brandenburgischen Lobetal, 40 Kilometer nordöstlich von Berlin, räumen Pastor Uwe Holmer und seine Frau Sigrid zehn Wochen lang, vom 30. Januar bis zum 3. April 1990, die Kinderzimmer ihrer Söhne Traugott und Kornelius für Honeckers. Die Familie Holmer, die als Christen stets Repressalien des SED-Regimes ausgesetzt war, sieht sich mit dem Unverständnis der Bevölkerung und Kritik aus den eigenen Reihen konfrontiert.
    Kirchenaustritte werden gemeldet, eine Welle von Protestbriefen schwappt ins Pfarrhaus, internationale Presse, aber vor allem aufgebrachte DDR-Bürger belagern den Gartenzaun. Wut, Rache, Volkszorn drohen zu eskalieren. Dieser Film „Unsere Geschichte – Der Feind in meinem Haus“ ist eine Geschichte von Vergebung und Menschlichkeit in einer politisch aufgeheizten Situation. In ausführlichen Interviews berichten Zeitzeugen von dieser wohl ungewöhnlichsten Wohngemeinschaft Deutschlands. Politiker Manfred Stolpe (damals im Vorsitz Bund Evangelischer Kirchen) beschreibt die Hilflosigkeit der Behörden, ehemalige Parteigenossen bekennen, dass ihnen die Courage fehlte, Honeckers aufzunehmen.
    Polizist Uwe Westen (damals Leiter des zuständigen Volkspolizeikreisamts) schildert die Brisanz der Situation, das gestürzte Staatsoberhaupt schutzlos im Pfarrhaus unterzubringen. Allen Beteiligten ist klar, dass die friedliche Revolution ein blutiges Ende hätte finden können ohne die persönliche Größe des evangelischen Pastors Uwe Holmer. Doch auch heute, 25 Jahre später, sagt er schlicht: „Wenn uns einer um Asyl bittet, dann sind wir von unserem Glauben verpflichtet ihn aufzunehmen.“. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 08.04.2015NDR
  • Folge 54 (60 Min.)
    NDR Fernsehen UNSERE GESCHICHTE – HAMBURG 1945, „Wie die Stadt gerettet wurde“, am Donnerstag (23.04.15) um 20:15 Uhr. Trotz weißer Fahne von britischen Soldaten beschossen, fürchten die Hamburger Unterhändler um ihr Leben.
    Die Dokumentation von TV-Autor Jobst Thomas schaut zurück auf die Schicksalstage, die der Kapitulation Hamburgs am 3. Mai 1945 vorausgegangen sind und stellt deren dramatische Ereignisse in aufwändig inszenierten Spielsequenzen (Regie: Torsten Wacker) nach. Hubertus Meyer-Burckhardt präsentiert und erzählt diese Dokumentation. Im Mittelpunkt stehen drei mutige, entschlossene Männer. Sie haben damals wesentlich, auch unter Einsatz ihres Lebens, zur unblutigen Beendigung des Krieges beigetragen. In den Geschichtsbüchern werden sie jedoch, wenn überhaupt, nur als Randfiguren abgehandelt.
    Dieser Film erzählt die Geschichte hinter der Geschichte. In den letzten Apriltagen 1945 haben die britischen Truppen Hamburgs südlichen Stadtrand erreicht. Ihre Artillerie eröffnet das Feuer auf den Stadtteil Harburg. Dabei werden die Phoenix-Werke, ein kriegswichtiger Reifenhersteller, mehrfach getroffen. Seit einem Bombenangriff wenige Monate zuvor sind bereits alle umliegenden Krankenhäuser vollkommen zerstört. Deshalb ist in den Kellern der Phoenix-Werke ein Reservelazarett eingerichtet worden, nicht nur für deutsche Verwundete, sondern auch für verletzte, in Gefangenschaft geratene britische Soldaten.
    Um das Lazarett vor weiteren Zerstörungen zu schützen, hat Stabsarzt Hermann Burchard eigenmächtig angeordnet, auf dem Werksdach ein weit sichtbares Rotes Kreuz anzubringen. Werksleiter Albert Schäfer, ein angesehener Hamburger Kaufmann, fühlt sich übergangen und stellt Burchard zur Rede. Er sieht in dem Roten Kreuz auf dem Werksdach einen Verstoß gegen die Genfer Konvention, weil in einigen Hallen noch gearbeitet wird. Burchard seinerseits wirft Schäfer vor, die Reifenproduktion trotz des eingerichteten Lazaretts nicht eingestellt zu haben.
    Der Streit endet unversöhnlich. Dennoch raufen sich die beiden zusammen, denn plötzlich verbindet sie ein verwegener Plan. Zu Fuß wollen sie sich an die Frontlinie heranwagen und die britischen Kommandeure um Verschonung des Lazaretts bitten. Als sie sich am 29. April 1945 morgens zu den britischen Stellungen aufmachen, beginnen ereignisreiche Tage voller Dramatik. Bevor am 3. Mai 1945 für Hamburg der Krieg zu Ende ist, hängt das Schicksal der Hansestadt mehrfach am seidenen Faden. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 23.04.2015NDR
  • Folge 55 (30 Min.)
    Der Film „Unsere Geschichte – Mein 1945. Norddeutsche erinnern sich an das Kriegsende“ erzählt in einer neuen Form vom Ende des Zweiten Weltkrieges in Norddeutschland. Subjektive Eindrücke und Empfindungen von Zeitzeugen prägen dieses neuartige filmische Experiment: Zu Wort kommen Menschen, die den Zusammenbruch, das unglaubliche Chaos und den vorsichtigen Neuanfang mit emotionalen Ereignissen verbinden. Die Zeitzeugen sprechen direkt in die Kamera, viele von ihnen zum ersten Mal, über die aufwühlende und außergewöhnliche Zeit, als der Krieg zu Ende war.
    Sie erinnern sich, wie Schmuck und Wertsachen aus Angst vor Plünderern in Erdlöchern versteckt wurden, wie Gerüchte umgingen, die farbigen US-Soldaten würden „Kinder klauen“. Eine KZ-Überlebende erzählt, wie sie Dolmetscherin der britischen Besatzer wurde, ohne ein Wort Englisch zu können. Ein Deserteur erinnert sich an das Versteck, in dem er auf Hamburg-St. Pauli die Jagd auf ihn überlebte. Ein Paar erzählt von dem zu einem Kochtopf umfunktionierten Wehrmachtshelm, den es zu ihrer Hochzeit im November 1945 geschenkt bekam.
    Erstklässlerinnen des Jahres 1945 erinnern sich an die Filmaufnahmen, die die „Wochenschau“ von ihnen machte, und an ihr Schulbrot: ein Stück Steckrübe. In Archiven wurde seltenes und zum Teil nie gesehenes Filmmaterial recherchiert. Es sind komplette Filmrollen, oft in Farbe und noch mit „Klappe“, bevor sie zu Beiträgen für die „Wochenschau“ zusammengeschnitten wurden. Diese unzensierten und ungekürzten Bilder zeigen die letzten Luftangriffe, Kolonnen von Flüchtlingen, die zerstörten Innenstädte, die schwierige Versorgungslage, die Flucht über zerstörte Elbbrücken, den Schock angesichts der befreiten Konzentrationslager in einer eindringlichen Nähe, die an die Unmittelbarkeit von Handyvideos und Videotagebüchern der heutigen Zeit erinnern.
