Unsere Geschichte Folge 53: Der Feind in meinem Haus: Honecker in Lobetal
Folge 53
Der Feind in meinem Haus: Honecker in Lobetal
Folge 53 (45 Min.)
Die DDR zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung. Das Land existiert noch auf dem Papier, aber in der Realität ist die Diktatur längst besiegt. Erich Honecker, bisher Staatsratsvorsitzender und mächtigster Mann der DDR, wird abgesetzt und angeklagt wegen Hochverrats. Während Honecker nach einer Operation in der Berliner Klinik Charité liegt, löst seine Frau Margot, einst gefürchtete Volksbildungsministerin, auf Regierungsanweisung den Wohnsitz in der Funktionärssiedlung Wandlitz auf. In der Berliner Wohnung ihrer Tochter Sonja können Honeckers aus Sicherheitsgründen nicht einziehen: zu viele haben offene Rechnungen mit dem alten System. Wohin also mit dem Ex-Staatsratsvorsitzenden und der Ex-Ministerin? Die Honeckers drohen die berühmtesten Obdachlosen der DDR zu werden. Überraschend signalisiert die evangelische Kirche Unterstützung. Im Pfarrhauses des brandenburgischen Lobetal, 40 Kilometer nordöstlich von Berlin, räumen Pastor Uwe Holmer und seine Frau Sigrid zehn Wochen lang, vom 30. Januar bis zum 3. April 1990, die Kinderzimmer ihrer Söhne Traugott und Kornelius für Honeckers. Die Familie Holmer, die als Christen stets Repressalien des SED-Regimes ausgesetzt war, sieht sich mit dem Unverständnis der Bevölkerung und
Kritik aus den eigenen Reihen konfrontiert. Kirchenaustritte werden gemeldet, eine Welle von Protestbriefen schwappt ins Pfarrhaus, internationale Presse, aber vor allem aufgebrachte DDR-Bürger belagern den Gartenzaun. Wut, Rache, Volkszorn drohen zu eskalieren. Dieser Film „Unsere Geschichte – Der Feind in meinem Haus“ ist eine Geschichte von Vergebung und Menschlichkeit in einer politisch aufgeheizten Situation. In ausführlichen Interviews berichten Zeitzeugen von dieser wohl ungewöhnlichsten Wohngemeinschaft Deutschlands. Politiker Manfred Stolpe (damals im Vorsitz Bund Evangelischer Kirchen) beschreibt die Hilflosigkeit der Behörden, ehemalige Parteigenossen bekennen, dass ihnen die Courage fehlte, Honeckers aufzunehmen. Polizist Uwe Westen (damals Leiter des zuständigen Volkspolizeikreisamts) schildert die Brisanz der Situation, das gestürzte Staatsoberhaupt schutzlos im Pfarrhaus unterzubringen. Allen Beteiligten ist klar, dass die friedliche Revolution ein blutiges Ende hätte finden können ohne die persönliche Größe des evangelischen Pastors Uwe Holmer. Doch auch heute, 25 Jahre später, sagt er schlicht: „Wenn uns einer um Asyl bittet, dann sind wir von unserem Glauben verpflichtet ihn aufzunehmen.“. (Text: NDR)