    Das Filmprojekt ist in einer Kooperation zwischen dem NDR und der Videoplattform dbate.de entstanden. Parallel zur Ausstrahlung „Unsere Geschichte – Mein 1945“ im NDR Fernsehen erinnert dbate.de in einem großen Schwerpunkt zum Jahrestag an das Ende des Zweiten Weltkrieges in Norddeutschland. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereDo 23.04.2015NDR
  • Folge 56 (30 Min.)
    Es ist ein nahezu unbekanntes Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte. Seite an Seite mit den Engländern marschierten auch Soldaten der polnischen Exilregierung nach Norddeutschland. Ganze drei Jahre blieben sie und waren für eine Kleinstadt im Emsland sogar mehr als eine Besatzungsmacht. Viele Harener dachten, der Krieg sei vorbei und sie könnten nun zupackend in die Zukunft steuern. An Pfingsten 1945 mussten aber die Bewohner unerwartet ihre Häuser räumen. Sie durften nur das Nötigste mitnehmen. Knapp 1.000 Familien wurden obdachlos. Fortan wohnten Polen in ihrer Heimatstadt, Soldaten, aber auch befreite Kriegsgefangene und Vertriebene. Haren war quasi über Nacht eine kleine polnische Enklave geworden, verlor sogar seinen Namen und hieß seinerzeit Maczkow.
    Die Harener Bevölkerung kam bei Freunden und Verwandten in den umliegenden Dörfern unter. Die britische Militärregierung hatte so entschieden. In der Dokumentation aus der Reihe „Unsere Geschichte“ kommen die letzten noch lebenden Zeitzeugen zu Wort, historische, teilweise bislang unveröffentlichte Filmaufnahmen sind zu sehen. Dokumente aus britischen Archiven zeugen von einer Nachkriegsepisode, die aus heutiger Sicht absurd erscheinen mag, für viele Tausend Menschen, Deutsche wie Polen, aber drei Jahre lang Lebensalltag war. Gefördert mit Mitteln der nordmedia Fonds GmbH in Niedersachsen und Bremen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 29.04.2015NDR
  • Folge 57 (30 Min.)
    Ende April 1945, als die Russen nach Neustrelitz kamen, ist die kleine Erika im Alter von drei Monaten im Feuer umgekommen. Ihr Bruder Wilfried Baganz erblickte erst vier Jahre später das Licht der Welt. Das Schicksal seiner Schwester lässt ihn bis heute nicht los. So wie er hat jede Familie im Osten Deutschlands ihre eigene Geschichte, die mit dem Einmarsch der Russen begann. In Grünow, 15 Kilometer östlich von Neustrelitz, war es an der Front Tage zuvor still. Willi Görs und Liane Behrens erinnern sich an die allgegenwärtige Angst vor den Russen. Wie alle Leute flüchteten sie zunächst in den Wald.
    Später wurden Mädchen und Frauen auf Dachböden oder in Besenkammern versteckt. „Der Russe nahm sich, was Sieger sich nehmen“, erzählt der 83-jährige Karl Funk achselzuckend. Fast 50 Jahre sind sie geblieben. Der Vater der kleinen Renate hatte es prophezeit, alles wird verstaatlicht wie in der UdSSR. Vor dem Krieg hatte die Familie eine kleine Landwirtschaft betrieben, so wie viele Grünower. Eine bald verordnete „deutsch-sowjetische Freundschaft“ gab es nur auf dem Papier. Renate Garz hat ihren Ausweis von damals noch.
    Erst nach dem Abzug der Russen im Jahr 1994 wurde deutlich, in welch absurden Parallelwelten sich Russen und Deutsche eingerichtet hatten. Mitten durch die Stadt verlief ein grüner Bretterzaun, dahinter war die verbotene sowjetische Zone, man hatte sich daran gewöhnt. Nach dem Abzug der Truppen machte sich Frank Fechner im Auftrag der Stadt als Aufräumer an die Arbeit, Ordnung in die zweigeteilte Welt zu bringen. „Unsere Geschichte Als die Russen kamen … und gingen“ erzählt eine seit 70 Jahren andauernde Geschichte, die noch nicht zu Ende ist. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 06.05.2015NDR
  • Folge 58 (30 Min.)
    Die Dokumentation „Friedland Als die Väter nach Hause kamen“ erzählt die wahre Geschichte von Heimkehrern aus der Gefangenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Am 12. Oktober 1955, vor fast 60 Jahren, kamen die letzten Gefangenen aus der Sowjetunion nach Deutschland. Noch heute erschüttern die hoch emotionalen Bilder aus dem Lager Friedland: Kinder, die ungläubig auf die ausgemergelte Gestalt starrten, die ihr Vater sein sollte. Frauen, die weinend ihren Ehemännern um den Hals fielen. Mütter, die erkennen mussten, dass ihre jahrelange Hoffnung auf die Rückkehr ihrer Söhne brutal und endgültig zerstört wurde. Und die Heimkehrer mussten mühsam wieder in der Nachkriegsgesellschaft Tritt fassen. Der Film erzählt faszinierende Geschichten von Spätheimkehrern, die mit dem letzten Zug nach Friedland kamen, von jungen Mädchen, die die oft ausgemergelten und traumatisierten Gefangenen in Empfang nahmen, von Töchtern, die ihrem Vater halfen, ein neues Leben anzufangen.
    Die Rückkehr der Väter hat Spuren in vielen Familien hinterlassen, über die erst jetzt gesprochen werden kann. Was löste die Heimkehr aus? Wie gingen die Familien damit um? Der Film beleuchtet auch den Transport selbst, der damals von der DDR-Reichsbahn durchgeführt wurde. Und er erzählt die unbekannte Geschichte eines Geheimtransports, der wenige Wochen später nach dem Zug der Zehntausend in Friedland ankam: mit verplombten Türen und unter scharfer Bewachung von Rotarmisten. Wer war in diesem Zug? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 13.05.2015NDR
  • Folge 59 (30 Min.)
    NDR Fernsehen UNSERE GESCHICHTE – MEIN ERSTES AUTO, am Mittwoch (20.05.15) um 21:00 Uhr. Cord Seebaum aus Hameln hat seinen alten Käfer aus den 50er Jahren sechs Jahre lang originalgetreu restauriert.
    Das erste Auto ist wie die erste große Liebe, man vergisst es nicht. Und es ist weit mehr als nur ein Fortbewegungsmittel. Es ist ein Traum der Jugend, Statussymbol, Synonym für Erfolg, Lebensqualität, Mobilität, Freiheit und Unabhängigkeit: der VWKäfer, der Mercedes 300, der Trabi, der R4, der Manta, das Karmann Ghia Cabriolet. In der Dokumentation werden norddeutsche Autoliebhaber begleitet, Straßenhelden und Kultschrauber verschiedener Generationen, die sich noch heute lustvoll an ihr erstes Auto in ihrer Jugend erinnern.
    Cord Seebaum aus Hameln besitzt noch seinen allerersten „Käfer“, hat ihn über sechs Jahre lang originalgetreu restauriert. Wolfgang Thulke hat sich sein erstes Auto wieder zugelegt: einen alten Mercedes Ponton. Damit bietet er heute Hochzeitsfahrten an und macht junge Paare am wichtigsten Tag ihres Lebens mit seinem Oldtimer glücklich. Während die Entwicklung des Automobils nach dem Krieg Tempo in das Leben der Deutschen brachte, beflügelte sie auch die Wirtschaft des Landes.
    Autos machten Deutschland maßgeblich zu einer führenden Industrienation. Das Auto wurde zum wichtigsten Konsumgut der modernen Welt, zur großen Liebe der Deutschen. „Unsere Geschichte – Mein erstes Auto“ ist eine emotionale Liebeserklärung an das Automobil mit Geschichten aus den letzten 60 Jahren und mit Bildern von damals. Deutsche Autogeschichte wird, mal schmunzelnd, mal wehmütig erzählt von norddeutschen Autonarren, Oldtimerfreaks und Nostalgikern, ergänzt durch Filmmaterial aus Archiven und Privataufnahmen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 20.05.2015NDR
  • Folge 60 (30 Min.)
    Die Anspannung ist überall zu spüren. Nach zwei Tagen Dauerregen und Windstärke 9 macht sich Ernüchterung breit. Doch dann reißt der Himmel auf und die Sonne scheint. Und dann kommt er auf die Bühne, mit 17 Stunden Verspätung: Jimi Hendrix. Gitarrenlegende und seit Woodstock 1969 die Verkörperung der Flower-Power-Bewegung. Es sollte der letzte Auftritt vor seinem Tod werden. Das war genau vor 45 Jahren. Das Love & Peace Festival 1970 auf der Ostseeinsel Fehmarn war Deutschlands erstes Open-Air-Konzert, es versank in Schlamm, Prügeleien und Schutt und Asche. Der Traum von Woodstock, er zerplatzte.
    Heutzutage auf dem größten Festival Norddeutschlands, dem Hurricane, ist zwar das Wetter immer noch unberechenbar, doch alles während der Veranstaltung ist bis ins kleinste Detail durchorganisiert. Der Veranstalter Folkert Koopmans hat seit 18 Jahren von Mal zu Mal das Festival perfektioniert. Er achtet zunehmend auf Umwelt- und Naturschutz und bietet seit letztem Jahr sogar Luxus-Campingunterkünfte für anspruchsvollere Festivalbesucher an. Dazu gibt es ein Riesenrad, Bungee-Sprungturm, Supermarkt, Gourmet-Essensstände, Annehmlichkeiten wie in einem Kurzurlaub.
    Die Dokumentation zeigt die Entwicklungsgeschichte der norddeutschen Open-Air-Festivals. Alte, zum Teil noch nie gesendete Archivaufnahmen des Fehmarn-Festivals1970 und der beiden Scheeßeler Rockfestivals 1973 und 1977 stehen dem aktuellen Hurricane-Festival gegenüber. Der Kontrast könnte nicht deutlicher werden: Denn mit chaotischen Hippie-Verhältnissen in der Provinz haben die heutigen Großveranstaltungen fast nichts mehr zu tun. Nur ein bisschen Woodstock-Gefühl kommt wieder auf, wenn junge Popfans mit Blumenkränzen im Haar unbeschwert zur Gitarrenmusik tanzen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 27.05.2015NDR
  • Folge 61 (30 Min.)
    NDR Fernsehen UNSERE GESCHICHTE – MEINE KINDHEIT IM HARZ, am Mittwoch (03.06.15) um 21:00 Uhr. Traum vieler Harzkinder: die Brockenbahn. Seit der Wende fährt sie wieder ganz hoch auf den magischen Berg des Harzes.
    „Unsere Geschichte – Meine Kindheit im Harz“ macht eine Zeitreise von den 1950er- bis zu den 1970er-Jahren. Ehemalige Harzkinder erinnern sich an die Höhen und Tiefen ihrer Kindheit. Schauspieler Heinz Hoenig verbringt als Kind viel Zeit in der Natur oder im Pferdestall. Noch heute kehrt er gerne in die Stille der Wälder zurück. Die Försterkinder Reinhild Dirks und Bernd Ueberschär begleiten ihren Vater so oft es geht in den Wald. Angst macht ihnen nur die deutsch-deutsche Grenze. „Die Grenzsoldaten haben jeden unserer Schritte verfolgt mit ihren Ferngläsern“, erzählen die beiden.
    Regina Keinert wächst in Bad Grund als Bergmannstochter auf. Ihr Vater arbeitet unter Tage. Nach der Schule schaut sie immer zuerst hoch zum Fördergerüst: So lange dort keine Fahne auf Halbmast weht, sind alle Bergmänner wohlauf und Regina ist beruhigt. Friedrich Keinerts Eltern betreiben eine Gaststätte mit Mühle. Die Bauern bringen ihr Korn zum Mahlen und machen Pause bei deftigem Essen und Schnaps. Besonderer Höhepunkt: das Schlachtfest. Ingo Nitschke wird im Osten des Harzes groß, auf dem Brocken, dem sagenumwobenen Berg.
    Seine Eltern sind Meteorologen. Neben extremen Wetterlagen mit Schnee, Stürmen und Nebel bestimmt auch die deutsch-deutsche Teilung den Alltag. DDR-Grenzsoldaten laufen Streife, die Nachbarn sind russische Soldaten. Schon in der Kindheit von Sabine Töpperwien zeichnet sich ab, dass sie später einmal eine bekannte Sportmoderatorin wird. Das nicht nur, weil sie mit den Nachbarjungen Fußball spielt, sondern auch weil sie glühender Fan des VfL Osterode ist. Karl-Heinz Busse kommt in den Nachkriegsjahren als Flüchtling nach Hohegeiß, wo die Großeltern eine kleine Landwirtschaft betreiben.
    Die Zeiten sind ärmlich, aber es reicht zum Leben. Noch heute erinnert sich Karl-Heinz Busse an den Geschmack der „Körnchensuppe“ von damals. Stephan Querfurth wächst im ehemaligen Zisterzienserkloster Walkenried auf. Im berühmten Kreuzgang spielt er „Mittelalter“ oder fährt Slalom mit seinem Fahrrad. Pastor, wie sein Vater, möchte Stephan nicht werden. Dann schon lieber Archäologe: Schon als Kind beginnt er mit Ausgrabungen. Und was er dabei findet, gefällt nicht jedem im Ort. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 03.06.2015NDR
  • Folge 62 (30 Min.)
    Eine endlose Ostseeküste, Wälder, sanfte Hügel und ganz viel frische Luft: Wer sich an seine Kindheit in Mecklenburg-Vorpommern erinnert, hat die paradiesische Naturschönheit der Region kennengelernt. Das gilt auch für die Zeit, als die Gegend noch zur DDR gehörte und in die drei Bezirke Schwerin, Rostock und Neubrandenburg aufgeteilt war. So unbeschwert die Kindheit in den 1960er-, 1970er- und 1980er-Jahren war, so sehr drängte sich immer wieder der Staat in den Vordergrund: alles musste organisiert und reglementiert werden, auch das Leben der Kinder.
    Die einen waren begeistert, die anderen machten eher widerwillig mit. Doch Kinder lassen sich nicht einsperren. Sie finden ihre Wege. Wie zum Beispiel Frank Ewert, der in den 1970er-Jahren auf der Insel Poel aufgewachsen ist. Draußen unterwegs zu sein, den Kopf im Seewind, das war für ihn und seinen Zwillingsbruder das Größte. Mit den Fahrrädern erkundeten sie die 36 Quadratkilometer große Insel im Nordwesten der DDR, heckten allerlei Streiche aus, zelteten auf Kuhweiden und gingen im Sommer ins Kino: „Winnetou“ hieß ihr Held, so wollten sie auch sein.
    Die Nachmittage waren mit Veranstaltungen der Pioniere oder der FDJ belegt, was die Freizeit-Indianer eher lästig fanden. Nur einmal haben sie richtig Ärger bekommen. Im Unterrichtsfach Produktive Arbeit zerschnitten sie wahllos Gummischläuche. Schaden: 500 Mark. Da mussten die Jungen losziehen, um Altstoffe zu sammeln. Ganz anders Simone Hilbrecht aus Bützow. Sie lebte gern in der DDR, fand das Leben der Jungen Pioniere großartig.
    Auf die Probe gestellt wurde ihre Begeisterung 1986, als im weißrussischen Tschernobyl ein Reaktor explodierte. Inspiriert von der schönen Natur ihrer Umgebung und in der Überzeugung, Polizei und Armee würden die radioaktive Wolke von ihrer Heimat fernhalten, schrieb sie ein Friedensgedicht und wurde dafür ausgezeichnet. Ein solches Leben in Harmonie war Peter Wawerzinek nicht vergönnt. Als er zwei Jahre alt war, hat seine Mutter ihn und seine kleine Schwester allein in der Rostocker Wohnung zurückgelassen und ging in den Westen.
    Tage später wurden die beiden Kinder befreit. Peter wuchs in Heimen an der Ostseeküste auf. Nach mehreren Adoptionsversuchen kam er zu einem Lehrerpaar. Seine neue Mutter hatte es sich in den Kopf gesetzt, anhand eines Benimmbuches aus dem Heimkind einen Musterknaben zu machen. Dabei war Peter viel lieber mit seinen Kumpels aus dem Heim am Strand unterwegs, wo sie eines Tages tatsächlich eine Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg fanden. Kindheit im Norden der DDR, das kann auch verlorene oder neu gewonnene Heimat bedeuten.
    Hinnerk Schönemann zum Beispiel verbrachte seine Kindheitssommer in der Nähe von Plau am See, bis seine Eltern aus der DDR ausreisten. Als Teenager kam er wieder zurück, er hatte Angst, seine Heimat zu verlieren. Denn allein in die DDR reisen durfte er nur, bis er 16 Jahre alt war. Den umgekehrten Weg ging Matthias Schilling. Seine Familie lebte in Schleswig-Holstein. Eine winzige Insel im Besitz seiner Familie allerdings liegt zwischen Rügen und Hiddensee. Dorthin ist die Familie regelmäßig gefahren.
    Für Matthias Schilling war das immer unheimlich, denn sein Vater schmuggelte jedes Mal Dinge, die es in der DDR nicht gab, im Auto über die Grenze. Wer Mecklenburg und Vorpommern einmal in sein Herz geschlossen hat, kehrt immer wieder dorthin zurück. Heute lebt Matthias Schilling auf seiner Familieninsel. Auch Hinnerk Schönemann, er ist Schauspieler geworden, hat sein Zuhause in Mecklenburg, am Ort seiner Kindheit. Peter Wawerzinek bereist als Schriftsteller in seinen Büchern immer wieder seine Kindheitslandschaft zwischen Rostock und Rerik. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 10.06.2015NDR
  • Folge 63 (30 Min.)
    „Wenn man Angst hat, kann man diesen Job nicht mehr machen“, sagt Seenotretter Dieter Steffens. Schließlich müssen er und seine Kollegen hinaus in den Sturm, wenn alle anderen den sicheren Hafen ansteuern. Die Retter setzen freiwillig ihr Leben aufs Spiel, bezwingen die See und helfen Schiffbrüchigen in ihrer Not. Wer sind diese Menschen? Welcher Geist treibt sie an damals wie heute? Zum 150-jährigen Jubiläum der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) im Sommer 2015 begibt sich diese Dokumentation auf die Suche nach einer Antwort. Noch vor wenigen Jahrhunderten war für die Küstenbewohner der Untergang eines Schiffes ein großes Glück: Nach geltendem Recht durften sie das angespülte Strandgut behalten.
    An Rettung wollte da niemand denken. Dies änderte sich erst Mitte des 19. Jahrhunderts: Nach vielen schweren Schiffsunglücken an der Nordseeküste rief Anfang der 1860er-Jahre eine Gruppe Norddeutscher zur Gründung eines Seenotrettungswerkes auf. Sie schafften es binnen weniger Jahre, ein von Spenden finanziertes Rettungswesen aufzubauen, Spezialboote zu entwickeln und sie mit Freiwilligen zu besetzen.
    Seit nunmehr 150 Jahren bleibt keiner der Männer der DGzRS mehr im Hafen, wenn ihre Hilfe benötigt wird. So retteten sie im Zweiten Weltkrieg Freund und Feind. In der ehemaligen DDR kämpften sie trotz schlechter Ausrüstung um das Leben Schiffbrüchiger. Immer wieder ließen die freiwilligen Helfer dabei ihr Leben. So verunglückte 1967 der Seenotrettungskreuzer „Adolph Bermpohl“ im Einsatz, 1995 die „Alfried Krupp“. Der Film erzählt die Geschichte der Seenotrettung in Deutschland in aufwändigen Grafiken und Animationen, mit kaum bekanntem Archivmaterial und spannenden Ereignissen. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 17.06.2015NDR
  • Folge 64 (30 Min.)
    Seit 130 Jahren trotzt der Leuchtturm Roter Sand den Gezeiten und Stürmen der Nordsee in der Deutschen Bucht, auf halbem Wege zwischen Bremerhaven und Helgoland. Am 1. November 1885 wurde sein Feuer zum ersten Mal gezündet und wies den Schiffen fortan den Weg in die Wesermündung nach Bremerhaven und Bremen. Er ist ein maritimes Denkmal von internationalem Rang und das erste Offshorebauwerk der Welt. Der Leuchtturm wurde von Menschenhand auf offener See im Meeresgrund auf einer Untiefe aus Treibsand verankert. Seine Errichtung auf einem eisernen Senkkasten war eine technische Pioniertat.
    Doch der rot-weiß gestreifte Turm mit den drei neugotischen Erkern und dem schwarzen Sockel ist weit mehr als ein für damalige Verhältnisse bedeutsames Leuchtfeuer. Er ist der bekannteste Leuchtturm überhaupt. Sein Motiv ist auf unzähligen Gemälden, Postkarten und kuriosen Andenken zu finden und das meisttätowierte Seezeichen auf den Armen der Matrosen. Für Millionen Auswanderer, die die Alte Welt über Bremerhaven verließen, war der Leuchtturm Roter Sand ein letztes Lebewohl der Heimat, für Millionen Seeleute, die von großer Fahrt aus den Weltmeeren nach Hause kamen, der erste Willkommensgruß.
    Für viele Menschen hat der Leuchtturm Roter Sand daher einen ähnlich emotionalen Symbolwert wie die Freiheitsstatue vor New York, als Wahrzeichen von Abschied und Heimkehr. Wie stark sein Bild bei den Küstenbewohnern verankert ist, zeigte sich, nachdem er 1964 außer Dienst gestellt worden war. Wenige Seemeilen weiter hatte der Leuchtturm Alte Weser mit automatischer Befeuerung und Radarfunktion seine Funktion übernommen.
    Der Leuchtturm Roter Sand hatte ausgedient. In den folgenden Jahrzehnten wollten Behörden und Politiker ihn abreißen, sprengen oder einfach in der Nordsee verrotten lassen. Sie alle haben nicht mit der Empörung der Menschen an der Küste gerechnet. Aus der Protestwelle wurde eine Bürgerinitiative. 1983 gründete sich der Förderverein „Rettet den Leuchtturm Roter Sand“ und mobilisierte Denkmalschutz, Politik und Öffentlichkeit, den Turm zu erhalten und zu restaurieren.
    1987 wurde er als erstes Objekt von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz übernommen, die ihn bis heute finanziert. Mit einer spektakulären Aktion, dem Überstülpen einer 110 Tonnen schweren Stahlmanschette, konnte das verrottete Fundament des Leuchtturms Roter Sand dann gerettet und anschließend auch die Innenräume restauriert und originalgetreu eingerichtet werden. Der mit aufwändiger Cineflex-Kameratechnik gedrehte Film ist eine Hommage an dieses Bauwerk und die Meisterleistung der Ingenieurskunst am Ende des 19. Jahrhunderts. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 24.06.2015NDR
  • Folge 65 (60 Min.)
    „Unsere Geschichte – Unser NDR“ ist der Film über die bewegte Geschichte des Norddeutschen Rundfunks zum 50-jährigen Jubiläum des NDR Fernsehens. „Dieses Fernsehen als neues Medium, das spürten wir Zeitungsjournalisten, das war ein ziemlich kräftiger Magnet“, erinnert sich der Journalist Wolf von Lojewski an seine erste Begegnung mit dem NDR Fernsehen. Es kommen im Film Menschen zu Wort, die den NDR an herausragender Stelle geprägt haben. Journalisten wie der streitbare „Panorama“-Chefredakteur Peter Merseburger, der Starmoderator Wolf von Lojewski und der Adelsexperte Rolf Seelmann-Eggebert erinnern sich.
    Aber auch frühere Intendanten des NDR wie Peter Schiwy und Jobst Plog, der ehemalige Produktionsdirektor und stellvertretende Intendant Joachim Lampe, und Mitglieder der Verwaltungsräte wie Dr. Christiane Freifrau von Richthofen sprechen über Höhepunkte, Krisen und Skandale. Sie erzählen die Geschichte des NDR, wie sie sie erlebt haben. Es sind Berichte von Siegen, Niederlagen und von der Aufgabe, der sie sich über viele Jahre verschrieben hatten.
    Der Film offenbart Begebenheiten, die so in keinem Geschichtsbuch über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auftauchen. Krisen, Kämpfe und das Ringen um die Deutungshoheit im Programm werden hautnah spürbar. Denn der Norddeutsche Rundfunk war immer wieder Schauplatz politischer Kämpfe. 1978 brach er dabei fast auseinander, als Schleswig-Holstein und Niedersachsen den Staatsvertrag kündigten. Warum diese Länder heute trotzdem immer noch Teil des NDR sind, erzählen die damals unmittelbar Beteiligten in „Unsere Geschichte Unser NDR“.
    Und sie erzählen auch, wie es dazu kam, dass Mecklenburg-Vorpommern nach der Wiedervereinigung zum vierten Staatsvertragsland des NDR wurde. So entsteht ein vielschichtiges Panorama aus persönlichen Erzählungen, aus „Oral History“, mündlicher Geschichte. Es zeigt, dass das Ringen um den bestmöglichen NDR immer stattgefunden hat und nie zu Ende sein wird. Das sei jetzt aber nicht mehr die Aufgabe der Alten, sagt der ehemalige Intendant Peter Schiwy zum Schluss: „Jetzt seid ihr dran.“. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 16.09.2015NDR
  • Folge 66 (30 Min.)
    In seinen Träumen geht Dieter Radloff immer wieder durch das brennende Berlin. Er riecht dann die Bomben, den Staub, hört Glas splittern, MG-Schüsse, Stimmengewirr. In seinen Träumen ist Dieter Radloff im Jahr 1945, es sind die letzten Kriegstage. 70 Jahre zuvor sitzt sein Vater, Oberleutnant Fritz Radloff, ein hochdekorierter Nazi, im Keller des Reichstages. Es ist der 2. Mai 1945. Deutschland hat gerade kapituliert. Bis eben hat Fritz Radloff noch an den Endsieg geglaubt, jetzt ist ihm alles abhanden gekommen: sein Reich, seine Einheit, sein Auftrag. Er ahnt nicht, wie tief er noch fallen soll.
    Er weiß noch nichts von der Katastrophe, die ihn zu Hause erwartet. „Niemals zum Russen, lieber verrecken“, schreibt Fritz Radloff in seinem Kriegstagebuch. Nun, auf der Flucht vor den Sowjets, hat er nur noch einen Gedanken: Er will nach Hause nach Neustrelitz zu seiner schwangeren Gertrud. Im frühen Morgengrauen des 2. Mai 1945 bricht Fritz Radloff auf. Raus aus der Hölle, mitten durch längst von den Russen erobertes Gebiet. Es wird eine zehntägige Odyssee. Der einst stolze Offizier versteckt sich nun im Unterholz.
    Es geht über Nassenheide, Gransee, Fürstenberg, Ravensbrück, 40 Kilometer am Tag. Endlich Neustrelitz! Endlich erreicht er die Augustastraße 22! Doch dort erwartet ihn die größte Niederlage seines Lebens. Wie Kriegserlebnisse der Eltern nachfolgende Generationen prägen, davon können die Geschwister Dieter und Ursula Radloff ein Lied singen. Beide sind klassische Nachkriegskinder und doch hat der Krieg sie ihr Leben lang verfolgt. Durch die Erfahrungen der Eltern, die sie ihnen verschwiegen haben. Ihr Leben lang haben sich Dieter und Ursula Radloff als „falsche“ Kinder gefühlt.
    Erst als sie über 60 Jahre alt sind, erfahren sie, dass ihr Vater lange vor ihnen schon einmal eine Familie hatte, die Anfang Mai 1945 ausgelöscht wurde. Dieter Radloff hat schon seit Langem einen Wunsch, weil er das Geheimnis immer spürte: Dass er endlich die Geschichte seiner Familie zusammensetzen kann. Dazu geht er mit seiner Schwester Ursula den Weg, den sein Vater vor genau 70 Jahren nahm. Zu Fuß von Berlin nach Neustrelitz, seinem wahren Zuhause, wie der 65-Jährige sagt. Dabei hat er die kleine Stadt die meiste Zeit seines Lebens nicht gekannt.
    „Zehn Tage im Mai“ ist die Geschichte einer deutschen Nachkriegskindheit, die bestimmt ist von einem Familiengeheimnis. Dieter und Ursula Radloff, die Geschwister, begeben sich in diesem Film auf die Spur ihres Vaters Fritz Radloff, sind an den Schauplätzen von 1945 und an den Orten ihrer Kindheit unterwegs. „Zehn Tage im Mai“ berichtet einerseits von einer schmerzhaften Reise in die Vergangenheit, aber auch von einer Versöhnung. Denn am Ende der Reise haben sich die beiden Geschwister wiedergefunden. Lange Jahre hatte das Familiengeheimnis beide getrennt. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereSo 11.10.2015NDR
  • Folge 67 (45 Min.)
    Das Poesiealbum: ein Büchlein voller Sinnsprüche, Gedichte und selbst gemalter Bilder. „In allen vier Ecken soll Freundschaft drin stecken.“ Dieser oder andere Verse finden sich fast in jedem dieser kleinen Bücher. Doch was aussieht wie ein banales Erinnerungsstück an Kindheit und Jugend, erweist sich als wertvolles zeithistorisches Dokument, das Schicksale, Lebenswege und geschichtliche Kontexte eröffnet. In einer dreiteiligen Dokumentation machen sich Menschen auf die Spurensuche in ihre eigene Vergangenheit. Was ist aus den Freunden von damals geworden? Warum haben sich die Lebenswege voneinander entfernt? Erzählt werden Geschichten aus den 1940er- bis in die 1980er-Jahren, Geschichten von Menschen aus Norddeutschland, die in Deutschland und weit darüber hinaus alte Freunde ausfindig machen.
    Darunter ist zum Beispiel Irmi aus Schwerin. Die Rentnerin lebt in einem Pflegeheim. In Gedanken ist sie oft bei ihrem Freund Rudi Schlesiger. Die beiden trafen sich 1946 in einem Auffanglager für Flüchtlinge in Dänemark. Beide waren dort gestrandet, genau wie Zehntausende andere Menschen aus Ostpreußen, die vor dem Krieg geflohen waren.
    Irmi arbeitete in dem Lager. Aus losen Blättern hat sie ein Poesiealbum gebunden, und Rudi durfte als Erster einen Spruch eintragen. Später haben sie sich aus den Augen verloren. Jetzt machte Irmi ihren Rudi in Bayern ausfindig. 70 Jahre nach ihrem letzten Treffen sehen sie sich in Dänemark an der Gedenkstätte für das Flüchtlingslager wieder. Eine völlig andere Geschichte erzählt Elke aus Hamburg. In ihrem Poesiealbum findet sich der Spruch einer echten Kaiserin: Soraya, Ehefrau des Schahs von Persien, schrieb ihre Grüße ins Büchlein.
    Verantwortlich dafür ist Elkes autoritärer Vater. Er wollte das Selbstbewusstsein des Mädchens stärken und lud es kurzerhand vor dem Hamburger Hotel Atlantic ab, wo der Schah von Persien und seine Frau im Jahr 1955 abgestiegen waren. Ein Journalist erbarmte sich des schlotternden Mädchens, und über einen Privatsekretär gelangte ihr Poesiealbum schließlich in die königliche Suite. Geschichten wie diese finden sich viele, wenn Menschen in ihrem Poesiealbum blättern: Hartmut ist im Heim aufgewachsen und findet nun nach vielen Jahren seinen damaligen Beschützer Andreas wieder.
    Ilselore lebt schon lange in Schweden, jetzt trifft sie Dieter aus Hamburg und Peter aus Miami. Die beiden jungen Männer hatten sich damals darum gebalgt, auf die erste Seite in ihrem Poesiealbum schreiben zu dürfen. Martina und Holger sind sehr ungleiche Freunde. Die große Martina hat sich immer um den kleinwüchsigen Holger gekümmert. Die Dokumentation zeichnet die Suche der einzelnen Personen nach. Die Kamera ist dabei, wenn Menschen sich nach Jahrzehnten wieder begegnen, wenn die Tränen fließen und Erinnerungen ausgetauscht werden. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 28.10.2015NDR
  • Folge 68 (45 Min.)
    Das Poesiealbum: ein Büchlein voller Sinnsprüche, Gedichte und selbst gemalter Bilder. Was aussieht wie ein banales Erinnerungsstück an Kindheit und Jugend, erweist sich jedoch als wertvolles zeithistorisches Dokument, das Schicksale, Lebenswege und geschichtliche Kontexte eröffnet. In einer dreiteiligen Dokumentation machen sich Menschen auf die Spurensuche in ihre eigene Vergangenheit. Was ist aus den Freunden von damals geworden? Warum haben sich die Lebenswege voneinander entfernt? Die Kamera ist dabei, wenn Menschen sich nach Jahrzehnten wieder begegnen, wenn die Tränen fließen und Erinnerungen wach werden.
    Durch Archivmaterial wird die Vergangenheit im Film wieder lebendig. Erzählt werden Geschichten aus fünf Jahrzehnten, von den 1940er-Jahren bis in die 1980er-Jahre, Geschichten von Menschen aus Norddeutschland, die in Deutschland und weit darüber hinaus alte Freunde ausfindig machen. Ingelore und Dieter lernten sich Ende der 1940er-Jahre in einem Flüchtlingslager in Hamburg kennen.
    Dann trennten sich ihre Wege, beide gründeten Familien. Jahrzehnte später begegnen sie sich wieder und werden endlich doch noch ein Paar. Wenn die beiden heute in Ingelores Poesiealbum blättern, dann findet sich darin nicht nur der Spruch von Dieter. Auch Peter verewigte sich 1946 darin mit einem Vers, er war bester Freund, aber auch ein wenig Dieters Nebenbuhler. Vor allem aber waren die drei unzertrennlich. Der verschollene Freund lebt seit Jahrzehnten in den USA. Auch er sehnt sich danach, Ingelore und Dieter zu sehen.
    Nach mehr als 60 Jahren treffen sie sich in Hamburg wieder. Die Menschen aus Ostpreußen oder Pommern, die am Ende des Zweiten Weltkrieges vor der Front flohen, trugen sie nicht viel bei sich. Auch Irmgard Schünemann musste damals Hals über Kopf ihre Heimatstadt Stettin verlassen. Alles ging verloren, nur nicht ihr Poesiealbum. Jetzt macht sich die über 80-Jährige noch einmal auf in ihre alte Heimatstadt. In den 1940er-Jahren beginnt auch die Geschichte von Irmgard Melzer aus Schwerin.
    In Gedanken ist sie oft bei ihrem Freund Rudi Schlesiger. Die beiden trafen sich 1946 in einem Auffanglager für Flüchtlinge in Dänemark. Beide waren dort gestrandet, genau wie Zehntausende andere Menschen aus Ostpreußen. Aus losen Blättern band sich Irmi ein Poesiealbum. Rudi durfte als Erster einen Spruch eintragen. Später verloren sie sich aus den Augen. Jetzt hat Irmi „ihren“ Rudi in Bayern ausfindig gemacht. 70 Jahre nach ihrem letzten Treffen sehen sie sich in Dänemark an der Gedenkstätte für das Flüchtlingslager wieder.
    Eine völlig andere Geschichte erzählt Elke aus Hamburg. Denn in ihrem Poesiealbum findet sich der Spruch einer echten Kaiserin: Soraya aus Persien schrieb ihre Grüße hinein. Dafür ist Elkes Vater verantwortlich. Er wollte das Selbstbewusstsein des Mädchens stärken und lud es kurzerhand vor dem Hamburger Hotel Atlantic ab, wo der damalige Schah von Persien und seine Frau Soraya im Jahr 1955 abgestiegen waren. Ein Journalist erbarmte sich des schüchternen Mädchens, und über einen Privatsekretär gelangte Elkes Poesiealbum schließlich in die königliche Suite.
    Geschichten wie diese finden sich viele, wenn Menschen in ihrem Poesiealbum blättern: Hartmut aus Vorpommern wuchs in einem Kinderheim bei Berlin auf. Nach vielen Jahren begegnet er nun seinem damaligen Beschützer Andreas wieder. Auch Martina und Holger haben sich über Jahrzehnte nicht gesehen. Beide sind in Hannover in den 1970er- und 1980er-Jahren aufgewachsen. Die beiden waren sehr ungleiche Freunde: Die große Martina kümmerte sich immer um den kleinen Holger.
    Nach der Schulzeit verließ Martina Hannover und kehrte nicht mehr zurück. Holger hütet seitdem seinen Schatz: die Erinnerung an die Kindheit und an Martina. In den 1980er-Jahren spielt auch die Geschichte von Jeannette und Peter. Beide waren Schwimmer, hofften auf die Aufnahme in den Nachwuchskader im DDR-Leistungssport. Doch der Staat durchkreuzte die Träume und Erwartungen der beiden. Jeannette war als Tochter eines Politikers aus der Volksrepublik Kongo nicht gut angesehen, ihre Mutter floh mit ihr aus der Stadt aufs Land nach Vorpommern.
    Auch Peter wurde eines Tages vor die unfaire Wahl gestellt: Sport oder Kontakt zur Westverwandtschaft. Seine Familie entschied sich für die Tante in Ratingen im damaligen Westdeutschland. Peters Karriere war beendet. In Mecklenburg treffen sich Jeannette und Peter jetzt wieder und steigen noch einmal ins Schwimmbecken. Wenn Gesa aus Kiel in ihrem Poesiealbum blättert, dann hat sie nicht nur schöne Erinnerungen.
    Das Mädchen wurde regelmäßig von seinem despotischen Vater verprügelt, nach außen wurde der schöne Schein gewahrt. Wie anders war das Leben von Gesas Freundin Dörtlis: Ihr Elternhaus stand allen Freunden offen, Gesa fühlte sich dort wohl. Die beiden verloren sich aus den Augen, als Dörtlis eine steile Karriere machte. Sie lebt heute als Ärztin in Kalifornien. Als die beiden sich nach vielen Jahren wiedertreffen, trägt Gesa noch immer schwer an ihrer Vergangenheit. Ihr unschuldiges Poesiealbum weiß davon nichts. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 04.11.2015NDR
  • Folge 69 (45 Min.)
    Deutsche TV-PremiereMi 06.01.2016NDR
    ursprünglich für den 11.11.2015 angekündigt
  • Folge 70 (45 Min.)
    Am Anfang der ersten Messe, die in Hannover ausgerichtet werden sollte, stand eine Befehl! Knapp zwei Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges, im April 1947, befahl die britische Besatzungsmacht den Hannoveranern, eine Exportmesse zu organisieren. „Entweder ihr exportiert oder ihr verhungert“, hieß es von Seiten der englischen Besatzer. Die Stadt war vom Krieg völlig zerstört und niemand konnte sich vorstellen, wie ein solch unglaublicher Plan umzusetzen sein könnte. Hannover hatte keinerlei Erfahrung mit einer Messe. Die Hannoveraner fügten sich schließlich und organisierten in nur 99 Tagen die erste Exportmesse im Trümmerfeld der Stadt, in einer ehemaligen Rüstungsfabrik.
    Die Messe in Hannover machte dann mit sensationellen Erfindungen auf sich aufmerksam und nahm Jahr für Jahr an Fahrt auf. Sie wurde als „Wunder von Hannover“ bezeichnet und gilt heute als Symbol und Motor für den wirtschaftlichen Aufstieg der jungen Bundesrepublik Deutschland. Zeitzeugen berichten wie dieses „Wunder“ in Gang gekommen ist, wie die Stadt die ersten Aussteller in Klassenzimmern und auf Bauernhöfen unterbrachte, wie die deutschen Besucher auf die Messe strömten, um eines der begehrten Fischbrötchen und einen Schluck des künstlichen Messeweins kosten zu dürfen. Ein Aussteller der ersten Stunde erzählt, wie seine Familie die ersten Geschäfte machte und wie sehr den Firmenchef das Zusammentreffen mit dem damaligen Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (1897 1977) geprägt hat.
    Ein ehemaliger Verkehrspolizist berichtet, wie er als Streckenposten ohne technische Hilfsmittel den Messeverkehr geregelt hat. Schließlich erzählt eine 86-jährige „Messemutti“, dass sie seit über 60 Jahren ihr eigenes Schlafzimmer räumt, um es einem ausländischen Messegast behaglich zu gestalten. Der Autorin des Films ist es außerdem gelungen, historisches Filmmaterial zur Geschichte der Messe in Hannover zu beschaffen, dass bisher noch nicht öffentlich gezeigt worden ist. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 18.11.2015NDR
  • Folge 71 (45 Min.)
    Es gab eine Fernsehsendung im Ersten Deutschen Fernsehen, von der man tatsächlich sagen kann, dass sie die Bundesrepublik verändert hat: der „Beat-Club“. Diese Musiksendung öffnete seinerzeit den Weg zu einer selbstbewussten Jugendkultur und hat eine ganze Generation nachhaltig beeinflusst. Vor 50 Jahren ging der „Beat-Club“ von Radio Bremen auf Sendung. Mitte der 1960er-Jahre steckte das Fernsehen noch in den Kinderschuhen. Als der spätere „Tagesschau“-Sprecher Wilhelm Wieben im September 1965 die neue, provokante Sendung aus Bremen ankündigte, bat er im gleichen Atemzug „um Verständnis“ bei den Eltern.
    Aber die waren alles andere als einverstanden, weder mit dem „Gekreische“ und den „langen Zottelhaaren“ der Musiker, noch mit den knappen Miniröcken von Moderatorin Uschi Nerke. Die Nation war über den Kulturverfall empört, genauer gesagt, die Menschen ab 30 Jahren aufwärts. Denn mehr als die Hälfte aller Jugendlichen und Twens sahen ab September 1965 „ihren“ „Beat-Club“. Er lieferte die Riffs und den Rhythmus für eine Generation auf der Suche nach sich selbst.
    Regisseur Mike Leckebusch entwickelte mit den ersten elektronischen Key-Effekten und visuellen Rückkoppelungen eine Bildwelt, die den „Beat-Club“ zum Wegbereiter einer neuen, eigenen Fernsehästhetik werden ließ. In frechen Einspielfilmen wurde ein satirischer Blick auf die späten Wirtschaftswunderjahre geworfen. Diese Dokumentation zeichnet den musikalischen Quantensprung dieser Jahre nach, mit herausragenden Liveauftritten von Rythm ‚n‘ Blues-Bands wie The Who oder The Cream, über Virtuosen wie Jimi Hendrix und Carlos Santana, den ersten Hardrockbands wie Deep Purple oder Led Zeppelin, bis zu den Trance-Pionieren von Kraftwerk.
    Genauso rasant und überraschend entwickelten sich die Biografien unzähliger „Beat-Club“-Fans. Etwa Wolfgang Niedecken aus Köln, der in einem streng katholischen Internat den spärlichen Ausgang nutzte, um im „Beat-Club“ Anregungen für die erste Schülerband zu finden. Er veröffentlichte wenige Jahre später mit BAP seine erste Platte und zählt bis heute zu den erfolgreichsten deutschen Musikern. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 25.11.2015NDR
  • Folge 72 (45 Min.)
    70 Jahre ist es jetzt her, als Norddeutschland schon einmal Ziel für Tausende von Flüchtlingen war. Die Menschen besaßen nicht mehr als ein paar Kleidungsstücke aus abgewetztem Stoff, ein paar ausgetretene Schuhe, einen Koffer mit den allernötigsten Dingen. Mit dieser kargen Ausrüstung machten sie sich auf den Weg. Ein großer Treck, die große Flucht in den Westen. Christel Bethke, ihr Bruder Hans und ihre Mutter flüchteten Anfang 1945 vor den heranrückenden russischen Truppen. Schneidend kalt war es in jenen Januartagen, es herrschten Temperaturen von fast minus 25 Grad.
    Bereits nach wenigen Kilometern wurde die Familie getrennt. Während die damals 14-jährige Christel und ihre Mutter von einem Lastwagen mitgenommen wurden, versuchte ihr 16-jähriger Bruder mit dem Fahrrad durchzukommen. Den vereinbarten Treffpunkt, das nächste Dorf, erreichte er nie. Erst sehr viel später erfuhr Christel Bethke, dass ihr Bruder von russischen Soldaten erschossen wurde. Kati Grünig und Manfred Uhlig dokumentieren viele ergreifende Fluchtgeschichten. Traumatische Erlebnisse, über die die Betroffenen oft jahrzehntelang nicht oder nur wenig sprachen.
    Denn das Leben musste ja weitergehen. Doch wie war es damals, als allein nach Schleswig-Holstein über eine Million Flüchtlinge strömten und sich damit die Bevölkerungszahl des Landes nahezu verdoppelte? Wie lebte es sich in Barackenlagern und Wellblechhütten? Wie wurden die Fremden zwischen Flensburg und Osnabrück aufgenommen? Welches waren die Probleme bei der Versorgung, der Unterbringung? Wie konnte es in den Hungerjahren der Nachkriegszeit überhaupt gelingen, Millionen von Menschen zu integrieren? Doch was damals keiner für möglich gehalten hatte, es funktionierte.
    Auch wenn den Flüchtlingen mancherorts mit Ablehnung begegnet wurde, ihre Arbeitskraft wurde doch bald gebraucht. In der Schule und in Vereinen lernte man sich kennen. Es wurde geheiratet, Kinder wurden geboren. Aus Fremden wurden Neubürger. Christel Bethke fand im niedersächsischen Oldenburg eine neue Heimat und ein kleines Glück: Sie heiratete, bekam zwei Kinder. Doch noch immer verfolgen sie Albträume. Vor allem ein Gedanke beschäftigt sie: Was wäre wohl aus ihrem Bruder Hans geworden, wenn er die Flucht überlebt hätte? (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 02.12.2015NDR
  • Folge 73 (45 Min.)
    Diese Folge führt ins Lüneburger Wasserviertel. Früher lebten hier Flussschiffer, Kaufleute und Handwerker. Fast alle verdienten ihr Geld mit Salz, dem „weißen Gold“. Heute wohnen in den alten Gebäuden vor allem Menschen, die sich mit viel Mühe und Enthusiasmus ihren Traum vom „Eigenheim mit Geschichte“ erfüllen. Darunter ist das Ehepaar Krentzien: Familie und Freunde erklärten die beiden für verrückt, als sie ein altes Handwerkerhaus aus dem 16. Jahrhundert kauften. Es war eine komplette Ruine. Mit Sachverstand und Liebe zum Detail haben sie nach vielen Jahren daraus ein kleines Schmuckstück geschaffen.
    Dieter Luhmann steckt mitten in der Renovierung. Das alte Haus in der Lüner Straße hat er von seinem Vater geerbt. Die Bierbrauerei Luhmann war früher eine von fast 100 Brauereien in Lüneburg. Im Erdgeschoss gibt es eine Kneipe, die oberen Stockwerke sind leer. Dieter Luhmann würde gerne zumindest die alte Giebelfront restaurieren und das für die Häuser typische Transportrad instand setzen lassen. Doch das ist ein teures Unterfangen. Ein Beispiel für sozialen Wohnungsbau im 15. Jahrhundert ist der Rote-Hahn-Stift. Bis heute wohnen hier bedürftige Lüneburger in einem für Norddeutschland einmaligen Gebäudeensemble.
    Es wurde seinerzeit gestiftet vom Ratsherrn Hinrik Erpensen. Wohltätigkeit gehörte damals zum guten Ton. Außerdem schlossen die Bewohner den Stifter in ihr Nachtgebet ein. Deshalb wurden die kleinen Wohnungen im Volksmund auch „Gottesbuden“ genannt. Noch ganz am Anfang steht Rainer Garve. Auch er hat im Wasserviertel ein Haus gekauft, direkt neben seinem Bruder. Doch an Einzug ist noch nicht zu denken. Gerade wird der Keller freigelegt. Hier hofft er Indizien zu finden, wie alt sein Haus wirklich ist. Und vielleicht ja auch darüber, wer vor ihm hier gewohnt hat. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 09.12.2015NDR
  • Folge 74 (45 Min.)
    Die meisten Häuser in Güstritz sind giebelständige Fachwerkbauten: Familie Grünhagen bewohnt eine architektonische Ausnahme.
    Im niedersächsischen Wendland hat sich bis heute eine architektonische Besonderheit gehalten: Rundlingsdörfer. Von gut 200 Dörfern ist nach wie vor die Grundstruktur erkennbar, fast 90 von ihnen gelten als echte Rundlinge: mit kreisförmiger Anordnung, giebelständischen Häusern und faszinierender Fachwerkarchitektur. Die Rundlingsdörfer sind beliebt. Es gibt sogar Wartelisten mit Kaufinteressenten für die „Rundlingstraumhäuser“. Die Sendereihe „Unsere Geschichte – Hausbesuch“ erzählt die Geschichte bedeutender Dörfer, Straßen und Stadtviertel und taucht in den Alltag der heutigen Bewohner ein, in opulenten Bildern und völlig neuen Perspektiven.
    Eine ferngesteuerte Kameradrohne liefert spektakuläre Aufnahmen der alten Gebäude. Lange zurückliegende Ereignisse werden in aufwändigen Graphic-Novel-Episoden wieder lebendig. Das historische Rundlingsdorf Güstritz wird erstmalig im 12. Jahrhundert erwähnt, als Siedlung der Wenden. Das alte Dorf ist jung geblieben. Von Landflucht keine Spur. Rainer von Hofe lebt schon in der 13. Generation im Dorf. Er übernahm den elterlichen Hof mit insgesamt elf Gebäuden. Als Kind musste er vor der Schule noch die Schweine füttern.
    Heute betreibt er eine Fahrradwerkstatt. Von seinem Ururururgroßvater hat er ein Foto geerbt vom Besuch König Georgs des V. von Hannover. Dieser bereiste 1865 das Wendland. Um ihn zu beschenken, gaben die Güstritzer und ein paar Nachbardörfer ein Fotoalbum in Auftrag. Damals war das ein aufwändiges Unterfangen: Ein Fotograf zog mit Balkenkamera von Dorf zu Dorf und lichtete die Menschen ab, bei der Arbeit und in der guten Stube. Die Fotos sind bis heute erhalten und werden von Generation zu Generation weitergereicht. Anne von Imhoff lebt im ältesten Haus von Güstritz. Baujahr 1716. Es blieb verschont vom großen Feuer und anderen Katastrophen.
    Sie und ihre Familie waren die Ersten in Güstritz, die in den 1970er-Jahren aus einem alten Bauernhaus ein schickes Familiendomizil machten mit Glas in der großen Giebeltür und Wohnlandschaft in der Tenne. Das sorgte anfangs für Gerede unter den Leuten. Jorin Handtmann hat die Renovierung noch vor sich. Er ist der Neue im Dorf und will mit seinem Bruder Joachim hier einen landwirtschaftlichen Betrieb mit Pferden, Schafen und Bienen und einem improvisierten Dorfladen aufbauen. „Hausbesuch“ in den runden Dörfern des Wendlands: Schatzsuche, Zeitreise und Heimatkunde im besten Sinne. (Text: NDR)
    Deutsche TV-PremiereMi 16.12.2015NDR

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